Amtsblatt für öie Stadt Wit'dvaö-

Genera!-Anzeiger für Wildbad «nd Umgebung.

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Nr. <LS

Rundschau.

Herzog Albrecht von Württemberg, der gegenwärtig die 4. preußische Garde- CavaUerie-Brigade in Potsdam komman- dirl, wird tm Herbst wieder von dort hierher zuriickkehren.

Stuttgart, 19. April. Dem Ver­nehmen nach wurde Ministerialdirektor Or. v. Weizsäcker gestern Abend von S. M. dem König im Wilhelmspalast empfangen. Die Ernennung des Dir. v. Weizsäcker zum Staatsminister des Kirchen- und Schulwesens dürste demnächst bevorstehen.

Die bürgerlichen Collegien von Ulm haben den Kriegsminister, General der Infanterie, Frhrn. Schott von Schotten­stein, in dankbarer Anerkennung seiner Bemühungen um das Zustandekommen des Vertrages über dieNiederlcgung der inneren Umwallung Ulms das Ehrenbürgeirecht verliehen. Auch der Vater des Kriegs- ministerS, RegierunasdirektorFrhr. Schott v. Schvttenstein, war Ehrenbürger Ulms.

Untertürkheim, 17. April. Se.Maj. der König kam heute Nachm, um 4 Uhr hierhergefohren, um am Grab der im verg. Jahr verstorbenen Frln. Fanny Haußmann, die über 20 Jahre seiner verstarb. Mutter als Kammerfrau treue Dienste geleistet hatte, eigenhändig einen Lorbeerkranz mit Schleife niederzulegen.

Tübingen, 17. April. Mit einer Verwegenheit, die ihresgleichen sucht, ent­flohen Ende der vorigen Woche aus dem hiesigen Amtsgerichtsgefängnis, dem fünf­eckigen Schloßturm, der Schuhmacher A. Pfizenmaier aus Murrhardt, der zu 2sts Jahren Zuchthaus verurteilt war, und der Postbote Süßer von Oberjesingen, der wegen 20 Mk. Unterschlagung in Haft war. Die beiden durchbrachen in der Karfreitagnacht die an den Oehrn an­grenzende Riegelwand und ließen sich dann an zusammeugeknüpften Bastseilen, wie sie die Gefangenen zu verarbeiten haben, durch das unvergitterte Oehrnfenster etwa 20 Meter hoch herunter. Das Bastseil hatten die Flüchtlinge am Ofen befestigt. Die beiden erfreuten sich aber der goldenen Freiheit nur kurze Zeit; der eine wnrde in Metzingen, derandere in Eningen wieder dingfest gemacht und hieher geliefert.

Bingen, 18. April. Bei der Ueber- fahrt von Bingen nach Rüdesheim kenterte gestern ein mit Mitgliedern der katholischen Studenten-VereinigungRheingau" besetz­ter Nachen mit 20 Personen in Folge Aufstoßens auf eine Ankerkette und sank.

Samstag, 21. ApriL 1900

14 Personen ertranken, die übrigen wur­den gerettet.

Ravensburg, 18. April. Die V. Landesgeflügelausstellung dahier war sehr gut besucht, trotz der ungünstigen Witter­ung von vorgestern. Ausgestellt waren 220 Stämme Hühner der verschiedensten Rassen, sowie Pfauen und Fasanen, 20 Stämme Gänse und Schwanen. 70 Stämme Enten in verschiedenen Rassen und mehr als 200 Stämme Tauben in über 40 Klassen; ferner viele aus- und inländische Sing- und Ziervögel, ausgestopftr Vögel, verschiedene Käfige, Brutapparate, Eier, Futterproben und Schriften über die Vogel­zucht rc. An Preisen wurden verteilt: Für Großgeflügel, Hühner, Schwanen, Gänse, Enten, 2 Ehrenpreise, 13 erste, 63 zweite und 109 dritte Preise; für Tauben 2 Ehrenpreise, 28 erste, 27 zweite und 27 dritte Preise, sowie 8 Anerken- nnngsdiplome, für Konknrrenzsänger und Exoten: 3 Ehrenpreise. 3 erste, 11 zweite und 16 dritte Preise, sowie 18 Diplome für die Apparate, ausgestopfte Vögel und für Litteraturgegenstände.

Der Kaiser hat nach demMilitär- Wochenblatt" den Generalen zumJnterims- Waffenrock eine neue Stickerei verliehen. Die Kabinets-Ordre lautet: Ich will heute, am Geburtstage Meines unvergeß­lichen Herrn Großvaters, des großen Kaisers und Königs Majestät, den Gene­ralen Meines Heeres durch Verleihung einer Auszeichnung auf den Kragen und den Aufschlägen des Jnterims-Waffenrockes einen erneuten Beweis Meiner königlichen Gnade zuteil werden lassen. Ich habe hierzu die Stickerei bestimmt, welche von dem Regiment Alt-Larisch getragen wor­den ist, einem Truppenteil, der sich im siebenjährigen Kriege einen unvergänglichen Ruhm erkämpft und auch aus seinem letzten Waffengange des preußischen Namens sich würdig gezeigt hat.

Die Deutschen haben den Reichtum Nord-Amerikas ganz wesentlich mitbe­gründet durch ihre starke Auswanderung. Verschiedene Nationalökonomen haben Be­rechnungen versucht und geschätzt, daß auf eine Million Auswanderer eine Milliarde Mark an direktem und indirektem Geld­verluste anzusetzen sei, daß Deutschland in 64 Jahren 7680 Millionen Mark ver­loren gegangen seien. Die Verlustzahl ist eine um so höhere, da unter den Aus­wanderern das männliche Geschlecht das weibliche überwiegt (3:2), und die Aus­wanderer in den Lebensjahren vom 17

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bis zum 25. stehen. Ein Nordamerikaner berechnet, daß jeder männliche Einwanderer in die Bereinigten Staaten ein Kapital von 1950 Mk. miibringe, bestehend in mitgebrachten Barmitteln und den Erzieh­ungskosten. Jedermännliche Einwanderer sei den Vereinigten Staaten 1500 Dollars wert, ein weiblicher Arbeiter 750 Dollars, also im-Durchschnitt 1125 Dollars. Man ist in Amerika der Ansicht, daß jeder Ein­wanderer 200 Mark bar mitbringt; doch sind derartige Schätzungen äußerst schwierig; selten werden Angaben gemacht, es werden Summen verheimlicht und oft wird Geld aus der Heimat nachgcschickt. Amtliche Erhebungen in Preußen ergaben 1855 für einen Auswanderer ein mitgenommenes Kapital von 259 Thalern. Gewiß ist, daß alle angegebenen Zahlen nur dürftige Anhaltepunktc geben können, daß die ver­lorene Steuer-und Wehrkraft, die geistige Arbeit, die fortgetragen wurden, unbe­rechenbar sind.

Der alte Schlachtenlenker General­feldmarschall Graf Moltke, war nicht nur ein Stratege ersten Ranges; er besaß auch eine seltene wirtschaftspolitischc Kennt­nis und den Mut, ihr offen Ausdruck zu verleihen. Namentlich die Gefahren, welche dem werkthätigen Volke seitens des inter­nationalen Großkapitalismus drohen, hat er frühzeitig mit weitschauendem Blicke erkannt. Als Beweis hiefür sei ein Aus­spruch angeführt, den wir Moltkcs Ge­schichte des französischen Krieges entnehmen. Er steht am Anfang dieses interessanten Buches und lautet:Die großen Kämpfe der neueren Zeit sind gegen den Wunsch und Willen der Negierenden entbrand. Die Börse hat in unseren Tagen einen Einfluß gewonnen, welcher die bewaffnete Macht für ihre Interessen in das Feld zu rufen vermag. Mexiko und Aegypten sind von europäischen Heeren heimgesncht wor­den, um die Forderungen der hohen Finanz zu liquidieren." Seit der Zeit als Moltke jene Worte schrieb, hat sich die Zahl der Raubkriege, welche die bewaffnete Macht im ausschließlichen Interesse des groß­kapitalistischen Spekulantentums der be­treffenden Länder führen muß. schnell vermehrt. Wir erinnern da nur an die beendeteBefreiung" Kubas und an die noch andauernde der Philippinen von der Herrschaft der Spanier, um sie den amerikanischen Großkapitalisten zur Aus­beutung zu unterwerfen. Noch krasser aber tritt dasselbe treibende Moment bei dem gegenwärtigen blutigen Raubkriege