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Heneral-Anzeiger für Kildbad und Umgebung.
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Nr. 47.
Rundschau.
N e u e n b ü rg, 19. April. Fabrikant A. Schmidt hier hat ans Markung Feld- rennach innerhalb kurzer Zeit 2 schöne Auerhähne erlegt.
Hall, 19. April. Seil gestern spielt sich vor dem Schwurgericht der Prozeß gegen Pfarrer Faulhaber ab, der mehrere Tage dauern wird. Angeklagt sind Parrer a. D. Faulhaber, verheiratet, 58 Jahre alt, gebürtig von Lausten a. N. und Malter Herwig, 28 Jahre alter lediger Buchhändler, gebürtig von Weiler zum Stein. Pfarrer Faulhaber ist angeklagt eines Verbrechens im Sinue des Z 210 Zist. 2 und 3 der Konkursordnung, sowie 7 Vergehen des vollendeten und eines Vergehens des versuchten Betrugs. Herwig: 5 Vergehens des vollendeten und zweier Vergehen des versuchten Betrugs in Verbindung mit § 47, 73 und 74 des Strafgesetzbuches. Zu cher Verhandlung sind 24 Zeugen und 1 Sachverständiger geladen. Faulhaber kam 1886 von Lip- polsweiler, wo er Pfarrer war, nach Hall, und gründete das dortige Diakonissenhaus. Auf seine eigene Rechnung begründete er eine Drahtbörsen-Industrie, eine Buchhandlung und die Fabrikation von Patentartikeln und Beschlägen. Wie er heute selbst sagt, versteht er von der Buchführung nichts. Als jsein Geschäft 1891 im Handelsregister unter der Firma „Haller Industrie" und fseine Buchhandlung als „Buchhandlung für Innere Mission" im Handelsregister eingetragen worden war, stellte er seinen Neffen, den Milangeklagten Herwig, als Sekretär an. Derselbe, 20 Jahre alt, hatte eben seine Lehre bei Buchhändler Steinkopf-Stuttgart absolvirt. Von der Buchführung verstand er laut eigenem Geständnis bislang noch nichts, hat sich aber durch den kaufmännischen Buchhalter des Haller Geschäfts Anleitung geben lassen. Durch große Arbeitsüberhäufung kam Herwig aber seit 1895 nicht mehr zur ordentlichen Führung derselben und hat dieselben auch seither nicht mehr abgeschlossen. An den Bilanzen hat er nie mitgearbeitet, während Faulhaber dies behauptet; dieselben waren durchaus falsch. Eine von Buchhalter Hofacker per 1. Jan. 1889 gefertigte Bilanz ergab eine Unterbilanz von 188 000 Mk., während diese beim Ausbruch des Konkurses, als alle Posten eingetragen waren, 424 000 Mk. betrug. Der Konkursverwalter, jetziger Bezirksnotar Scholz-Ebersbach giebt an, daß die unbevorrechtigten Gläubiger
Dienstag, 24. Aprit 1900
394168 Mk. verlieren, aber Aussicht haben, sie wieder zu erhalten. Die Faul- haber'sche Beschlägfabrik (in Westheim), welche von einem Konsortium angekauft wurde, hat nämlich den Gläubigern Faulhabers versprochen, sie nach und nach, wenn möglich, zu befriedigen. Voraussetzung ist, daß 6 Prozent Dividende dem Konsortium jährlich verbleiben und dem Reservefonds auch eine Summe zugewiesen wird. Zinsanspruch haben die Gläubiger jedoch nicht. Die Fabrik ist ermächtigt, die Gläubiger im Jahre 1905 mit 55 Prozent oder je stin Jahr später bis 1913 mit 5 Prozent mehr abzufinden, also 1908 z. B. mit j70 Prozent. Die finanzielle Lage von Faulhabers „Haller Industrie" war schon im Jahre 1896 eine sehr schlimme, denn in diesem Jahre waren 60 Wechsel im Gesamtbeträge von 53 000 Mk. protestirt worden.
— Wie den „Hohenz. Bl." mitgeteilt wird, ist das Bad Jmnan von Herrn Stumpf an Dr. Bopelius in Degerloch um den Preis von 200000 Mk. verkauft worden.
— Seit dem vorigen Jahre versuchen verschiedene Geschäftsleute, Gesellschaften und namentlich auch Warenhäuser ihre Waren vermittels des sogenannten Gella- oder Hydrasystems an den Mann zu bringen. Dieses System beruht darauf, daß von dem Unternehmer an irgend jemand ein Coupon beispielsweise zu 2 Mk. verkauft wird. Der Käufer erhält eine Urkunde über weitere 6 Coupons, wofür er 12 Mk. zu zahlen hat. Diese 6 Coupons kann der Käufer wieder veräußern und somit zu seinem Gelde kommen. Sind nun die von ihm verkauften 6 Coupons bei dem betreffenden Unternehmer eingelaufen und je durch eine neue Urkunde zu 12 Mk. eingetauscht, so erhält der erste Käufer einen Gegenstand im Werte von 72 Mk, ein Betrag, der durch die übrigen 6 Couponkäufer bezahlt ist. Bei diesen 6 Käufern wiederholt sich dasselbe Spiel, so daß, nachdem jeder der 36 Käufer alle 6 Coupons verkauft hat, bereits 216 Coupons im Umlaufe sind. Wenn also 500 ursprüngliche Urkunden täglich verkauft worden sind, so bedeutet das für den Unternehmer einen entwickelten Umsatz von 18000 Coupons gleich 36000 Mk. Von diesen 18 000 Coupons werden voraussichtlich etwa 2000 Coupons eingelöst, da es naturgemäß von Tag zu Tag schwieriger wird, Gela-Coupons los zu werden. Somit verdient der Unternehmer,
! 36. Jahrgang
der ja die restlichen 16000 Coupons nicht einzulösen braucht, täglich wenigstens 31000 Mk., das heißt firn Monat fast eine Million Mark, die größtenteils den.Taschen ärmerer Bevölkerung entrissen werden.
Furtwa ngen. 19. April. In Schönwald bringt ein Gastwirt in diesem Jahr vier seiner Sprößlinge zur Schule: drei Mädchen und einen Knaben. Der glückliche Vater stellt auch drei seiner Söhne als Rekruten zur nächsten Aushebung.
— Die „Bad. Pr. erhält Kenntnis von einer verblüffend einfachen Einrichtung zum Schutze der Arbeitspferde, die — soviel wir wissen — noch ziemlich unbekannt ist. Ein bekannter Nationalökonom schreibt nämlich: „Auf einem Studiengange durch Düsseldorf fand ich auf den Baustellen eine überaus einfache und nützliche Ein- richungAzum Schutze der Pferde. Bei der Ausschachtung der Baustelle benutzte man N-Eisen, die später im Bau als Deckenträger ihren eigentlichen Beruf erfüllen sollten, vorläufig als Schienen für die die Erde fahrenden Wagen. Man legte die N-Eisen auf ihre Breitseite und stellte dadurch rasch eine Geleisen,läge her, die jederzeit verkürzt, verlängert oder verlegt werden konnte. Die schweren Grundwagen liefen auf den Schienen ohne jede Schwierigkeit, während sonst das Ausfahren des Grundes bei der Ausschachtung der Baustellen zu den abscheulichsten Quälereien der Pferde Anlaß giebt. Die Verbreitung dieser einfachen, für den Tierfreund, den Pferdebesitzer und am Meisten für das gequälte Tier wohlthätigen Einrichtungen ist um so leichter, als die Einrichtung mit keinerlei Kosten verbunden ist. Abnutzung der D-Eisen ist so geringfügig, daß sie außer Betracht bleiben kann. Der Bauunternehmer hat nur nötig, einige D-Eisen einige Wochen früher als sonst aus die Baustelle zu legen.
— Weitere Nachrichten über das furchtbare Unglück aus dem Rhein bei Rüdes- heim besagen: Die Gesellschaft kam vom Rochusberg und wollte auf der Dampffähre über den Strom nach Rüdesheim fahren. Da aber die Dampffähre schon abgefahren war, bestieg man einen der am Ufer haltenden Nachen, den Brüdern Havck gehörig, um sich von den Schiffern hinüberrudern zu lassen. Der Nachen konnte, wie man sagt, nur 12 Personen fassen, es stiegen aber mit den Schiffern 22 Personen ein. Unter gemeinschaftlichem Gesänge stieß man vom Ufer ab. Man war eine Strecke weit gefahren, als einer