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Zentrum), daß zwischen dem modernen Staat und den Jesuiten eine tiefe Feindschaft besteht (Lärm im Zentrum). Das Prinzip des Jesuitenordens sei die Vernichtung der bürgerlichen und sittlichen Freiheit (Gelächter im Zentrum): das be- weisen die Edikte der Päpste, die viele jesuitische Grundsätze verwarfen. Blos (Soz.) erklärt, die Sozialdemokraten werden für den Antrag des Grafen Hompesch stimmen. Seine Partei sei gegen Ausnahmegesetze und fürchte auch die Jesuiten nicht. Lieber (Zentr.) führt aus: Das Zentrum habe nicht mehr nötig, Tauschgeschäfte zu machen, nachdem es in den letzten 5 Jahren nationale Forderungen ohne Kompensationen zum Sieg geführt habe. Wenn der Jesuitenorden ein Kampforden sei, sei dann der Evang. Bund ein Friedensbund? (Zustimmung beim Zentrum.) Die von den Päpsten verurteilten Lehrsätze der Jesuiten seien in einem Buche vereinigt, das er hiemit auf den Tisch des Hauses niederlege. Davon möge der Abg. Hieber diejenigen bezeichnen, die geeignet seien, den Staat und die Moral zu uutergaben. Abg. Sattler (ntl.) führt aus: Im Sinne des konfessionellen Friedens sei die Vorlage abzulehnen. Nach weiterer Debatte wird der Antrag Hompesch angenommen; dagegen stimmen die größere Hälfte der Reichspartei und die Nationalliberalen, die Konservativen und mehrere Freisinnige: sodann wird noch mit größerer Mehrheit der Antrag Limburg-Rickert angenommen.
Reichstags-Mg. Schrempf über die SoM-Reform.
Es dürfte gewiß unsere Leser interessieren, etwas über die Thätigkeit unseres Abgeordneten im Reichstag zu erfahren. Wie aus den Berichten ersichtlich, nahm Abg. Schrempf schon mehrfach Gelegenheit, das Wort zu ergreifen und fanden dessen Ausführungen meist beifällige Aufnahme. So sprach er anläßlich der Beratung des Reichshaus- hälts am letzten Samstag über die Frage der Sozial-Reform u. führte dabei namens der deutsch-kons. Fraktion wie die „Kreuz- Ztg." berichtet, folgendes aus:
„MeineHerren! Im Laufe der mehrtägigen Debatte ist wiederholt über die Fortführung der Sozialresorm, gesprochen worden. Außerhalb dieses Hauses, namentlich in der uns feindlichen Presse, wurde gegen die konservative Partei oft der Vorwurf erhoben, sie verweigere die Mitarbeit am weiteren Ausbau unserer sozialen Gesetzgebung. Wenn wir hier geschwiegen hätten, so hätte das Schweigen leicht dahin gedeutet werden können, daß obiger Vorwurf wirklich berechtigt sei. Ich kann namens der konservativen Partei erklären, daß dem nicht so ist, und ich werde mir erlauben, Ihnen unsere Ansichten über die Fortführung der Sozialreform llarzulegen. Der Zweck der Sozialresorm war seiner Zeit, gewissen sozialen Mißständen, die namentlich auf dem Gebiete der Großindustrie hervorgetreten waren, abzuhelfen und dadurch weite Kreise unseres Volkes, welche der bestehenden Gesellschaftsordnung und dem jetzigen Staate entfremdet waren, wieder für dieselben zurück zu gewinnen, sie zu veranlassen, für ihre Interessen im Rahmen
der bestehenden Ordnung einzutreten. Daß die seitherige Sozialgesetzgebung diesen Zweck nicht oder nur ungenügend erreicht hat, wird von keiner Seite bestritten werden, und diese Thatsache hat allerdings weite Kreise unseres Volkes stutzig gemacht. Man hat sich die Frage vorgelegt: ist der Weg, den wir beschritten haben, richtig, und sollen wir auf diesem Wege weiter fortschreiten? Wenn unter diesen Umständen sogar von einer gewissen „Stockung der Sozialgesetzgebung" gesprochen wird, so mag das seineu Grund darin haben, daß allerdings die sozialpolitischen Gesetze nicht mehr so Schlag auf Schlag gekommen sind, wie zur Zeit der Versicherungs-Gesetzgebung. Meine Herren, wenn wir nun fragen: warum ist der Zweck der Sozialreform so wenig erreicht worden? so kann ich nicht verhehlen : nach unserer objektiven Ueber- zeugung, die in keiner Weise beleidigend sein soll, ist daran namentlich die Sozialdemokratie mit ihrer Thätigkeit schuld. Sie hat von vornherein die Tendenz gezeigt, alle Bestrebungen des Staates und der Gesellschaft auf dem Gebiete der Arbeitersürsorge für ungenügend, für wertlos und deshalb für ablehnungswert hinzustellen. Das hat zur Folge gehabt, daß namentlich unter den organisierten Arbeitern — soweit sie der Sozialdemokratie folgen und nicht auf dem Boden der christlichen Arbeitervereine stehen — diese Meinung sich thatsächlich tief eingefressen hat. Wenn dem Arbeiterstand durch die Staatsfürsorge etwas gegeben wurde, so war von irgend einer Anerkennung dieser Fürsorge des Staates gar keine Rede; im Gegenteil, alles wurde bloß mürrisch angenommen, alles wurde kritisiert und für nichts hingestellt; wurde aber von irgend einer Seite der Anschein erweckt, als solle wieder ein Schritt rückwärts gethan werden, dann erhob die Sozialdemokratie allerdings sofort ein mächtiges Geschrei: seht, diese schlimmen Kameraden wollen uns wieder nehmen, was sie uns als „Bettelpfennig" gegeben haben. Dieser Tendenz entsprechend wird auch heute gerade von sozialdemokratischer Seite am lebhaftesten geklagt, daß es auf dem Gebiet der Sozialreform nicht vorwärts gehen wolle — der Sozialreform, der Sie (zu den Sozialdemokraten) seiner Zeit für durchaus ungenügend und gestern für „national-liberal" bezeichnet haben, und an der Sie selbst in keiner Weise Mitarbeiten wollten, außer wenn alles ^gerade nach Ihrem Kopf und Sinn ging. Sie betrachten es als völlig selbstverständlich, daß Sie selbst an einer, liberalen oder konservativen Gesetzgebung nicht Mitarbeiten; Sie verlangen aber gleichzeitig mit dem Brusttöne der Ueberzeugung von uns, daß wir an der Durchführung Ihrer sozialdemokratischen Vorschläge Mitarbeiten sollen. (Sehr gut! rechts.) Und wenn wir das nicht thun, dann werden wir als die böswilligen Menschen hingestellt, die dem Arbeiterstand das Paradies auf Erden verrammeln wollen, welches ihm die Sozialdemokratie angeblich verschaffen will. Wir können uns nicht verhehlen, daß gerade unter dem Einfluß dieser sozialdemokratischen Agitation ein „Klassenkampf" entbrannt ist, der für die Fortführung der Sozialreform äußerst hinderlich und schädlich gewesen ist. (Sehr richtig!) Wo der Haß gegen den Arbeitgeber in so
entschiedener Weise geschürt, genährt wird und selbstverständlich auch im gegenseitigen Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu Tage tritt, da ist es kein Wunder, wenn schließlich nicht bloß die Arbeitnehmer, sondern auch die unparteiischen Stände, und endlich auch die Staatsregierung sich fragen.- wohin kommen wir, wenn wir dem Arbeiterstaud immer weitere Rechte geben, wenn wir ihm immer größere Erleichterungen schaffen und auf Seiten der Sozialdemokratie eine immer schärfere Agitation dadurch entfesseln; die Mittel, die wir durch die Sozialreform den Arbeitern gewähren, werden von einer Kampfpartei benutzt und an sich gezogen, um nur desto entschiedener gegen uns aufzutreten. Ist es hier ein Wunder, wenn von einer „Stockung" geredet wird, und wenn weitere Kreise des Volkes stutzig werden? (Forts, folgt.)
Unter HaLtenöes.
Kurier Prozeß.
Aus der Amtspraxis eines altwürttembergischen Dorfschulcheißen.
Der vor etwa 6 Jahren in Stuttgart verstorbene bekannte Schriftsteller Karl Mayer (Sohn des Dichters und bekannt unter dem Namen „Beobachter-Mayer") erzählte einst in einer heiteren Abendgesellschaft folgende Geschichte, die ihm in den 40er Jahren, als er Gerichtsaktuar in Eßlingen war, passierte.
Eines Sonntagabends zog eine Bande von 12 Nellinger Bauernburschen in stark angeheitertem Zustand singend und johlend dem heimatlichen Dorfe zu, als sie von ungefähr auf einen so ziemlich gleich zahlreichen Trupp Denkendorfer Bauernbuben stießen, die — zu ihrer Ehre sei es gesagt— friedlich ihre Wege, Denkendorf zu, gingen. Den Nellingeru paßte die friedliche Stimmung der Denkendorfer durchaus nicht. Es ist nicht schwer, zu erraten, was eine solche Bewegung zur Folge haben mußte: ehe man sich dessen recht versah, waren die Händel da, und zwar waren die Nellinger die Angreifenden. Es kam zu einer förmlichen Schlacht, bei welcher das Messer eine Hauptrolle spielte und hüben und drüben ziemlich viel Blut floß. Die Schädel, wie auch die weicheren Körperteile der damaligen Generation scheinen jedoch nicht besonders empfindlich gewesen zn sein, oder sie waren vielleicht auch an derartige Sonntagsnacht- vergnügungen gewöhnt, jedenfalls kam an jenem Abend eine lebensgefährliche Verletzung nicht vor, immerhin aber war die Sache so ausgefallen, daß sich der damalige Ortsvorstand von Nellingen veranlaßt sah, in der gleichen Nacht noch ein strenges Verhör mit den Uebelthätern anzustelleu, in welchem es aber trotz aller salomonischen Weisheit nicht gelang, die Haupträdelsführer herauszufinden: es waren eben alle dabei gewesen.
Genannter Schultheiß Mauz war ein Original von einem Schultheißen, der die höheren Behördeu wegen derartiger Vorkommnisse nicht gerne belästigte, düs aber auch nicht besonders notwendig hatte, da seine Gemeinde eine Mustergemeinde ersten Ranges war. Seine Ordnung und seine Rechtlichkeit waren geradezu sprichwörtlich, so daß es nicht allein im Oberamt Eßlingen, sondern weit herum in der Runde keine Gemeinde gab, die den Behörden