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Auf 'einem einzigen Haufen zählte ich deren 300. Die englischen Ambulanzwagen hatten noch am dritten Tage nach der Schlachtlalle Hände voll zu thun. Am Gefecht wirklichen Anteil hatten, wie ich mich über­zeugte, nicht mehr als 1000 Mann, die im offenen Felde standen. Das scheint freilich unglaublich, ist aber thatsächlich wahr, denn das Gros der Trappen, welche die Berg­kegel besetzt hielten, kam nicht ein einziges Mal zum Schuß. Und so erklären sich unsere geringen Verluste von 166 Mann. Die Schlacht hielt volle 15 Stunden an. Diese ganze Zeit mußten die Mannschaften platt in den Gräben liegen, da uns die Engländer mit Bomben und Kartätschen geradezu überschütteten.

London, 31. Jan.Daily Mail" meldet aus Capstadt von gestern: General Buüer verlas gestern den Truppen Warrens folgende Botschaft der Königin: Ich muß den Truppen, besonders den von Ihnen bezeichneten Regimentern, meine Bewunderung ausdrücken für ihre Haltung während der letzten schweren Wochen und für ihre Ausdauer bei den beschwerlichen Märschen." General Buller sagte zu den Truppen, sie sollten nicht glauben, weil sie sich zurückgezogen, daß alle Mühe nutzlos gewesen sei. Nach seiner Meinung hätten sie den Schlüssel zu dem Wege nach Ladysmith gewonnen, wo sie, wie er glaube, binnen einer Woche sein würden (!)

Die Nachricht, daß der sranzös. Oberst de Villebois-Mareuil, der als GeneralstabschefJouberts die Operationen bei Colenso leitete, nach Colesberg abge­reist ist, deutet darauf hin, daß sich der Kriegsschauplatz von Natal nunmehr nach der Nordgrenze der Kapkolonie verschie- ben werde. Es stimmt dies mit der Angabe, daß nunmehr der alte Kriegsplan wieder ausgenommen werden soll, wonach die Hauptmacht der Engländer einen Vor­stoß in den Oransefreistaat machen soll um direkt auf die Hauptstädte Bloemfontein und Pretoria loszugehen.

lieber die neuerlichen Gefechte in der Gegend von Colesberg, im nördl. Kapland,liegen aus Pretoria folgendeMeld- ungen vor: Aus Colesberg 27. ds: Der Kommandant Delarey berichtet, daß er am Donnerstag (25. Jan.) eine starke englische Abteilung, die vorrückte, ange­griffen und mit schweren Verlusten zurück­geschlagen habe. Von den Buren seien 2 Mann leicht verwundet. General Grobler berichtet, seit Tagesanbruch (27.) sei ein heftiges Gefecht im Gange. Die Engländer versuchten mit einer starken Streitmacht die Burenstellung zu um­fassen. Schönmann, der auf der Hut war, kam dem General Grobler zu Hilfe und kehrte Abends 8 Uhr zurück. Er meldet, daß die Engländer geschlagen wurden und die Buren ihre Stellungen behaupteten. Die Verluste der Buren betragen 5 Verwundete; der Verlust der Engländer sei unbekannt, müsse aber be- deutend sein. Auch ein anderer Versuch der Engländer, die Burenstellung zu um­fassen, wurde vereitelt. Die Beschieß­ung Kimberleys dauert fort.

London, 1. Febr. DerTimes" wird aus Lourenzo Marques vom 30. Jan. gemeldet: Aus Transvaal einge­laufenen Nachrichten zufolge ist man davon überzeugt, daß es nutzlos sei, einen Sturm­

angriff auf Ladysmith zu versuchen und die wirkungslose Beschießung fortzusetzen. Das Kriegsdepartement der Buren hat daher beschlossen, die Taktik in diesem Punkte zu ändern. Große Mengen Holz und Sandsäcke und Hunderte von Kaffern werden daher von Johannesburg und Prätoria abgeschickt. Man beabsichtigt, den Klip-River einige Meilen unterhalb Ladysmith abzudämmen. Man hofft auf diese Weise eine Ueberschwemmung der Stadt herbeizuführen und dadurch die Soldaten und Einwohner aus den Kase­matten und Kellern zu vertreiben, so daß sie dem Geschützfeuer mehr ausgesetzt sind.

Unterhaltendes.

Der alte Pojteinnehrner.

Eine Erzählung von M. Ling.

(Fortsetz.) /Nachdruck verboten.)

Vielleichthätte ich es nicht sagen sollen," fuhr der Einnehmer im Selbstgespräch fort, als der Schreiber gegangen war. Aber Dorothea wird ihre Tochter nie einem Griech geben. Er meint, Paul stehe ihm im Wege Habe ich zu hart mit ihm geredet? Das sollte mir leid thun. Aber für Dorothea ist es besser, wenn sie gar nicht in Berührung mit ihm kommt. So mag er denken, die Schuld

der Abweisung liege an mir."

* *

*

Heinrich Griech ließ im Verkehr mit dem Posteinnehmer sich nicht anmerken, daß dieier bei seiner Bewerbung um Doras Hand ihm keinen Vorschub leisten wollte. Nach wie vor kam er in das Haus, in der Hoffnung, Dora selbst zu sprechen. Er brachte, wie sonst, beinahe täglich die Postsachen vom Rathaus herüber, obwohl der Amtsdiener dies ebenso gut hätte be­sorgen können. Als er einige Tage nach seiner Unterredung mit dem Einnehmer, eines Abends wieder mit Briefen und Packeten zur Post ging, um sie vor An- kunft des Wagens aufzugeben, und am Schulhaus vorüberkam, trat Dora aus demselben. Sie erwiderte seinen höflichen Gruß ziemlich kurz und schritt rasch über die Straße. Er folgte ihr. Im Hausgang holte er sie ein und sagte:Sie sollten mir Glück wünschen, Fräulein Dora. Ich bin Amtmann in Westheim geworden."

Schön," sagte Dora und faßte die Klinke der WohnzimmerthürIch gra­tuliere."

Der neue Amtmann legte seine Hand auf die ihrige:Sie dürften mir wohl die Hand dazu geben." Rasch zog das Mädchen ihre Hand zurück und barg sie hinter ihrem Rücken.Bekomme ich die Hand nicht?" fragte Griech schmeichelnd. Nein und nie!" erwiderte Dora scharf und entwich in. die anstoßende Küche.

Verblüfft blieb der Anbeter vor der Thüre stehen, welche vor ihm ins Schloß fiel. Er murmelte eine Verwünschung. »Ist ihr der Amtmann nicht gut genug oder steckt auch ihr der weggelausene Paul im Kopf? Den sollte ichs aus dem Weg schaffen können. Halt, das könnte mein Vetter in Neuorleans besorgen. Paul hat sich ja wohl auch dort Herumgetrieben. Wir lassen ihn in Matrosenhändeln ver­wundet werden und sterben, und mein Vetter kommt dazu und übersendet seine letzten Grüße. Ich werde ihm heute noch schreiben."

Der Einnehmer saß an feinem Pult, als Griech in das PostbureaH trat.Du bringst ja einen ganzen Berg von Sachen, auch Wertstücke darunter?"

,Ja, sechs oder sieben", antwortete der Gefragte, legte die Briefe und Packete auf den Tisch und fügte eine Anzahl Geldpäckchen hinzu, die er aus der Tasche zog.Auch von mir ist etwas darunter, für meine Mutter. Sie hatten Recht, Herr Einnehmer, mich daran zu erinnern, daß ich etwas für sie thun müsse. Es soll ihr künftig nicht mehr fehlen."

Das freut mich, Heinrich. Es ist mir leid, daß ich neulich so niit Dir reden mußte. Aber es ist keine Hoffnung für Dich, daß Dora die Deine wird. Ich a Dir nicht sagen warum, aber es n nicht geschehen."

Während dessen hatte der Einnehmer begonnen, für die Geldsendungen Scheine zu schreiben, als der Postwagen vorfuhr. Er kommt heute auf die Minute", be­merkte der alte Herr und zog die Uhr aus der Tasche. Plötzlich hörte man Dora, welche vor das Haus getreten war, rufen: Paul! Paul! ists möglich?" und dann eine männliche Stimme:Dora, du bists?"

Dem alten Posteinnehmer entfiel die Feder. Er lehnte sich in seinen Stuhl zurück und hielt sich an den Armen des­selben. Dann erhob er sich zitternd und wankte gegen die Thüre. Draußen fragte der Ankömmling:Ist der Onkel im Bureau?" Auf die bejahende Antwort wurde die Thüre aufgeriffen und der Posteinuehmer fühlte sich von zwei kräf­tigen Armen umfaßt.

Onkel, lieber Onkel! Da bin ich wie- !"

Der alte Mann antwortete nur:Paul! Paul!"

Der Neffe und Dora geleiteten ihn zu seinem Stuhl.

Paul, mein lieber Sohn, Du kommst wieder zu mir? Sei willkommen im Hause und am Herzen deines alten Onkels! Paul, mein lieber Sohn!"

Er umarmte den Heimgekehrten zärt­lich, legte ihm die Hände auf die Schultern, sah ihm in die Augen und streichelte seine bärtige Wange.

Ja, Du bist noch der alte, aber viel stattlicher. Wie hübsch er geworden ist, Dora!" Die Angeredete lächelte er­rötend.Und Du hast ihn sogleich wieder erkannt?"

Auf den ersten Blick!" versicherte das Mädchen.Ec ist nur größer ge­worden, wie Du sagst, Onkel, und hat" setzte sie mit neuem Erröten hinzu,einen Bart bekommen."

Führe ihn in die Wohnstube, ich werde sogleich folgen, wenn ich erst meine Post erledigt habe."

Vorher sieh mich an, Onkel, ob du mich in Dein Haus aufnehmen willst?" Dabei wies der junge Mann etwas ver­legen auf seine Kleidung, einen verbrauchten von Wind und Wetter bös mitgenom­menen Matrosenanzug, welcher übrigens seiner kräftigen Gestalt nicht schlecht stand.

So ist es Dir also nicht gut gegangen, mein armer Junge? Um so besser, daß du wieder daheim bist. Warum lachst du, Dora? Hast du kein Mitleid mit ihm? - - Du mußst Dich mit dem mutwilligen Geschöpf auf guten Fuß stellen, Paul. Sie ist jetzt die Herrin im Hause. Hast du unsere Briefe erhalten, worin wir die