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Drei Pfingsten.
Eine Pfingstgeschichte von Max Stempel. tNachdrnck vsrboten.1
Der Pfingstsamstag war mit einer Flut goldigen Sonnenscheins über die rauchgeschwärzte Millionenstadt mit ihren tausend und abertausend steinernen Mietskasernen hereingebrochen und trug einen Schimmer von Frohsinn und Festfreude bis in die entlegensten und finstersten Höfe, bis in die verborgensten Höhlen und Schlupfwinkel der Armen hinein. Auf den Straßen schrie und lärmte, plauderte und lachte man lustig durcheinander. Hochbeladene Wagen, die unter der Ueberfülle zartgrüner Birkenzweige fast verschwanden, rumpelten langsam über die Fahrdämme dahin und hielten von Thür zu Thür an, um der herzuströmenden Menge bequeme Gelegenheit zu gemächlicher Auswahl zu bieten.
„Maien, kauft grüne, grüne Maien!" klang es laut und mit Heller Kinderftimme von einem bis fast zum Brechen beladenen Handwägelchen her. Der Lockruf ging von einem schmächtigen kaum zwölfjährigen Knäblein aus, das ziemlich selbstbewußt neben einem der Hinterräder sich aufgepflanzt hatte. Bald war es von einer Schaar kauflustiger Frauen und Mädchen umringt, die eifrig auf den putzigen kleinen Kerl einsprachen und mit lächelnder, oft auch wohl etwas gönnerhafter Miene in Unterhaltung mit ihm traten. Aber der Knirps zeigte sich der schwierigen Aufgabe, allen Ansprüchen zu genügen und doch keinen Pfennig von dem geforderten Preise abzulassen, vollauf gewachsen. Sein Vorrath an Maien fand reißenden Absatz, so daß von der stattlichen Wagenladung bald nur noch einige dürftige Birkenreiser übrig blieben.
„Was sollen die kosten?" fragte ein freundlicher alter Herr mit schneeweißem Bart, der seit geraumer Zeit schon den Kleinen schmunzelnd beobachtet hatte. „Eine Mark?" fuhr er stirnrunzelnd und scheinbar unwillig fort. „Das ist mir zu teuer, mein Junge."
Der Kleine ordnete die Zweiglein behend za einem Riesenstrauß und pries zungenfertig ihre Vorzüge.
Nach lebhafteni Hin und Her warf der alte Herr plötzlich die Frage hin: „Gehören diese Maien eigentlich Dir oder wem sonst?"
„Ich verkaufe sie für Vätern", lautete prompt die Antwort.
„Warum verkauft denn dein Vat.r nicht selbst? Ist er krank?"
Geringschätzig verzogen sich die Mundwinkel des kleinen Burschen. Er deutete mit verächtlicher Handbewegung nach einem Bierkeller an der Ecke der Straße und sagte kurz: „Vater trinkt Schnaps."
„So, so," murmelte der Alte ver- ftändnitzvoll. „Und da vertrittst Du ihn unterdessen im Geschäft?"
Der Gefragte bestätigt das und erzählte altklug, daß Vater leider ein schlechter Geschäftsmann sei. Er schlage die Waare zu Schleuderpreisen los; wenn er dann ein paar lumpige Groschen zusammen habe, vertrinke er sie gewöhnlich
in Schnaps. Dabei könne man denn natürlich nichts profitiren.
„Du möchtest wohl gerne viel Geld verdienen, mein Junge?" meinte der Alte lachend.
Des Kindes Augen begannen zu leuchten. „O ja — viel, viel Geld möcht' ich verdienen; gewiß. Schon Muttchens wegen."
„Du hast eine Mutter?"
„Ach lieber Herr, sie ist so gut! Und wir lebten so glücklich, bevor wir hierher in die Stadt zogen. Mütterchen weint oft den ganzen Tag.
„Wo wohnst Du denn, mein Sohn, und wie heißt Du?" erkundigte sich der Andere teilnehmend weiter.
„Ich heiße Paul Richter, Herr. Wir wohnen in der Blumenstraße Nummer achtzehn im Keller. Mütterchen hat dort ein Grüngramgeschäft. Früher auf dem Dorfe, wohnten wir viel schöner. Da hatten wir ein Häuschen und Aecker und Wiesen. Die sind aber verkauft worden, weil der Vater immer so unmäßig trank. Nun muß ich natürlich Muttchen verdienen helfen. Hier, dieses Geld" — der Kleine zog vorsichtig ein ledernes Beutelchen aus der Tasche und schielte schon nach dem Bierkeller an der Ecke — „dieses Geld Hab' ich heute für Muttchen bei Seite gebracht. Davon kriegt Vater nichts ab. Er braucht ja nicht zu wissen, wie teuer ich heute die Maien verkaufte. Glück muß man haben!" lächelte er verschmitzt, und schob schon das Beutelchen wieder in die Tasche.
„Also deßhalb für die paar Ruthen eine Mark", sagte der Alte gerührt und griff nach den Maien. „Da hast Du Dein Geld mein Junge. Und hier — doch- verliere sie nicht — meine Adresse. Besuche mich morgen Vormittag gegen zehn. Wir werden dann weiter mit ein- ander ein Wörtchen reden."
Der Kleine nahm das goldgeränderte Kärtchen, das der Alte ihm gab, und nickte ernsthaft mit dem Kopfe. „Ich komme, lieber Herr!" sagte er einfach und bot dem neuen Gönner treuherzig die schmale Patschhand. (Forts, folgt.)
Vermischtes
— Die Arbeitsleistung unserer Dampfmaschinen steht in gar keinem Verhältnis zu dem Verbrauch an Heizmaterial. Nur den zehnten Teil der in der Kohle vorhandenen Wärmemenge verwandelt die gewöhnliche Dampfmaschine in nutzbare Arbeit. Kleine Maschinen unter 50 Pferdestärken vermögen nicht mehr als fünf bis sechs Prozent zur Wirkung zu bringen. Um dieser Verschwendung, die unsere Kohlenvorräte immer rascher der Erschöpfung zuführt, Einhalt zu thun, wurden schon allerorts die größten Anstrengungen gemacht. Anch der Ingenieur Diesel beschäftigte sich mit dieser Aufgabe und es ist ihm nach mehr als zehnjähriger mühevoller theoretischer und praktischer Arbeit gelungen, eine Maschine herzustellen, die zu den höchsten Erwartungen berechtigt. Das Prinzip der nun fertigen und erprobten Maschine, zu deren Bau dem Erfinder von den bedeutendsten Fabriken die Mittel zur Verfügung gestellt wurden, besteht darin, daß dem Arbeitscylinder Luft, auf 35 Atmosphären zusammenge- preßt, zugeführt wird. Durch diese Pressung erhitzt sich die Luft und in diese
heiße Luft wird durch eine höchst sinnvolle Vorrichtung das Brennmaterial gebracht, das sofort verbrennt. Es entsteht sogleich die höchste Verbrennungswärme, die sich in Arbeit umwandelt, indem sie den Kolben des Cylinders in Beivegung setzt. Als Brennmaterial kann Petroleum, Gas oder Kohlenstaub verwendet werden, Der Bedarf hiervon ist so gering, daß sich die Pferdekraft auf nur 2 Pfg. stellt. Dabei ist der Gang geräuschlos u. regelmäßig ; sie reguliert mit der erstaunlichsten Genauigkeit, was sie namentlich auch für Straßenwagen geeignet macht, womit in Nürnberg der Anfang gemacht werden soll. Dem Kleinbetrieb liefert sie eine praktische, sichere Kraft, die imstande ist, der großindustriellen Centralisation, die immer mehr um sich greift, Einhalt zu gebieten und die Selbständigkeit des Kleingewerbes zu wahren. Die erste große Schiffsmaschine nach Diesels Patent wird die große Maschinenbauanstalt von H. Paucksch in Landsberg a.W. erstellen. Krupp in Essen, die Maschinenfabrik Augsburg und das Grusonwerk in Magdeburg-Buckau haben den Bau großer Diesel-Motoren übernommen.
(Das Streichholz der Zukunft'.) Da täglich das Holz zur Herstellung der Streichhölzer immer teurer und seltener wird, so hat man angefangen, die Zündhölzer aus Papier anzufertigen. Die neuen „Schweden" sind viel billiger als solche aus Holz und wiegen bedeutend leichter, was für den Export sehr in's Gewicht fällt. Die Stäbchen bestehen aus gerolltem Papier, das in eine Lösung von Wachs, Stearin und ähnlichen Substanzen getaucht wird. Ihre Herstellung ist äußerst einfach; die Maschine formt sie in lange dünne Röhrchen, und eine automatische Vorrichtung schneidet sie sofort in die gewünschte Länge. Hierauf erhalten sie ganz wie die jetzigen Streichhölzer die üblichen Köpfchen.
— Der Fernseher soll bekanntlich auf der Pariser Ausstellung zum ersten Male vorgeführt werden. Als Gegenstand wird man vermutlich den Badestrand von Trouville wählen, den der Apparat in voller, lebendiger Bewegung — nicht etwa kinematographisch, sondern durch Lichtwellenübertragung direkt gesehen — den Besuchern der Ausstellung vorführen soll.
(Doppelsinnig.) Sie: „Hast Du schon gehört, die Tochter der Frau Geheimrätin hat sich im Bade verlobt!" — Er: „Das habe ich mir gleich gedacht, daß die mit ihrer Tochter eine Er—hol- ungsreise macht!"
Gemeinnütziges.
(Einfache und sichere Art Eier aufzubewahren.) Um Eier für den Winter aufzuheben, hänge ich dieselben in einem Netz 5 Sekunden in brausend kochendes Wasser, welches nicht aus dem Kochen kommen darf; auch dürfen nicht zu viele Eier auf einmal genommen werden. Durch die Hitze wird das Häutchen der Eierschale luftdicht, und das Verderben ist dadurch ausgeschlossen. Ich bewahrte zur Probe einige Eier zwei Jahre auf und konnte das Weiße derselben zu Schnee schlagen. Die Eier lege ich lagenweise mit Häcksel bedeckt, in eine kleine Kiste in meine Vorratskammer.