Amtsblatt füv öie Stadt Witdbad-

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Mr. 7"7.

Dienstag, 6. Juli 1897.

33.Iahrgang

Wiirttember g.

Gestorben: 3. Juli zu Tübingen Universitätsstallmeister Wilh. Fritz sau., früher Inhaber des Fritzsichen Reitin­stituts in Stuttgart und vieljähr. Kom- manandant der Stadtgarde zu Pferd.

Stuttgart, 2. Juli. In der heutigen Sitzung der Abgeordnetenkam­mer wurde bei der Sck.Iußabstimmung das Einkommensteuergesetz mit 69 ge­gen 17 Stimmen angenommen. Eiu- gelausen ist ein Antrag, unterzeichnet von Schnaidt (V.P.), Gröber (Zentr.), Frhr. v. Gültlingen (fr. Vg.) und Sachs (D.P.) der dahin geht, die Regierung zu ersu­chen, sie wolle den Ständen bei ihrem Wiederzusammentritt eine Vorlage behufs Bewilligung der Mittel zur Linderung der außerordentlichen Notlage in den vom Hagelschlag und Sturmschaden betroffenen Bezirken zukommen lassen und mittler­weile die nötigen Vorkehrungen zur Un­terstützung derselben treffen. Dieser An­trag wurde als dringlich behandelt und einstimmig angenommen. Es gelangt das königliche Vertagungsreskript zur Verle­sung. Präsident Payer nimmt sodann das Wort, um einen kurzen Ueberblick über die Geschäfte des Landtags seit dem 11. Juli 1895 zu geben. Frhr. v. Gem- mingen spricht dem Präsidenten für seine unparteiische Geschäftsleitung den Dank des Hauses aus.

/ E n z k l ö st e r l e, 1. Juli. Der neue / steinerne Aussichtsturm auf dem Hoh- loh (990 mH der genau auf der Stelle des alten hölzernen erbaut wird, ist be­reits bis zu der Höhe von 7 m aufge­führt. Auf quadratischem Unterbau, an den Ecken gestützt von 4 Strebepfeilern und mit einem kräftigen Gesims im Acht­eck abschließend, wird sich der Turm als schlanker Rundbau bis zur Gesamthöhe von 22,5 m erheben, die auf einer Wen­deltreppe von 122 Stufen erstiegen wird. Den Eingang des Turms krönt ein ge­waltiger Sandsteinblock, der bestimmt ist, den Reichsadler in Bildhauerarbeit auf­zunehmen , entsprechend dem löblichen Vorhaben der Erbauer, den im Jubi­läumsjahr errichteten Turm dem Andenken Kaiser Wilhelms I. zu weihen. Rechts und links vom Eingang werden die Lan­deswappen von Baden und Württemberg "gebracht, und das schwerlich blos mit Rücksicht auf die materielle Beihilfe, die der. württ. Schwarzwaldverein zu den Kosten des vom bad. Verein aufgeführten Baues zugesagt hat, sondern zugleich weil

der Turm, Stunde von der Landes- j grenze entfernt, auf dem Gebirgsrücken ' zwischen Murg- und Enzgebiet sich erhebt,

! der hier beide Länder scheidet, und so ! den entzückenden Ausblick auf das badische ! Murgthal, die Landschaft von Baden- Baden, das Rheinthal, die Vogesen und die Hardt verbindet, mit einer umfassen­den Fernsicht auf die schwäb. Alb und die Hochflächen des vorderen württemb. Schwarzwalds. Ob unter günstigen Luft­verhältnissen die Alpen sichtbar werden, hängt nur davon ab, ob man über den unmittelbar am Turm sich erhebenden Hochwald des Hohloh in südlicher Rich­tung hinwegsieht oder nicht; an sich ist die Alpenfernsicht vom Hohloh aus vorigen Herbst sicher festgestellt worden (wie auch in Simmersfeld). Anfang Sept. hofft man mit dem Turm fertig zu sein; die Arbeiten werden beschleunigt durch den glücklichen Umstand, daß nnr wenige 100 Meter vom Turm entfernt, hart am ! Rande des Hohlohmoors und der Leg­forchen, ein vorzüglicher Baustein gesunden wurde. Wer künftig den Hohloh besucht (von dem aus ein sehr genußreicher Ab­stieg ins Murgthal über den Latschigfelsen nach Gausbach-Forbach viel benützt wird), dem sei als bester Führer die neue Karte des bad. Schwarzwaldvereins, 1: 50000, Blatt II, Baden-Achern, empfohlen, die in vorzüglicher Ausführung den Norden des Schwarzwalds darstellt vom Ruhe- stein bis Oos-Herrenalb und der Länge ! nach von Renchen bis Dobel-Enzklösterle.

Heilbronn, 2. Juli. Das Un- glück der vorletzten Nackt läßt sich nun in seiner ganzen Schrecklichkeit überschauen. Man muß 2 Zonen unterscheiden, die des Sturzes und des Hagels. Der Sturm ging von Nordwesten nach Südosten. Alle abgebrochenen Baumkronen liegen südöstlich vom Stamm. Der Hagelschauer schlug eine westliche Richtung ein; er ging dem Leinbach nach, überschritt dann den Sattel zwischen Stiftsberg und Wartberg und folgte dem Eberstädter Thal. Auft der Neckargartacher und Neckarsulmer j Markung kreuzten sich Hagel und Orkan; i darum ist auch hier die Verheerung am ^ grauenhaftesten. Neckargartach sieht aus,! wie wenn es tagelang von Jnfanteriefeuer ! bestrichen worden wäre. Fast kein Ziegel' mehr ist auf dem Dach; die Platten sind ^ nicht nur zu Stücken geschlagen, sondern oft zn Mehl zermalmt worden. Der Hagel drang in die Häuser, ein und zerschlug noch Möbel. Die Bäume sind gänzlich

abgeschält, kein Blättchen mehr darauf Noch gestern abend konnte man trotz der' Hitze des Tages Schlossen von der Größe einer Kinderfaust sehen. Tote Vögelchen liegen in Menge umher. Auf den Hagel kam heftiger Regen, der nun ungehindert in die Häuser drang und oft den ganzen Hausrat, Frucht und Heu verdarb. Auf der ganzen Neckargartacher Markung steht kein Halm mehr. Frankenbach ist in der gleichen Lage. Auch dieses Dorf ist greu­lich verwüstet. Zum Schlimmsten gehört, daß ein Obstertrag in vielen Jahren nicht mehr zn erwarten ist.

Heilbronn, 2. Juli. Zur Mil­derung der ersten Not wurde in ver­schiedenen vom Hagelschlag betroffenen Gemeinden der Beschluß gefaßt, Bretter und Dachpappe in großer Menge aufzu­kaufen und zu billigem Preis an die Geschädigten zur Deckung ihrer Häuser abzugeben. Für Neckargartach allein wur- ! den bis jetzt 15 000 Stück Bretter ange- ' kaust. Das hiesige Garnisonskommando hat sofort sämtliche verfügbaren Maurer, Zimmerleute, Schreiner rc. nach Neckar­gartach und Fraukenbach geschickt, denen heute früh noch 20 weitere Mann nachfolg­ten.

Heilbronu, 3. Juli. Ein neues Gewitter hat bei Neckarsulm furchtbaren Schaden angerichtet. In Gellmersbach, O.A. Weinsberg, und Erlenbach, O.A. i Neckarsulm, sind Menschen und Tiere ertrunken und Häuser weggeschwemmt worden.

Oehringen, 3. Juli. Der Scha­den, der durch das Unwetter v. 1. Juli in Stadt und Markung angerichtet wurde, wird auf 800 000 Mk., der des ganzen Oberamts auf 34 Mill. Mk. geschätzt. Auch ein Menschenleben ist dem Wetter zum Opfer gefallen. Einem herumzieh- enden Händler wurde die Leinwandbe­deckung seines Wages weggerissen und das 3 Mon. alte Kind in den Armen der Mutter vom Hagel erschlagen. Blut­überströmt rettete sich die Familie in ein nahes Wohnhaus. Das Unglück läßt sich erst jetzt voll erfassen. Das schöne Hohenlohe ist in seinem besten Teile ge­radezu verwüstet; 30 Gemeinden des Oberamts gleichen einer Oede. Der bleibende Schaden rechnet nach Millionen Vom untern Neckar, 3. Juli. Was die Schreckensnacht vom 30. Juni ans den 1. Juli noch halbwegs an Gebäuden verschonte, das sollte heute Nacht durch drei kurz nacheinander zum Ausbruch ge-