Amtsblatt für die Skaöt Wil'dbaü,
,enerat - Anzeiger für Mldbad und .Umgebung.
Erscheint Dienstag, Donnerstag n. Samstag.
Der Abonnements-Preis beträgt incl. dem jeden Samstag beigegebenen Jllnstr.Sonntagsblatt für Wildbad vierteljährlich 1 10 ^, monatlich
4L Pfg; durch die Post bezogen im Oberamts- Bezirk 1 30 auswärts 1 ^!k 45 Be
stellungen nehmen alle Postämter entgegen.
Der Annoncenvreis beträgt für die einspaltige Zeile oder deren Raum 10 Pfg-, Reklamezeile 15 Pfennig. Anzeigen müssen spätestens den Tag zuvor morgens 9 Uhr aufgegeben werden. Bei WiederholungenentsprechenderRabatt. — Stehende Anzeigen nach Uebereinkunft. — Anonyme Einsendungen werden nicht berücksichtigt.
Nr. 102.
Dienstag, 30. August 1898.
34. Jahrgang.
Rundschau.
— Die erste theologische Dienstprüfung hat u. A. mit Erfolg erstanden und ist zur Versehung von Pfarrgehilfendien- sten für befähigt erklärt worden: Paul Langbein, Enzklösterle.
Stuttgart, 25. Aug. Bei Lai- chingen auf der Alb wurden gestern abend 7 Personen, die unter einein Baume Schutz gesucht hatten, vom Blitze getroffen. Eine ist tot, die Anderen sind schwer, teilweise hoffnungslos verletzt.
^ — Die seit einigen Monaten bei dem
Stadtpolizeiamt Stuttgart errichtete Stelle für Körpermessung von Unter- suchnngs- und Strafgefangenen nach dem Bertillon'schen System ist ganz nach dem bei dem Berliner Polizeipräsidium bestehenden Einrichtungen organisiert. Gebühren für die Messungen werden nicht erhoben, nur der Verpflegungsaufwand für die zu messenden Gefangenen, sowie außerordentliche Kosten für deren Bewachung sind von der Behörde zu ersetzen, welche die Messung veranlaßt hat.
— Gestern Vormittag war auf der Veranda des 1. Stocks eines Hauses der Neuen Brücke ein Zimmermädchen mit Bügeln beschäftigt. Um die Glut im Kohlenbügeleisen zu fördern, goß dasselbe aus einer Blechflasche Spiritus zu, wodurch die Flasche explodierte und die Kleider des Mädchens in Brand gerieten. Das Mädchen erhielt schwere Brandwunden, so daß an ihrem Aufkommen gezweifen wird. Die Hauptfeuerwache wurde alarmiert und Branddirektor Ja- koby leistete dem Mädchen die erste Hilfe, Ein Quantum Scheiterholz welches unter der Veranda gelagert war, wurde von dem brennenden Spiritus entzündet. Das Feuer war bald gelöscht.
Stuttgart, 24. Aug. Entschieden Pech hatte ein hiesiger junger Mann, welcher sich vor wenigen Wochen ein Fahrrad kaufte. Bei der Bezahlung desselben beging er die Unvorsichtigkeit, den Kaufpreis mittelst Einlage von Papiergeld in einem eingeschriebenen Brief durch die Staatspost zu versenden. Der Brief kam bei der Post abhanden und der Radfahrer hatte hiedurch einen bedeutenden Verlust, insofern er den Kaufpreis nochmals zu erlegen hatte und die Post für die abhanden gekommene erstmalige Sendung nur eine geringe Entschädigung (42 Mk.) leistete. Nachdem eine Beschädigung des Rades, die es bei einer kürz- lichen Ausfahrt durch dritte Person er
litten hatte, wieder vollständig beseitigt war, wnrde das Rad durch Ueberlistung deK 13 Jahre alten Sohnes des Wohnungsgebers des Radfahrers am letzten Montag vormittags 11V- Uhr von einem Gauner gestohlen. Der Dieb drang nämlich bei dem Wohnungsgeber des Radfahrer während des Letzteren Abwesenheit ein, gab dem die Glasthüre öffnenden Sohne gegenüber vor, er sei ein guter Bekannter des Mietsherrn und bitte ihm dessen Fahrrad zu zeigen, da er wegen des Kaufs des Rades in Unterhandlung stehe. Der ahnungslose Sohn des Wohnungsgebers willfahrte dieser Bitte und stellte auch dem weiteren Wunsche des Eindringlings, das Rad auf der Straße probiren zu dürfen, kein Hindernis in den Weg. Als der Gauner mit dem Rade auf der Straße angelangt war, setzte er sich auf dasselbe, fuhr davon und ist bis jetzt nicht wiedergekehrt. Das gestohlene Rad trägt die Marke Nekarsulmer „Pfeil", die Fabriknummer 20778 und die Polizeinummer 3568.
Stuttgart, 22. Aug. Zu der Menge von Hotels in der Umgebung des Bahnhofs kommt jetzt noch ein weiteres, nämlich ein jüdisches. Die Unternehmer haben zu diesem Zweck den größten Teil des Hauses in der Friedrichstraße, in welchem sich früher das Hotel Krauß befand, für die Summe von 12000 Mark gemietet.
Heilbronn, 22. Aug. Der Postsekretär Wilhelm Rall von hier, ein „eingefleischter" Vegetarianer und Jmpfge- gner, war vom Schöffengericht Heilbroun wegen zweier Verfehlungen gegen das Jmpfgesetz zu einer Geldstrafe von zehn Mark verurteilt worden. Rall, der wegen Jmpfweigerung schon zweimal be- straft worden ist, legte Berufung ein, indem er sich auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts in Frankfurt berief, wonach eine mehrmalige Bestrafung eines Jmpfgegners nicht zulässig ist. Die Strafkammer Heilbronn schloß sich in ihrer heutigen Sitzung jedoch der Auffassung des Oberlandesgerichts in Stuttgart an, das die Berechtigung der Bestrafung einer jeden neuen Verfehlung anerkennt; es verwarf somit die Berufung.
Tübingen, 26. Aug. Auch die Ferienstille bringt Abwechslung. Ein hiesiger, sehr kräftiger Wirt, der sich gegenüber mehreren Gästen in etwas derben Worten ausdrückte, erhielt in seiner Wirtschaft eine Prügelsuppe, die ihm Nie
mand abnehmen wird und er selbst genötigt ist, einige Tage das Bett zu hüten. Der Manu, der sonst stets Hammer zu sein pflegt, ist diesmal an die richtige Adresse gekommen und Ambos geworden.
Achern, 26. Aug. Die offizielle Eröffnung der neuerbauten Bahnstrecke Achern-Kappelrodek-Otrenhöfen (am Fuße der Hornisgrinde -Ruhstein-Allerheiligen findet am 1. Sept d. I. statt.
Calw, 26. Aug. Ein eigener Fall einer zweiten Eheschließung fand gestern in Altbulach statt. Vor 3 Jahren verheiratete sich der Sohn des Schultheißen in Teinach und zwar fungierte als Standesbeamter ein Gemeinderat. Dieser war aber als Standesbeamter nicht vereidigt worden und damit wurde die Ehe als ungesetzlich erklärt. Bei dieser Sachlage konnte das schon mit Kindern gesegnete Ehepaar nichts anderes thun, als eine nochmalige Trauung zu beantragen.
Ellwangen, 26. Aug. Der Wirt Georg Joas von Unterriffingen, der wegen Mords zum Tode verurteilt wurde, ist zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigt worden.
AusBaden, 26. Aug. Ein grelles Spiegelbild hält der aus der sozialdemokratischen Partei halb und halb hinausbeförderte sozialdemokratische Stadtrat Roller in Pforzheim den Genossen vor. Roller hat bekanntlich in einem Akrostichon eine mildere und gerechtere Auffassung der staatsmännischen Thätigkeit des Fürsten Bismarck bekundet, als wie sie den Genossen „von oben" herunter anbefohlen wurde, und sich dadurch eines schweren Staatsverbrechens schuldig gemacht. Die badischen Sozialdemokraten sind überhaupt sofort mit der Maßregelung bei der Hand, wenn sich ein Genosse ein freies, parteiamtlich nicht approbiertes Wort erlaubt. Verschiedene Vorkommnisse in den letzten Jahren sind hiefür klassische Belege. Sehr: richtig sagt nun Roller in einer längeren Entgegnung auf den ihn verdammenden Artikel des „Offenb. Volksfr.": „Wenn auf diese Weise über Parteigenossen hergefallen wird, die sich erlauben, eine abweichende Meinung über die Errungenschaften unseres Gegners Bismarck zu haben und öffentlich zu bekunden, dann haben wir nicht mehr nötig, über Bismarck und seine Gewaltpolitik zu schimpfen, da wäre er ja noch der reinste Friedensapostel gewesen. Fahren Sie nur fort, und falle denkenden und friedliebenden Menschen werden sich von Ihnen ab-