Amtsblatt für die Staöt Wildbaö.

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Rundschau.

Nachdem der Bundesrat am 20. April d. I. beschlossen hat, für Rechnung des Reichs diejenigen silbernenZwan- zig Pfennig stücke einzuziehen, welche in off. Kassen und in den Kassen der Reichsbank liegen oder aus dem Verkehr in solche Kassen eingehen, wurden durch einen Erlaß des wnrtt. Ministeriums des Innern die Kassenstellen im Departement des Innern angewiesen, die bei ihnen vorhandenen und die eingehenden silber­nen Zwanzigpfennigstücke nicht wieder aus­zugeben, sondern von Zeit zu Zeit einer der Reichsbankanstalten, welche mit dem Umtausch derselben beauftragt sind, zuzu- sühren, oder, sofern es an Gelegenheit hiezu fehlen sollte, an die k. Kameraläm- ter bezw. die k. Staatshauptkasse einzn- liefern.

Stuttgart, 31. Mai. Der erste Heldentenor unserer Oper, Kammersänger Balluff, mußte neulich das Vergnügen des Radfahrens mit einem Beinbruch be­zahlen; am gestrigen Dienstag hat er nun in der Person des Regisseurs und Hofschauspielers v. Hoxar einen Leidens­kollegen erhalten. Der genannte Künstler kollidirte" aus einer Radfahrertour in Berg mit einem Sportsgenossen, wurde zu Boden geworden und erlitt einen Schenkelbruch, so daß er ins Karl Olga- Krankenhaus verbracht werden mußte. Die Verletzung ist eine derartige, daß an ein Auftreten in der gegenwärtigen Spiel­saison nicht mehr zu denken ist; für die Intendanz ist dies sehr mißlich und für den Abgestürzten sehr unangenehm.

Stuttgart, 30. Mai. Vom Lebens- mittelinarkt ist zu vermelden, daß Kirschen aus Frankreich und Italien in großer Menge eingetrvffen sind; die braunen französischen Kirschen sind vollkommen reif und köstlichen Geschmacks. Spargeln sind sehr stark vertreten und zu allerlei Preisen zu haben, von 20 Pfg. für Suppenspargeln bis 2 Mk. 50 Pfg. für prächtige Ulmer. Aprikosen schön reif in Kistchen mit 20 Stück zu 2 Mk. 40 Psg. Neue Erschei- nungen auf dem Gemüsemarkt sind Zucker- schüfen und junge Erbsen, beide einheimisch. Rettiche in mancherlei Gestalten und Far­ben, der schönste weiße 10 Pfg. Salat überaus reichlich, doch fehlt noch immer schöner Forellensalat. Vom Fischmarkt ist zu berichten, daß in der Frühe die Schell­fische, die eine so große Rolle spielen, gänz­lich fehlten. Dagegen fanden sich zahl­

Scnnstclg, 3. Juni 1899.

reich; Flußfische, prachtvolle Aale und stattliche Schollen.

Neuenbürg, 29. Mai. Vorgestern fiel in Conweiler die Dienstmagd des dortigen Ochsenwirts Rentschlcr io un­glücklich von der Bühne in die Scheune herab, daß sie schwere innere Verletzungen erlitt und in das Bezirkskrankenhaus hier- her verbracht werden mußte. Ihr Zu­stand ist hoffnungslos.

Heilbronn, 29. Mai. Einen in­teressanten Stafettenlauf veranstalteten am gestrigen Sonntag die Turnvereine von Flein, Erlenbach undJahn"-Heil- bronn über FleinHeilbronnErlenbach, eine Strecke von 12 Kilometer, welche in nur 28 Minuten znrückgelegt wurde. Im Laufe des Sommers sind mehrere gleiche Hebungen in größerem Maßstabe in Aus­sicht genommen.

Schwaigern, 30. Mai. lieber den Großgartacher Mord sei Folgendes nach­getragen: Wie das Verhör ergeben hat, handelt es sich um einen mit unglaub­licher Frechheit ausgeführten Raubmord. Frl. Frida Gilbert wollte mit dem 4 Uhr- Zug nach Heilbronn, um vor ihrer Ab­reise nach Konstanz noch Verschiedenes zu besorgen. Der Bahnhof Großgartach ist nur 10 Minuten von Schlüchtern entfernt ; das ganze Feld war voll von Leuten. Fuhrleute hatten das Fräulein noch 5 Minuten vor der That gegrüßt; etwa 50 Mt. von der Stelle des Mordes gingen Leute auf der Straße. Der Mörder hat- te am gleichen Tag bei Gilbert gebettelt; man vermutet, daß er bei dieser Gelegen­heit in Erfahrung gebracht habe, daß die Gemordete in Heilbronn Einkäufe machen wollte und daß er auf sie gepaßt habe. Etwa 400 Mt. vor Großgartach trat der Strolch auf sie zu und forderte ihr Geld und Uhr ab. Da sie es verweigerte, stieß er sie in den Straßengraben, doch ist es ihr gelungen, wieder auf die Füße zu kommen und in das Ackerfeld zu fliehen, wo einige Meter entfernt 2 Frauen mit Kartoffelhacken beschäftigt waren. Ihr Hilferuf veranlaßte diese beiden, ihre Hauen fallen zu lassen und schreiend die Flucht zu ergreifen. Nach wenigen Schrit­ten hatte der Kerl die Fliehende ringe- holt und zu Boden gestoßen. Nun kniete er ihr auf die Brust, zog ein langes Metzgermesser und schnitt ihr den Hals halb durch. Nach kurzen. Röcheln gab sie den Geist auf. All das ereignete sich mit einer solchen Geschwindigkeit, daß alle Augen des schauerlichen Vorgangs

35. Jahrgang.

vor Schreck gelähmt waren. Doch in kürzester Zeit war der Mörder von den Bauern umringt, die ihm mit ihren Hau­en zu Leibe gingen. Da er mit seinem Messer wütend um sich stach, gelang es nicht, ihn zu entwaffnen. Doch wurde er allmählich von der großen Menschen­menge, die herbeigeeilt war, unter Stößen und Hieben in das Dorf gedrängt und endlich vor dem Rathaus mit einem Hieb ans die Hand entwaffnet, nachdem noch ein Mann in die Hand gestochen war.

Die Wut der Leute war so groß, daß er sicher gelyncht worden wäre, wenn nicht die Polizei eingeschritten wäre und den Unmenschen in sicheren Gewahrsam ge­bracht hätte. Die Mutter der so schau­erlich Gemordeten fiel in Ohnmacht und kam mehrere Stunden nicht mehr zu sich. Auch der kranke Vater befindet sich in einem bedauernswerten Zustand. Der Mörder hat sich schon seit einigen Tagen in der Gegend umhergetrieben und ist durch sein aufgeregtes und unheimliches Wesen verschiedentlich ausgefallen. In Schlüchtern, wo er verschiedene Versuche gemacht hat, aus gewaltsame Weise sich Geld anzueiguen, soll er Drohungen aus- * gestoßen haben. Die Aufregung über diesen grauenvollen Mord ist in der gan­zen Umgegend immer noch eine ungeheure.

Pforzheim, 28. Mai. In feier­licher, erhebender Weise wurde heute in Anwesenheit des Großherzoglichen Ehe­paares. welches sich zu Fuß am Festzug beteiligte, die aus dem Lindenplatze erbaute Stadtkirche eingeweiht. Nach Beendigung der kirchlichen Feier nahm die Großherzogiu das Mittagsmahl bei der Vorsteherin des hiesigen Frauenvereins ein und Se. Kgl. >Hoh. der Großherzog beteiligten sich am Festessen im Hotel zumschwarzen Adler", welches 200 Teilnehmer aufwies. Ter hohe Herr stattete dann dem großen Rau'- schen Fabriketablissement einen Besuch ab, das vorübergehend durch sämmtliche Ar­beiter und Arbeiterinnen in Betrieb ge­setzt wurde. Die Großherzogiu besichtigte inzwischen das städtische Krankenhaus und das Kinderspital. Nach 7 Uhr erfolgte die Rückfahrt der hohen Herrschaften nach Karlsruhe.

H e i d e l b e c g, 30. Mai. Eine inte­ressante sportliche Leistung vollbrachten die Frankfurter und die Darmstädter Turner. Es war ein Staffetenlauf, wie er in dieser Ausführung in Deutschland noch nicht durchgesührt worden ist. Die 87 Kilometer lange Strecke Frankfurt