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In nächster Zeit soll in der Nähe des neuerbauten Bezirkskrankenhauses ein weiteres Fabrikanwesen aufgeführt wer­den.

Neuenbürg. Einige Aerzte von hier und Umgebung machen imEnzth." folgendes bekannt: Um Mißverständnissen möglichst vorzubeugen, machen wir wieder­holt darauf aufmerksam, daß seit 1. Mai 1899 eine neue Gebührenordnung für Aerzte in Kraft getreten ist und heben gleichzeitig einzelne Bestimmungen der­selben noch besonders hervor: I. u) Erster Besuch des Arztes beim Kranken 210 ^ d) jeder folgende Besuch (im Verlauf der­selben Krankheit) 15 II. g.) erste Beratung eines Kranken ohne Besuch 1d) jede folgende Beratung 13 ^ III. Für Besuche oder Beratungen bei Nacht (9 Uhr abends bis 7 Uhr morgens) beträgt die Gebühr das Doppelte obiger Sätze, jedoch nicht unter 3 ^ Iff. Für Besuche, welche tagsüber sofort oder zu einer fest bestimmten Stunde verlangt werden, erhöht sich die Gebühr gleichfalls auf das Doppelte obiger Sätze.

Vaihingen a. Enz, 27. Dez. Auf Einladung des hieß Gewerbe - Vereins hielt gestern Herr Sekretär Schuster vom Heilbronner Gewerbeverein einen Vortrag über das Thema:Warum muß der heutige Handwerksmeister bis zu einem gewissen Grade Kaufmann sein?" Als die drei .Hauptregeln, deren Befolgung dem Handwerker vor allem am Herzen liegen müsse, bezeichnet^ der Redner Ord­nung in den Büchern, Ordnung in der Kasse und richtige Kalkulation und er­örterte diese 3 Punkte in eingehender Weise und unterVorführung von drastischen, aus dem Leben gegriffenen Beispielen. Der Unsitte des langen Borgens geht Redner scharf zu Leibe und verdammt das leicht­sinnige Wechselgeben, er empfiehlt den Anschluß an eine Bank und redet der Reklame durch geeignetes Annonciren das Wort.

Pforzheim, 4. Jan. Seit Weih­nachten ist ein hies. Bieragent von hier verschwunden, nachdem er noch kurz zuvor in aller Stille sein Haus verkauft und eine Anzahlung von ca. 5000 Mk. darauf empfangen hatte. Er hinterläßt dagegen eine ziemlich zahlreiche Gläubigerschaft, welche etwa 20000 Mk. von ihm zu for­dern hat.

Berlin, 3. Jan. Die Strafkammer des Landgerichts I verurteilte den Redak­teur desUlk", Sigmar Mehring, wegen Beschimpfung der Einrichtungen der ka­tholischen Kirche zu 6 Monaten Gefäng­nis. Es handelt sich hier um das viel- besprochene Gedicht, welches der 'Ulk" nach dem Urteil des Renner Kriegsge­richtes gegen Dreyfus veröffentlicht hatte.

Die deutsche Kolonialgesellschaft erläßt einen schwunghaft gehaltenen Auf­ruf wegen der Vergewaltigung deutschen Privateigentums zur See und erblickt darin ein Symptom englischen Uebermuts und fordert zu öffentlichen Kundgebungen auf.

Berlin, 4. Jan. Das Wolff'sche Telegraphenbureau meldet aus Aden: Der ReichspostdampferGeneral" wurde hier augehalten und zur Durchsuchung der Ladung von britischen Truppen be­setzt. Die Ladung soll auf Befehl der englischen Behörde hier gelöscht werden. Der Dampfer gehört derlDeutsch-Ostafrika-

Linie an. (Welche neue Verhöhnung der deutschen Flagge! Wo ist der Respekt vor dem deutschen Namen geblieben?:)

In der deutschen Presse hat die Meldung von der Beschlagnahme des Reichspostdampfers bereits eine deutliche Antwort gefunden, welche von der ein­heitlichen Stimmung den klarsten Beweis abgiebt. Die nationalliberaleBerl. Lds.- Ztg." schreibt:Wir hoffen, daß die Re­gierung sich nicht mit leeren Worten ab- speisen lassen, sondern gegen diese Verge­waltigung mit aller Entschiedenheit Front macken wird. Um eine Vergewaltigung kann es sich nach obiger Meldung nur handeln. Daß wir mit England nach Beendigung des Krieges keine angenehme Erfahrungen machen werden, darauf deutet schon jetzt die englische Presse ganz offen hin und gerade deshalb muß schon jetzt gezeigt werden, daß sich Deutschland Uebergriffe nicht gefallen lassen wird.

Dr. Leyds, der Transvaalgesandte in Brüssel, erklärte dem Vertreter eines Blattes, der englische Plan einer Aus­hungerung der Buren durch die Blockierung der Delagoa-Bai sei undurchführbar. Die Buren besäßen nicht nur Munition, sondern auch Lebensmittel aus mehrere Jahre. Die gute Ernte erleichtere die Verproviantierung des Burenheers. Der Krieg werde nur durch die Anregung Englands sein Ende finden. Tie Buren würden niemals eine Friedensvermittlung anregen.

Wien, 2. Jan. Das Neue Wiener Tagbl. bespricht die Erhebung des Bot­schafters Grafen zu Eulenberg in den Fürstenstand und sagt: Die hohe Selten- heit der Auszeichnung entspreche den außergewöhnlichen Verdiensten des Fürsten. Fürst zu Eulenberg gelte als bevorzugter Träger der Politik des Kaisers.

Wien, 1. Jan. Der Hausknecht Josef Hummel und Gattin Juliane wurden vom hiesigen Landgerichte wegen Tödtung ihres leiblichen Kindes durch Marterung znnr Tode verurteilt. Josef wurde zn lebenslänglichem Kerker begnadigt, Juliane wird morgen früh hier durch den Strang hingerichtet.

Tiflis, 4. Jan. Wie jetzt bekannt wird, wurden vom Erdbeben im Kreise Achalskalow insgesammt 13 Dörfer zer­stört. Die Zahl der bisher aufgefundenen Leichen beträgt 800. Außerordentliche Hilfsmaßnahmen sind getroffen worden. Gestern Nachmittag wurde abermals ein starker Erdstoß verspürt.

London, 2. Jan. Der Standard meldet aus dem Lager von Frere vom I. Jan.: Die Schwierigkeiten, denen gegen­über sich General Buller sieht, nehmen durch den unfreiwilligen Aufschub seit dem letzten Treffen außerordentlich zu. Er hat jetzt in einer Ausdehnung von 16 Meilen, den Tugela entlang ziehend, eine Kette ummauerter und befestigter Hügel vor sich, und diese sind vom Feinde, der sich in starken Stellungen befindet, dicht besetzt und starren von Geschützen. Der Fluß ist jetzt stark angeschwollen. Unter diesen Umständen wird die zu erwartende Schlacht wohl die hartnäckigste und wahr­scheinlich die folgenschwerste des ganzen Feldzugs sein. Die englischen Schiffsge­schütze fahren fort, die Linien des Feindes zu beschießen, während die englischen Pat­rouillen seine Flanken unsicher machen.

London, 3. Jan. Die heutigen

MorgenblätterHbeglückwünschen den Gene­ral French zu seinem vorgfstrigen Siege. * (Derselbe wird vielfach nur als ein we­niger bedeutendes Scharmützel angesehen:)

Die amtlichen Meldungen über die Lage des Generals Buller rufen hier große Besorgnis hervor.

London, 3. Jan. Die Morgen­blätter melden aus Rendsburg vom 2.:

Die Lage bei Colesberg hat sich uner- wartet geändert. Die Buren besetzten im Laufe der Nacht die Stellungen wie­der, von denen sie gestern durch General French vertrieben worden waren.

HLnterHaltenöes.

Der alte Postemnehmer.

Eine Erzählung von M- Ling.

(Forgetz.) ^Nachdruck verboten.)

Wo ist das Geld, das sie verdienten? Ich finde davon blutwenig in der Spar­kasse, die wir ihnen gegründet haben. Oder hast Du als Kassier zu klagen, daß sie Dich mit Einlagen überlaufen? Es ist alles umsonst? Im Winter das Holz­schlagen in den herrschaftlichen Wäldern, das geht noch. Hört aber diese Ar­beit im Frühjahr auf, dann laufen sie davon unter dem Vorwand, Arbeit da unten" er wies lhalabwärtszu suchen, in Wirklichkeit, um zu betteln. Die wenigsten kommen in die Steinbrüche, die ich für sie gepachtet habe. Was sie dann nach Hause bringen, ist bald ver­zehrt. Das Feld ist mager, das Thal da versumpft. Ich weiß keinen Rat. Ich lasse den Karren stehen und gehe davon!"

Das wirst Du nicht thun, Fritz. Dazu hat dich Gott nicht auf diesen Posten gestellt."

Dann sollte ich aber Mittel und Wege sehen, meine Leute vorwärts zu bringen."

Sie werden Dir gezeigt werden, wenn es Zeit ist."

Wenn wir doch eine Fabrik hätten, welche den Leuten dauernde Arbeit, und zwar hier am Orte gäbe, wie denen drun­ten in den Städten. Aber zu uns, aufs Gebirge herauf, baut niemand."

Ich meinesteils wünsche es auch kaum. Die Beschäftigung in der Fabrik ist nicht dieüeste. Damit hast du recht: dauernde Arbeit brauchen wir für die Leute. Nur so ist ihnen zu helfen. Aber Hausarbeit sollte es sein. Die Männer müssen zu Hause bleiben, die Last des Hauswesens mit den Frauen tragen, die Kinder mit ihnen erziehen. Die Fabrik läßt kein rechtes Familienleben gedeihen."

Alles gut lind wahr! aber nenne mir solche Hausarbeit. Uhrenmachen, wie im Schwarzwald oder in der Schweiz? Weberei, wie in Schlesien? Die Letztere giebt so armseligen Verdienst, kaum das Wasser an die Suppe."

Der gelähmte Mann sah eine Weile ins Thal hinab, ehe er antwortete. Dann wies er auf das Wappen über dem Burg­thor, auf das Dorf und endlich auf die grüne Thalfläche, die sich zu ihren Füßen ausbreitete.Weiden! nichts als Weiden! Burg, Dorf, und Thal! und Weiden sollen uns helfen!"

Korbflechten meinst Du ? Weißst Du denn nicht, daß die Korbftickerei das ver- achtetste Gewerbe bei unfern Leuten ist? Sie würden mich steinigen, wollte ich sie dazu aufforderu."