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noch nicht vorlag, wieder begonnen. Das Feuer ^rvar furchtbar.Daily Mail" wird ans Kapstadt gemeldet, daß die Buren schwere Verluste erlitten hätten. Als Cronje um eine Waffenruhe von 24 Stunden bat, um die Toten zu begraben, habe Lord Kitchener geantwortet: Nicht eine Minute; die ganze Truppe muß sich ergeben!

London, 23. Febr. DerFr. Ztg." wird geschrieben: Heute Dienstag ist der dritte Tag von Cronjes Einschließung. Als die Morgensonne aufstieg, sah man die Buren wie Ameisen an ihren Ver­schanzungen um das Lager herum arbeiten. Einige Geschosse wurden abgefeuert, um sie daran zu hindern. Der größte Teil des Tages verlief ruhig. Wir hörten die Artillerie des Generals French im Osten, vermutlich kämpfte er gegen Verstärkungen der Buren. Es wurde dem Feinde jede Gelegenheit gegeben, sich zu ergeben. Als er aber gegen Nachmittag noch keine Miene dazu machte, beschloß Roberts, Cronjes Widerstand völlig zu vernichten. Er stellte auf dem südlichen User drei Feldbatterien, eine Batterie Haubizen und zwei zwölf- pfündige Marine-Geschützen auf, welche auf eine Schußweite von 2000 Meter feuerten. Aus dem nördlichen Ufer stellte er 3 Feldbatterien, eine Batterie Hau­bizen und drei 4,7zöllige Marinege­schütze auf, welche das ganze Flußbett bestrichen. Dann folgte die wunderbarste Szene, welche ich je gesehen habe. Ein­mal zuvor in Thessalien habe ich 110 Kanonen in Aktion gesehen, aber nie habe ich eine solche Anzahl kräftiger Kanonen ihr Feuer aus ein Feld von einer eng­lischen Quadratmeile richten sehen. Die Lydditgeschosse ließen große Wolken grünen Rauches aufsteigen, der das Flußbett füllte. Die Shrapnels platzten am ganzen Rande beider Ufer entlang, nur mit Aus­nahme einer kleinen Stelle, wo es unserer Infanterie hätte gefährlich werden können. An jedem Ufer des Flusses jlagen zwei Bataillone mit Maxims, aber deren Knat­tern war unbedeutend neben dem Donner der Kanonen auf beiden Seiten des Flus­ses. Die Verluste der Buren sind noch unbekannt.

Brüssel, 24. Febr. Die Kriegslage ist unverändert. Bis zum 23. Nachts hielt die Armee Cronjes tapfer Stand. Das weitere Schicksal derselben hängt von dem rechtzeitigen Eintreffen der Gene­rale Botha und Lukas Meyer ab, welche mit 6000 Mann über Blömfontein ab­gegangen sind. (B. T.)

Es sind für die Buren sehr ernste Nachrichten, die von dem westlichen Kriegs­schauplätze zusammenlaufen. Und wenn in Wahrheit die Situation so sein sollte, wie die englischen Darstellungen sie schil­dern, so müßte Cronje, der wackere Buren­general, aufgegeben werden. Denn darnach stünde den 8000 Mann, die ihm englischer- feits zugeschrieben werden, eine mindestens sechsfache Uebermacht des Lords Roberts und Kitchener gegenüber, und Cronje s zwei Batterien weit mehr als 50 englische Geschütze deren Zahl Roberts durch Zu­sammenziehung seiner Artillerie fast um das Doppelte noch erhöhen kann. Dazu kommt ein flaches Gelände in dem Thal­bett des Flusses, das den Buren nicht ermöglicht, ihre übliche Schützentaktik unter Ausnützung aller möglichen Deckungen zu verfolgen und sie so den englischen Ge­schützen ganz anders preisgibt, als dies

bisher im ganzen Feldzug'geschah. Wenn dennoch etwas die Hoffnung für die Buren aufrecht erhält, so ist das weniger die Zuversicht in die Widerstandskraft Cronje's, die unter Umständen, wenn er sich nicht durch einen Nachtangriff Luft schaffen kann, ganz unnütz sein müßte, als viel­mehr die Ausschau nach den anderen Buren- kommandanten, die von allen ^Seiten her Cronje zu Hilfe und zum Angriff auf die Engländer vorrücken und diesen noch in letzter Stunde den Sieg entreißen oder auch den schon erungenen Sieg völlig wertlos machen würden. So sieht denn die ganze Welt mit angehaltenem Athem dem verzweifeltenKampfe der kleinenBuren- macht zu.

Das Burenlager wurde von der britischen Artillerie in Brand gesetzt. Die Buren sind jetzt thatsächlich auf das Bett des Modderflußes beschränkt, d. h. auf den Fluß in einer Länge von 2 Meilen, einer Breite v. 150, u. einer Tiefe v. 50 Fuß. Dieses Flußbett gewährt den Buren einen guten Schutz. Cronje ist mit Lebens­mitteln reichlich versehen und hält noch trotz der 4tägigen Beschießung aus, ob­wohl ein Entkommen kaum mehr möglich ist.

Gerüchtweise verlautet, daß es Cronje gelungen sei, sich durch die Armee Roberts d u r ch z u s ch I a g e n.

Prätoria. (Reutermeldung vom östl. Kriegsschauplatz.) Die britischen Truppen überschritten am 22. ds. den Tug ela mit vielen Geschützen. Ermelo und das Middelburgkommando wurden heftig angegriffen und mußten sich zurück­ziehen. Am 23. wurde der Angriff erneu­ert, wobei die Engländer unter schweren Verlusten zurückgetrieben wurden.

Lokales.

Wildbad, 24. Febr. Se. Majestät 0er König hat Hrn. Hofrat vr. Weizsäcker hier den Titel eines Geheimen Hofrats und Hrn K. Blumenthal, Hofpotograph Ihrer Maj. der Königin, den Titel eines Hof-Photographen gnädigst verliehen.

Wildbad, 26. Febr. Gestern Abend 'and imHotel Schmid" ein feierliches Bankett anläßlich des Geburtsfestes S. M. unseres Königs statt. Sämtliche Beamte, zahlreiche Bürger und der gesamte Krieger­und Militärverein hatten sich eingefunden. Herr Stadtschultheiß Bätzner hielt die Festrede auf Se. Maj. den König, dessen ächt deutsche Gesinnung er hervorhob, außerdem seine treue Fürsorge für unser engeres Vaterland; besonders wir Wild­bader haben allen Grund, Sr. Majestät dankbar zu sein, denn kein Jahr vergehe, wo nicht irgend etwas geschehe, um den Ruf des Bades durch glänzende Neueinrichtungen, Verschönerung u. Erweiterung bestehender Einrichtungen zu heben. Herr Stadtpfarrer Hammer toastirte auf Ihre Maj. die Königin, die sich ihr Arbeitsfeld nach dem GrundsätzeGlücklich ist, wer andere glück­lich macht", selbst geschaffen habe. HerrDr. Teufel trug ein selbstverfertigtes Gedicht auf die Größe Deutschlands am Anfang des neuen Jahrhunderts vor. Herr Stadtschultheitz Bätzn er ergriff noch ein­mal das Wort und sprach begeistert für die wichtigste Frage der Gegenwart, die Schaffung einer starken Flotte. Herr Hotelier Schmid that sein Bestes, um die Festesstimmung durch vorzügliche Be­wirtung zu heben, wofür ihm die Aner­kennung aller zu teil wurde.

WnLerHerttenöes.

Der alte Posteinnehmer.

Eine Erzählung von M. Lina.

(Fortsetz.) (Nachdruck verboten.)

Sie vollendete nicht. Aber als der Einnehmer die Hände vor das Gesicht drückte und zu schluchzen begann, trat sie vor ihn und sagte fast drohend:

Onkel, wirf diesen Gedanken von dir! Paul ist einer solchen That nicht fähig! Und ist nicht sein Vater reich?"

Aber wenn seine Erzählung erdichtet wäre?"

Har sie diesen Eindruck auf dich gemacht?"

Nein, nein! Aber er könnte doch arm sein. Die Versuchung, Dora!"

Und wenn er am Verhungern wäre, würde er seine Hand nicht nach fremdem Gut ansstrecken. Dazu ist er zu stolz."

Aber diese plötzliche Abreise?"

Wenn sein Vater erkrankt ist?"

Warum ließ er uns seine Adresse nicht zurück? und warum schreibt er uns nicht?"

Das weiß ich nicht," sagte das Mäd­chen mit weniger zuversichtlicher Stimme. Aber du wirst sehen, Onkel," setzte sie ermutigend hinzu,er kommt wieder!"

Aber wann?" klagte der alte Ein­nehmer. Noch einmal wurde alles durch­sucht und wiederum wurde nichts ge­funden.

ä Am. folgenden Tage bat der Einneh­mer den Schreiber zu sich.

Meine Nachforschungen haben leider zu keinem Ergebnis geführt. Es ist mir unbegreiflich, wo das Packet hingekommen sein soll. Hier ist dein Geld. Es sind fünfhundert Thaler in Staatspapieren, da ich bar so viel nicht daliegen habe. Du wirst beim Verkauf keinen Verlust haben." Er nahm die Papiere aus einem Umschlag und legte sie vor Griech.Und nochmals bitte ich dich dringend um Ver­schwiegenheit. Daß mir das geschehen mußte!"

Der Schreiber sah die Papiere mit begehrlichem Auge an und schien eine kurze Weile zu schwanken. Dann schob er sie entschlossen von sich.Sie glauben doch nicht, Herr Einnehmer, daß ich das Geld von Ihnen nehme, der Sie mein Wohlthäter gewesen sind? Haben Sie auch von meiner Mutter Kostgeld genom­men? - Wenn das Geld nicht durch Ihre Schuld verloren gegangen ist, dann fort mit ihm! Es ist Lotteriegeld, und so mag es heißen: wie gewonnen, so zerronnen! Meiner Mutter freilich kann ich nun weniger geben, als ich gerne wollte."

So schick ihr dies hier!"

Nimmermehr, Herr Einnehmer."

Dann werde ich es thun."

Nein, Herr Einnehmer, das wäre auffallend und darum gefährlich. Man könnte nach dem Grund ihrer Freigebig­keit fragen.Haben Sie denn gar keinen Verdacht, ob das Geld nicht in Unrechte Hände gekommen ist?"

Der Posteinnehmer war zu ehrlich, nein zu sagen. Er gab also keine Ant­wort. Doch bewegte er sich unruhig auf seinem Stuhl.

Der Schreiber sah scharf zu ihm hin­über.Ist an jenem Abend niemand in Ihr Bureau gekommen?" fragte er weiter.

Angstvoll blickte ihn der alte Mann an.