Amtsblatt für öie Stadt Witdvad-
eneral-Anzeiger für Kildbod und Amgebung.
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Samstag, 30. September: 1899.
Nr. US.
Rundschau.
— So. Maj. der König hat den Oberamtmännern Reg.-Nat Müust in Ludwigsburg, Kranß in Leouberg, Voller in Calw und Grieb in Vaihingen die erbetene Erlaubnis zur Annahme und Anlegung des ihnen von dem Kaiser verliehenen Roten Adlerordens 4. Kl. erteilt.
Stuttgart, 25. Sept. Das Restaurant Monopol, das vor einiger Zeit mit soviel Geschrei eröffnet wurde, ist nunmehr in aller Stille eingegangen. Die Stuttgarter sind also viel zu konservativ, um sich an Restaurants mit automatischer Bedienung gewöhnen zu können.
Freudenstadt, 26. Sept. Trotz des niederrieselnden Regens machte der aus 8 Gruppen bestehende historische Fest- zng mit llOO Mitwirkenden und 220 Pferden einen wirklich großartigen Eindruck auf die Zuschauer, die sich teils auf den von der Stadtgcmeinde auf dem Marktplatz errichteten Zuschauertribünen, teils auf den Hauptstraßen, durch die sich der Zug bewegte, aufgestellt hatten. Die Eröffnungsgruppe, Freudenstadtia, ganz in der malerischen Tracht des 16. Jahrh. gehalten, als Mittelpunkt den von 6 Pferden gezogenen Prachtwagen der Freudenstadtia mit den Gestalten der Sage, der Religion, der Geschichte und Naturkunde. Rechts und links der Mittelgruppe krönten den Wagen, den Rosengewinde tragende Genien umgaben, die bekränzten Büsten des Kchiigspaars. Die 2. Gruppe versetzte die Zuschauer in die Zeit vor der Gründung Frendenstadts und führte einen Jagdzug von Herzog Christoph vor. Ein von 3 schwarzen Pferden gezogener reichverzierter allegorischer Wagen zeigte mit dem Jagdschlößchen im Christofsthal als Hintergrund die Jagdgöttin Diana nebst 4 Genien, wörauf die herzogliche Jagdgesellschaft folgte. Die 3. Gruppe versetzte die Zuschauer in die Zeit der Gründung und ersten Entwicklung der Stadt. Auf die Gestalten aus dem dreißigjährigen Krieg folgte der Erbauer der Stadt,Baumeister Schickhardt mit deu Bauleuten, worauf Herzog Friedrich I. mit Gemahlin und Sohn in 4spänn. Galawagen erschien, begleitet von Kavalieren und Damen, die in 4 2spänn. Wagen folgten. Den Schluß bildeten die eingewanderteu Protestanten mit dem Bergmann Amand Klinger an der Spitze, sowie ein allegorischer Wagen mit Stollen nebst Gnomen und Heinzelmännchen, den Bergbau darstellend. Ein sehr farbenreiches Bild zeigte besonders
die 4. Gruppe, Krieg, worin dem Zuschauer zunächst die württ. Truppen, hierauf die fremden Kricgsvölker, die bald feindlich, bald friedlich die Stadt heimgesncht haben, vorgeführt wurden, die Schweden und Oestreicher nebst Kroaten. Echt ländliche Bilder brachte die 5. Gruppe, die Bauernhochzeit und Heuernte. In der 6. Gruppe Wald- und Holzindustrie, Landwirtschaft, Fischerei, wurde zunächst durch 60 weißgekleidete Mädchen, geschmücktmit Schärpen und Kränzchen aus Tannenreis und 30 als Tannenzapfen gekleideten Knaben der Wald dargeftcllt: hierauf folgte, von 4 schweren Pferden gezogen, der allegorische Wagen der Forstwirtschaft, eine Holzhütte nebst Baumschule und im Betrieb befindlicher Sägmühle. Unter der Anführung des städt. Forstmeisters und 6 Forstschutz- wächtern folgten 20 Bauernmädchen mit jungen Tännchen in ihren Körben, sodann ein mit 4 Ochsen bespannter Wagen mit 3 großen Holzstämmen, welchem 12 Holzhauer folgt n. Ein Köhlerwagen beschloß die Gruppe der Wald- und Holzindustrie. Die Landwirtschaft fand ihre Vertreter in einer Schäfer- und Fischergruppe. Die 7. Gruppe, Gewerbe und Handel, eröffnet durch einen überaus reich dekorirten Prachtwagen mit 14 Damen, führte in malerischen Bildern die einzelnen Gewerbe je mit ihrer Zunftfahne vor, wobei die Bäckerei, die Metallindustrie, die Bierbrauerei und Branntweinbrennerei je durch einen allegorischen Wagen zur Anschauung gebracht wurden. Freudenstadt als Luftkurort kam sodann in der letzten, der 8. Gruppe, zu seinem Recht. Nachdem 3 mit feinem schwarzen Frack und Zylinder bekleidete Herrn vorübergeritten waren, folgten 6 festlich geschmückte Wagen mit Kurgästen. Ein großer 4spänniger Wagen brachte das Waldkafs und 10 mit Rucksack und Bergstöcken ausgestattete, mit dem Schwarzwaldvereinsabzeichen geschmückte Wanderer den Schwarzwaldverein zur Anschauung, denen ein Engländer zu Pferd, mit Feldstecher und mancherlei Gerätschaften ausgerüstet, folgte, worauf eine Anzahl Radfahrer den Schluß bildete. Als der Fest- zng das zweitemal an dem Königszelt vorübergezogen war, erfolgte die Auflösung desselben, worauf der König noch die nenrestanrirte evang. Stadtkirche besichtigte. Nachm. 3 Uhr fand sodann zu Ehren des Königs im Saale des Hotels z. Post, der mit den Büsten des Königspaars und dem Reliefbild des Herzog Friedrich I. geschmückt war, ein Festmahl statt. Abends
I 35. Aahvgang
6 Uhr kehrte dann der König mittelst Sonderzugs nach Stuttgart zurück.
— In einem Artikel über die diesjährigen deutschen Kaisermanövcr schreibt der Londoner „Standard" u. ck.: „Der süddeutsche Soldat ist kurz aber kräftig gewachsen. Auf dem Marsch und im Felde ist er beladen wie ein Packpferd. (?) Dennoch schreitet er aus mit langem elastischem Schritt, schneller als der englische und legt große Entfernungen ohne erkennbare Ermüdung und unempfindlich gegen Hitze, Kälte und strömenden Regen zurück. Man sieht in den Reihen keinen der grünen, unreifen Jungen, die leider Gottes den größten Teil unserer heimischen Bataillone ausfüllen, Jungen, bei deren Anblick man sich unwillkürlich fragt, von welchem Nutzen sie eigentlich im Feldzuge sein können. Daß unsere grünen Jungen sich tapfer schlagen würden, ist ja zweifellos. Wenn man sie nur mit der Eisenbahn auf's Schlachtfeld bringen und ihnen, bevor es in den Kampf geht, ein tüchtiges Frühstück vorsetzen könnte. Feldzüge werden aber nicht allein durch Tapferkeit gewonnen. Auch durch unverdrossenes anhaltendes Marschieren und die Fähigkeit, körperliche Strapazen auch bei unregelmäßiger, zuweilen unzureichender Ernährung zu ertragen. Unö iu dieser Hinsicht springt die enorme Ueberlegenheit der deutschen Armee über unsere Jnlandarmee in die Augen. Ebenso bewunderungswürdig wie ihre Marschtüchtigkeit ist ihr Drill, sowohl was Exaktheit, wie was Standhaftigkeit anlangt. Ein Bataillon, das nach dem Kommando „Rührt Euch!" zwanglos in Reih und Glied steht, wird auf das Kommando „Stillgestanden!" im Nu zu einer Mauer von regungslosen Figuren, deren Wimpern nicht einmal zucken. Ein zweites Kommandowort, nnd sie schultern die Gewehre wie Teile einer großen Maschine, jeder Mann im absoluten Einklang der Bewegung mit dem Nebenmann. Man wird vielleicht ein- wenden, diese mechanische Akkuratesse sei auf dem Schlachtfelde nicht viel wert. So weit es sich nur um Präzision handelt, -mag das zutreffen. Allein dieselbe entspringt doch nur der höchsten Disziplin. Und diese wird im Ernstfälle auch jene Standhaftigkeit zeitigen, die ein Regiment braucht, um dem mörderischen Feuer Trotz zu bieten, das die Schlachtfelder der Zukunft kennzeichnen wird."
B n ch a n a. F., 25. Sept. Ein tragischer Vorfall setzt hier die Gemüter in