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versehen, durch die Straßen Karlsruhes. Niemand würde geahnt haben daß im Innern eine fidele Studentenschaft bei einem großen Faß Bier ihren Früh­schoppen aus eigene Art einnahm, wenn nicht dann und wann die Thüre zurück­geschoben worden wäre und man die Musensöhne, mit grünen Mützen im dich­testen Qualme sitzend, zechen sah.

Mühlhausen i. Thür., 12. Juli. Gestern früh 7 Uhr brach in dem Garn­lager der Baumwollsabrik von Gebrüder Buch Feuer aus. Der Schaden wird auf 2 000000 Mk. geschätzt.

Lörrach, 8. Juli. Heute nahmen zwei Handwerksburschen, die von Frei­burg kamen, bei Haltingen im Rhein ein Bad. Der eine der allzuerhitzt ins Was­ser trat, fiel in Ohnmacht und wurde von den Fluten fortgerisseu. Sein Ka­merad schwamm ihm nach, erwischte rhu, wurde aber von ihm so krampfhaft um­klammert, daß beide von der starken Strömung fortgerisseu wurden und er­tranken. Die Leichen sind noch nicht aufgefuuden, auch konnte die Identität der beiden noch nicht festgestellt werden.

Nürnberg, 12 Juli. Bei der gestrigen Preisverteiluug des Bnndes- schießens erhielt den Kaiserpreis auf der FeldfestscheibeDeutschland" Geber-Mün­chen , den Preis des Großherzogs von Baden auf FestscheibeMainz" Mann- Frankfurt a. M., den Preis des Kaisers von Oesterreich auf StaudfestscheibeBer­lin" Fabell-Neuwied, den Preis der Stadt Nürnberg Schallenhammer-München. Das Bundesschießen wurde mit einem Fest­bankett geschlossen.

Leipzig, 7. Juli. In unserem nicht menschenarmen Zeitalter dermillionste" zu sein, kann gelegentlich doch noch einmal etwas eintragen. Diese Erfahrung machte heute der Ahnungslose, der. mit dieser Nummerierung behaftet, der sächsisch­thüringischen Landesgewerbeausstellung einen Besuch abstatten wollte. Er wurde von der Ansstellungspolizei freundschaftlich sestgehalten und erhielt zum Andenken an diese glückliche Stunde eine goldene Uhr. Sein Vordermann und Nachmanu kamen mit se einer silbernen Uhr davon.

Kassel, 12. Juli. Die Eisenbahn- Betriebsiuspektion meldet: Der gestrige Eisenbahnunfall wurde dadurch herbeige­führt, daß dem Schnellzug 55 von Wil­helmshöhe die Durchfahrt gestattet wor­den war, obgleich die vorliegende Block­strecke noch gesperrt war. Schwer ver­wundet sind: 9 Soldaten nnd ein Arzt, todt: 8, leicht verwundet: 2 Postschaffner und der Lokomotivheizer. Die verwun­deten Soldaten wurden in das Garnison- lazareth in Kassel übergesührt.

Der berliner Tierschutzverein hat an die Volksschullehrer ein Preisaus­schreiben erlassen für die beste Arbeit über das ThemaDie entsittlichende Wirkung der Tierquälerei, ihr schädlicher Einfluß auf das Zusammenleben der Menschen und ihre Bekämpfung durch die Schule im Anschluß an den bestehenden Lehrplan sowie durch Einwirkung des Lehrers anch auf die Erwachsenen in der Gemeinde." Der erste Preis beträgt 300 Mk., der zweite 200 Mk. und der dritte 100 Mk. Die Abhandlung soll drei Druckbogen nicht überschreiten und bis zum 1. August 1897 an H. Bcringer, Berlin 8äV., Königgrätzerstraße 108 ein- gcliefert werden.

! Odde, 12. Juli. Das Befinden des Kaisers Wilhelm ist ganz befriedigend, s Der mäßige Bluterguß in die linke Augen- jkammer hält sich in den Grenzen, die unmittelbar nach der eingetretenen Ver­letzung festgestellt worden sind.

Odde, 12. Juli. Die JachtHohen- zollern" stand gestern überhaupt im Zei­chen des Unglücks. Lieutenant zur See v. Hahnke, Sohn des Chefs des Militär- Cabinets, stieß bei Gelegenheit eines Ausfluges mit dem Fahrrad an einen Chausseestein, fiel in den Sandven-See und ertrank. Die Leiche ist noch nicht gefunden. Ein Heizer derHohenzollern" s fiel über Bord, wurde jedoch von einem l Matrosen gerettet, welcher darauf vom Kaiser persönlich die Rettungsmedaille erhielt Der Kaiser erhielt sodann bei Gelegenheit des Herunterlassens der Be­kleidung des Mastes die erwähnte Ver­letzung am Auge, der zu Folge er sich auf ärztlichen Rat in einem dunklen Raum aufhalten muß. Wegen der Unfälle ist lt.F. G.-A." die Weitersart bis aufl Weiteres verschoben.

Kopenhagen. Weitere Todesfälle kamen im Laufe der Nacht und des heutigen Vormittages unter den in den Kranken­häusern untergebrachten Verunglückten

vor.

Eger, 12. Juli. Gestern früh 9! Uhr versammelten sich 52 Reichsrats-' und Landtagsabgeordnete aller deutschen' Parteien Böhmens vor dem Stadthause und begaben sich, gefolgt von 200 Land­bürgermeistern und Bezirks obmännern sowie einer tausendköpfigen Menge in ge­schlossenem Zuge durch die Stadt nach dem Schießhause, wohin der von der Regierung verbotene Volkstag einberufen worden war. Der Zug wurde auf dem ganzen Wege von der Bevölkerung stür­misch begrüßt nnd aus den Fenstern mit Blumen beworfen. Am Schießhause, das von Gendarmen, der Finanzwache und Prager Polizei besetzt war, erklärte der Polizeikommissär den Ankommenden, daß er die Abhaltung einer Versammlung nicht zulassen werde. Dr. Funke prote­stierte im Namen von 73 Abgeordneten als Einberusern der Versammlung gegen die Ungesetzmäßigkeit der Behörden. Es wurde eine Abordnung an den Bezirks­hauptmann abgesandt, der iudeß aus dem Verbote verharrte und erklärte, nötigen­falls Gewalt anwenden zu wollen. Hier­auf begab sich der ganze Zug unter dem Singen derWacht am Rhein" nach dem Stadthause zurück, in dessen Hofe eine Versammlung unter freiem Himmel ab­gehalten wurde. Nach einer kurzen An­sprache des Abg. Funke gelobten alle An­wesenden entblößten Hauptes, in Einig­keit und unbeugsamer Opposition zu ver­harren. Inzwischen hatte ein lebhafter Zuzug der Landbevölkerung in die Stadt begonnen. Die Gensdarmen und die Finanzwache sperrten mit gefälltem Ba­jonett den Marktplatz ab, während die berittene Prager Polizei unablässig hin und her durch die Straßen sprengte. Bis 4 Uhr nachmittags ist keine ernstere Ruhestörung vorgekommen.

Kopenhagen, 12. Juli. Gegen Mitternacht ist der von Helsingör nach Kopenhagen bestimmte Schnellzug auf dem Bahnhofe Glentofte in den dort hal­tenden Personenzug hineingefahren. Acht Wagen sind zertrümmert, über 100 Per­sonen teils verwundet, teils getödtet. Weiteren Nachrichten zufolge kamen sofort bei dem Zusammenstoß 33 Personen, dar­unter 9 Kinder, um s Leben. 5 Verwun­dete starben auf dem Transport »ach §

Gemeinnütziges.

Das Einmachen von Gemüsen und Früchten ist immer eine heikle Sache, weil das Eingemachte leicht dem Verderben ausgesetzt ist, ohne daß man es bisher verhindern konnte, macht man eine große Zahl winziger animalischer oder vegeta­bilischer Fäulniserreger mit ein, die lang­sam oder schnell einen Zersetzungsprozeß bewirken. Da seien jetzt zur Einmache­zeit die Hausfrauen auf ein neues Ein­macheverfahren mit Hilfe eines kleinen, billigen Sterilisierungsapparates aufmerk­sam gemacht, den der inzwischen verstor­bene Dr. Rudolf Rempel sich hatte pa­tentieren lassen. Nach seinem Tode ging das Patent auf die Firma Al. C. Heissener in Essen über, die den Apparat noch wesentlich verbessert hat. In einer Num­mer des praktischen Ratgebers im Obst­und Gartenbau ist das Einmachcverfahren beschrieben und durch vorzügliche Holz­schnitte erläutert. Der praktische Ratgeber hat nämlich in seinem Leserkreise Umfrage gehalten, wie die Hausfrauen mit dem Apparate zufrieden wären und hat von hochachtbarsten Seiten eine große Anzahl Zuschriften erhalten, die er veröffentlicht und die sich ohne Ausnahme lobend aus­sprechen. Hausfrauen, die sich näher da­für interessieren, mögen sich die Num­mern des praktischen Ratgebers kommen lassen, die gern umsonst von dem Geschäfts­amt der bekannten Gartenzeitschrift in Frankfurt a. d. Oder zugesandt wird.

B e r m ischtes.

(Eine deutsche Antwort.) Ein deutscher Schriftsteller erwiderte unlängst im Salon der Frau von Arcelot in Paris einem französischen Schriftsteller, der über dre deutsche Sprache spöttelte und sie eine Pferdesprache nannte:Darum kön­nen sie die Esel auch nicht lernen!"

(Wahrscheinlich.) Bäuerin:Herr Doktor, was mag nur meinem Manne fehlen! Er ißt nix mehr!" Arzt: Dann fehlt ihm sicher der Appetit!"

Eine Scherzfra ge macht gegen­wärtig die Runde.Warum regnet es jetzt so selten?" Antwort: Weil Pfarrer Kneipp im Himmel ist da brauchen sie das Wasser dort selber!"

(Die Lyrik auf dem Zweirad. Unter dieser Ueberschrift gibt P. v. Schön- than in derJugend" einige Umdichtun­gen: An Minna. (Nach Schiller.) Träum' ich, ist mein Auge trüber, nebelt's mir um's Angesicht. Meine Minna fährt vorüber, meine Minna kennt mich nicht? In Gesellschaft ihrerBrüder" fährt sie noch im Mondenlicht, find am Morgen fährt sie wieder meine Minna ist es nicht. Ganz dem Sport ist sie ergeben, für den Liebsten sehr fatal! Das nur möcht ich noch erleben, daß sie hinfällt bald einmal. Ha! wie will ich dann Dich höhnen, höhnen? Gott bewahre mich! Weinen will ich bittere Thränen, weinen, Minna über Dich! (Nach Heine.) An- fangs.war ich sehr dagegen, und ich glaubt', ich führe nie: und jetzt radl' ich allerwe­gen, aber fragt mich nur nicht: wie? (Nach Goethe.) Es war ein König in Thule gar treu bis au das Grab, dem sterbend seine Buhle ihr gebrauchtes Zwei-