Amtsblatt für die Stadt Wildbaö.

general-Anzeiger für Kildbad und Amgebung.

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Nr. 12S.

Donnerstag, 26. Aktober 1899.

35. Jahrgang.

Rundschau.

Calmbach, 22. Okt. Im hiesigen Gewerbeverein begann Rechtsanwalt SO mon von Neuenbürg eine Reihe von Vorträgen über das Bürgerl. Gesetzbuch. Der 1. Vortrag behandelte neben den allgemeinen Erörterungen insbesondere das Verjährungsrecht und die güterrecht- lichen Verhältnisse. Die zahlreich ver­sammelten Zuhörer unter denen auch viele Nichtmitglieder waren, zeigten sich dankbar sür die ihnen dargebotene Gele­genheit, sich mit den neuen Rechtsverhält­nissen vertrant zu machen.

Cannstatt, 20. Okt. In der gestr. Sitzung der bürgerl. Kollegien kam u. A. auch die Frage der Vergrößerung der Kurkapelle zur Sprache. O.B.M. Nast trug, nach der C. Z., vor, daß bis jetzt für eine Kapelle von 20 Mann 12 000 Mk. augesetzt sind, daß aber Kapellmeister Rückbeil bitte, ihm eine größere Anzahl von Leuten zu geben, da die Musik, die er mit vieler Mühe zu Stand gebracht habe, aus die Dauer nicht befriedige und auch das Publikum von ihm etwas An­deres verlange. Rückbeil habe zuerst eine stärkere Vermehrung verlangt, dann aber sich mit 30 Mann und einer Vergütung von 16000 Mk. einschl. seines Gehaltes sür zufrieden erklärt.

Lörrach, 22. Okt. Vor einigen Wochen logirte sich bei einem Wirte in Grenzach ein junger redegewandter Mann ein mit dem Vorgeben, er sei Postbeamter, aber kränklich und beabsichtige zu seiner Erholung sich kurze Zeit aufzuhalten. Da nun der Gast nach einiger Zeit immer noch nicht an Bezahlung seiner schon ziem­lich hoch angelaufenen Rechnung dachte, auch das Geld, 500 Mk. die derselbe angeblich ans einer Bank in Berlin stehen hatte, nicht flüssig werden wollten, so er­stattete der Wirt, welcher der Sache nun nicht mehr traute, der Gendarmerie An­zeige, worauf es sich herausstellte, daß der saubere Gast kein Postbeamter, son­dern ein erst kürzlich vom Militär ent­lassener Ziegeleiarbeiter aus Preußen und gänzlich ohne Mittel war, so daß der Wirt nun um seine Zeche betrogen ist. Der Schwindler wurde in Haft genommen.

Leipzig, 18. Okt. Heute vormittag erfolgte ans dem Nordfriedhofe die feier­liche Weihe des Denkmals für die im Norden Leipzigs während der Völkerschlacht gefallenen Krieger, deren Gebeine in einem riesigen Massengrabe anfgefunden und nun an geweihter Stätte der Erde wieder

übergeben wurden. Zahlreiche hohe Offi­ziere, an ihrer Spitze der kommandierende General des 19. Armeekorps, v. Trcitschke, die Spitzen der Behörden, sowie der fran- zösischeGeneralkonsul Marquis d'Höricourt und der russische Konsul v. Brunner nahmen an der Feier teil. Das schlichte, aber eindrucksvolle Denkmal ist ans era- tischen Blöcken zusammengefügt und trägt die Inschrift;Freund und Feind im Tod vereint. Leipzig 18. Okt. 1813." Errichtet ist cs von dem Verein sür die Geschichte Leipzigs. Die ergreifende Weih- rcdc hielt der Pfarrer der Nordkirche, Dr. Buchwald, der u. A. ausführte: Tie wachsende Stadt weckte Hunderte von Kämpfern aus ihrer Todesruhe, die Pietät gab den Braven ein neues Grab auf geweihtem Boden. Wer sind sie, die hier ihre Ruhe gefunden? Wir wissen nicht, wo ihr Vaterhaus stand, und woher sie kamen; das missen wir aber, es waren treue, brave Kämpfer, Freunde und Feinde, die an jenem 18. Oktober, die hier im Norden der Stadt einer der heißesten Kämpfe, die die Geschichte kennt, wütete, für ihre Kriegsherrn und ihr Vaterland in den Tod gegangen sind. Für Freund und Feind ist der Tod auf dem Schlacht­felde eine Versöhnung, darum errichtet pietätvoller Sinn ihnen ein gemeinsames Grab, ein gemeinsames Denkmal.

Berlin, 23. Okt. Von Stufe zu Stufe! Wir lesen in denBerl. Neuest. Nachr.": Wegen mehrfachen Betruges steck­brieflich verfolgt wurde schon seit längerer Zeit von der hiesigen königlichen Staats­anwaltschaft die frühere Circus-Parforce- reiterin Margarete Otto ans Berlin. Die einst gefeierte Schönheit, die von Stufe zu Stufe gesunken war und sich zuletzt durch den Verkauf von Zündhölzern den Lebensunterhalt verdiente, irrte gestern obdachlos in Rixdorf umher und wurde von einem dortigen Gendärmen festge­nommen und zur Haft gebracht.

Berlin, 21. Okt. Im Spielerpro­zeß wurden die Angeklagten v. Kayser, v. Kröcher und v. Schachtmeyer von der Strafkammer freigesprochen.

Wie dle deutsche Uhrmacher-Ztg. berichtet, sahen sich die Wandnhrenfabriken Deutschlands infolge der stark gestiegenen Materialpreise vor die Frage gestellt, ent­weder geringere Qualitäten zu liefern oder ihre Preise zu erhöhen. Sie be­schlossen das letztere.

Paris, 19. Okt. Der Panamabe­stecher Josef Aaron, genannt Arton, ist

gestern begnadigt und in Freiheit gesetzt worden. Schon lange büßte er seine Haft im Krankenhaus, statt im Gefängnis ab, weil er an den Folgen eines Bruches leidet und sich hartnäckig gegen einen operativen Eingriff sträubte.

Paris, 24. Okt. Der Temps meldet aus London: Nach Mitteilungen vor Per­sonen, die über die Vorgänge im Kriegs­amtgut unterrichtet sind, erhielt die Kriegs­verwaltung Näheres über den zweiten Vorstoß der Buren bei Glencoe. Danach nahmen die Burentruppen, die sich nach dem ersten Kampf zurückgezogen hatten, an dem zweiten wieder Teil. DO Eng­länder wurden geschlagen und erlitten der­artige Verluste, daß das Kriegsamt die Mitteilung günstigerer Gefechte abwarten will, bevor es die Nachrichten veröffentlicht.

London, 20. Okt. Mehrere Blätter versichern, daß noch vor Ankunft des deutschen Kaisers in England eine deutsch- englische Vereinbarung betreffs Samoa und anderer Gebiete unterzeichnet werden wird.

Die englischen Nachrichten über den englischen Sieg bei Glencoe haben natürlich bei allen wackeren Briten großen Jubel hervorgerufen. In Kapstadt herrschte wildeste Begeisterung. Die Massen zogen durch die Straßen, jubelten uud sangen. Die Menschen waren wie im Delirium. Hin und wieder wurde (lock savs täs quson gesungen und alle Hüte wurden dabei abgenommen.

-- Nach der Liste der bei Glencoe getödteten und verwundeten englischen Offiziere, wie sie nach London gemeldet wurde, ist General Symons tödtlich ver­wundet, 11 Offiziere sind gefallen, näm­lich 2 Obersten, 1 Major, 3 Hauptleute 5 Leutnants. Drei Offiziere sind schwer verwundet, nämlich je ein Oberst, ein Major und ein Hauptmann. Weniger schwer sind 17 Offiziere verwundet, näm­lich zwei Majore, fünf Hauptleute uud zehn Leutnants. Im Ganzen hatten die Engländer 31 Todte und 151 Verwundete. Da der Etat eines englischen Bataillons 28 Offiziere betrügt und kaum mehr als drei Infanterie-Bataillone an dem Gefecht beteiligt «raren, so ist der Offiziers-Ver­lust ein schwerer.

Gleichzeitig mit der Botschaft des angeblich am Freitag früh erkämpften Sieges ist die Meldung ansgcgeben wor­den, daß General Symons, der Komman­dant der englischen Truppen in Glencoe, tödtlich verwundet worden sei. Letztere