eneral-Anzeiger für Uildbsd und Umgebung.
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Donnerstag, 2. Wovomber 1899.
Nr. 12S.
Rundschau.
Tübingen, 29. Okt. Die Herbst- versammlung der Deutschen Partei fand heute Nachmittag im Feftsaale des Museums statt. Es waren aus 64 Orten des Landes ca. 700 Personen anwesend. Professor I)r. Schleich gedachte in seiner Begrüßungsrede der dahingeschiedenen Parteimitglieder, des Kanzlers v. Weizsäcker, Or. Elben und des Landtagsabg. Sachs-Crailsheim in ehrenden Worten. Hierauf sprach Prof. Th. Knapp über die politische Lage: Die gegenwärtige Lage im Reiche bezeichnet? der Redner als trübe. Er berührte sodann den Krieg in Südafrika und das neueste Abkommen Englands mit Deutschland. Alsdann ging Redner auf die Lage im engeren Vaterlands über und berührte insbesondere die Eßlinger Reichstagswahl, wobei er betonte, daß die Volksvartei seit der letzten Wahl auf ihr Programm - die Erhaltung der Wehrkraft des'deutschen Vaterlandes gesetzt habe. Er sprach dabei die Hoffnung aus, daß bei der kommenden Stichwahl in Eßlingen die Votkspartei ihre Stimmen dem Reichsgerichtsrat a. D. v. Geß zuwenden werde. Nach weiteren Ausführungen des Redners über die auswärtige Politik ergriff Reichstagsabg. Prof. I)r. Hieber das Wort und erstattete in längerer Rede Bericht über den Reichstag und die laufenden Geschäfte im Reichstag. Redner sprach sich u. a. in Betreff der Zuchthausvorlage dahin aus, daß er dieselbe vollständig verwerfe. Auf der anderen Seite sei aber die Sozialdemokratie auf das äußerste zu bekämpfen. Nach kurzer Pause erstattete Landtagsabg. Gunßer Bericht über die Arbeiten des Landtags. Er sprach über das Scheitern der Steuervor- läge und über die Frage, wer die Schuld des Scheiterns zu tragen habe u. s. w. Rechtsanwalt I)r. Schall, Vorsitzender des engeren Landesausschusses, brachte im Namen des letzteren auf die Deutsche Partei ein Hoch ans und erklärte, noch nie einen freudigeren Eindruck mit nach Hause genommen zu haben, wie er es aus dieser Versammlung thun könne.
Nagold, 25. Okt. Durch Beschluß der bürgerlichen Collegien ist den hiesigen Volksschullehrern neben dem gesetzmäßigen Normalgehalt nach dem neuen Schulgesetz d. I. eine namhafte Ortszulage von je 300 bis 400 Mark bewilligt worden. — Auch kleinere Orte wollen Nichtzurückbleiben, so haben neulich mehrere Orte im Bezirk Neuenbürg wie: Biesels-
Iberg, Feldrennach, Gräfenhausen, Ottenhausen u. a. ihren Lehrern je eine „Ortszulage' von 200 Mk. verwilligt.
Cannstatt, 27. Okt. Gestern verschied im Alter von 58 Jahren eine der bekanntesten Persönlichkeiten unseres Lan- des, Oekonomierat August Aldinger auf dem Bucgholzhof. Die musterhaft bewirtschaftete Staatsdomäne befindet sich seit nahezu einem halben Jahrhundert in Pacht der Familie und ist namentlich unter der tüchtigen und unermüdlichen Leitung-des jetzt Verstorbenen zu einer geradezu vorbildlichen Blüte gelangt.
Gaisburg, 23. Okt. Ein schrecklicher Unglücksfall ereignete sich gestern Abend in der Wirtschaft der Witwe Bühler in Gaisburg. Dieselbe ging in den Keller, um neuen Wein zu holen. Ihr Licht ging jedoch plötzlich aus und nach einem Hilferuf sank sie, von den Gährungsgasen betäubt, bewußtlos zu Boden. Ein eben gegenwärtiger Schutzmann eilte ihr zu Hilfe wurde aber ebenfalls betäubt und kam nicht mehr zurück. Erst nachdem noch vier andere Männer den Verunglückten nachgegangen und nicht mehr znrückge- kommen waren, wurde Lärm gemacht und die ganze Nachbarschaft beteiligte sich in lobenswertester Weise an dem gefährlichen Rettungswerk. Es wurde in den Keller geschossen und frische Luft zugepumpt, um die Kellerluft zu reinigen nnd den Verunglückten Hilfe bringen zu können. Endlich wurde es möglich, in den Keller hinabzukommen nnd die Betäubten heraufzuschaffen. Dem herbeigeeilten Arzt war es möglich, die Wirtin und noch vier Männer wieder ins Leben zurückzurufen, während bei dem Schutzmann Mittmann, der ungefähr eine Stunde im Keller gelegen war, alle Wiederbelebungsversuche erfolglos waren.
Backnang, 26. Okt. Gestern wurd nach der „Neck. Z." die Lederfabrik von Felix Breuninger um 93 250 Mk. Wilhelm Leonhardt aus Sindelstngen zugeschlagen.
— Die Inbetriebnahme des 2. Geleises auf der Remsthalbahn von Waiblingen bis Schorndorf seitens der Eisenbahnoberbehörde ist erfolgt. Es soll mit der Zeit die ganze Remsthalbahn bis nach Aalen zweigleisig ausgebant'werden. Auch die obere Neckarthalbahn soll bis nach Tübingen mit einem 2. Geleise versehen werden. Das 2. Gleis von Plochingen bis Nürtingen ist nahezu fertig. Im Monat November werden voraussichtlich die Strecken Biberach-Warthausen-Ochsen-
36. Jahrgang.
Hausen und Beilstein-Jlsfeld für den Verkehr eröffnet werden.
Friedrichshafen, 26. Okt. Der Aufstieg des Zeppelin'schen Luftschiffs wird in diesem Jahre wohl kaum mehr stattfinden. Durch die eingetretene fühlbare Witterung und die vielen starken Nebel ist nämlich das Firllen der noch leeren 17 Ballons zur Zeit insofern nicht möglich, als die Gummidichtung nicht trocknet und also das sehr teuere-- Wasserstoffgas wieder ausströmen würde. Es sollen deshalb auch nächsten Samstag sämtliche Arbeiter mit Ausnahme von 4 Matrosen und 6 Handwerksleuten — welch letztere den Winter in dem Schuppen am See verbringen werden, während die 4 Matrosen die im See befindliche Montierungshalle mit dem Luftschiff bewachen — entlassen und wird nächstes Frühjahr weüer gearbeitet werden.
Baden-Baden, 31. Okt. Der Kaiser und die Kaiserin von Rußland trafen in Begleitung des Großherzogsund der Großherzogin von Hessen um lO/s Uhr mittels SouderzugS hier ein. Zum Empfang waren der Großherzog und die Großherzogin von Baden, der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin von Baden" der Großherzog von Oldenburg und Großfürst Michael Michaelowitsch am Bahnhof anwesend. Das Kaiserpaar begab sich sodann mit den übrigen Fürstlichkeiten nach dem Schloß, woselbst Frühstück und Marschallstafel stattfand. Nachmittags wird die russische Kapelle besichtigt. Die Abreise wird um 3 Uhr erfolgen.
B a d e nw e i l e r, 26. Okt. Die englische Familie Alcard läßt hier nach dem Plan des Oberbaudirektors Durm ein prächtiges Schloß erbauen, das eine große Zierde unseres Ortes sein wird. Dieselbe Familie beabsichtigt nun, der Gemeinde eine großartige Zuwendung zu machen durch Einführung der elektrischen Beleuchtung, deiÄi Anlage für uns ganz kostenlos hergestellt werden soll. Später soll das ganze , Werk als Eigentum der Gemeinde zufallen.
— Der Kaiser hat, wie eine Korresp. hört, sich über den Vandalismus in der Siegeshalle mit großer Ruhe geäußert und darauf hingewieseu, für solche Schand- thaten könne mau außer den rohen Thätern sonst niemand verantwortlich machen. Znm Schutz der Anlagen ist die Herstellung eines Stachelzauns hinter den die Denkmäler einschließenden Hecken ungeordnet worden. Tie Polizei hat eine Verstärkung der Posten veranlaßt.