Amtsblatt für die Stadt Wilöbad-

General-Anzeiger für Wdbad und Umgebung.

Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Samstag.

Der Abonnements-Preis beträgt incl. dem jeden Samstag beigegebenen Jllustr. Sonntagsblatt für Wildbad vierteljährlich 1 10 monatlich

40 Pfg.; durch die Post bezogen sim Oberamls- Bezirk 1 30 auswärts 1 45 Be­

stellungen nehmen alle Postämter entgegen.

Der Annoncenvreis beträgt für die einspaltige Zeile oder deren Raum 10 Pfg-, Reklamezeile 15 Pfennig. Anzeigen müssen spätestens den Tag zuvor morgens 9 Uhr aufgegeben werden. Bei Wiederholungen entsprechenderRabatt. Stehende Anzeigen nach Uebereinkunft. Anonyme Ein­sendungen werden nicht berücksichtigt.

Nr. 13.

Donnerstag, 1. Aebrucrr 1900.

36. Jahrgang.

Rundschau.

Stuttgart, 29. Jan. Einabge­sagter" Hofball was der im Gefolge hat, konnte man dieser Tage in der K. Hofküche kennen lernen, wo eine Menge jener leckeren Speisen, die für diebei Hof vorgestellten Personen" nach allen Regeln Brillat-Savarins vorbereitet waren, von anderen Menschenkindern aufgekanft und znm Teil zu Hause vergnüglich ver­zehrt wurden. Daß es sich dabei auch um beträchtliche Quantitäten handelte, ist daraus zu ermessen, daß diese kuli­narischen Vorbereitungen für mehr denn 650 Gäste getroffen waren. Die Pou­larden und einen Teil der Gänseleber­pasteten übernahm das Hotel Marquardt, und das schon gespickte Damwild wurde stückweise, das Pfund zu 1 Mk. abgegeben. Dieser Verkauf war rasch bekannt gewor­den, so daß binnen kaum einer halben Stunde der ganze Vorrat an den Mann gebracht und auch später die Nachfrage eine derartige war, daß noch mehrere Zentner des köstlichen Damwilds Lieb­haber gefunden hätten.

Stuttgart, 28. Jan. Die Restau­ration zur Taverne in der Eßlingerstraße wurde für 185 000 Mark an Koch Willy Widmann verkauft.

Calw, 27. Jan. Im Gemeinderat fanden in den letzten Tagen Verhand­lungen über eine Umänderung des hies. Qelgaswerkes in ein Steinkohlettgaswerk statt. Eine Kommission hat nun ver­schiedene Gasanlagen des Landes besich­tigt. Die Anträge gehen jetzt dahin, das Oelgaswerk in ein Steinkohlengaswerk mit einem Aufwand von 90000 Mark nmznwandeln und von der Einrichtung des elektrischen Lichtes abzusehen.

Ludwigs bürg, 26. Jan. Gestern wurde auf einem Feldweg in der Nähe der Stadt ein Studierender, Sohn einer hiesigen hochachtbaren Familie, mit drei Stichwunden in der Herzgegend aufge­funden. Der Verletzte, der sich die Wun- den mit einem Taschenmesser selbst bei­gebracht hatte, starb bald, nachdem er in seine Wohnung verbracht worden war. Neigung zur Melancholie, die durch das bevorstehende Examen verstärkt wurde, scheint den Unglücklichen zu der That veranlaßt zu haben.

P f o r z h e i m, 30. Jan. Verschwun­den ist seit einigen Tagen der Besitzer des Gasthauses z.Falken". Man nimmt an, daß derselbe, um seinen Zahlungs­

schwierigkeiten zn entgehen, sich nach Amerika begeben hat.

DerFranks. Gen.-Anz." ver­öffentlicht ein Interview seines Chefre­dakteurs von Flotow mit dem Gesandten Transvaals Dr. Leyds. Dr. Leyds er­klärte u. A.: Vom Aushängern der Buren sei keine Rede. Ebenso wenig sei zu be. fürchten, daß die Buren wegen Mnniti- onsmangel in Verlegenheit kommen. Sie seien noch auf Jahre hinaus versehen. Man macht sich auf einen lang dauern­den Krieg gefaßt. Sollte die Delagoabai von den Engländern besetzt werden, so würden sofort einige Tausend Buren in portugiesisches Gebiet einfallen und die Briten ins Meer drängen. Allerdings sei dann jede weitere Zufuhr über Dela­goabai unmöglich. Die Buren würden Schiffe versenken, um den Hafen zu sperren.

Berlin, 27. Jan. DerLokalanz." bringt ein Interview eines ihrer Mit­arbeiter mit Dr. Leyds. Ueber Vermittel- ungsversnche erklärte Dr. Leyds, die Republiken hätten keine Veranlassung, Je- manden um Vermittelung anzurnfen, da alles vortrefflich ginge. Ueber die Be­dingungen eines Friedensschluffes könne er nur seine persönliche Meinung äußern ; er glaube jedenfalls, daß England im Guten die früher entrissenen Gebiete zu- rückgeben müsse. Selbstverständlich sei es, daß die Verbündeten den Stammes­genossen in der Kapkolonie jede Garantie verschaffen, daß ihnen nicht ein Haar ge­krümmt werde. Ueber die absolute Selbst­ständigkeit beider Republiken sei kein Wort zu verlieren. Ladysmith, Mafeking und Kimberley seien Gefängnisse, wo die Engländer ihre eigenen Vorräte ver­zehren müßten.

Die Reichspostkarte für 1900 wird nach wie vor stark begehrt. Die Reichs­druckerei stellt täglich 400 000 Stück davon her, so daß seit Neujahr etwa weitere 8 Millionen Stück an die Verkehrsan­stalten verteilt werden konnten.

Hamburg, 30. Jan. Gestern Abend fand im Hafen eine Collision zwischen dem SchlepperExpedient" und der Dampf­fähreAltona" statt. Letztere hatte gegen 100 Passagiere an Bord und ging in wenigen Minuten unter. Bis Mitternacht waren bereits mehrere Leichen geborgen. Es werden im Ganzen etwa 30 Personen vermißt, meist Arbeiter. Die Führer der beiden Schiffe wurden verhaftet.

Die Hamburg-Amerika-Linie mietete für die Dauer der Weltausstellung in

Paris die beiden GasthöfeHotel du Palais" undKolumbia", deren Zimmer den mit Schiffen der Hamburg-Amerika- Linie zum Besuch der Weltausstellung nach Europa gekommenen Reisenden ohne Preisaufschlag zur Verfügung gestellt werden sollen.

In einem großen Pariser Restaurant wurde dieser Tage ein Kellner verhaftet, der ein besonderes schlaues Mittel ge­funden hatte, die Kunden zu beschwindeln. Er legte nämlich ein Zehnfrankenstück unter die Zunge, steckte, wenn jemand ihm ein Zwanzigfrankenstück gab, dieses zwischen die Zähne und zahlte dann das Klein­geld ans zehn Franken heraus. Der Gast protestierte, aber der Kellner behauptete,' nur einen halben Louis erhalten zu haben, zog die zehn Franken aus dem Munde und behielt Recht. Das ging so eine Weile fort, bis Jemand die Gewiß­heit erlangte, daß der Mann Betrug übte und ihn entlarvte.

London, 27. Jan. DenDaily News" zufolge verlautet, die Regierung werde beim Parlament sofort nach dessen Zusammentritt die Bewilligung von min­destens 20 Millionen Pfund Sterling für Kriegskosten beantragen. In einem Ar­tikel derTimes" heißt es, wahrscheinlich werden an die Nation noch größere An­forderungen gestellt werden müssen. Wir sind sicher, daß der Appell keiner Schranke begegnen wird. Die Regierung thäte gut, die ganze noch übrige Miliz sofort einzuberufnn, die Mobilisierung der 8. Division möglichst zn beschleunigen und vor allem die 4. Kavalleriebrigade sofort nach dem Kriegsschauplatz zu entsenden.

Vom Kriegsschauplatz in Südafrika.

Brüssel, 29. Jan. Alle Nachrichten bestätigen die Verluste des Generals Warren, welcher mindestens3000 Todte und Verwundete verloren hat. Die Buren erbeuteten den ganzen Artillerie­park Warrens. Die Niederlage der Eng­länder artete in eine wäre Katastrophe aus. Der Rückzug scheint fluchtartig ge­wesen zu sein.

London, 28. Jan. General Buller telegraphirt aus Spearmanscamp vom 27. Jan.: Nachdem die Truppen des General Warren den Spionkop aufgegeben hatten, hielt ich einen zweiten Angriff für unnütz, denn der rechte Flügel der Buren ist zn stark, als daß ich einen Durchbruch erzwingen könnte. Ich be-