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Nr. 32

Samstag, 17. Wävz 1900

36. Zahvgang.

Rundschau.

Stuttgart, 11. März. Der an den Folgen eines Schlagansalls gestern ver­storbene Fabrikant Emil Engelmann war eine durch sein dichterisches Talent und seine schriftstellerische Thätigkeit in weiten Kreisen bekannte und geschätzte Persön­lichkeit. Wie oft hat er bei Schillersesten den Manen Schillers gehuldigt, wie oft sonst bei festlichen Anlässen das richtige Wort getroffen, wenn er seinen Idealen, dem Vaterlande, den großen deutschen Männern, der Knust und Poesie den Zoll seiner Begeisterung darbrachte! Ein schöner Gedanke von ihm war, in seinen Muße­stunden die Heldensagen der Völker für die Jugend und für das deutsche Haus zu bearbeiten. Er ließ nacheinander Germania's Sagenborn", dieGötter­sagen aus germanischer Vorzeit," die Nibelungen",Gudrnn",Parcival und Lohengrin", diehomerischen Gesänge", dieFrithyofsage",Nordlandssagen" er­scheinen. Auch die Märchenwelt sammelte und bearbeitete er für die Jugend; es erschienen von ihmDeutsche Märchen", Volksmärchen",Das Zauberland" n. a. Er zeigte hierin nicht bloß Liebe zur Sache, sondern auch eine entschiedene Be­gabung, feines poetisches und darstellen­des Talent und ein großes Verständnis für die Jugend; letzteres hing wieder mit dem schönen Familienleben zusammen, welches Eltern und Kinder in einem harmonischen Band von seltener Innig­keit umschloß. Jeder, der mit ihm in Berührung kam,wird dem liebenswürdigen, für alles Edle empfänglichen Mann ein freundliches Andenken bewahren.

In dem Wartezimmer eines trotz seiner Derbheit sehr beliebten und viel­beschäftigten Arztes in Stuttgart hatte sich letzter Tage allmählich eine ziemlich große Anzahl Patienten angesammelt, um vom Herrn Dr. ein gutes Rezept gegen die böse Influenza zu erhalten. Der Arzt war aber selbst an Influenza erkrankt und erschien plötzlich im Schlafrock unter der Thür des Sprechzimmers und rief zu seinen Patienten hinein:Sauft eine Flasche Champagner und legt Euch ins Bett! Ich mach's auch so." Ob das Rezept bei allen Patienten, die sich darauf­hin entfernten, geholfen hat, haben wir nicht erfahren können.

Altensteig, 12. März. Vor einer vom hiesigen Gewerbeverein auf gestern nachmittag veranstalteten zahlreich besuch­ten Versammlung hielt Hr. Professor

Wetzel von Nagold auf Ersuchen des Vereinsvorstandes Hr. Präz. Dr. Wagner einen allseitig mit großem Beifall auf- genommencn Vortrag über dieHansa", deren Entstehung, Blütezeit und Verfall eingehend beleuchtend. Am Schluß seines lehrreichen Vortrags betonte der Redner, daß uns die Geschichte der Hansa lehre, wie auf dem Meer der Weg zur Blüte des Handels und des Wohlstandes sei; die Gegenwart zeige, ein großes Volk müsse zur See mächtig sein, wenn es etwas gelten wolle im Weltverkehr.

F r e u d e n st a d t, 14. März. Zwei Söhne des Güterbeförderers Hermann aus Laupheim haben das hieß Güterbe- fördernngsgeschäft incl. Inventar, vorbe­hältlich der Genehmigung durch den Staat, um Mk. 80 000 käuflich erworben.

Gmünd, 11. März. Eine hochher­zige Stiftung zu Gunsten seiner Arbeiter hat der Silberwarenfabrikant Gustav Hanber gemacht, indem er ans Anlaß seines 60. Geburtstags und seiner 30- jährigen Gcschäftsthätigkeit eine private Invaliden- und Altersversicherung ein­richtete. Wenn ein Arbeiter nach 5- bis lOjähriger Thätigkeit arbeitsunfähig wird, bekommt er eine jährliche Rente von 72 Mk., die von 5 zn 5 Jahren um je

24 Mk. bis zn 180 Mk. steigt, wenn er

25 Jahre im Geschäft war. Ist ein Arbei­

ter, der 25 Jahre im Geschäft war, 60 Jahre alt, so bekommt er eine Alterszu­lage von 2 Mk. pr. Woche. Bei einem Todesfall werden 25 Mk. zu den Leichen­kosten gegeben. Eine Arbeiterin erhält im Falle der Verheiratung nach 5jähriger Thätigkeit 50 nach lOjähriger 100, nach 15jührigcr 150 Mk. (Schw. B.)

DieNationall. Korr." veröffent­licht ein Schreiben des Kommerzienrats Mauser, worin er auf Grund authen­tischen Materials erklärt, daß zn den nach Transvaal und dem Oranjefrcistaat ge­lieferten Mansergewehrcn, Kaliber 7 Milli­meter, keinerlei explodierende Hohlspitzen­geschosse oder Halbmantelgeschosse, sondern lediglich Vollmantelpatronen geliefert wor­den seien.

Die noch so unerwartet hereinge­brochene Kälte hat die Hoffnung auf eine reichliche Obsternte sehr gesteigert, denn Milliarden von schädlichen Larven und Insekten, die in den warmen Febrnartagen an die Oberfläche des Bodens traten, sind durch die empfindliche Märzkülte zerstört worden. Auch die Bäume und Pflanzen wurden in ihrem vorzeitigen Treiben un!

Sprossen noch merklich zurückgehalten. Im Ganzen stehen Bäume und Reben ganz gesund da und berechtigen zu einem hoff­nungsvollen, segensreichen Jahre.

Pforzheim, 13. März. Das Luft- knrhotelWürmthal" in Würm ging durch Kauf um die Summe von 160 000 Mk. an die Fräulein Bloch und Zügel über.

BerIin, 14. März. DemKl. Journ." wird ans Erfurt gemeldet: Ter Leipziger Schnellzug fuhr in Folge falscher Weichen­stellung vor Bebra in voller Fahrt auf einen Güterzng. Der Lokomotivführer besaß noch die Geistesgegenwart, scharf zu bremsen. Die Lokomotive, der Post- und mehrere Personenwagen wurden zer­trümmert, zahlreiche Passagiere verletzt. Ter Postbeamte ist seinen Verletzungen bereits erlegen. Für den Lokomotivführer wurde von den Passagieren eine Samm­lung veranstaltet, welche eine bedeutende Summe ergab.

Berlin, 13. März. Dem Reichs­tage gingen Abänderungsanträge zu betr. die Iwx Heinze, worin die Beibehaltung des Schutzalters von 16 Jahren für un­bescholtene Mädchen, Beseitigung der Ar­beiter-Paragraphen, Milderung des Thea­terparaphen u. Beibehaltung des Paragra­phen gegen die Kunst befürwortet wird.

Köln, 14. März. Wie dieKölnische Volkszeitung" meldet, ist der langjährige Landtags- und Reichstagsabgeordnete Frei­herr von Hnene, Präsident der preußischen Centralgenossenschaftskasse auf der Rück­reise von Gardasee in Goßensaß gestorben.

Lauda, 13. März. Ein recht inte­ressantes Gefecht, das noch schlimme Folgen hätte haben können, fochten dieser Tage einige Bürschlein, Söhne hiesiger Bürgers­leute, ans. Dieselben spieltenBuren und Engländer" und als der eingelegte Güterzng Wertheim-Landa sich der hiesigen Station näherte, eröffneten die Schlingel ein regelrechtes Bombardement mit Steinen auf den Zug. Besonderes Augenmerk hatten die angehenden Söhne des Mars auf das Kabriol des Zugmeisters, in dem sie die Stellung des englischen Generals annahmen, gerichtet. In der That wurde auch das Fenster zertrümmert und der dienstthuende Wagenwärter Georg Thren getroffen, sodaß derselbe eine zwar leichte, aber immerhin schmerzliche Verletzung am Auge davontrug. Die Gendarmerie hat bereits Erhebungen in dieser Angelegen­heit gemacht, die für die Beteiligten wahrscheinlich noch recht unangenehme Folgen haben dürfte.