Amtsblatt für die Stadt Wit'dbad

eneral-Anzeiger für Aildbsd nnd UMgebnng.

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Nr. 124-

Dienftag, 24. Aktoberr 1899.

36. Jahrgang.

Rundschau. >

Mund erkin gen, 16. Okt. Dem ^ Erfinder des rauch-, knall- nnd geruchlosen Schießpulvers, Karl Rapp dahier, ging lautOberschw. Anzeiger" von seilen des König!, preußischen Kriegsministerinms ein Schreiben zn, in welchem er anfge- fordert wird, eine eingehende Beschreibung seiner Erfindung an die Artillerie- Prüfungskommission in Berlin einzusenden.

Ansbach, 21. Okt. Rechtsanwalt Bayer hier, der den berühmten, mehrere Jahrhunderte alten Waldprczeß der Ge­meinde Burgsinn gegen die Frhrn. v. Thüngen jetzt zum glücklichen Ende geführt hat, erhält von der Gemeinde neben den Prozeßkosten ein besonderes Honorar von 25000 Mk.

Berlin, 19. Okt. Der vom Kultus­minister Studt bei dem heutigen Festakte der technischen Hochschule verlesene Erlaß vom 11. Okt. besagt, daß den technischen Hochschulen das Recht eingeräumt wird:

1. Auf Grund der Diplomprüfung den Grad eines Diplom-Ingenieurs zu erteilen:

2. Diplom-Ingenieure auf Grund einer weiteren Prüfung zu Doktor-Ingenieure zu promovireu und die Würde eines Doktor - Ingenieurs auch llonoris eansa (ehrenhalber) als seltene Auszeichnung an Männer, die sich um die Förderung der technischen Wissenschaften hervor­ragende Verdienste erworben, zn verleihen. Durch einen zweiten Erlaß vom 11. Okt. ist dem Rektor der technischen Hochschule für amtliche Beziehungen der Titel Magnificenz" beigelegt.

In Hamburg fand der Stapellauf eines neuen Panzerschiffes ,,Kaiser Karl der Große" statt. Bei diesem Anlaß sprach der Kaiser folgende Worte, die um so bedeutsamer sind, wenn man bedenkt, wie wir gegenwärtig ohnmächtig zusehen müssen, wie England räuberisch die uns stamm­verwandten Buren in Afrika überfüllt. Der Kaiser sagte: Es gereicht mir zur besonderen Freude, an dem heutigen histo- schen Gedenktage wieder in Ihrer Mitte weilen zu können. Ich fühle mich gleich­sam erfrischt und neu gestärkt, so oft ich von den Wogen des frisch sprudelnden Lebens einer Hansastadt umspült werde. Es ist ein feierlicher Akt, demfivir soeben bei­gewohnt, als wir ein neues Stück schwim­mender Werke des Vaterlandes seinem Element übergeben konnten. Eiu jeder, der ihn mitgemacht, wird von dem Gedanken durchdrungen gewesen sein, daß das stolze Schiff bald seinem Berufe übergeben wer- <

> den könne. Wir bedürfen seiner dringend snnd bitlernot ist uns eine starke deutsche Flotte. Sein Name erinnert uns an die erste glanzvolle Zeit des alten Reiches und seines mächtigen Schirmherrn und auch in jene Zeit fällt der allererste Anfang Hamburgs, wenn auch nur als Ueber- gangspunkt für die Missionsthätigkeit im Dienste des gewaltigen Kaisers. Jetzt ist unser Vaterland durch Kaiser Wilhelm den Großen neu geeint und im Begriffe, sich nach außen hin herrlich zn entfalten, und gerade hier inmitten dieses mächtigen Handelsemporinms empfindet man die Fülle und Spannkraft, welche das deutsche Volk durch seine Entschlossenheit seinen Unternehmungen zu verleihen im stände ist, aber auch hier weiß man es am höchsten zu schätzen, wie notwendig ein kräftiger Schutz und die unentbehrliche Stärkung unserer Seestreitkräfte für unsere aus­wärtigen Interessen sind. Doch langsam nur greift das Gefühl hiefür im deutschen Vaterlande Platz, das leider noch so sehr seine Kräfte in fruchtlosen Parteiungen verzehrt. Mit tiefster Besorgnis habe ich beobachten müssen, wie langsame Fort­schritte die Interessen und das politische Verständnis für große weltbewegende Fra­gen unter den Deutschen gemacht haben. Blicken wir um uns her! Wie hat seit einigen Jahren die Welt ihr Antlitz ver­ändert. Alte Weltreiche vergehen und neue sind im Entstehen begriffen. Nationen sind plötzlich im Gesichtskreise der Völker erschienen und traten in ihren Wettbe­werb mit ein, von denen kurz zuvor der Laie noch wenig bemerkt hatte. Ereignisse, welche umwälzend wirkten auf dem Ge­biete des nationalökonomischen Lebens der Völker und die in alten Zeiten Jahrhun­derte zur Reife brauchten, vollziehen sich in wenigen Monaten. Dadurch sind die Aufgaben für unser Deutsches Reich und Volk in mächtigem Umfange gewachsen und erheischen fürs mich und meine Regie­rung ungewöhnlich schwere Anstrengungen, die nur dann von Erfolg gekrönt sein können wenn einheitlich und fest den Parteiungen entsagend der Deutsche hinter uns steht. Es muß dazu aber unser Volk sich ent­schließen, Opfer zu bringen; vor allem muß es absagen seiner Sucht, das Höchste, in immer stärker sich ausprägenden Par­teirichtungen zu suchen. Es muß anf- hören, die Partei über das Wohl des Ganzen zu stellen. Es muß seinen alten Erbfehler einsehen, alles zum Gegenstände < unbefriedigter Kritik zu machen, und es

muß vor einer Grenze Halt machen, welche ihm seine eigenen vitalstenJntereffen ziehen. Denn gerade diese alten politischen Sünden rächen sich jetzt an unseren See- intercssen und unserer Flotte. Wäre ihre Verstärkung in den ersten acht Jahren meiner Regierung trotz inständiger Bitten und Warnungen nicht beharrlich verweigert worden, wobei sogar Spott und Hohn mir nicht erspart geblieben ist, wie ganz anders würden wir dann unseren Handel und unsere überseeischen Interessen fördern können. Doch meine Hoffnung, daß der Deutsche sich ermannen wird, ist noch nicht geschwunden. Groß und mächtig schlägt in ihm die Liebe zu seinem Vater­lande. In herrlicher Pracht steht es da, ersehnt von unseren Vätern und besungen von unseren Dichtern. Nun wohlan, statt wie bisher in ödem Zank sich darüber zu streiten, wie die einzelnen Kammern, Säle und "Abteilungen dieses Gebäudes aussehen oder eingerichtet werden sollen, möge unser Volk in idealer Begeisterung wie die Oktoberfeuer anflodcrn, seinem idealen alten Kaiser nachstreben und vor allem an dem schönen Bau sich freuen und ihn schützen helfen, stolz auf seine Größe, bewußt seines inneren Wertes, einen jeden fremden Staat in seiner Ent­wicklung achtend, Opfer, die unsere Welt- machtstellnng verlangt, mitFreude bringend, dem Parteigeiste entsagend, einheitlich und geschlossen hinten seinen Fürsten und seinem Kaiser stehend. So wird unser deutsches Volk auch den Hansastüdten ihr großes Werk zum Wöhle unseres Vater­landes fördern helfen. Das ist mein Wunsch zum heutigen Tage, mit dem ich mein Glas airf das Wohl Hamburgs erhebe."

Budapest, 20. Okt. Die in Deutsch­land in Form einer Broschüre gedruckten Memoiren der Fürstin Odeskalchi über das Kronprinzen-Drama in Meyerling wurden auf Verfügung der Regierung in ganz Ungarn beschlagnahmt. (In der Broschüre wird erzählt, daß die Vetsera, aus Rache, weil der Kronprinz endgültig das Verhältnis mit ihr lösen wollte, ihn bei der letzten Zusammenkunft, als er nach starkem Genuß von Champagner und Cognac in tiefen Schlaf verfallen, verstümmelte und nun der bei den furcht­baren Schmerzen ausgemachte Kronprinz aus Verzweiflung über sein zerstörtes Leben erst die Vetsera und daun sich selbst erschoß.)