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Pforzheim, 4. Okt. Nach einer bezirksamtlichen Bekanntmachung sind in Pforzheim seit 20. Juli d. Js. 384 Typhusfälle zur Anzeige gebracht. Dieselben erstrecken sich aber auch ans das Landgebiet, Todesfälle sind nur ganz wenige vorgekommen.
Baden, 2, Okt. Geh. Kommerzienrat Krupp von Essen hat mit seiner Familie die hiesige Besitzung Meineck bezogen und wird voraussichtlich längeren Aufenthalt nehmen.
Paris, 3. Okt. In diplomatischen Kreisen verlautet, daß zwischen den Kanzleien Rußlands, Deutschlands und Frankreichs augenblicklich Unterhandlungen über den südafrikanischen Krieg im Gange sind. Sobald die Feindseligkeiten begonnen und die Buren den ersten Sieg errungen haben, werden die Mächte England ihre Vermittelung aufdrängen.
KrefeId, 25. Sept. Das große Los der Straßburger Sängerhauslotterie in der Höhe von 80 000 ^ ist hieher gefallen. Eine Wirtin und ihr armes Dienstmädchen sind die glücklichen Gewinnerinnen.
Hamburg, 3. Okt. Nach amtlicher Auskunft ist von den gestern überfahrenen Rekruten, bis heute Vormittag noch keiner gestorben, dagegen sind 7 schwer, 23 weniger schwer verletzt. Die Mannschaften waren nach Metz bestimmt und vom trans- portführenden Offizier auf dem Bahnkörper, teilweise im Bahntunnel aufgestellt. Dem herankommenden Zug sollte das Haltesignal gegeben werden, was aber anscheinend versäumt worden ist. Nach polizeilicher Feststellung fragte der kom- mandirende Offizier, dessen Wagen noch im Tunnel stand, ob das Nebengeleise frei bleibe. Der Schaffner bejahte das. Der diensthabende Bahnhofassistent gab aber irrtümlich dem Blankeneser Zug das Einfahrtszeichen. Viele flüchteten beim Nahen des Zuges. Die Bahnbeamten versuchten, durch Zeichen den Zug zum Stehen zu bringen. Der Führer bremste stark, aber zu spät. Die noch im Tunnel befindlichen Rekruten gerieten zwischen beide Züge u. zwischen Zug u. Tunnelwand.
Hamburg, 28. Sept. Der deutsche Protestantentag beschloß folgende Resolution über die protestantische Bewegung in Oesterreich: Mitten in schweren nationalen Kämpfen hat sich unter den Deutschen Oesterreichs eine religiöse Bewegung erhoben, die in der evangelischen Kirche Befriedigung sucht. In Uebereinstimmung mit vielen andern kirchlichen Gruppen und Richtungen begrüßt auch der 20. deutsche Protestantentag herzlich diese höchst beachtenswerte Bewegung und fordert die Gesinnungsgenossen auf, deu deutschen Protestanten Oesterreichs in dieser ernsten Zeit im Anschluß an den von Superintendent Mayer-Zwickau geleisteten Hilfsausschuß thatkrüftige Teilnahme deutschevangelischer Bruderliebe zu erweisen.
London, 3. Oktober. Aus sicherer Quelle verlautet, daß die Buren in Natal eingedrungen und die Hauptplätze besetzt haben. Auch während des ganzen gestrigen Tages ist kein einziges Telegramm aus Transvaal an die englische Regierung eingelaufen. Man schließt daraus, daß die Transvaal-Regierung alle Verbin- duugsleitungen abgeschnitten hat.
K o n st a n t i n o p e l, 30. Septembr. Bei dem Erdbeben im Vilajet Aidin sind nach amtlicher Meldung 12,932 Häuser eingestürzt; 783 Personen sind umgc- kommen, 657 verletzt.
MnterHatLenöes.
Hammers Sanatorium.
Von Alwin Römer.
(Forts.^ (Nachdruck verboten.)
Dabei reichte sie ihm ihre weiße schlanke Hand und drückte ihn sanft wieder in den Lehnstuhl zurück.
„Ist das ein herrliches Geschöpf!" dachte der Werkmeister. „Und ich Esel habe das häßliche Frauenzimmer vorhin für sie gehalten. Offenbar das Hausmädchen, an das ich gar nicht gedacht habe! — Da werden meine armen Kranken schöne Augen machen!"
„Also Sie sind das Fräulein Martin! ? " sagte er dann laut. „Jetzt gefüllt es mir noch einmal so gut hier!"
Sie lachte belustigt über das ihr höchst treuherzig erscheinende Kompliment.
„Ach, haben Sie sich vor der Christel gefürchtet?" fragte sie. „Die ist allerdings grundhäßlich, aber ehrlich und fleißig. Und das geht hier voran! — Jetzt aber kommen Sie. Ich will Ihnen Ihr Zimmer zeigen, damit Sie ein bißchen ausruhen können vom Weg!—Sind Sie sehr krank gewesen?"
„O, es ging!' erwiderte er. „Ein bischen Katarrh und Ueberarbeitung!"
„Sie werden sich hier schon erholen. Nehmen Sie sich nur recht in Acht. Abends ist die Luft sehr rauh bei uns! Da dürfen Sie nicht zu lange im Freien sitzen. Es wäre gut, wenn Ihr hochherziger Chef sich dazu entschlösse, eine gedeckte Veranda anzubauen! Ich hoffe, wenn er uns einmal aufsucht, das von ihm bewilligt zu bekommen!"
„Das wird er sicher nicht abschlagen! — Aber ist denn nicht schon eine Veranda da?"
„Ja, aber sie liegt nach Norden und ist daher für Kranke schlecht zu benutzen. —Unser Zimmermeister hier hat daran nicht gedacht, wie er das Hans gebaut hat!"
„So? — dann allerdings!"
Sie waren während des Gesprächs eine Treppe hinaufgestiegen, und sie öffnete ihm nun eine der sauber und bequem eingerichteten Logierstuben.
„Hier machen Sie sich's gemütlich!" sagte Sie. „Den Kaffee bringt Ihnen die Christel nachher hinauf! Oder wollen Sie ihn unten trinken?"
„Es wird mir ein bißchen einsam sein! Wenn ich nicht unbescheiden erscheine, möchte ich bitten, daß ich mit Ihnen zusammen —"
„Warum haben Sie nicht noch Gesellschaft mitgebracht? Ich habe mich auch gewundert! Erst sollte doch noch eine Frau Wenzel msikommen und ein Herr Thiele? Das wäre für mich auch angenehmer gewesen!"
Sie brauchen sich vor mir nicht zu fürchten, Fräulein Martin!"
„Das thue ich auch nicht. Wer sich sein Brot verdienen muß, darf nicht kleinlich sein in solchen Sachen! Aber es wäre besser gewesen!— Nun, Sie können ja nicht dafür! Und wenn es Sie froher macht, kommen Sie nachher nnr getrost herunter zum Kaffee!"
Damit schloß sie die Thür und überließ den Kurgast seinen wunderlich erregten Gedanken —
Nun war er schon eine volle Woche in Fichtenstein und fühlte sich so wohl und geborgen wie lange nicht in seinem Leben. Fräulein Martin war sich gleich geblieben
in ihrer freundlichen Sorgsamkeit ihm gegenüber, ohne freilich die geringste Spur von Vertraulichkeit, die er heimlich und unbewußt anstrebte, auskommen zu lassen. Sie wachte über ihn wie eine richtige Pflegerin, achtete auf die Dauer seiner Spaziergänge und die Jnnehaltung der Schlafenszeit. richtete sich, soweit es anging, nach seinen Mittagswünschen und freute sich über die zunehmende Frische seiner Gesichtsfarbe. Ab und zu las sie ihm auch gehörig den Text, wenn er bei Tische nicht genügenden Appetit entwickelte oder zu lange in der schnell scharf werdenden Abendluft blieb. Und diese Predigten klangen so ehrlich und warmherzig und standen ihren ehrbaren dreißig Jahren, die ihr übrigens nur ein Barbar glauben konnte, so allerliebst, daß ihm ganz eigenartig heimisch zu Muthe wurde in ihrer Nähe und er sich manchmal im sträflichen Nachdenken darüber ertappte, auf welche Weise ihr anmuthender Unwille wieder einmal herauf zu beschwören sei.
„Heute müssen Sie mir eine Cigarre gestatten, Fräulein Martin!" sagte er, als Christel den Kaffee hinausbrachte und er am gewohnten Platze des kleinen, langsam aufsprießenden Gartens Platz genommen hatte.
„Aber Herr Lehnhardt " bemerkte Fräulein Martin entrüstet. „Das geht gegen die Hausordnung!"
„Die gilt nicht im Garten!"
„Das wäre noch besser! — Der Kommerzienrat würde schöne Angen machen, wenn er erführe, wie leicht ich es nähme mit den ärztlichen Bestimmungen!"
„Larifari!" Kein Wort würde er sagen! Und schöne Augen machen kann er gar nicht, der alte Junge!"
„Sie reden nicht gerade respektvoll von Ihrem Brotherrn, trotzdem wohl weit und breit keiner so für seine Beamten sorgt wie er!" sagte sie vorwurfsvoll.
„Ach Gott, was thnt er denn groß? — Er läßt uns wieder gesund machen, wenn wir uns abgerackert haben! Das ist nicht wehr wie recht und billig!"
„Sie sind sehr häßlich heute, Herr Lenhardt; gar nicht so nett wie sonst. Es thäte niir leid, wenn meine Mutter doch recht behielte—"
„Worin?"
Sie wurde ein wenig verlegen wegen der Fortsetzung und bemerkte daher nicht einmal, wie er wirklich das hochnotpeinliche Verbrechen beging und sich zum Trotz gegen „Paragraph 8" der Hausordnung eine Cigarre anzündete, ein Kraut übrigens, das bedeutend besser duftete, als bei einem Werkmeister mit neunhundert Thalern Einkommen zu erwarten war.
(Schluß folgt.)
— Edelmut. Sie: „Ach, Adolf, Schreckliches ist geschehen — Papa hat falsch spekuliert und alles verloren!" — Bräutigam: „Dann, liebe Anna, will ich dich nicht auch noch ihm rauben!" (FI. Bl.)
Stanöesbuch-KHroniA
der Stadt Wildbad
vom 29. Sept. bis 6. Okt. 1899. Oktober. Aufgebote
2. Benz, Johann Jakob, Küfer und Wirt von Kirchheim u. T. und Marie Hermine Huber von Kirchheim u T.
5. Heselschwerdt, Jakob Adam, Fuhrknecht und Witwer in Forbach Bez. Rastatt und Anna Marie Gauß ledig von Nonnenmiß- Sept, Geburten:
26. Güntkner. Christian Friedrich, Holzhauer in Sprollenhaus, 1 Sohn.
2- Okt. Dahl, Paul, Musiker hier, 1 Sohn,