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lose Verwickelungen verursachen würde. Frankreich schwächen, hieße Deutschland stärken und im Ganzen liebe man in England Frankreich mehr als Deutschland.
New-Z) ork, 5. März. Der Washingtoner Korrespondent des „ Newyork Herald " berichtet: den beiden kriegführenden Parteien in Südafrika ist zu verstehen gegeben worden, daß Präsident Mc. Kinley, wenn immer es gewünscht wird, bereit istlzu vermitteln. Das Staatsdepartement habe keinen Grund, zu glauben, daß England eine Vermittlung wünsche, wenn auch Transvaal sie wolle.
Toronto (Canada), 3. März. Von hier wird dem Bnreau Lassan der „Frkf. Ztg." zufolge gemeldet, Chamberlain habe kürzlich bei dem Generalgouverneur von Canada, Lord Minto, angefragt, wie viele Kanadier für den Dienst in Südafrika zu haben wären, im Falle die englischen Truppen, welche jetzt in Südafrika sind, anderswo verwendet werden müßten. Lord Minto habe, nachdem er mit dem Kabinet konferirt, geantwortet, 12 000 kanadische Freiwillige würden für Südafrika zu haben sein, außerdem eine genügende Anzahl, um die englischen Garnisonen von Halifax, Esquimalt und Bermuda zu ersetzen. (Chamberlain scheint mit den jetzigen Truppen in Südafrika noch weitere Pläne zu hegen.)
Vom Kriegsschauplatz in Südafrika.
Brüssel, 5. März. Dem „Kl. Journal" wird von hier gemeldet: Die Vereinigung der gestimmten Burenstreitmacht im Oranjefreistaat ist vollendet. 5000 Buren okkupirten die Makawshügel gegenyber dem Lager des Marschalls Roberts. Die Stellung der Buren ist ausgezeichnet.
London, 5. März. Den „Times" wird aus Ossontein vom 2. März gemeldet: Die Stellungen des Feindes sind nicht genau bekannt. Verschiedene Burenkommandos tauchen rings um die britischen Truppen auf. Wir erwarten bei Abrahamsvaal, 30 Meilen östlich von Paardeberg, auf Widerstand zu stoßen, wo Joubert angeblich eine Streitmacht aus der gesamten Macht von Ladysmith und Nordostfreistaattruppen zusammenzieht. Präsident Steijn ist am Morgen des 27. Februar im Burenlager von Abrahamsvaal eingetroffen. Er hielt eine Ansprache an die Burghers und ermahnte sie, an Majuba zu denken und Cronje zu befreien.
London, 5. März. Dem Standard wird aus Ossontein vorn 2. ds. gemeldet: Unsere Vorposten sind jetzt 1 Meile voür Feind entfernt, der eine isolirt liegende Hügelgruppe südlich des Flusses, 10 Meilen östlich vom Standplatz unseres Heeres besetzt hält. Die feindlichen Truppen werden auf 4000 Mann geschätzt und wollen, wie es scheint, ihre Stellung ver- schanzen. Eecil Rhodes ist in Kapstadt angekommen. Er wird wahrscheinlich am Mittwoch nach England abfahren.
London, 6. März. Nach einer Meldung aus Molteno wurde General Gatacre beim Angriff auf den Rootkop von den Buren zurückgeworfen. Er erlitt schwere Verluste.
London, 2. März. In der mit dem 4. März endenden Woche werden 8 Schiffe mit 4700 Mann nach Südafrika abgehen, am 11. März 11 Schiffe mit
9900 Mann, am 25. März 9 Schiffe mit 8900 Mann, am 14. April 6 Schiffe mit 3200 Mann, zusammen rund 38,800 Mann. Weitere 17,800 Mann werden bald folgen, für welche die Schiffe noch nicht bestimmt sind. Der Strom der Verstärkung wird nickt erlahmen.
— Das Hauptquartier des Marschall Roberts befindet sich seit einigen Tagen bei Ostfontein, einer kleinen Gruppe von Kopjes, westlich von Emmaus. Die englische Heeresmacht hat somit seit der Kapitulation Cronje's bei Koodosrand- drift, da die Entfernung zwischen diesem Punkte und Ostfontein sechs englische Meilen beträgt, nur sehr wenig Terrain gewonnen. Nach der Kapitulation Cronje's konnte man annehmen, daß General French das Manöver gegen Kimberley wiederholen und niit seiner aus 6000 Reitern und zahlreichen Geschützen bestehenden Kavallerie-Division einen raschen Vorstoß nach Bloemfontein machen und sich der Hauptstadt des Oranjefreistaats bemächtigen werde, bevor noch die Buren ansehnliche Streitkräfte zur Bekämpfung der englischen Invasion westlich von Bloemfontein versammelt haben würden. Die englische Vorrückung ist aber ins Stocken geraten. Ueber die Ursachen, welche diese Stockung veranlaßt haben, giebt ein Telegramm aus Ostfvntein Aufschluß, das nachfolgende Meldung enthält: „Die Truppen rasten und sind gesund, obwohl sie seit zwei Wochen auf halbe Ration gestelltsind.Jetzt kommen Vorräte rasch." Die im Oranjefreistaat befindlichen Truppen des Marschalls Roberts sind somit seit vierzehn Tagen, was die Verpflegung anbelangt, kaum in besserer Lage, als die Truppen White's während der Einschließung von Ladysmith waren. Außerdem leiden die Engländer, sobald sie sich vom Modder-River entfernen, Mangel an Trinkwafser, und hierauf sowie auf die ungenügende und ungewohnte Fütterung ist wohl auch die große Sterblickikeit zurückzuführen, die unter den Pferden und Maultieren herrscht. Die Kavallerie- Division French, die in ihrem Pferdebestand schon ziemlich reduzirt ist, dürfte durch diese Umstände in ihrer Bewegungsfähigkeit einigermaßen gehindert sein. Die Schwierigkeiten des Nachschubes von Proviant und Wasser sind dadurch zu erklären, daß von der Eisenbahnstation Modder-River aus alle Vorräte für die Armee Lord Roberts, die aus 40 bis 50000 Mann und vielen Tausenden von Pferden besteht, zu Wagen nachgeführt werden müssen.
— Engl. Blättern wird geschrieben: Es war hohe Zeit, daß die Uebergabe Cronjes erfolgte, denn die Erschöpfung unserer Truppen nach den unsäglich mühsamen .Parforcemärschen, kaum auf das Allernotwendigste genährt und seit nun drei Tagen schutzlos unter strömendem Regen und Nachts bei eisigem Winde in einem riesigen Moraste liegend, hatte einen solchen Grad erreicht, daß sie kaum kampffähig waren und eine Katastrophe fast unvermeidlich gewesen wäre, hätte ein wirklich starker Gegner uns jetzt angegriffen. Zum Glück geschah das nicht und nur einige schwache Kommandos machten hier und da in den letzten Tagen sporadische Versuche, unsere weit ausgedehnten Linien zu durchbrechen und sich den Weg zu Cronje zu öffnen. Am Freitag nachmittag machte ein solcher Trupp von
Wynberg kommend, einen geradezu heroischen Versuch: kaum 500 Mann stark, ritt er in fliegender Karriere zweimal direkt unter vollem Feuer durch unsere Reihen hindurch und gelangte bis auf einige 2000 Meter an das Nordende von Cronjes Lager heran, aber unsere Leute eilten von allen Seiten herbei und sechs Geschütze unserer Feldartillerie fegten mit ihren Schrapnels die bedrohte Stelle des Lagers so unablässig, daß die kleine Schaar bald einem vierfachen Feuer ausgesetzt und ihr nach drei Seiten der Weg verlegt war. Ein Copje, welches den Ein- gang zu Cronjes Lager beherrschte und auf welches die Fünfhundert sich zu werfen suchten, war zum Glück bereits von den Unserigen besetzt und auch hier wurden sie von einem tätlichen Kugelhagel empfangen. Trotzdem galoppirten sie gegen eine zweite Anhöhe und erreichten dieselbe wirklich, aber hier erwarteten sie zwei Kompagnien Shropshires im Hinterhalte und schnitten mit Hilfe der Kavallerie einige sechzig der Todesreiter ab. Die Uebrigen entkamen dank der wunderbaren Zähigkeit ihrer Pferdchen und ihrem eigenen tollkühnen Mute. Achtzehn blieben tot auf dein Platze, ihre Verwundeten nahmen sie mit sich.
HtnLerhattenöes.
Der alte Posteinnehmer.
Eine Erzählung von M- Ling.
(Fortsetz.) «Nachdruck verboten.)
Das Mädchen wurde gerufen und war über die an sie gestellte Aufforderung, wie über die Veranlassung, welche die Herren hergeführt, sehr betroffen. „Das ist ja entsetzlich! Paul in Untersuchung wegen Diebstahls! Paul hat das nicht gethau! Sein Vater ist ja vermög- lich! Er erzählte uns doch alles! Mit fliegenden Worten berichtete sie, daß Paul seinen Vater in Amerika gefunden habe. Der Postinspektor sah wohlwollend, der Amtsrichter kühl und mit ungläubigem Gesicht aus das eifrig redende Mädchen. „Er trug schon abends feine Wäsche unter der abgetragenen Kleidung. Ich sah es wohl und scherzte über seine ungeschickte Vermummung. Den alten Anzug ließ er hier, er hängt in seiner Stube. Auch hatte er, als er sich morgens einen Postschein löste, Geld genug in seiner Börse."
„Erinnern Sie sich der Münze, mit welcher er die Fahrkarte bezahlte, Herr Einnehmer?"
„Es war ein Doppellouisdor."
„In welcher Münze machten Sie ihre Sendung, Herr Griech?"
„In derselben Sorte."
„Das ist aber kein Beweis, daß Paul das Geld genommen hat!" rief Dora.
„Nein, das ist es nicht, doch beachtenswert. Wir müssen Haussuchung halten. Führen Sie uns, Fräulein. Kommen Sie mit, Herr Postinspektor?"
Wenn es nicht nötig ist, bleibe ich hier, um den Kassensturz vorzunehmen und die Bücher durchzusehen. Ich bitte um Ihre Schlüssel, Herr Einnehmer."
Die Andern gingen. Während der Postinspektor seinem Geschäft oblag und dazwischen hinein dem Einnehmer mit freundlich steilnehmenden Worten Mut zusprach, kam der Schreiber zurück und bat den Elfteren im Auftrag des Amtsrichters, zu diesem zu kommen. In Pauls Stübchen lag der Matrosenanzug auf