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gehabt habe, den Prinzen zu töten und über seine Thal keine Reue empfinde. Er sei bereit, dieselbe noch einmal zu verüben. Das Verbrechen ist wohl nicht mit Unrecht den sozialistischen Hetzreden zuzuschreiben, die gestern Abend im hiesigen niederländ. Theater gegen die Engländer wegen des Burenkriegs gehalten wurden. Der Sozialist Volkaert hatte bei Eröff­nung der Versammlung erklärt:Der Prinz von Wales wird morgen hier durch­reisen, und es ist notwendig, daß er er­fahre, daß das belgische Volk die Wieder­herstellung des Friedens wünscht." Diese Worte scheinen demnach ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben. Außer dem Prinzen befanden sich in dessen Wagen seine Gemahlin und sein Adjutant. Der Prinz von Wales erschien in keiner Weise über den Zwischenfall aufgeregt und fragte, ob der Revolver scharf geladen gewesen sei. Auf bejahende Antwort lächelte er und sprach den Wunsch ans, daß man mit dem Thäter nicht zu streng verfahre. König Leopold richtete an den Prinzen eine Depesche, in der er seinem Bedauern über den Mordanschlag Ausdruck gibt. Der Minister des Aeußern stattete dem britischen Gesandten einen Besuch ab. Alle Blätter verurteilen in schärfster Weise das Attentat. Laut einer Meldung aus Brüssel erklärte Sipido wörtlich:Ich habe geschossen, weil der Prinz von Wales Tausende in Transvaal umkommeu läßt. Ich habe dessen Opfer rächen wollen und bedaure nicht, dieses Attentat gegen den Prinzen verübt zu haben, der sich zum Mitschuldigen der unmenschlichen Politik Chamberlains gemacht hat."

Brüssel, 5. April. Zu dem Atten­tat wird noch gemeldet, daß der Thäter, da er noch nicht 16 Jahre alt ist, noch nicht unter das Strafgesetzbuch gebracht werden könne. Er wird wahrscheinlich einer Besserungsanstalt überwiesen werden.

Lissabon, 4. April. sDas Reuter'sche Bureau meldet: In der Abgeordnetenkam­mer erklärte der Minister des Auswärtigen, die Beförderung von englischen Soldaten und Kriegsmaterial mit der Eisenbahn auf portugiesischem Gebiet zwischen Beira und Umtali sei seitens Englands nach­gesucht und von Portugal zugestanden worden. England machte hierbei von einem in Staatsverträgen anerkannten Rechte Gebrauch. Der gegenwärtige Krieg hebe diese vor dem Kriege abgeschlossenen Verträge nicht auf. Portugal habe in loyaler Weise seinen Entschluß der Regierung von Transvaal mitgeteilt und sei vollkommen korrekt der ihnen obliegen­den neutralen Pflichten nachgekommen. Alle, die von den Vorgängen Kenntnis haben müßten, seien verständigt worden.

Beira, den Hafen der Mozambi­que Küste, wollen die Engländer nun zur Operationsbasis in Afrika machen. Die Engländer möchten Transvaal vom Norden her angreifen, nachdem ihnen der Vormarsch nach Pretoria vom Süden aus durch die Buren so sehr erschwert wird. Zn diesem Zweck sollen die erforder­lichen Truppen über den portugiesischen Hafen von Beira, an der Müudung des Pungwe Flusses, zunächst nach Malabele- Land in Rhodesien befördert und dann süd­wärts dirigiert werden. Beira ist nach Lonrenzo Marquez unzweifelhaft der wich­tigste Punkt von ganz Portugiesisch Ost- arifka.

Die Absichten der Kapitalisten, die den Krieg in Südafrika hervorgerufen haben, werden in einer soz. Zeitung fol­gendermaßen gekennzeichnet:Keineweißen Arbeiter! Einfuhr von Asiaten! Bestener- ung aller Schwarzen, die nicht für Unter­nehmer arbeiten wollen! Das ist das kapitalistische Programm für Südafrika. In Kimberley beschäftigt der Brite Rhodes nur schwarze Arbeiter. Die Regierung der Transvaalrepublik legte der Beschäf­tigung schwarzer Arbeiter schwere Ein­schränkungen auf und dadurch sicherte sie weißen Bergarbeitern eine Masse Arbeit. Thomas jBurt, der Sekretär des Ver­bandes der Bergarbeiter von Northnmber- land, erklärt in seiner amtlichen Ueber- sicht über das Jahr 1899: Diejenigen Arbeiter, welche aus Transvaal zurück- gekehrt sind, äußern sich einstimmig dahin, daß die Beseitigung der Republik Aus­schließung der weißen Bergarbeiter aus den Goldfeldern bedeuten wird." Löhne für weiße Arbeiter sind in der Trans- vaalrepnblik beinahe doppelt so hoch, wie in Kimberley, und die eingestandene Ab­sicht der Großkapitalisten ist die, die Re­publik zu vernichten, um die Löhne ans dasselbe Niveau herabzusetzen, auf dem sie in Kimberleiy stehen. In Kimberley läßt Rhodes seine Schwarzen 12 Stun­den täglich arbeiten. Die Regierung der Transvaalrepublik hat den Arbeitstag für Schwarze und Weiße gesetzlich auf 8 Stunden normirt. In Kimberley ruht der Betrieb der Mienen nie. In Trans­vaal ist das Arbeiten an Sonntagen ver­boten, und der Zuwiderhandelnde wird mit schwerer Strafe belegt."

New-Jork, 4. April. Admiral Dewey erklärte einem Berichterstatter der World", er sei geneigt, sich als Präsi­dentschafts-Kandidat aufstellenzu lassen.

Lokales.

Wildbad, 6. April. (Eiliges.) Der Circus Coßmeier gab gestern Abend seine Eröffnungsvorstellung. Die gesamten Leistungen der Künstlertruppe können mit Recht als vortreffliche bezeichnet werden. Ganz besonders zu erwähnen ist der kleine jugendliche Jockey, derselbe arbeitet mit einer Sicherheit und Gewandtheit, die manchen älteren College« in Schatten stellt und alle Besucher in Staunen versetzte. Fräulein Julie als Draht- seilkünstlerin, sowie Frl. Anna als Parforcereiterin sind auch als gute Kräfte zu bezeichnen. Nicht zu vergessen ist das Freiheitspferd Almansor, dressiert und vorgeführt von Herrn Hammer­schmidt fr., in dieser Dressur vereinigen sich Kunst undKenntnisse desDresseurs auf's Schönste. Alle Requisiten und Costüme sind geschmackvoll und neu der Jahres­zeit entsprechend, wir können also aus voller Ueberzeugung den Besuch des Circus nur warm empfehlen. Die Vorstellungen finden nur noch statt: heute Abend, Samstag und Sonntag Abends 8 Uhr. Sonntag 2 Vorstellungen, Nachm. 4 Uhr und Abends 8 Uhr.

Vam Kriegsschauplatz in Südafrika.

Brüssel, 3. April. Einer Privat­depesche aus Pretoria zufolge fand im Süden von Bloemfontein ein heftiges Ge­fecht zwischen 3000 Buren und der Reiter- divisiou French statt. Den Buren gelang es, die Wasserreservoirs sowie den Schienen­

weg zu zerstören, worauf sie in der Nicht ung auf Brandford zurückgingen.

London, 4. April. DieTimes" melden aus Bloemfontein vom 2. April: Die Bewegungen der Buren zeigen einen Unternehmungsgeist und beweisen, daß in dem nördlichen Theile des Oranjefrei­staates die Buren besser Zusammenhalten als angenommen wird. Oliviers Aktion, indem er, wieder auf Ladybrand nach Osten vorstoßend, dasselbe besetzte und sodannBerstärkungen heranzog und Taban- chu wieder nahm, war ein strategisches Meisterstück, da er dabei seinen Vorteil in der einzigen verwundbaren Stelle von Lord Roberts Stellung wahrnahm. Als der englische Wagenzug und die Geschütze am Kornspruit in die Nähe des Feindes kamen, war, wie es scheint, nicht ein Mann an der Spitze, der beauftragt gewesen wäre, Ausschau zu halten. Die Eskorte trottete ruhig hinterher und merkte erst, baß etwas nicht in Ordnung war, als die Hälfte des Wagenznges schon in Ge­fangenschaft war.

London, 4. April. Die Morgen­blätter melden aus Kapstadt: Ein Trans- portschiffmit General Cronje, Oberst Schiel und 1000 gefangenen Buren ist nach St. Helena in See gegangen.

Sonthampston, 1. April. 20 Offiziere und 600 Mann gehen nach Sankt Helena ab, um die Bewachung Cronjes und der anderen gefangenen Buren zu über­nehmen.

Die Vermutung, daß mit der Er­nennung der neuen Führer, insbesondere von Ludwig Botha und von Oberst Ville- bois, mehr Leben in die Kriegführung der Buren kommen würde, hat sich rasch bewahrheitet. Die Buren haben, wenn auch etwas spät, eingesehen, daß sie mit dem bloßen Stillliegen und den Feind anlaufen lassen, nicht weiter kommen, sondern daß sie bessere Geschäfte machen, wenn sie den Feind aufsuchen und ihn durch kleine Gefechte und den kleinen Krieg ordentlich mürbe machen. Es verlautet, daß die Bureu ihre Streitkräfte geteilt haben, d. h. die älteren und verheirateten Mannschaften sollen in den befestigten Stellungen, in Kcoonstad und in den Pässen der Drackensberge verblieben sein, während die jüngeren bei den in der letzten Zeit gemachten Vorstößen Verwend­ung gefunden haben, also eine Art Trenn­ung in Linie und Landwehr. Wir halten das, die Richtigkeit vorausgesetzt, für eine sehr gute Idee. Die Gefechte, in denen um den Besitz der Wasserwerke von Bloem­fontein gekämpft wurde, sind offenbar für die Buren erfolgreich gewesen. Diese haben die Wasserwerke zerstört und den Eng­ländern ist es nicht gelungen, sie zn ver­treiben, oder die am 31. März verlorenen Geschütze zurückzuerobern. Äus Allem geht der Unternehmungsgeist der Buren hervor, während die Aktion der Englän­der auffallend gehemmt erscheint. In den englischen Berichten heißt es, die Buren hätten sich noch nie so kühn in offenem Felde gezeigt, wie in diesen Kämpfen, die so nahe dem engl. Hauptquartier statt­fanden.

Eine infame Roheit bekunden die Engländer den gefangenen Buren gegen­über. Die Art und Weise, wie Cronje in Kapstadt durch Presse und Publikum empfangen worden ist, muß den Abscheu jedes gebildeten Menschen erwecken. Die