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General-Anzeiger für D

Stadt Witöbad.

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Nr. 2.42.

Dienstag, 7. Dezember 18l 7

sich einverstanden, hat auch sonst keine erheblichen Bedenken. Ein sehr schlechter Dienst würde der Kirche erwiesen, wenn ihr zwar eine Verstärknng in der ersten Kammer bewilligt würde, diese aber beim Budgctrecht keine Stimme habe. Der Vor­schlag der Regierung läßt der zweiten Kammer die Entscheidung; er hoffe, daß dieselbe nicht durch Vorschläge, welche die Lebenskraft der ersten Kammer unter­grüben, die Annahme des Entwurfs un­möglich mache. (Die Regierung habe fer­ner nach reiflicher Ueberlegnng den Vor­schlag gemacht,dieStichwahlen abzuschaffen, weil sie die gesetzlichen Bestimmungen für unrichtig hält, und als Konsequenz der einzuführenden Proportionalwahlen. Abg. Sachs legt den Standpunkt der deutschen Partei dar. Mit der Entfernung der Pri­vilegierten aus der zweiten Kammer und mit den Oberamtswahlen ist dieselbe ein­verstanden, sie erhebt aber Widerspruch gegen die Belastung der Abgeordneten derguten Städte". Ferner ist sie gegen die Ersetzung der ausscheidenden Privi- legierten durch Abgeordnete der Kreise, weil sie der Ansicht ist, daß 77 Abgeord­nete für die Erledigung der Geschäfte des

Württemberg.

Gestorben: 3. Dez. zu Stuttgart Graf Oi". MI. Max v. Zeppelin, kgl.

Kammerherr, Hofmarschall I. K. H. der Prinzessin Auguste von Sachsen-Weimar- Eisenach; Ehrenritter des Ordens der württ.

Krone, 41 Jahre alt.

Stuttgart, 2. Dez. In der gestrigen Sitzung der Abgeordnetenkammer begann die Beratung des Gesetzentwurfs betr. die Verfassungsrevision. Ter Be­richterstatter Haußmann-Gerabronn gibt einen Ueberblick über die Geschichte der Verfassungsrevision und berichtet eingehend über die Kommissionsverhandlungen. Seit dem Jahre 1819, in dem die bisher be­stehende Verfassung entstanden sei, hätten sich die Verhältnisse bedeutend geändert.

Die Ritterschaft habe sich verringert, während die Bürgerschaft sich bedeutend vermehrt habe. Damals seien nach den territorialen Verhältnissen die Prälaten als Vertreter von Abteien und Probsteien berechtigt gewesen, unter den Vertretern der Bürgerschaft zu sitzen, heute sei das anders. Nach dem Ausscheiden der Pri­vilegierten sei eine Ergänzung der zweiten Kammer geboten und zwar müsse die­selbe erfolgen auf dem Wege des allge- Hauses genügen. Sie ist entschieden gegen meinen und direkten Wahlrechts. Redner das Proportionalwahlsystem und gegen empfiehlt zu diesem Zweck die Listenwahl.! den Fortbestand der Stichwahlen, ebenso

Zu der Zusammensetzung der ersten Kam mer bemerkt der Referent, es genüge eine Berufung von 6 statt 8 Vertretern der Ritterschaft: die Zahl der kirchlichen Ver­treter sei nicht zu beanstanden, wesentliche Bedenken herrschten auch nicht gegen die Berufung eines Vertreters der Universi­tät Tübingen und des Polytechnikums in Stuttgart. Bezüglich des Budgetrechts der zweiten Kammer sei zu bemerken, daß ein Bedürfnis für eine Aenderung desselben nicht vorliege. Der Berichter­statter kann sich in dieser Hinsicht mit den Vorschlägen des Entwurfs nicht be­freunden, ebensowenig mit der vorge- schlagenen Aufhebung der Stichwahlen. Ministerpräsident v. Mittnacht führt aus, daß die Kammer der Standesherren die Umgestaltung der zweiten Kammer in eine reine Volkskammer als eine tief- einschneidende Umänderung betrachte und auf der Forderung einer größeren Be­fugnis beim Budgetrecht beharre, andern­falls wohl das ganze Gesetz zu Fall komme. Mit dem Uebertritt von 8 ge­wählten und 10 lebenslänglich ernannten ritterschaftlichen Abgeordneten erklärt sie

gegen die Erweiterung des Budgetrechts der 1. Kammer. Bei der neuen Zusammen­stellung der l. Kammer sei eine stärkere Vertretung der Kirchen wünschenswert, v. Wöllwarth (Priv.) ist entschieden gegen den Entwurf. Er konstatiert bei der Re­gierung und der Deutschen Partei einen Zug nach links. Wenn einmal statt der Privilegierten 9 Sozialdemokraten im Hause sitzen würden, dann würden bei utks Zustände heraufbeschworen wie sie gegen­wärtig in Wien herrschen. Redner ist grundsätzlich gegen den Proporz. Zum Schluffe bemerkt er, die Privilerierten scheiden ohne Groll aus der 2. Kam­mer, möge ihr Scheiden dem Volke zum Wohle gereichen! Ministerpräsident von Mittnacht erklärt, die sich in der Ab-- schiedsrede des Frhrri. von Wöllwarth bemerkbar machende Stimmung wohl ver­stehen zir können. Die Regierung habe die Rechte der Privilegierten nach Mög­lichkeit berücksichtigt; aber die Wahlen von 1894 seien der deutliche Appell des Volkes an die Regierung gewesen, den Entwurf zur Vorlage zu bringen. Nieder-Ellwangen spricht im Namen des Zentrums. Die

33. Icrhvgarrg.

Beseitigung der Privilegierten sei für das Zentrum nach dem Beschlüsse des Hauses vom Jahre 1895 beschlossene Sache. Mit der Abschaffung der Vertreter derguten Städte" ist dasselbe nicht einverstanden. Dein Proporz stimmt das Zentrum zu. Die Prälaten und der Kanzler der Uni­versität wünscht das Zentrum in die 1 Kammer, nicht aber den Vertreter der Stuttgarter technischen Hochschule. Be­züglich der Frage des Budgetrechts 'der 1. Kammer wolle das Zentrum nicht ein kategorischesNein" aussprechen. Der Auf­hebung der Stichwahl treten die Zent- ! rnmsmitglieder nicht entgegen, obwohl sie die Gewichtigkeit der Gegengründe nicht erkennen. Prälat v. Linsenmann (kath.)

^ erklärt, der Bewegung für eine Verfassungs­revision Rechnung tragen zn wollen. Er gehe gnit schweren: Herzen. Er ist für >den Proporz und bittet seine politischen 'Freunde, bezüglich des Budgetrechts für ; den Entwurf einzutreten. Prälat v. Sand- ^ berger spricht sich dahin aus, daß er von ^ der schließlichen Zusammensetzung der 1.

; Kammer, sowie von den Beschlüssen, betr. das Budgetrecht, seine entgiltige Stellung.

' nähme abhängig machen werde. Zwei Vertreter der ev. Kirche sei nicht genügend. Er bittet, zum Gelingen des großen Werkes alles aufzubieten und, wenn nötig, das i Opfer der Beschränkung des Bndgetrechts der 2. Kammer zu bringen. Kanzler v. Weizsäcker ist im großen und ganzen für den Entwurf, bemängelt aber die Ab­schaffung der Stichwahl und die Belastung der besonderenVertreterdergutenStädte"; für die Erweiterung des Budgetrechts der 1. Kammer sei er uicht zu haben.

3. Dez. Prälat v. Schwarzkopf (fr. Vg.) spricht sich ablehnend gegen die Vorträge aus, ebenso Prälat v. Weit­brecht. Die Abschaffung der Stichwahlen, heiße er willkommen, dem Proporz gegen- über verhalte er sich indifferent und was die Zusammensetzung des andern Hauses anbelange, so dringe er dem Wunsche der Synode Entsprechend auf stärkere Ver­tretung der evangelischen Kirche. Minister­präsident Dr. Frhr. v. Mittnacht kritisiert die Haltung der deutschen Partei; er hält es nicht für wahrscheinlich, daß das hohe Haus mit der Herabsetzung der Mitglieder­zahl von 93 auf 77 einverstanden ist. Was den Vorschlag anbelangt, diegrößeren Städte über 10000 Einwohner als Ersatz für die Privelegierten heranznziehen so wäreesdoch besser diegntenStädteznbelassen