AwLsbtotL für öie Stadt Wit'dbad

Keneral- Anzeiger für Wildbad und Umgebung.

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Dir. SS.

Dienstag, 23. August 1868.

34. Jahr-gang.

R undichau.

— Seine Majestät der König hat die erledigte Hauptlehrstelle an Klasse II der Realanstalt in Reutlingen dem Kollabo­rator Offner an der Realschule in Wild­bad unter Verleihung des Titels eines' Reallehrers übertragen.

Stuttgart, 19. Aug. Dis König!. Majestäten mit Prinzessin Pauline treffen am 3. September von Seefeld kommend wieder hier ein und wird das Hoflager bis kurz vor der Vermählung der Prin­zessin Pauline in Marienwahl verbleiben.

Stuttgart, 19. Aug. Vor einigen Tagen ging durch viele Blätter die Nach­richt, daß der in Ludwigsburg garniso- nierende Ulan Vögele, gebürtig aus Korn­westheim, infolge erlittener Mißhandlungen seitens eines Unteroffiziers in den Tod getrieben worden sei. Dieser Nachricht auf dem Fuße folgte die weitere, daß der bereits der Erde übergebene Leichnam des Mißhandelten auf Antrag seiner Ange­hörigen, welchen ein vielgenannter Stutt­garter Rechtsanwalt zur Seite steht, wieder ausgegraben werde, um den Thatbestand gerichtlich festzustellen. Die Ausgrabung ist erfolgt und hat nach einer in Ludwigs­burg und Stuttgart verbreiteten und hart­näckig festgehaltenen Lesart, die auch in Militärkreisen erzählt und als richtig be­zeichnet wird, das Ergebnis gehabt, daß Vögele thatsächlich infolge von Mißhand­lungen gestorben und dann erst von dritter Hand aufgehängt worden sei, um den Glauben zu erwecken, als habe er selbst Hand an sich gelegt. Man erzählt weiter, daß ein Unteroffizier ein Geständnis ab­gelegt habe. Der Schilderung dieses Her- gangs wird die Mitteilung beigefügt, daß höhererseits die allerstrengste Untersuchung angeordnet sei.

Calw, 20. Aug. Die Nagold hat gestern Abend hier ein Opfer gefordert. Ein des Schwimmens unkundiger Schrei- nergeselle von 20 Jahren scheint in eine Untiefe geraten zu sein und ertrank. Der Verunglückte hätte diesen Herbst zum Militär einrücken sollen.

Nag vld, 17. Aug. Eine schreckliche Unglücksbotschaft durcheilte am heutigen Nachmittage unsere Stadt. Der lOjähr. Sohn von Rotgerber Wilhelm Mayer hier wollte einen leeren Leiterwagen auf die „Insel führen. Bei der Begegnung des Gefährts mit einem andern wurde das Pferd scheu und raste davon. Ter Knabe,welcher das Pferd am Zügel führte,

wollte das Pferd nicht los lassen und fiel in der Nähe der Ankerbrücke so un­glücklich unter das Pferd und Wagen, daß ihm die Räder über den Hals gingen. Er war alsbald eine Leiche. Allgemeine, aufrichtige Teilnahme wendet sich den schwergeprüften Eltern zu, die vor Kur­zem ein liebliches Töchterchen auch durch einen Unglücksfall verloren haben.

Altensteig, 18. Aug. Durch eine bis jetzt unaufgeklärte Ursache brannte heute nacht in Fünfbronn das Gasthaus zur Sonne nieder.

— Vor einigen Tagen hat die 1895 begonnene Einlegung eines stärkeren bes­seren Oberbaus auf der freien Bahn der Hauptbahnstrecke Mühlacker-Ulm ihren vorläufigen Abschluß erhalten. Im Ganzen wurden umgebaut 225 Kilometer. Die Kosten haben sich einschließlich der Be­schaffung der neuen Oberbaumaterialien auf etwa 7 Mill. M. belaufen. Mit der Auswechslung der Schienen und Schwellen gingen eine durchgreifende Erneuerung der Gleisbettung, Erbreiterungen und Ent­wässerungen des Bahnplanums, Umbauten und Verstärkungen kleinerer Brücken Hand in Hand.

Bracken heim, 19. Aug. Im hies. Bezirkskrankenhause wurde eine merkwür­dige Operation vorgenommen. Ein 62- jähriger Mann aus Schwaigern, der schon längere Zeit über Schwerhörigkeit im linken Ohr, verbunden mit Schmerzen, geklagt hatte, erkrankte an Gehirnentzün­dung. Da der Arzt im linken Ohr einen Fremdkörper wahrnahm, wurde eine Ope­ration vorgenommen, bei der überraschen­derweise eine 6 Centimeter lange Messer­klinge zum Vorschein kam. Der Mann war mit 17 Jahren ins Gesicht gestochen worden und hatte unbewußt die abge­brochene Klinge 45 Jahre lang im Kops gehabt.

Pforzheim, 19. Aug. Die Sozial­demokraten haben, wie die B. L.-Z. be­richtet, den Stadtrat Roller in die Acht erklärt, und zwar weil er in einem Ge­dicht Trauer beim Tode des Fürsten Bis­marck bekundet hatte. Roller war bei der letzten Landtagswahl sozialistischerKandidat im Wahlkreise Pforzheim-Land.

Karlsruhe, 19. Aug. Auf der großen Rennwiese zu Iffezheim wurde heute das Badener Jubiläumsmeeting ein­geleitet. Beim ersten Rennen (Preis von der Donau, 3000 Mk. Distanz 1600 Meter- liefen 8 Pferde. Bald nach Ver­lassen des Sarts arbeitete sich Herrn

Balduins „Jnos" an die Spitze nnd ging als erste durchs Ziel. „Jnos" Sieg über­raschte allgemein. Eine noch größere Ueberraschung brachte das zweite Rennen (Preis von der Favorit 3 000 Mk. Di­stanz 1400 m.l, in dem 9 Pferde am Start erschienen. Ein Outsider, Freiherr v- Hartogensis „Hahnebut" setzte sich so­fort au die Spitze nnd behielt die Führ­ung bis zum Schluß. Im OosHandicap starteten 13 Pferde. Eine lange Strecke hindurch blieb das Feld geschlossen; end­lich drängten sich die beiden Favorits, Herr v. Oertzen's „Lamoral,, und Herrn Balduins „Lockvogel" vor, mit ihnen aber auch der von den Glücksjägern am To­talisator weniger beachtete „Vogelfänger" des Fürsten Hohenlohe-Oehringen, dem schließlich nach hartem Kampfe der Sieg wurde, während sich „Lockvogel" mit dem zweiten und der ausgesprochene Favorit des Tages „Lamoral", mit dem dritten Platz begnügen mußte. Das vierte, mit dem Prei^ von Iffezheim (80000 Mark, Distanz 2400 Meter, ausgestattete Ren­nen wurde nur von 3 Pferden bestritten. Das Interesse der Zuschauer war auf's höchste gespannt, als bekannt wurde, daß ein Oesterreicher, ein Franzose und ein Deutscher ihre Kräfte messen. Ausgesproche­ner Favorit war der Oestreicher, Wiener von Weltens „Maikönig"; als dessen ge­fährlichster Gegner galt der Franzose Mons. I. Hirschfelds „Bigondis" ; erst in dritter Linie kam Frh. v. Fürstenbergs „Nicosia" in Betracht. Lauter Jubel brach los, als wider alles Erwarten „Nicosia", die vom Start an die Führung hatte, als erste durchs Ziel ging. Noch in der letzten Sekunde machte „Maikönig" den Sieg streitig, konnte sich jedoch nur von der letzten Stelle zur zweiten aufschwingen, die ihm der Franzose nach hartnäckigem Kampf einräumen mußte. Im Jugend- Handicap 4000 Mk.) siegte leicht mit 3 Längen Fürst Hohenlohe Oehringens „Xy­lidin". Einen glänzenden Abschluß fand der Tag durch das alte Badener Jagd­rennen (10000 Mk.) „Handy-Anody, der schon im vorigen Jahr dieses schwierigste aller Rennen mit Leichtigkeit gewann, zeigte sich auch heute wieder in gewohn­ter Frische. Vom Start an lief der braune Wallach die große an Hindernissen über­aus reiche Strecke mit einer solchen Bra­vour, daß die beiden Konkurrenten, Hni. Eriks „Woodrose" und Hru. I. Müllers „Bavarian" um ungezählte Laugen zurück­blieben. Die heutigen Rennen verliefen