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zurück. Normann denunzierte übrigens Bebel des Meineids im Tausch-Prozeß, Bebel wurde vorgestern vom Staats­anwalt vernommen. Normann weilt in Zürich und renommiert, er werde auch Marschall des Meineids denunzieren; er prahlt mit seiner noch heute bestehenden Verbindung zu hohen Personen.

Berlin, 30. Sept. In der erneuten Verhandlung der Beleidigungsklage zwischen dem Pfarrer Witte und Stöcker erkannte heute das Landgericht II Berlin auf Aufhebung des ersten Urteils, nach dem Stöcker wegen einfacher Beleidigung zu 500 Mk. Geldstrafe verurteilt worden war. Heute wurde Stöcker sreigesprochen. Die Kosten des Verfahrens, sowie die Stöcker erwachsenen notwendigen Auslagen wurden Witte auferlegt. In der Be­gründung des Stöcker freisprechenden Ur­teils heißt es, das Gericht halte es für nicht erwiesen, daß Stöcker den bekannten Brief an den Schneider Grüneberg ge­schrieben, dessen ganzes Auftreten höchst zweifelhaft sei. Wahrscheinlich sei, daß Frau Witte ein Opfer der Täuschung des Fälschers geworden sei. Stöcker habe sich objektiv zweier Beleidigungen schuldig gemacht. Das Gericht billige ihm aber in vollem Umfange den Schutz des tz 193 des Strafgesetzbuchs zu.

Berliu, 2. Okt. Von dem Zentral- Komite zur Unterstützung der Ueber- s chw em m ten in Deutschland wurden nach Württemberg 100 000 Mk. gesandt.

Breslau, 29. Sept. Die Kaiserin hat, derSchles. Ztg." zufolge, im Kreise Lauban als Beihilfe für unterstützungs­bedürftige Private nochmals 21000 Mk. überwiesen. Die Gesamtsumme der bisher von der Kaiserin gespendeten Gelder be­trägt 120 600 Mk.

Schönhausen, 28. Sept. Die Dank­sagung des Grafen Herbert Bismarck in denHamb. Nachr." lautet: Die freund­lichen Beglückwünschungen, durch die ich zur Geburt meines Sohnes erfreut worden bin, sind so zahlreich geworden, daß ich mich außer Stande sehe, den Versuch, sie im einzelnen zu beantworten, rechtzeitig durchzuführen. Ich erlaube mir daher, die Vermittlung der Prefse in Anspruch zn nehmen, um allen, die bei diesem Anlaß ihr Wohlwollen für den Namen Bismarck unter meiner Adresse zum Ausdruck ge­bracht haben, die Gefühle meines Herz-! lichsten Tankes für ihr liebenswürdiges. Gedenken auszusprechen. Graf Bismarck- ! Schönhausen. !

Sigmaringen, 28. Sept. Der die­sige Bahnhof-Restaurateur Gerncr und seine Frau wurden von der hiesigen Straf­kammer Hechingen zu je 400 M. und in die Kosten verurteilt, weil sie sog. Tropfbier und stehen gebliebene Bierreste aus der Restauration 2. Klasse in der Restauration der 3. Klaffe ausschenkten. In Gläsern stehen gebliebener Wein wurde in der Küche verwendet und Reste in Flaschen wieder verkauft. Der Staatsanwalt hatte' für den Ehemann 3 und für die Ehefrau " 2 Monate Gefängnis beantragt. >

Rom, 29. Sept. Die Agenzia Jta- liana will aus gutcr Quelle wissen, daß der Sultan beabsichtige, die Insel Kreta > an Deutschland abzutrcten, anstatt un­mittelbar die von den Mächten vorgeschla­gene Autonomie zu gewähren. Deutschland würde dann im Einverständnis mit den Mächten das Weitere ordnen.

Vermischtes.

Eine von dem Ingenieur Hoffmann erfundene Fernschreibmaschine ist gegenwärtig in Mannheim im Bureau der Heinrich Lauzschen Fabrik, auf Probe im Gebrauch. Zu ihrer Besichtigung waren dieser Tage eine Anzahl von Vertreter» der Großindustrie und der Presse einge­laden. Man kann die neue Erfindung als eine Verbindung der Schreibmaschine und des Telegrafen bezeichnen. Wer sie benützt, drückt mit dem Finger auf die Knöpfe, die die Buchstaben und Zahlen bezeichnen, und es läuft nun über ein Rad ein Streifen Papier heraus, auf dem die Schriftzeichen in Druckschrift stehen. Genau dieselben Schriftzeichen kommen nun, vom Telegrafen übermittelt, an der Empfangsstelle zum Vorschein. Die gro- ßen Vorteile liegen auf der Hand, wo es sich um die Meldung wichtiger, absolute Genauigkeit namentlich in Zahlen erfor­dernder Nachrichten handelt. Ein Fehler in der Uebertragung ist ausgeschlossen. Die Maschine kann ohne vorherige An­leitung und Hebung von Jedermamr be­nützt werden, der eine gewöhnliche Schreib­maschine zu handhaben versteht. An der Empfangsstelle arbeitet sie ganz von selbst, so daß auch ein abwesender Emp­fänger bei seiner Rückkehr die eingelaufenen Nachrichten vorfindet. Eine besondere Leitung ist nicht notwendig, da die Schreib­maschine an den Telefon- oder Telegrafen­draht angeschlossen werden kann. Die Zeit und Mühe für das Ausgeber: und Austragen der Telegramme fällt dabei weg. Hienach scheint es keine Frage zu sein, daß die Fernschreibmaschine berufen ist, im Großhandel, im Bankwesen, in der Industrie, im Eisenbahnverkehr bald eine große Rolle zu spielen.

Den Monat Oktober karakterisirt Falb wie folgt: Die erste Hälfte des Mo­nats karakterisirt sich durch Niederschläge, welche meist als Landregen auftreten. In der zweiten Mouatshälfte werden die Regen verhältnismäßig selten. Die Tem­peratur erreicht in der ersten Hälfte wieder­holt eine nahmhafte Höhe, während sie in der zweiten sich im Allgemeinen nahe am Mittel hält. Der 25. ist ein kritischer Tag erster Ordnung.

Aus Anlaß des bevorstehenden ! Herbstverkehrs werden die Interessenten j auf nachstehende Verfügungen der Ge-, neraldirektion der Staatseisenbahnen, aufmerksam gemacht: 1) Die Begleitung! von Weinsendungen in Wagenladungen durch die Versender, bezw. durch deren Leute ist allgemein zulässig. Diese Be-! gleitung ist auch zugelassen, wenn für ver«, schiedene zusammengeladene Einzelsen-! düngen ein gemeinschaftlicher Begleiter; gestellt werden will. Der Begleiter hat! zutreffendenfalls eine Fahrkarte 3. Klaffe zu lösen und Aufstellung im Innern des, Wagens, also nicht auf der Plattform zrü nehmen. 2) Tie Güterstellen sind an-, gewiesen, zur Vermeidung von Verwechs­lungen und Verschleppungen, nur solche leere und gefüllte Weinfässer zur Be­förderung anzunehmen, welche an einer der beiden Bodenseiten mit weißer Oel- farbe angestrichen sind. Es empfiehlt sich,' die zum Versandt kommenden Gebinde womöglich an beiden Bodenseiten mit dem vollständigen Namen zu versehen? 3) Im Interesse einer regelmäßigen und

raschen Abfertigung wird den Versendern von neuem Wem dringend empfohlen, jeder Auflieferung wenn thunlich, stets den Frachtbrief beizugeben oder die Güter- stellen bei der Anfuhr wenigstens mit einer Notiz zu versehen, aus welcher zu ent- nehmen ist, nach welcherRichtnng die Sen­dung bestimmt ist und ob solche als Einzel- oder als Wagenladungsgut Beförderung finden soll.

Große Reformen plant, wie eine Korrespondenz mitteilt, der neue Staats­sekretär des Reichspostamtes auf dem Ge­biete der Geflügelzucht. Er beabsichtigt nämlich, auf seinem in der Westpriegnitz belegenen Gute Dalmin die Aufzucht des Geflügels in großem Maßstabe nach gali- zischen Muster einznrichteu und auf diesem Wege nicht nur für die regelmäßige Aus­fuhr guter Eier zu sorgen, sondern auch durch die besonders organisirte Art der Verpachtung den sogenannten kleinen Leu­ten eine dauernde und verhältnismäßig lohnende Beschäftigung zu verschaffen. Eine ähnliche Organisation strebt Herr v. Podbielsli auf dem Gebiete der Obst­zucht an, indem er, ebenfalls nach dem oben erwähnten Muster, eine nach wissen­schaftlichen Grundsätzen geleitete Obst­bauinzucht im Großen anzulegen und sein besonderes Augenmerk auf die rationelle Verwertung der Früchte richten will, die bekanntlich gerade beim Obst von ganz besonderer Bedeutung ist. Durch Ver­edelung der einzelnen Obstsorten und durch planmäßige Bewirtschaftung des Gesammt- betriebes, gedenkt der Gutsherr, Werte, die sonst unbeachtet verloren gehen, zu retten und für die kleinen Landleute nutz­bar zu machen.

Falsche Zwanzigmarkstücke sind, wie aus Berlin berichtet wird, in letzter Zeit im Verkehr aufgetaucht. Tie Fäl­schungen sind den echten Münzen ziemlich gut nachgebildet und nur bei genauer Prüfung als Falsch zu erkennen. Sie haben das Gewicht der echten Münzen und sind aus einer Mischung von Kupfer und Blei mit starker Vergoldung hergestellt. Sie tragen das Bildnis Kaiser Wilhelm I., das Münzzeichen ^ und die Jahres­zahl 1883. Ein besonderes Kennzeichen besteht darin, daß der Kopf und die ober­sten Federn der Fänge des Adlers nicht so scharf, wie bei den echten Goldstücken ausgeprägt sind und sich von dem Unter­gründe nur wenig abheben.

Ein neues Schiffsmodell, voll­ständig abweichend von der bisher ge­bräuchlichen Form wird gegenwärtig von einem Amerikaner gebaut. Dasselbe ist walzenförmig und soll horizontal über die Wogen dahinrollen. In dem rotie­renden äußeren Zylinder hängt federnd in völliger Ruhelage, ohne Schwankungen und somit wie ein Asyl gegen die See­krankheit ein innerer Zylinder, der die Passagiere nnd Mannschaften aufnimmt. Licht und Luft werden seitlich zugeführt. Die schwimmende Rolle würde nur wenige Fuß tief einsinken und eine fabelhafte Geschwindigkeit entwickeln können. Das Modellschiff, das seiner Fertigstellung in kürzester Frist entgegensieht, ist nur 110 Fuß lang und mißt 22 Fuß im Durch­messer. Bewährt es sich, so strebt der Erfinder ein Riesenfahrzeug von 15000 Tonnen, 720 Fuß Länge und 150 Fuß Durchmesser an. Das Modell läuft 15