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Baden-Baden, 9. Septbr. Im hiesigen Friedrichsbad wurden im August 11071 Bäder abgegeben gegen 10032 im Vorjahr. Seit Beginn des Jahres betrug deren Anzahl 41202 (gegen 38557 im Jahre 1896). Die Heilgymnastik wurde im August von 119(114) und seit Januar von 631 (521) Personen besucht. Tie Massierungen beziffern sich seit Januar auf 913 (781). Dementsprechend stiegen die Einnahmen in dieser Zeit um 7267 Mk. und betrugen im Ganzen 80181 Mk. Das Kaiserin- Augusta-Bad (Frauenbad) verabreichte seit Eröffnung der Saison im April bis Ende August 16 625 Bäder (14 592).
Homburg v. d. H., 10. Sept. Vom Manöver wird gemeldet: Eine fingierte Westarmee (4. Armeekorps) geht von Cob- lenz, Neuwied und Bonn links der Bahn und durch den Westerwald in östlicher Richtung vor. Eine Westabteilung (zwei markierte Armeekorps) begleitet den Marsch der Armee aus dem rechten Flügel und geht von Mainz südlich des Taunus in östlicher Richtung vor. Eine Ostarmee (6. Armeekorps) rückt von Alsfeld und Fulda entgegen. Die Westabteilung beabsichtigt, auf der Linie Kloppenheim-Ros- bach aus dem westlichen User der Nidda dem Angriff des Feindes entgegenzutreten. Die Ostarmee unter der Führung des Kaisers wird mit zusammen 4 Armeekorps die feindliche Westabteilung angreifen. Das Kavalleriekorps (2 Divisionen) soll dem Feinde in die rechte Flanke und in den Rücken fallen. Die 4 Armeekorps der Ostarmee gingen über Friedberg, Karben und Velbel vor und griffen die auf den Höhen bei Obererlenbach stehende Westabteilung an. Das Armeekorps auf dem linken Flügel versuchte eine Umfassung des Feindes, wurde aber durch einen Vorstoß der Westabteiluug wieder gegen Vilbel zurückgedrängt. Nun befahl der Kaiser der Kavallerie, einzngreifen. Die gesamte Kavalleriemasse der Ostarmee (2 Divisionen) vollführte eine großartige Attacke gegen das Zentrum der Westarmee. Die Schützenlinien, die Reserven und die Artillerie wurden durchbrochen; der Feind mußte seine Stellung räumen, wobei ihn Kavallerie verfolgte. Ein Armeekorps rückte ebenfalls der zurückgeheuden Westabteilung nach. Auch auf dem rechten Flügel mußte sich diese noch vor Homburg zurückziehen. Die beiden Armeekorps auf dem rechten Flügel der Ostarmee verhinderten ein Entweichen des Feindes nach Norden zur dortigen Hauptarmee. Die Westabteilung wurde infolgedessen gegen den Taunus geworfen. Zum Schluß brachte ein nochmaliger Kavallerieangriff die letzten Bataillone, die bei Obererleubach Stand zu halten versuchten, zum Wanken. Dem Manöver wohnte auch heute die Kaiserin und die Königin von Italien, beide in einem Wagen bei, ebenso König Humbert, König Albert von Sachsen, Prinzregeut Luitpold u. a. an. Bald nach 12 Uhr verkündeten Signale die Beendigung der Hebung und somit den Schluß der Kaisermanöver.
Hanau, 10. Sept. Beim Kaisermanöver haben sich am gestrigen Tag, wie die Hanauer Zeitung zu berichten weiß, zwei schwere Unglücksfülle ereignet Zwei Artilleristen ertranken beim Durch reiten der hochgehenden Nidda und ein englischer General, welcher dem Manöver
als Zuschauer beiwohnte, ist vom Pferde, gestürzt und hat sich bedenklich verletzt. — Ferner wird gemeldet: Zwei bayrische Ulanen wurden tot aufgefunden', einer war von einer Lanze durchbohrt; ein anderer war vom Pferd gestürzt und hatte einen Genickbruch erlitten.
— Die diesjährigen Kaisermanöver, wiesen als charakteristischstes Moment die Teilnahme der bayrischen Armee auf, denn zum ersten Male seit dem Bestehen des deutschen Reiches waren hiebei die bayrischen Truppen gemeinsam mitpreußischen Truppen unter den Augen des obersten Kriegsherrn zum „Krieg im Frieden" vereinigt, wodurch zugleich die deutsche Eiuheit eine neue sichtbare Bekräftigung erfuhr. Noch niemals haben sich so zahlreiche Truppenverbände bei einem deutschen Manöver gegenübergestanden; die oberste Truppenleitung verfügte auf beiden Seiten über eine wirkliche Armee; die Hebungen boten also ein vollständiges Bild von im Ernstfall stattfindenden Operationen. Man kann den Bayern das ehrende Zeugnis ausstellen, daß sie sich bei den soeben beendigten hochinteressanten Waffenübungen ihren preußischen Kameraden vom 8. und 11. Armeekorps in jeder Beziehung als ebenbürtig gezeigt haben, im klebrigen ist auch durch die jüngsten Kaisermanöver wiederum erwiesen worden, daß die deutsche Armee in trefflichster Verfassung und vollkommen kriegstüchtig für jeden Fall ist.
Berlin, 10.Sept. Der Kaiser wird heute nachmittag von Homburg aus seine Reise nach Totis zu den ungarischen Manövern antreten. Die Kaiserin kehrt nach Potsdam zurück.
Berlin, 10. Sept. Der Liederkomponist Wilhelm Heiser ist gestern in Friedenau bei Berlin gestorben. Der Verstorbene ist 81 Jahre alt geworden. Er ist der Komponist des so populär gewordenen Liedes „Nur einmal blüht im Jahr der Mai". Auch das „Haidegrab", eine ebenfalls sehr volkstümlich gewordene Schöpfung, rührte von ihm her.
— Das „Berl. Tgbl." schreibt: Da der Einbruch in Juwelierladen durch den Plafond „zu dem nicht mehr ungewöhnlichen Wege" gehört, so haben mehrere Wiener Juweliere aus Anlaß des jüngsten derartigen Diebstahls in Karlsbad ihre Geschäftslokale durch Verkleidung der Plafonds mit Panzerplatten gegen solche unliebsame Heimsuchungen sichern lassen.
Aus Thüringen, 9. Septbr. Die Frauen in Römhild (Meiningen) haben beschlossen, den Kampf gegen die häßliche Mode, Vogelleichen ans den Hüten spazieren zu führen, aufzunehmen; sie haben sich verpflichtet, fernerhin keinen Vogelaufputz auf ihren Hüten zu dulden.
M e tz, 9. Sept. Im kaiserlichen Schloß Urville sind umfangreiche Reparatur- und Erweiterungsarbeiten im Gange, deren Kosten auf rund 700000 M. veranschlagt sind. Inbegriffen sind darin die Kosten snr ein kleines, für die kaiserlichen Prinzen bestimmtes Schlößchen und diejenigen für die Erweiterung der Stallungen. Die kaiserliche Besitzung kostet nunmehr mit Einschluß der obigen Summe annähernd 2 Will. Mark.
Wien, 10. Sept. Die N. Fr. Pr. meldet aus Olmütz: In der Hohenstädter Brauerei von Wilhelm Braß u. Co. fand heute früh eine große Kesselexplosion statt,
bei der 11 Personen getötet und rliele verwundet wurden.
— Die Ueberreste des Paris e r Bazarbrandes, etwa 300 auf der Brandstätte gefundene Gegenstände aller Art — die bisher von ihren Eigentümern noch nicht reklamirt worden sind, werden demnächst der Domünenverwaltung zum Verkauf überwiesen werden. Die 8000 oder l 0,000 Francs, die in der eisernen Kasse des Bazars liegen, gehören dem Komitee, allein dieses wird die Ansprüche vor Gericht geltend machen müssen. Das auf der Brandstätte aufgelesene Geld, etwa 5000 Franks, wird gleichfalls der Domänen» Verwaltung übermittelt und von dieser mil dem Erlöse für die verkauften Gegenstände in der Casse des Depots hinterlegt, wo sie erst nach dreißig Jahren vom Staate beansprucht werden können.
Hac leton iu Pennsylvanien 11. Sept. Ausständige Arbeiter der Gruben bei Cole- rame befanden sich gestern auf dem Wege nach Lattimer, um auch die dortigen Arbeiter zum Ausstand zu veranlassen. Unterwegs wurden sie von dem Sheriff eingeholt und zum Auseinandergehen aufgefordert. Da dieser Aufforderung nicht Folge geleistet wurde, schossen die Beamten schwer auf die Arbeiter, obgleich diese unbewaffnet waren. Es wurden 22 Arbeiter getötet, 36 schwer und 40 leicht verwundet. Es werden internationale Schwierigkeiten befürchtet, da viele der Getöteten und Verwundeten Ausländer sind. Eine Versammlung von Bürgern beschloß, die gerichtliche Verfolgung des Sheriffs zu veranlassen.
Vermischtes.
— Der Prinz von Wales ist — wie die Zeitungen berichten — mit seinem Aufenthalte in Marienbad sehr zufrieden, weil er daselbst binnen 14 Tagen 5 Pfd. verloren habe. Noch viel zufriedener muß der Prinz in Monaco gewesen sein, wo er binnen weniger Stunden bis 1000 Pfd. zu verlieren im Stande war.
EinevernünftigeUntersuchung. Anton war der Sohn eines reichen Bauern und war nicht wenig stolz darauf. Eines Tages hatte er in der Schule eine Ohrfeige bekommen, und als er darob heulend nach Hause kam, geriet sein Vater heftig in Zorn. „Was?" schrie er, „der Lehrer wagt es, sich an meinem Kinde zu vergreisen? Meinen Sohn schlagen? Das soll ihm teuer zu stehen kommen; das Amt soll's ihn kosten! Komm her, mein Sohn, sogleich wollen wir zum Ortsvorsteher, der soll die Klage aufnehmen."— Eilig maschirten sie miteinander zum Vorsteher. Dieser, der den Anton sehr gut kannte und genau wußte, daß es bei ihm schade war um jeden Streich, der daneben siel, ließ sich die Sache vortragen, machte ein sehr ernstes Gesicht und sagte, die Sache muß sehr genau untersucht werden. Komm einmal her, mein Sohn! Hat er Dich wohl so hart geschlagen?" Und dabei strich er dem Anton über die Backe!
— „O nein viel härter", sagte dieser.
— „Dann wohl so hart?" fratzte jener weiter und gab dem Anton einen Backenstreich, den er wohl fühlen konnte. — Anton rieb sich die Backe: „O, noch härter."
— „Dann wohl so hart?" fragte jener weiter und gab ihm einen Streich, daß er in die Ecke flog. — „O nein, Herr Vorsteher, so hart doch nicht!" heulte