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4 Stunden. Die englischen Truppen hielten sich sehr tapfer. Die britische Streitmacht bestand aus Aeomanrytrup- pen und der berittenen Infanterie von Kimberley und vier Feldbatterien. (Ist das eine Heldenthat!) Eine andere Depesche Lord Roberts von gestern 9 Uhr Abends lautet: Ich fürchte, daß 3 Kompag­nien Infanterie und 2Kompagnien beritte­ner Infanterie bei Reddersburg östlich vom Bahnhof Bethany von den Buren um­zingelt sind. Es befand sich dort eine große Anzahl Buren mit 4 oder 5 Ge­schützen. Die Engländer hielten sich vom 3. d. Mts. Mittags bis zum 4. d. Mts. 4 Uhr vormittags gut. Es ist anznnehmen, daß sie sich ergeben haben. Sobald Roberts am 3. / 4. Nachmittags Meldung von dem Kampfe erhielt, befahl er General Gatacre, mit größter Beschleunigung von Spring­fontein nach Reddersburg zu marschiren. Außerdem schickte Roberts die Cameron- Hochländervon Bloemfontein nachBethany. Gatacre traf, ohne auf Widerstand ge- stoßen zu sein, am 4./5. um 10'ft Uhr Vormittags in Reddersburg ein, konnte aber nichts von der vermißten Infanterie erfahren. Es ist kein Zweifel, daß die Jnfanterietruppe von den Buren gefangen genommen worden ist.

London, 6. April. Aus Buren- Qnellen wird gemeldet: Das bei Redders- bnrg aufgehobene Teilkorps Gatacres war nnit dem Hchutze der Bahnlinie Bethanie-Bloemfontein betraut. Ueber 800 Mann Kavallerie und 700 Mann Infanterie mit Geschützen und dem gesamten Train wurden von den Buren gefangen.

London, 7. April. Das Rentersche Bureau meldet aus Springfontein vom 5. ds. Mts.: Ein von Jagersfontein nach Springfontein gehender Zug und die fünf Meilen vom Lager in Springfontein stehenden Vorposten wurden vom Feinde beschossen, der sich augenscheinlich von der Bahn nach Westen bewegt. (Jagersfon­tein und Springfontein liegen im süd­westlichen Teile des Oranjefreistaates, dabei in gerader Linie mit Reddersburg, wo die Buren am 4. April die 5 engl. Kompagnien gefangen nahmen. Mit der Stellung bei Jagersfontein-Springfontein ist auch die Eisenbahn Kimberley - Coles- berg-Port-Elisabeth von den Buren be­droht. Da aber gemeldet wird, daß sie sich noch weiter nach Westen wenden, so scheinen die Buren Kimberley ancki von der Kapstadter Bahn abschneiden und so die sämtlichen Truppen des Lord Roberts, die zydem im Norden und Osten von ihnen beunruhigt werden, die Verbindung mit dem Süden berauben zu wollen.

London,?. April. Wie derFigaro" sich von hier melden läßt, geht hier das Gerücht, dierückwärtigeVerbindung des Lord Roberts sei abgeschnitten.

Der Tod des Franzosen Villebois ist wieder ein schwerer Verlust für die Buren, ihm schrieb man zum großen Teil die geschickten Operaiotnen der Bnrenarmee zu, er war etwas wie Generalstabschef, sofern man von einem solchen iw repu­blikanisch organisirten Heer der Buren reden kann. Uebrigens beweist dieses Gefecht, daß die Buren auf allen Seiten von Bloemfontein in lebendiger Thätig- keit sind. Während dies auf dem west­lichen Kriegsschauplatz vorging, gelang im Süden von Bloemfontein, und zwar

bei Reddersburg, den Buren ein ausge­zeichneter Streich. Dort befanden sich 5 englische Kompagnien, darunter 2 berit­tene, entweder, um die Eisenbahnverbind­ung gegen die schwärmenden Buren zu sichern, oder um einer Burenmacht den Rückzug auf Winburg und Kroonstadt zu verlegen. Allein es gelang den Buren, die ganze englische Streitmacht zu um­zingeln und gefangen zu nehmen.

Lokales.

Wildbad, 9. April. Die Vorstell­ungen des Circus Ko ßm ei er, welche in den letzten Tagen hier stattfanden, hatten sich stets eines sehr zahlreichen Besuchs aus-allen Kreisen der hies. Einwohnerschaft zu erfreuen. Die Leistungen der Truppe entsprachen den Erwartungen durchweg und befriedigten die Zuschauer in hohem Maße. Das Personal ist sehr gut und das Pferdematerial ausgezeichnet. Ein sehr abwechslungsreiches Programm hielt das Interesse des Publikums stets rege und es fehlte den Künstlern nicht an dem wohlverdienten Applaus.

Wen cs Leven.

Oster-Geschichte von Otto Grund.

(Nachdruck verboten.)

Ueber dem kleinen Städtchen Thalfels spannte sich das Himmelsgewölbe mit wunderbarer Klarheit. Die Luft ist milde und rein, erfüllt von den goldglänzenden Strahlen der Sonne, die heute in be­sonderer Jugendschönheit zu prangen scheint. Ueberall Frühlingsstimmung, neues erwachendes Leben. Die Glocken klingen durch die Morgenluft.

Sie rufen. Die Bewohner des kleinen Städtchens hören sie und treten heraus aus ihren Häusern, festlich geschmückt wie die jngendfrische leuchtende Natur. Auf allen Gesichtern liegt ein Abglanz des Erdenfrühlings; sie grüßen sich, nicken einander freundlich zu. Von allen Seiten kommen die Bürger mit ihren Frauen und Kindern zur Kirche, die mitten auf dem Marktplatze liegt.

Es ist ja Ostern heute, das Aufersteh­ungsfest, das Frühlingsfest, das Fest des neuen Lebens. Da sind alle Menschen sorglos und heiter und blicken vertrauend in die Welt hinaus, die so sonnig vor ihnen liegt.

Alle?

Wirtretenin die Wohnung der Kerner- schen Familie. Wie dunkel ist es da. Zwar liegt die Wohnung, zwei dürftig möblierte Wvhnränme und eine enge rauchige Küche, im Kellergeschoß nnd nach dem Hofe hinaus, aber das allein macht sie nicht so dunkel. Diesen Eindruck bringen die kahlen Wände und die Bewohner selbst hervor. Der erste Blick sagt dem Beschauer: hier wohnt mit den Menschen die Armut; jene wirkliche bitterste Armut, über die so viele Menschen ans eigener Erfahrung reden wollen, die sie doch nie am eigenen Leibe gefühlt haben, jene Armut, deren nächster Verwandter das drohende Gespenst des Hungers ist.

Nicht immer lebte und noch nicht lange lebt die Familie Kerner so. Noch das vorige Osterfest hat sie mit derselben Hoffnungsfreudigkeit gefeiert wie alle die andern Menschen in Thalfels. Wil­helm Kerner ist ein geschickter Tischler

und war Meister und erster Arbeiter in der größten Tischlerei am Orte. Tisch­lermeister Reimann bezahlte ihn gut und Kerners Familie lebte behaglich und glück­lich.

Was ist Schuld an der jetzigen so ganz anderen Lage der Familie? Der Jähzorn des Vaters.

Die älteste Tochter, Martha, ist 19 Jahre alt. Vor einem Jahre, gerade am Osterfest, war sie mit Fritz Reimann persönlich bekannt geworden. Er arbeitete unter ihres Vaters Leitung in seinem später eigenen Geschäfte grade so wie die die übrigen Gesellen.

Die jungen Leute lernten sich rasch kennen und von da aus war nur ein Schritt zur Liebe. Als ehrlicher Mann fragte sich Fritz, was daraus werden solle und kam nach reiflicher Ueberlegnng zu dem Schluffe: Mann und Weib. Er wollte sofort mit Marthas Vater reden, doch sie bat ihn, es noch nicht zu thun. Ihr Vater sei so leicht erregbar, sie fürchte sich davor. Uebrigens seien sie beide ja noch jung und es wäre vielleicht besser, ihre Liebe noch einige Zeit geheim zu halten.

Da Fritz selbst nicht ganz gewiß war, wie sich sein Vater zu der Sache stellen würde, willigte er ein.

Doch es ist leichter, ein ganzes Ver­schwörungs-Komplott geheim zu halten als ein Liebesverhältnis zwischen zwei einzelnen Menschen. Es giebt in allen Gesellschaftsklassen eine Menge Leute bei­derlei Geschlechts, die sich eine Ehre daraus machen, Familien-Angelegenheiten der Mitbürger nnd namentlich Liebesangelegen- heiten heraus zu spionieren; je schwieriger das ist, desto mehr lohnt es sich. Man nennt solche Leute gemeinhin Klatschbasen. Ihre Zahl ist bekanntlich groß, ihre Augen sind sehr, sehr scharf und ihre Zungen spitz und gelenkig. Ihnen bleibt nichts verborgen, absolut nichts und mag man noch so sehr darüber wachen.

Die Klatschbasen von Thalfels hatten denn auch bald heraus, daß zwischen Fritz Reimann und Martha Kerner nichtalles richtig" sei, daß daetwas draus zu werden" scheine. Und es könne doch nichts werden,er" sei doch der zukünftige Herr des Geschäftes undsie" gewissermaßen nur die Tochter eines seiner Arbeiter. Er könne doch eine viel bessere Parrie machen, und sie möge doch lieber bei ihresgleichen bleiben und nicht so hoch hinaus wollen, sie hätte ja doch nichts als ihre hübsche Fratze u. s. w. Uebrigens sei das wohl nur eine Laune von ihm, er wolle sie wohl gar nicht heiraten. Und dann gab man der Geschichte allerlei spitze zwar sehr verschleierte aber darum nur um so häßlichere Deutungen. Ist so ein Gerücht erst anfgetaucht, dann ist es auch schonrum", die Klatschbasen besorgen das umsonst. Und dann beschäftigen sich die Lente so angelegentlich, so besorgt mit dem Wohl und Wehe der ihnen ganz fremden Menschen, als ob ihr eigenes Leben davon abhinge. Es ist solche liebe­volle Anteilnahme ordentlich rührend und man hat nur den einen Wunsch: daß sie sich lieber einer wichtigeren Sache widmen sollten!

Das Gerücht wurde natürlich auch in die Reimannsche Werkstelle kolportiert und dort von den Gesellen mit allerlei witzigen Bemerkungen ausgenommen. Als es zu