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Heimstätten, wie sie in Baden einzig in diesem kleinen Orte bestehen dürften.
Hannover, 12. Noobr. Ein neuer Spieler, und Wucherprozeß hat in dieser Woche die Strafkammer des Landgerichts Hierselbst beschäftigt. Auf der Anklagebank erscheint des Wuchers in großem Maßstabe und der Erpressung angeklagt der Agent Adolf Löwenstein. Dieser war Stammgast auf allen Rennplätzen und verkehrte auch in dem Hotel, in dem eine Anzahl Offiziere des Kgl. Militär-Reit - instituts zu Mittag speiste. Löwenstein wußte, daß sich an das Mittagsmahl ein „Jen" anschloß, an dem er oftmals teil- zunehmen pflegte. Ganz besonders bildete er aber sowohl bei den Spielen im Hotel, als auch in Privatwohnungen, insbesondere aber auf der Rennbahn den „rettenden Engel". Er hatte stets eine „offene Hand", wenn es sich darum handelte, einem Offizier der durch „Unglück im Spiel" in Verlegenheit geraden war, mit einigen Tausendmarkscheinen unter die Arme zu greifen. Für diese „Menschenfreundlichkeit" berechnete sich Löwenstein nicht nur sehr hohe Wucherzinsen, er ließ sich auch stes von den jungen Offizieren Ehrenscheine ausstellen, in denen sich diese außerdem zur Zahlung hoher Belohnungen für die „Bemühungen" Löwensteins verpflichten mußten. Löwenstein beschränkte seine Thätigkeit aber nicht nur auf das Militär, er war auch Fabrikanten, Rentiers, sowie sonstigen Sportsleuten, die dem Spiel fröhnten, und dabei „vom Unglück verfolgt wurden", ein „Retter in der Noth". Wenn ein Wechsel am Verfalltage nicht pünktlich eingelöst wurde, dann drohte Löwenstein den jungen Offizieren, ihren Vorgesetzten Anzeige machen zu wollen. Der Gerichtshof erkannte wegen 5 Beleidigungen, zwei Erpressungs- Versuchen, gewerbs- und gewohnheitsmäßigen Wuchers gegen Löwenstein auf zwei Jahre 8 Monate Gefängnis und 3000 Mark Geldstrafe ev. noch 300 Tage Ge- fängniß und fünf Jahre Ehrverlust.
Straßburg, 14. Nov. Graf Stol- berg-Wernigerode, Rittmeister bei dem in Saarburg garnisonierenden Ulanenregiment Nr. 1», der den Sergeanten Scheinhardt im Manöver erstach, wurde mit Dienstentlassung, sowie 3 Jahren und 4 Monaten Zuchthaus bestraft. Das Urteil hat die Bestätigung des Kaisers erhalten.
Berlin, 14. Nov. Wie die Nordd. Allg. Ztg. hört, findet die Eröffnung des Reichstags in den ersten Tagen des Dez. statt.
Berlin, 12. Nov. Der Redakteur des „Vorwärts", Dr. Braun, ein geborener Oesterreicher, erhielt den Befehl, binnen 14 Tagen das preußische Staats- gebiet zu verlassen. — Zu den Bemerkungen des Vorwärts über die Ausweisung des Redakteurs schreibt die „Norddeutsche Allgemeine Ztg.": Es kann nicht zweifelhaft sein, daß Dr. Braun zur Kategorie derjenigen Ausländer gehört, die durch ihre Thätigkeit in dem fremden Staatsgebiete lästig fallen. Wer das ihm staatlich gewährte Gastrecht mißbraucht, um als berufsmäßiger Agitator den Klassen- kampf zu schüren und eine gegen die Grundlage des Staates ungehindert Aufenthalt nehmen zu dürfen. Die zuständigen Behörden handelten daher richtig, als sie dem Ausländer Dr. Braun die Möglichkeit entzogen, seine staatsfeindlichen Umtriebe auf preußischem Boden sortzusetzeu.
Berlin, 12. Nov. In diesem Winter haben sich bis jetzt an der Berliner Universität 160 Frauen einschreiben lassen, von denen 102 Preußinnen sind. Aus Rußland stammen 26 studierende Frauen, aus Amerika 21. Von den 160 Studentinnen sind 12 verheiratet. Sieben Damen studieren Theologie, 3 Medizin, 3 Rechtswissenschaft, sechs Staatswissenschaften; die übrigen gehören alle der philosophischen Fakultät an, und von ihnen studieren die meisten Philologie, Litteratur, Philosophie, Geschichte, Kunstgeschichte. Der Mathematik und den Naturwissenschaften haben sich 18 Damen zugewandt; eine studiert Astronomie und Mathematik, eine andere Botanik, eine dritte endlich Geographie.
— Vor der Abreise von Beirut dankte der Kaiser dem Sultan in einer langen Depesche für die ihm seit seiner Ankunft auf türkischem Boden bis zum Verlassen desselben bereiteten Empfänge und erklärte, alles werde ihm unvergeßlich bleiben. Es werde seine Freundschaft für den Sultan für immer befestigen. Der Sultan dankte auf das Wärmste, indem er Kaiser Wilhelm der gleichen Gesinnung versicherte und dem deutschen Kaiserpaar glücklichste Weiterreise wünschte. — Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt aus Anlaß der Heimkehr des Kaiserpaares: „Die Wallfahrt des Hercscherpaares nach dem Heiligen Lande, die ohne jeden Mißklang verlanfen ist, gehört der Geschichte an. In dieser aber wirb sie fortleben mit dein Glanz der reichsten und ungetrübten Erinnerung, eine leuchtende That zn Ehren des Christentums und der deutschen Nation! Als treuer Bekenner seines Glaubens, als mächtiger und großmüthiger Schirmherr der deutschen protestantischen wie der katholischen Interessen, hochgefeiert von dem Beherrscher des osmanischen Reiches und den türkischen Unterthanen, warb in den letzten Wochen der Kaiser auf fremdem Boden von Neuem für die Ehre des deutschen Reiches erfolgreich, zur Freude aller Patrioten und zur unverhohlenen Achtung selbst des Auslandes. In innigster Dankbarkeit und Verehrung wünschen wir dem Kaiserpaar Glück und Heil zur Heimfahrt."
Paris, 14. Nov. Die Gewitter in Südfrankreich sind in außerordentlicher Heftigkeit aufgetreten. Gestern entlud sich ein solches über Marseille und Umgegend. Der Regen fiel in Strömen nnd überschwemmte Straßen nnd Keller. Die Gleise einer Vorstadtstraßenbahn wurden auf einer großen Strecke weggerisfen. Ein Haus stürzte ein. Zwei Personen wurden vom Blitz erschlagen, zwei andere von einer einstürzenden Mauer getötet. Auch die Gasleitung wurde teilweise zerstört, so daß Abends in Mehreren Stadtvierteln egyptische Finsternis herrschte. Am Hafen richtete das Unwetter namentlich in einigen Getreideniederlagen großen Schaden an.
— Die Lage Frankreichs rückt der bekannte Fürst Meschtscherski in seiner „Petersburger Ztg." in russische Beleuchtung. Von Paris aus, wo er sich seit geraumer Zeit schon befindet, schreibt er u. A. nämlich : „Frankreich muß entweder der Rolle einer europäischen Großmacht entsagen, welche über ihr Verständnis geht, und eine wirkliche demokratische und kommunale Republick werden wie die Schweiz, und unter dem Schutz und der
Protektion Europas stehen, das heißt, aufhören, eine Militärmacht zu sein, oder aber, es muß unter die Gewalt eines Diktators gelangen, das heißt unter die Gewalt eines einzigen Willens und eines einzigen Geistes, der da fähig ist, alles Schmuzige und Unehrliche ebenso energisch von der politischen Arena zu fegen, wie die Republick alle Ehrlichen und Selbständigen weggefegt hat. Dazu braucht man keine glückliche Schlacht in einem Kriege abzuwarten; nur die Entschlossenheit und kühne Energie eines Mannes ist erforderlich, der im gegebenen Augenblick dieses Chaos der willen- und überzeugungslosen Menschen ausnutzt und mit einigen Regimentern den Wahnbildern und Phantomen der willen-, kraft- nnd verständnislosen Republick ein Ende macht. Ein ehrlicher Mann mit Geist und Willen kann Frankreich in der Rolle eines Diktators retten."
NewAork, 13. Nov. Nachrichten zufolge, welche aus Cuba und Keywest eingetroffen sind, ist unter 7 000 Mann der regulären spanischen Truppen in Puerto Principe und Nuevitas Meuterei ausgebrechen. Dieselben verlangen vor der Einschiffung nach Spanien Auszahlung des rückständigen Soldes. Die Meuterei wurde schließlich durch Versprechungen beigelegt.
Vermischtes.
— Seltene Geldstücke und Münzen zum Aufbewahren zu empfehlen. Wertvollere deutsche Geldstücke ans neuerer Zeit sind und werden dieselben schon jetzt je nach Erhaltung wie folgt bezahlt: Silberne 2 ^ Stücke von 1888 mit dem Münzzeicheu V. (Münzstätte Berlin) mit 4—5 silberne 5 Stücke von 1888 mit dem Münzzeichen mit 6 silberne 5 „E Stücke von 1894 und 1895 mit Münzzeichen Kopf und Adler mit 6 goldene 10 Stücke von 1888 mit Münzzeichen X und Stempelglanz mit 12
und goldene 20 Stücke von 1892 mit Münzzeichen neuem Adler und poliertem Stempel mit 22 — Be
züglich sonstiger wertvollerer Geldstücke und Münzen erwähnen wir von den in süddeutschen Staaten geprägte» folgende: l. Württemberg. Doppelthaler „Münster in Ulm" von 1869 und 1871, wie man sie namentlich in Ulm da und dort aufbewahrte, kosten 18 Siegesthaler von 1871 5 Doppelthaler „Vermählung des Kronprinzen Karl mit der Großfürstin Olga von Rußland" 1846 14 bis 16 Doppelthaler von 1843 7 u. s. f. ,11. Baden. Doppelthaler von 1854 „Friedrich (Prinz und Regent)" 70 Doppelgulden von 1856 25 Mk., Münzbesuchsgulden von 1857 14 Mk., silberne Medaille von 1893 „Kriegerdenkmal in Offenburg" 6 Mk. III. Bayern. Kon» ventionsthaler von 1835 „Denkmal des Königs Maximilian Josef" mit kurzem Scepter 15 Mk-, Max II. Doppelthaler „Gluckstandbild" 1848 60 Mk., desgleichen, jedoch noch mit Randfchrift „Drei Einhalb Gulden. XV. Ein Pfund Fein" 200 Mk., Marienthaler von 1866 und 1871, sowie Siegesthaler von 1871 je 5 Mk., Doppelthaler, Luitpoldbrücke 1890 und „Armeedenkmal" 1892 je 11 Mark. — IV. Hohenzollern-Sigmaringen. Doppelthaler von 1851 kosten 42 Mk, von 1870 40 Mk. Carl Anton Gold. Medaille daus „ woran ti", ohne Jahr, Kopf