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Predigt sprach der Pastor ein Gebet, das von der Gemeinde stehend angehört wurde und mit dem „Vater unser" schloß. — Sowie der Geistliche schwieg, ertönten draußen die Ehrensalven. Sodann setzte die Orgel zum Spiel ein und begleitete den gemeinsamen Choralgesang. Damit war die Feier zu Ende, und die Teilnehmer begaben sich ins Schloß zurück, während sich auch die Spaliere auflösten, Bevor der Kaiser das Mausoleum verließ, sah er sich noch im Tnrmranme die Stelle an, wo demnächst die Sarkophage aufgestellt werden sollen.
Paris, 18. Mürz. Der römische Korrespondent des „Figaro" meldet: Maz- zoni nnd Lapponi beschlossen heute früh beim Papst eine neue Operation vorzunehmen. Beide Aerzte haben wegen dieses neuen Eingriffes aber keinerlei Besorgnis.
Lokales.
(Eingesandt.)
„Behüt Dich Gott, es war' zu schön gewesen, Behüt Dich Gott, es hat nicht sollen sein!"
— Diese Scheffelschen Worte kommen mir in den Sinn, wenn ich an die gestrige Aufführung des hies. Lied erkranzes im Saale des „Hotel Post" denke. Wie viel Fleiß, Ausdauer, Geduld und Beharrlichkeit von seiten des Dirigenten wie der Sänger erfordert es, ein Programm zu- sammenzustellen und zur Ausführung zu bringen wie das von gestern abend und — welcher Lohn wird dafür?! Da und dort schwingen zwar verwandte Saiten, wenn sie durch die bald ernsten, bald heitern Töne getroffen werden. Aber wer ist im stände, es allen recht zu machen? Du hast gesündigt, Liederkranz, dadurch, daß Du zu Deinen vielen ernsten Weisen auch „Adams erstes Gebet" erklingen ließest, Du hast gefehlt damit, daß Du Dich hast verleiten lassen in dem „Fastnachts-Abenteuer" eine dankenswerte Gottesgabe, den Humor, in' allzu kühnen Sprüngen walten und schalten zu lassen! Ist das nicht niederschmetternd? O nein, inein lieber Liederkrauz und was drum und dran hängt, tröste Dich: Du hast Dich als ein Wesen gezeigt, das den verschiedenen Seiten des Erdcnlebens Rechnung trägt; und wer sollte Dich drum tadeln oder gar schelten? Wandre drum mutig weiter auf dem betretenen Pfade und halte es mit all' Deinen Jüngern so wie der Dichter sagt:
Wir singen nicht um Gut und Geld
Und nicht zu eitler Pracht;
Nein, das was uns zusammenhält,
Das ist der Töne Macht!
Wildbad, 20. März. Vorzüglich gelungen war die Aufführung des „Liederkrauz e s" gestern Abend. Freilich thut sich keine Gesellschaft so leicht, jedem etwas zu bieten, das ihn anspricht, wie ein Gesangverein. Uebt doch das einfachste Lied, das wir schon hundertmal gehört, immer wieder seinen Zauber ungeschwächt auf nufer Ohr und Herz, wenn es im Männerchor so voll und mächtig erklingt! Trotzdem muß man es dem umsichtigen Dirigenten, Herrn Wörner zugestehen, daß er in der Auswahl des so reichhaltigen Stoffes ebensosehr den Künstler zeigte, wie in der Vorführung des Gewählten. Daher fanden auch die Chöre den ungeteiltesten Beifall. Und wie hübsch waren die eingeschalteten Sologesänge! Von den
Solisten nennen wir vor allen Hrn. Huber, dessen Baß-Stimme ebenso natürlich schön als gut geschult ist u. Herr i Lächele, dessen wohlklingender Tenor immer so gerne gehört wird. Frl. Maier aus Calmbach sang wieder einige reizende Lieder mit ihrer lieblichen Stimme nnd Frau Treiber und Herr Wörner zeigten ihre Kunst auf Klavier und Violine. Die eingeflochtenen komischen Scenen fanden ebenfalls stürmischen Beifall, würden auch recht frisch und gewandt von den Herren Lächele, G. Kuch u. Huber und Link, Schmid, Fuchslocher u. Seifertjvorgetragen. Hrn. Großmanns Raritüten-Couplet war ungemein drollig und auch die Getroffenen vergaßen gerne den kleinen Hieb und stimmten in das fröhliche Gelächter der andern ein. Koschats „Bauernhochzeit" bildete den gelungenen Schluß des reichhaltigen Programms, das die Zuhörer so voll und ganz befriedigte wie kaum je zuvor. Auch die gute Bewirtung des Hrn. Groß- mann z. „Post" trug das ihrige zur Erhaltung der fröhlichen Stimmung bei.
Wnter-Hcrltenöes
Ein unheimlicher Mieter.
„Wir müssen sparen," sagte meine Frau eines Tages zu mir.
„Das ist mir sehr angenehm," versetzte ich. „Du ttirst also etwas weniger für Deine Garderobe verwenden?
„Nein, das ist nicht nötig," meinte meine Frau, „aber wir müssen einen Mieter nehmen."
„Ich hasse alle Mieter!" rief ich pathetisch.
„Aber er ist doch solch' liebenswürdiger, netter, ;unger Mann?"
„Wer ist ein liebenswürdiger, netter, junger Mann?"
„Na, der neue Mieter!"
„Allmächtiger Gott, Frau!" rief ich, „Du willst doch damit nicht erwa sagen, daß Du schon vermietet hast?"
„Na, natürlich, er sieht aus wie ein Prediger und hat eine» reizenden,schwarzen Koffer."
Und solchen Menschen hast Du ohne Weiteres ausgenommen, weil er einen schwarzen Koffer hal? Na, das ist ja eine schöne Geschichte!"
„Ach, Du bist recht unlankbar," versetzte meine Frau und fing au zu weinen.
Unsinn, ich bin gar nicht undankbar," entgegnete ich, „aber ich möchte auch nicht, daß wir eines schönen Morgens als Leichen aufwachen. Darum werde ich ein wachsames Auge, ja sogar zwei wachsame Augen — auf ihn halten und warten, bis er nach Hause kommt."
„Aber er hat ja den Hausschlüssel," erklärte meine Frau.
„Entsetzliches Weib, Du vertraust einem Fremden die Waffe an, die Du Deinem Gatten vorenthälst?" Er wird warten, bis wir schlafen, sich dann mit dem Hausschlüssel Eingang verschaffen und uns dann eins, zwei, drei, hinmorden".
Meine Frau stieß einen Schrei des Entsetzens aus, und verriegelte die Thüre des Schlafzimmers, während ich mit der Wohnungsthür dasselbe that.
„So," sagte ich, „jetzt muß er klopfen, und ich werde wenigstens sehen, wie er ausschaut."
Ich saß in ängstlicher EEtjtung, während meine Frau jammerteMM wir keinen Revolver hätten. Zu ziemlich vorgerückter Stunde hörten wir ein Schließen mit dem Schlüssel, dem ein leises Klopfen folgte; ich öffnetedie Thür/hieltaber denRiegelfest.
„Wer klopft so ungestüm?" fragte ich, indem ich die Thatsochen ein wenig fälschte.
„Der neue Mieter," antwortete eine milde Stimme, und ein blasser, glattrasierter junger Mann erschien beim Schein der Lampe. „Entschuldigen Sie, daß ich Sie gestört habe."
„Ich sah ihm nach, scheu und hastig ging er in sein Zimmer und schob dann en schwarzen Koffer nach sich."
„Sieht eher wie ein Schauspieler als wie ein Prediger aus. Na, jedenfalls werde ich dafür sorgen, daß er h er keine Kvmöde spielt."
Ich stand Tantalusqualen ans, denn die Tage wnrden zu Wochen, und wir sahen nichts von unserem Mwter. Er huschte geheimnisvoll bei Tage aus dem Hause und stahl sich bei Nacht wieder in sein Zimmer. Es war, als Hause ein unsichtbares Gespenst in der Wohnung und unsere Nerven litten entsetzlich darunter. Wegen der Miele konnten wir ihm nichts auhai en, denn er hatte im Voraus bezahlt; doch die Situation wurde so unerträglich, daß ich beschloß, das erste Verfahren noch einmal zu wiederholen und die Thür zu verriegeln.
Dieselbe Sache wiederholte sich, das Thürschließen, das leise Klopfen. Doch ich war so ärgerlich, daß ich erst öffnete, nachdem das Klopfen etwa 20 mal erfolgt war. Doch wie groß war mein Erstaunen, als ich mich nicht dem Mieter, sondern einem schäbig gekleideten alten Mann gegenüber sah, der in scharfem Tone zu mir sagte: „Ich werde erwartet," und in das Zimmer huschte. Ich lauschte einige Augenblicke, ob zwischen ihm und Mr. Moore einige Begrüßungsworte gewechselt wurden, doch alles blieb still.
„Die Sache wird immer geheimnisvoller: was kann denn der alte schäbige Kerl mit dem jungen Menschen abzumachen haben? ich werde warten, bis er fortgeht!"
Ich setzte mich in einen Lehnstuhl, spitzte die Ohren und lauschte. Dann zündete ich mir eine Zigarre an und machte mir ein Glas Grog. Dieses Glas Grog erneuerte ich mehrere Male, ohne daß sich das Geringste rührte. Schließlich verfiel ich unter dem Einfluß des Getränkes in einen Schlummer, aus dem ich erst erwachte, als der Milchmann klingelte. Ich sprang von meinem Stuhle auf, cs war Heller Tag und klopfte an die Thüre des Mieters. Keine Antwort! Jchöffnete; das Zimmer war leer; beide waren fort. Ein zerlöchertes, rotes Taschentuch, das ich um den Hals des alten Mannes bemerkte, lag auf der Erde! doch der schwarze Koffer war verschwunden.
„Ich werde heute Nacht wieder wachen," sagte ich zu meiner Frau, der tch den Vorfall erzählte." (Schluß folgt.)
Vermiß ch tes.
— Die Zerstörung des Grabs des Mahd in Chartum durch die eugl.-egyp- tischen Truppen nach ihrem Sieg über die Derwische bei Omdurmann schildert ein Augenzeuge wie folgt: „Mehr als 150 Derwische lagen am Abend der Schlacht betend vor dem Grabe, als eine 50pfündige