Amtsblatt für öie Stadt Wilöbad.

ieneral-Anzeiger für Wldbsd und Umgebung.

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Nr. 121.

Wegen des Kirchweihfestes fällt die nächste Nro. ds. Blattes aus.

Rundschau.

Stuttgart, 10. Okt. Aus Anlaß des Geburtstages I. M. der Königin wurden in der Volksküche etwa 600 ärniere Besucher auf Kosten des .Königs gespeist, seitens der Stadt erhielten eine gleiche Anzahl von Personen, die in den städt. Anstalten untergebracht sind, eine bessere Mahlzeit. Im K- Hoftheater war Fest- vorstelluug, wozu man WebersFreischütz" gewählt hatte.

Calmbach, 9. Okt. In einer gestern nachmittag hier von einer zahlreichen Zuhörerschaft besuchten Versammlung gab der konservative Reichstagsabgeordnete Schrempf Rechenschaft über seine bis­herige Thätigkeit im Reichstag. Der Redner behandelte in 2stünd. Vortrag die wichtigsten Gegenstände, die den Reichs­tag beschäftigt haben, so den Reichsetat, Abänderung des Bankgesetzes und der Versicherungsgesetze, die Ausweisung der Dänen aus Schleswig-Holstein, das Reichs­militärgericht und die Errichtung eines bayrischen Senats hiebei, den Reichsin­validenfonds, die Debatte über die an­gebliche Fleischnot, das Fleischschaugesetz, das Gesetz über den Schutz der Arbeits­willigen, die Militärvorlage und zum Schluß berührte er noch die Frage der Entschädigung des Wildschadens. Am Schluß ereignete sich ein überaus heiteres Zwischenspiel. Ein Sozialdemokrat von Neuenbürg, meldete sich zum Wort und sagte zuerst, er sei so ziemlich mit allem, was Schrempf gesprochen, ganz einver­standen. Dann aber warf er ihm vor, daß die konservative Partei die Partei des Rückschritts sei, daß Schrempf ein Neuling ini Reichstag sei und kam dann auf die drückende Last desMilitaris­mus" und auf die indirekten Steuern zu reden. Von Schrempf darauf auf­merksam gemacht, daß es sich heute nicht um eine über die indirekten Steuern zu eröffnende endlose unfruchtbare Debatte in einer Versammlung handeln könne, in der er nur Bericht über seine eigene Thätigkeit im letzten Reichstag erstatten wollte, in der diese Frage gar nicht an­geschnitten worden sei, erklärte der Mann etwas erregt, man habe ihm das Wort entzogen. Unter allgemeiner Heiterkeit erklärte er schließlich, das Lokal zu ver­lassen. Zum Schluß wurde Schrempf von dem Leiter der Versammlung, Schult-

Sarrrstag, 14. Aklobev 1899.

heiß Häberlen, der Dank im Namen der! Anwesenden ausgesprochen. j

Cannstatt, 11. Okt. Nach der Rechnung des Festausschusses von dem im Juli hier gehaltenen schwäb. Kreis­turnfest betrogen die Einnahmen 18020 Mk. und die Ausgaben 16 996 Mk. Es ist also trotz der schlechten Witterung während des Festes ein Ueberschuß von 1024 Mk. vorhanden.

Schramberg, 8. Okt. Fabrikant Albert Schweizer sen. erhielt vorgestern das Ritterkreuz l. Klasse des Friedrichs­ordens. Damit wurden die großen Ver­dienste, die sich der Dekorierte um das Aufblühen der Emaille - Industrie von Christoph Schweizer Söhne, die in diesem Monat noch ihr 50jähriges Jubiläum be- geht, anerkannt.

-- In der Erkenntnis, daß sich die kleinen und mittleren Geschäftsleute durch Errichtung gemeinsamer und gemeinschaft­licher Einkaufsstellen ebenfalls die Vor­teile verschaffen können, die bisher die großen Warenhäuser allein zogen, sind schon verschiedene gemeinschaftliche Ein- kaufsvereinignngen kleiner und mittlerer Geschäfte auch bei uns zu stände gekom­men. U. a. soll der Verband süddeutscher Manufakturwareugeschäfte in Tübingen seine Aufgabe in sehr geschickter Weise angefaßt haben. Mit solchen Einkaufs­vereinigungen werden sich die kleineren und mittleren Interessenten ein gut Stück von Selbstschutz und Selbsthilfe schaffen können. Aber es ist notwendig, daß auf diesem Wege noch weiter gegangen wird. Man sollte versuchen, ob es nicht unter irgend einer Form möglich wäre, diese Einkanftsvereinigungen zu ergänzen durch entsprechende Organisationen für den Verkauf, durck Errichtung auch von Ver- kaufsvereinignngen.

Pforzheim, 9. Okt. Nachdem in den letzten 10 Tagen des Monats Sep­tember in hiesiger Stadt nur 34 Neu­erkrankungen an Typhus vorgekommen waren, und auch in den ersten Oktober­tagen die Zahl der neuen Krankheitsfälle täglich nur zwei oder drei betrug, so ist nun leider wieder eine bedeutende Ver­schlimmerung eingetreten. In den letzten Tagen stieg nämlich die Zahl der täglichen Neuerkrankungen von 4 auf 6, auf 11 und gar 16! Wodurch dieser Rückfall seine Ursache hat, ist nicht klar. Im übrigen befürchtet man noch eine weitere Ausdehn­ung dieser gefürchteten Epidemie. Von sämtlichen Erkrankten sind bis jetzt 4 pCt.

35. Iahvgang.

«gestorben. Von den Krankenwärterinnen des städtischen Krankenhauses sind bis heute 9 ebenfalls am Typhus erkrankt, von denen noch 8 ihrer Gesundung ent­gegensehen, während eine bereits wieder hergestellt ist. Leider werden aber gerade jetzt manche der Rekonvaleszenten von anderen gefährlichen Krankheiten wie Lungenentzündung befallen, die hie und da ebenfalls einen tödlichen Ausgang nimmt.

Pforzheim, 11. Okt. Eine sonder­bare Wette wurde am letzten Sonntag ausgetragen. Ein hiesiger Bautechniker wettete mit einem Bürger, daß er auf des letzteren Parterre-Fenstersims in der Gar­tenstraße von Morgens 6 Uhr bis Abends 6 Uhr um 150 Mk. sitzen werde. Sonntag früh nahm der Wettlustige seinen Platz ein und verließ ihn nicht eher, bis er seine Wette gewonnen hatte. Des Tages über vergnügte" er sich mit Zeitungslesen und Cigarrenrauchen und ließ sich auch durch die Heiterkeit der Passanten der Straße nicht aus seiner Fassung bringen.

Pforzheim, 12. Okt. Vom Reichs­tagsbureau hat der bisherige Reichstags- abg. des 9. bad. Wahlkreises, der Sozial­demokrat Agster, nunmehr die Zustellung erhalten, daß sein Mandat erloschen ist. Die Neuwahl wird wahrscheinlich noch in diesem Jahre stattfinden.

Lahr, 11. Okt. Das Haus Gebr. Lotzbeck, die weltbekannte Schnupftabak­fabrik, beging heute festlich den Tag seines 125jähr. Bestehens und zugleich den Tag, da vor 25 Jahren der derzeitige Inhaber und Chef des Hauses, Geh. Komm. Rat Sander, dessen Leitung übernommen hatte. Es war eine Feier, an der die ganze Stadt, der ganze Amtsbezirk und die Regierung lebhaften Amteil nahm. Gab doch die Begründung des Hauses Lotzbeck vor 125 Jahren den Anstoß zum Einzug der Tabak- und einer Reihe anderer Industrien in die durch Jahrhunderte lange politische Wirren und Kriege erschöpfte und ver­armte Stadt, und damit die Grundlage zu ihrer ganzen wirtschaftlichenEntwicklung.

Chemnitz, 9. Okt. Bisher ist wohl jeder Reisende der Ueberzeuguug gewesen, daß das Trinkgeld an den Hotelhausknecht eine freiwillige Spende sei. Das Amts­gericht Chemnitz ist der gegenteiligen An­sicht. In der Nationalzeitung liest man darüber das Folgende: Der Kaufmann F. wohnte vier Wochen in einem dortigen Hotel, wo ihm der Hausknecht üblicher­weise die Stiefel putzte, bezw. putzen ließ