Amtsblatt für öie Stabt Wilöbaö.

General-Anzeiger für KilSbad und Umgebung.

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Nr. 40.

Donnerstag,

6. Apric 1900

36. Jahrgang.

Rundschau.

Se. Maj. der König hat den Re­vieramtsassistenten Lanz in Herrenalb mit dem Versehen der Hofjagdinspektion betraut und demselben die Dienstrechte und den Titel eines Oberförsters verliehen.

Stuttgart, 31. März. Wieverlautet, hat auf die seincrzeitige wiederholtePetition des Vereins mürttembergischer Verwalt­ungskandidaten in Verbindung mit dem Verein für Körperschaftsbeamten die Oberregierung nunmehr beschlossen, u. a. die Prüfungsordnung für Verwaltungs- kandidaten dahin abzuändern, daß als Haupterfordernis für die Zulassung zur Prüfung die Berechtigung zum Einjäh­rig-Fr eiwilli gen dien st gelten soll, aber andererseits den Ortsvorstehern und Verwaltungsaktuaren noch für dieses Früh­jahr Gelegenheit zu geben, sich, soweit nötig, mit Lehrlingen ohne diese Haupt­bedingung zu versehen; auch wird die Prüfung, und zwar schon vom Frühjahr 1901 an, nicht mehr am Sitz der vier Kreisregierungcn des Landes, sondern ein­heitlich in Stuttgart sein.

Ganz plötzlich und unerwartet ist am Sonntag, vormittags, der Staats­minister des Kirchen- und Schulwesens Dr. Otto v. Sarwey an den Folgen eines Schlaganfalles gestorben. Mitten aus einem arbeitsreichen Leben heraus­gerissen, ist es dem Minister vergönnt gewesen, bis in seine letzten Lebenstage hinein mit ungewöhnlicher Frische die Leitung des Kultusministeriums zu führen. Geboren am 24. Sept. 1825 zn Tübingen als Sohn des damaligen Oberhelfers M. Sarwey, studierte Otto Sarwey nach absolviertem Gymnasium in seiner Vater­stadt die Rechtswissenschaft; beide höhere Justizdienstprüfungen bestand er mit Aus­zeichnung. Kaum hatte er das passive Wahlrechtsalter erreicht, so wurde er von Sulz a. N. in die Abgeordneten­kammer gewählt; er vertrat diesen Be­zirk während einer sechsjährigen Wahl­periode. Im Jahre 1864 entsandte ihn der Oberamtsbezirk Crailsheim als seinen Vertreter in die zweite Kammer; nach 12jähriger Wirksamkeit nurde er durch den im vorigen Jahre verstorbenen Stadtschultheißen Sachs abgelöst. Am 2. Mai 1883 wurde er von König Karl zum lebenslänglichen Mitglied der Kam­mer der Standesherren ernannt. Im Staatsdienst machte er als Richter ver­hältnismäßig eine rasche Carriers; 1869 zum Obertribunalrat und Vortragenden

Rat des Justizministeriums befördert, erfolgte im Mai 1870 seine Ernennung zum außerordentlichen Mitglied des Ge­heimen Rates und wenige Monate darnach zum Staatsrat. Seine Ernennung zum Staatsminister des Kirchen- und Schul­wesens erfolgte am 28. Februar 1885; in Sarwey's 15jährige Ministerthätigkeit fallen mancherlei Reformen auf dem Ge­biete des Unterrichtswesens, die Ausge­staltung der Realgymnasien und Real- lyceen rc., sowie viele Personalreformen, von denen aus jüngster Zeit nur die durchgreifende Gehaltsregulierung sämt­licher Lehrer, die Trennung des Kirchen- nnd Schuldienstes bei den Volksschullehrern, die Verleihung des Diplom inA. und Doetor iv§. an die Technische Hochschule, sowie die Titularändernngen bei den Kollaboratoren, Präzeptoren und Ober­reallehrern genannt sein mögen. Nament­lich in früheren Jahren ist S. auch viel­fach schriftstellerisch thätig gewesen; er war Mitarbeiter an mehreren juristischen Zeitschriften und hat auch eigene Werke geschrieben, von denen seinHandbuch des württembergischen Staatsrechtes" eine weite Verbreitung gefunden hat. Als sein Nachfolger wird Staatscat Dr. v. Göz genannt.

Stuttgart, 3. April. Die Beisetz­ung des Staatsministers des Kirchen- und Schulwesens Dr. v. Sarwey fand heute Nachm, unter großer Teilnahme statt. Dem Trauergottesdienst in der Wohnung des Verstorbenen wohnten Se. M. der König sowie S. K. H. Herzog Robert von Württemberg und S. H. Prinz Hermann von Sachsen-Weimar persönlich an. Die Königin, sowie andere Mitglieder des kgl. Hauses sandten Vertreter. Außerdem waren die Staatsminister, mit Ausnahme des er­krankten Ministerpräsidenten, und viele hohe Beamte zugegen. Feldprobst Blum hielt eine ergreifende Ansprache. Kurz vor 4 Uhr bewegte sich der Trauerzug vom alten Postplatz aus auf den Prag­friedhof. Prachtvolle Blumenspenden be­deckten den Sarg, darunter 2 mächtige Kränze von den Königlichen Majestäten, die sich bei der Feier auf dem Friedhof vertreten ließen. Der tiefempfundenen Rede des Geistlichen folgte je unter Nie- derlegnng eines Lorbeerkranzes eine Reihe von Ansprachen, in denen die Verdienste des Dahingeschiedenen gewürdigt wurden.

Der Wiederzusammentritt der vertagten Ständeversammlung wurde auf Dienstag den 24. April festgesetzt/

Der württ. Landesfischereiverein hat in den letzten Wochen gegen 100 000 junge, italienische Aale, durch die ver­schiedenen Fischereivereine in die Gewässer des Landes aussetzen lassen. Auch von Bach- und Regenbogenforellen, wie Bach­saiblingen, sind viele Einsätze von Fisch- wasferpächtern rc. gemacht worden, letztere 2 Arten, sowie Karpfen besonders viel in Teichen. Der diesjährige Fischereitag wird voraussichtlich am 17. Juni in Freu­denstadt, in Verbindung mit einer größe­ren Ausstellung von lebenden Fischen und Fischereigerätschaflen des dortigen Vereins stattfinden.

Tübingen, 22.März. (Schwurgericht.) Eines Verbrechens der Brandstifrung im Sinne der tzß 306 Z. 2, 308,73 St.-G.-B. war gestern angeklagt der verheiratete Maurer Gottlob Kimmerle von Pliez­hausen, O.A. Tübingen. Erbost über den Ansgang eines von ihm in Stuttgart geführten Prozesses kam der Angeklagte in der Nacht vom 22.Z23. Februar d. I. von Stuttgart zurück, begab sich zn seinem Wohnhaus, an welches eine Scheuer an­gebaut ist, und führte hier die unter An­klage stehende Brandstiftung aus. An die Geschworenen wurden Fragen aus §§ 306 und 308 St.-G.-B. nebst einer Frage nach mildernden Umständen gestellt. Nachdem dieselben die Frage aus H 308 St.-G.-B. bejaht, die Frage nach mildern­den Umständen aber verneint hatten, wurde der Angeklagte zu der Zuchthaus­strafe von 3 Jahren und zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Tauer von 7 Jahren verurteilt. Ober­staatsanwalt Fezer vertrat die Anklage. Die Verteidigung lag in den Händen des Rechtsanwalt Vierer. Die Geschworenen hatten den Kommerzienrat Zöppritz-Calw zu ihrem Obmann gewählt. In nicht­öffentlicher Sitzung kam gestern ferner die Anklage gegen den ledigen Fabrikarbeiter Karl Heinrich von Betzingen, O.A. Reut­lingen wegen zweier Verbrechen wider die Sittlichkeit zur Verhandlung. Der Angeklagte, bisher in der Markgraf'schen Fabrik in Betzingen beschäftigt, wählte im Jan. d. I. zn seinem schändlichen Treiben zwei je 14 Jahre alte Mädchen von Ohmenhausen ans. Oberstaatsan­walt Fezer war wiederum Ankläger, die Verteidigung führte Rechtsanwalt Bohnen­berger. Nachdem die Geschworenen die an sie gestellten Fragen hinsichtlich eines Falles bejaht hatten, ebenso die mildern­den Umstünde, im andern Fall dagegen