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Nr.
SS.
SarnsLcrg, 21. Mai 1898.
34. Icrhvgcrng.
Rundschau.
Stuttgart, 17. Mai. (Landtag.) Bei der heutigen Debatte über das Wasserrechtsgesetz erklärte Ber. Erst. Nieder betr. der Flößerei, daß eiue baldige Aufhebung derselben mit Bestimmtheit in Aussicht genommen werden dürfe. Auch der Schiffbarmachung des Neckars von Eßlingen bis Mannheim ist kein gutes Prognostikon gestellt worden, insofern der Minister des Innern glaubt, daß nicht einmal die Betriebskosten gedeckt würden. Die Pflege der Fischerei fand nur in dem Vizepräsidenten des Hauses einen Fürsprecher, während Herr Bueble von Tettnang, sie eine bloße Spielerei nannte.
— Unmittelbar darauf, als am Samstag nachmittag im Abgeordnetenhause die Entscheidung über den Initiativantrag des Zentrums gefallen war, soll wie man in gut unterrichteten Kreisen wissen will, ein Telegramm nach Rom abgegangen sein, zu dessen abtelegraphieren der Telegraphenbeamte beiläufig zwei Stunden gebraucht haben soll.
— Aus dem 7. W. Kr. Herrenberg- Nagold-Calw-Neuenbürg wird berichtet: Nachdem vom Wahlausschuß für Prof. Hieber die sog. Vermittlungskandidatur Ehmann abgelehnt worden ist, wurde von der konservativen Partei und dem Bund der Landwirte gemäß den Beschlüssen der konservativen Vertrauensmänuerver- sammlungen in Herrenberg und Nagold am 5. bezw. 8. Mai Landtagsabgeordneter Schrempf in Stuttgart als Kandidat für den 7. W. K. aufgestellt. Derselbe hat die Kandidatur angenommen.
Tübingen, 18. Mai. Ueber die ehemals als „schlafendes Mädchen" be- zeichnete kleine Patientin aus Neudingen, welche seit längerer Zeit in der hiesigen medizinischen Klinik behandelt wurde, wird der „Tübinger Chronik" mitgeteilt, daß sie gestern ihrem Vater nach Hause mit- gegeben werden konnte. Sie darf als wiederhergestellt bezeichnet werden. Körperlich ist sie sehr gut gediehen; nach Aussage des Vaters hat sie auch vor ihrer Erkrankung nie so kräftig und gesund ausgeseheu. Die nervöse Veranlagung bleibt aber zunächst noch bestehen und Rückfälle in früherer oder späterer Zeit sind nicht ausgeschlossen. Der Vater erhielt deshalb den Rat, die Kranke sofort wieder in die Klinik zu bringen, wenn nicht alles gut bleiben sollte.
Emmendingen, 17. Mai. Zwei
Verwaltungsratsmitglieder des Kriegervereines begaben sich mit dem Vorstände nach Gundelfingen, um dem Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika, Hrn. Mas. Leutwein, ihre Aufwartung zu machen. Die Unterhaltung hiebei bewegte sich hauptsächlich auf kriegerischem Boden. Major Leutwein sagte u. A. eine ausgezeichnete Schule für die Truppenführer sei der Dienst in Afrika. Hier werde der unruhigste und aufgeregteste Mann kalt wie ein alter Kondottiere; er habe dies an sich selbst erfahren. Auf ein anderes Gebiet übergehend, bemerkte er: „Ich suche hier keine Erholung; mein Aufenthalt in der Heimat ist nur der Arbeit gewidmet und welcher Art diese Arbeit zum Teil ist, da sehen Sie — auf einen Stoß vor ihm liegender Briefe zeigend — hier. Diese Briefe muß ich alle noch beantworten. Sie stammen sanimt und sonders von jungen Damen die ich mitnehmen soll nach Afrika. Ich würde es als galanter Mann ja so gerne thun, wenn ich das Geld dazu hätte."
Pforzheim, 16. Mai. Ein gewisser Jürgensen, wohnhaft in Koblenz, kündigt in einer großen Zahl von Blättern sein „Heilverfahren" gegen offene Beinschäden, Krampfader-Geschwüre und Hautkrankheiten Flechten rc. an. Seine Mittel bestehen, wie die Untersuchung ergeben hat, aus gewöhnlichen Salben (Zinksalbe, Pflastern und Kräutern, die ohne ärzt- liehe Verordnung Jedermann im Handverkauf in den Apotheken bekommen kann und die allgemein bekannt sind. Die Preise, die der Kurpfuscher dafür verlangt (8 Mark) stehen zu dem wirklichen Werte der Mittel in gar keinem Verhältnis. Es sei deshalb vor dem gemeingefährlichen Treiben des Jürgensen öffentlich gewarnt. (Pf. B.)
Ludwigshafen a. Rh., 15. Mai. Da das amerikanische Prisengericht zu Key-West die Ladung des dort einge- brachten spanischen Kauffarteischiffes Buena Ventura bis zur Stunde noch nicht freigegeben hat, ließ die Mannheimer Firma dieser Tage durch Vermittlung der Handelskammer den aus einer Pitchpinesendung bestehenden Inhalt des Schiffes bei der amerikanischen Regierung fordern. Insbesondere wird in dem Schreiben auch auf die Völkerrechtswidrigkeit der Kaperung des Schiffes vor der amtlichen Kriegserklärung hingewiesen.
Berlin, 17. Mai. Der Kaiser hat den in Neurönnebeck wohnenden Eltern
des in Kiautschou ermordeten Matrosen Schulze ein von ihm selbst entworfenes Gedenkblatt zugehen lassen. Das künstlerisch ausgeführte Blatt trägt am Schluffe den Bibelspruch Ev. Joh. 15. V. 13: „Niemand hat größere Liebe, denn die, daß er sein Leben lässet für seine Freunde." Der Sendung war vom Oberkommando der Marine in Berlin ein Schreiben beigefügt, das folgenden Wortlaut hat: „Auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers und Königs übersende ich Ihnen beifolgend ein Gedenkblatt zur Erinnerung an Ihren in China ermordeten Sohn, den Matrosen Johann Heinrich Schulze von der Besatzung Sr. Maj. Schiff „Kaiser." Der kommandirende Admiral."
— Der preußische Minister des Innern hat die Polizeibehörden aufgefordert, dem Mädchenhandel die größte Aufmerksamkeit zuzuwenden, um eine Unterdrückung und Verhinderung dieses schändlichen Treibens unter Benutzung aller gesetzlichen Mittel herbeizuführen. Hauptsächlich kommen junge Mädchen iu Betracht, die im Auslande unter trügerischen Vorspiegelungen angeworben und nach Deutschland gebracht werden, um von hier aus weiter verschickt zu werden. Die Behörden sollen vor allem Namen und Herkunft feststellen und über die Persönlichkeiten der Agenten oder Gesinde-Vermieter, sowie über die nähern Umstände in jedem zur Kenntnis gelangenden Falle Ermittlungen anstellen.
Wien, 18. Mai. Der Professor der Elektrotechnik an der technischen Hochschule in Brünn, Karl Zikler, erfand eine neue Art der drahtlosen Telegraphie, wobei statt der elektrischen Strahlen Lichtstrahlen zur Uebertragung der Zeichen verwendet werden und ein Auffangen des Telegramms nicht möglich ist.
Paris, 17. Mai. Bisher ist es der Polizei nicht gelungen, auch nur die geringste Spur von dem Dieb zu entdecken, der gestern aus dem Wagen der Paris- Lyoner Bahngesellschaft einen Sack mit Wertpapieren im Betrage von 500 000 Fr. gestohlen hat. Es verlautet, daß der Wert der gestohlenen Papiere sich in Wirklichkeit auf ungefähr 1 Million belaufe.
Cardenas (Nordküste von Kuba) 17. Mai. Als gestern eine mit 17 Mann besetzte amerik. Kriegsschaluppe aus den mit Torpedos belegten Gewässern hinaus fahren wollte, kam infolge eines falschen Manövers ein Torpedo zum Platzen. Alle 17 Mann kamen ums Leben.