Meldung ist von Mittwoch 18. Oktober datiert, also verheimlicht worden. Das bestärkt uns in der Annahme, daß an jenen: Tage die Buren einen Sieg erfochten und die Engländer vollständig nach Glencoe hineingeworfen haben, Telegramme darü­ber, wie fortan wohl überhaupt über alle Erfolge der Gegner, werden znrückgehalten u. nur diejenigen Nachrichten durchgelassen, die von englischem Waffenglück erzählen. So lange keine allgemeine Vorwärtsbe­wegung der Engländer nach Norden erfolgt, wird man trotz der dramatisch ausge­schmückten Telegramme annehmen müssen, daß das Freitagsgefecht bei Glencoe eine Episode ist, die dem rechten Flügel der Engländer für den Augenblick Luft schafft, die Wiederzusammenziehung des eisernen Burenrings nicht verhindert. Das Telegramm von dem Kampf bei Dundee am letzten Mittwoch bestätigt die Ansicht, daß am Mittwoch die Engländer eine gründliche Niederlage erlitten haben. Um sie auszuwetzen, um endlich eine Sieges­nachricht nach Hause schicken zu können, erfolgte dann der tollkühne Sturm auf die Burenhügel bei Glencoe, die, wie die amtliche erste Meldung zugiebt, nur mit schweren Opfern genommen werden konnten. Die Engländer können eine Taktik von Plewna mit dem Kriegsgott geopferten Menschenhekatomben sich leisten; sie haben ihre Reserven. Aber die Buren, von denen vom 16jährigen Knaben bis zum 60jährigen Manne als Büchsenträger im Feld. steht, müssen mit ihrem Menschenmaterial spa­ren. Daher vielleicht das vorläufige Auf­geben der Hügel.

London, 24. Okt.Daily Tele­graph" meldet ans Ladysmith vom 23. ds. .Die Buren griffen heute unter Joubert und Präsident Krüger selbst Glencoe wiederum an. Sie sollen 9000 Mann stark sein. General Aule befehligt die Engländer. Er verlegte das Lager weiter zurück ln eine bessere Vertheidigungsstel- lung. (Heißt das vielleicht: er wurde gezwungen, zurückznweichen?)

Kap stadt, 22. Okt. Eine Depesche aus Glencoe meldet: Die Streitmacht JoubertS greift nunmehr die Engländer in ihren Verschanzungen an.

UnterHaltenöes.

Signor Carlo, Ver römische Herzog.

Von Paul Revira.

tForls > iNachdruck verboten.)

Der Graf fetzte seinen Namen nebst Ort (und Datum darunter und drückte daneben seinen Siegelring ab. Das Gleiche that Signor Carlo mit dem andern Schrift­stück. Jeder steckte sein Dokument in die Brusttasche. Noch ein Handschlag und die Beiden trennten sich mit einema rive-

äorla,"auf Wiedersehn!"

* *

Wenn man in Rom die spanische Treppe hinaufsteigt und sich dann links hält, so befindet man sich aus dem Llonts kineio, einem Hügel, welcher die ganze Stadt beherrscht.

Die spanische Treppe, eine Doppel- treppe, ist sehr breit und hat stark aus­geladene niedere Stufen, so daß man sie nicht nnr mühelos beschreiten, sondern auch sich bequem darauf lagern kann. Hier sitzen und liegen das ganze Jahr hindurch einige Männer und Frauen mit kleinen

Kindern, halbgewachsenen Knaben und Mädchen, lauter schöne Gestalten in kleid­samen Trachten, welche sich gegen eine Ver­gütung den Künstlern für ihre Bilder als Modelle aubieten. Diese Gestalten und Gesichter finden wir immer wieder auch auf Gemälden von deutschen Künstlern; doch schöner und malerischer sehen sie nir­gends aus,als hier auf der spanischen Treppe. Freilich auch Bettler in widerlicher Ge­stalt machen sich die Treppe, auf- welcher so viele Fremde auf- und niedersteigen, zu Nutzen, und einer ließ sich zwanzig Jahre lang täglich auf seinem fetten Esel hierher tragen, um schließlich seiner Tochter bei ihrer Verheiratung eine Aussteuer von 6000 Scuda, d. i. mehr als 30 000 Franken, mitzugeben.

Diese Treppe Hinaufstieg Signor Carlo, nachdem er sich, seine Palastverschreib­ung in der Tasche, vom Grafen Anto­nio verabschiedet hatte, da hörte er einen Vorübergehenden sagen, daß Herzog Pietro Karaffa vor zwei Stunden gestorben sei.

Wie? Warum hat mir der Graf dieses verschwiegen? War er deshalb so eilig? Sollte es mehr als eine Comödie gewesen sein?"

Oben an der Treppe augekommen, lenkte Carlo seine Schritte nach den schönen Gartenanlagen und ließ sich auf eine Bank nieder. Zwischen hohem Lorbeer stehen in langen Reihen auf Pfeilern und Säulen die Marmorbüsten von Künstlern und Dichtern. Vorne hauchen Blumenbeete ihren balsamischen Tnft aus. lieber einer niederen Brüstung hinweg aber sieht man die ewige Stadt mit ihren vielen Kirchen und Palästen und anderen monumentalen Bauten, zwischen welchen sich die Tiber mit ihren Wassern hindurchwälzt. Zu­letzt bleibt das Auge immer wieder an zwei Punkten haften, an der Engelsburg, dem Grabmal des edlen Kaisers Hadrian, und an der Peterskirche, deren Kuppel sich über dem Grab des Fischers von Kapernaum wölbt.

Signor Carlo's Blick haftete heute an einem andern Punkt. Er hatte die Statue des Apostels Paulus auf der Siegessäule Marc-Aurel gesucht und ge­funden. Die Gedanken an das Geschehene bewegten sich verworren in seinem Gehirn. Vor einer halben Stunde erschien ihm Alles noch wie eine Comödie, und jetzt begann die Sache in seinem Geiste eine Gestalt zu gewinnen. Schon frng er sich, ob er nicht unvorsichtig handelte, ob er sich nicht überrumpeln ließ. Hatte er, wie Graf Antonio zu wissen schien, die Anwartschaft auf den Herzogstitel und das Eigentumsrecht auf den Palast, warum dann den Palast so leichtsinnig verschenken? Was half ihm auch fchließl-ch der Titel, wenn er nicht einmal die eines Herzogs würdige Wdhnung besaß? Oder fielen ihm dann noch andere Häuser, auch Villen und Schlösser auf dem LandeIzu, so daß er diesen einen verschenkten Palast schon entbehren könnte?

Er suchte mit dem Blick nach dem oder jenem Palast dadrunten, der viel­leicht se-nen Ahnen gehörte und ihm dann zurückerstattet werden müßte.

Wie seltsam und eigen ist doch das menschliche Herz! das eine WortDuca, Herzog", die wenn auch noch so entfernte Möglichkeit, ein solcher zu werden, brachte

in Signor Carlo's Herzen eine vollstän­dige Revolution, in seinem Geiste eine ganz neue Gedankenkette hervor, an der sich ein Glied an daH andere reihte. Er bemerkte auf seiner Bank gar nicht, daß die Anlagen sich allmälig mit Spazier­gängern füllten, daß Wagen durch die Laubgänge fuhren und sich hier oben auf dem Hügel ein neuer Corso gestaltete. Mehrere Cardinäle kamen mit schwer­fälligen Carossen angefahren und entstiegen denselben, um in leichtem Purpurmantel und seidenen Strümpfen und Schnallen­schuhen sich in der herrlichen frischen Luft zu ergehen. Ja, auch der Papst zeigte sich der Menge und segnete Jeden, der sich ehrerbietig vor ihm neigte. Da er­wachte endlich Signor Carlo aus seinen phantastischen Tränmen und begab sich nach Hause.

Es war auf den Abend kühl geworden. Carlos Hausleute hatten ihm ein Kohlen­becken zum Wärmen der Hände ins Zim­mer gestellt; denn sic wußten, daß er noch arbeitete, ehe er ins Speiie- oder Kaffeehaus gieng. Er nahm daZ Gegen­stück vor, welches die Fürstin erst fertig haben wollte, ehe sie ihn bezahlte. Aber es widerte ihn an, und so öfter darnach griff, schob er es wieder bei Seite.

Vermischtes.

(Pünktlich.) Lebensüberdrüssiger (der sich auf die Eisenbahnschienen gelegt hat, um sich vom Zug überfahren zu lassen): Was, schon 6 Uhr 40! Und der Zug sollte um 6 Uhr 25 hier vorüberfahren! Da muß ich mich aber gleich beschweren!" (Fl. Bl.")

Weinpreiszettel.

Weinsberg. Stadt Weinsberg, 20. Okt. Verkauf lebhaft. Roth zu 165 bis 170 Mk., gemischt 162 bis 163 Mk-, weiß 152 bis 155 je 3 Hl. Mostgewicht etwas steigend 75 bis 90 Gr. ,

Heilbronu, Stadt Hei 1 bronn. In den letzten Tagen wurden zahlreiche Wein- känfe abgeschlossen. Sehr begehrt ist rotes Gewächs. Es ging ab zu 190195A; weißes zu 175180

Marbach a. N. Stadt Marbach 22. Okt. Verkauf begann heute. Preis durchschnittlich 140 Käufer erwünscht.

Beilstein 22. Okt. Gestern mehrere Käufe zu 140, 142, 145, 150, 155 und 156 Verschiedene Reste ver­stellt znm Mittelpreis. Der Verkauf geht lebhaft von statten. Großbottwar 22. Okt. Heute viel verkauft um 135 150.^. Noch 400 lüfeil. Käufer erwünscht.

Für Stotternde wird die Sprachheil- Lehrenn Frl. Helene Pracejus einen Heil- knrfus veranstalten, womit es insbesondere den - 'enigen Leidenden, welche aus Berufs- oder pe- uniären Rücksichten eine Heilanstalt nicht auf­suchen können, Gelegenheit zu einer Heilung von ihrem Sprechübel gegeben werden soll.

Es kann nicht genug darauf hingewiesen werden, wie störend ein solches Sprachübel für den damit Behafteten in jeder Lebenslage ist und wie dasselbe auf Geist und Gemüt erschlaf­fend einwirkt. Schon in der Schule bleibt der sonst begabteste Schüler meist hinter seinen Mit­schülern zurück. Abgeschlossenheit, Jähzorn, Unselbstständigkeit sind noch weitere Folgen.

Es liegt daher in ihrem eigensten Interesse, die dargeboteue Gelegenheit zu ihrer Heilung um so vertrauensvoller wahrzunehmen, als ihnen die Zeugnisse, die Frl. Pr- aufweist, einx hingebende und gründliche Behandlung, sowix dauernden Erfolg verbürgen. (Näh, s. Inserat

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