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abgefeuert, der die Lampe getroffen habe, dann sei er schnell nach Pforzheim, wo er am 27. Febr. verhaftet wurde. Nach dem Ausspruch des Sachverständigen, Oberförster Gönner, ist der Revolver während des Schießens auf der Fenster­rahme aufgelegt gewesen. Die Geschwo­renen verurteilten den Angeklagten wegen versuchten Mords, worauf eine 5jährige Zuchthausstrafe, an der 3 Monate Unter­suchungshaft abgehen, ausgesprochen wurde. Vertreter der Anklage war erster Staatsanwalt Fetzer, Verteidiger Rechts­anwalt Wetzel.

Geislingen a. St., 22. Juni. Wie verlautet, ist der 2. Gewinn der Straß­burger Lotterie mit 30 000 Mk. der im Gasthos zurPost" hier bediensteten Köchin M. R. zugefallen; das Los wurde in Stuttgart gekauft. Die Gewinnerin scheint ein Glückskind zu sein, da sie im Vorjahre ebenfalls einen Treffer mit 8000 M. gemacht hat.

Rundschau.

Das Defizit der Nürnberger Ausstellung des vorigen Jahres ist nunmehr sestgestellt worden. Es beträgt 130 000 Mark, so daß die Garantiefond­zeichner mit 12 Prozent herangezogen werden müssen.

London, 21. Juni. Aus der Um- gebung der Königin wird das Gerücht gemeldet, daß sie zu Gunsten des Prin­zen von Wales abzudanken gedenke. Die Königin habe oft den Wunsch ansgespro­chen, den Prinzen zu ihren Lebzeiten ge­krönt zu sehen. Nun bewege sie die Rücksicht auf den Staat und die Liebe znm Prinzen und zur Prinzessin von Wales zu diesem Schritte.

London, 23. Juni. Anläßlich der Jubelfeier wurden in England 20 000 Gefangene freigelassen, darunter 400 Galeerensträflinge.

Pisa, 23. Juni. Im Dome von Pisa kam es gestern zu einer Panik. Während einer Messe wurde eine Dame von Krämpfen befallen und schrie laut auf. Die erschreckte Menge drängte da­rauf panikartig an die Ausgänge. Frauen und Kinder wurden zu Boden geworfen und gestoßen. Ueber 60 Personen er­litten Verletzungen.

New-Jork, 20. Juni. Die be­rühmte East River-Brücke, die Hänge- brücke, welche New-Aork mit Brooklyn verbindet, hat einen gewaltigen Verkehr von Eisenbahnen, Wagen, Tramway?' und Fußgängern zu bewältigen. Um die­sen Verkehr zu erleichtern und zu be­schleunigen, har man jetzt an den Pfei­lern der Brücke bewegliche Treppen angebracht, die es den Fußgängern er­möglichen sollen, aus die Höhe des Fuß­weges, der über die Brücke führt, zu ge­langen, ohne selbst einen Schritt zu thun. Die neue Vorrichtung besteht in mehre­ren schiefen Ebenen von 25 Grad Stei­gung, über die läuferartig ein Tuch ohne Ende geleitet ist, unter der Wirkung einer mechanischen Uebertragung. Diese Tücher sind mit kleinen Querlatten der­art besetzt, daß eine Treppe entsteht, auf deren Stufen die Fußgänger Fuß fassen. Ist dies geschehen, so bewegen sich die Menschen durch den Zug des Tuches langsam hinauf, bis sie oben auf der Höhe der Brücke aulangeu, wobei sie sich während des Aufstieges au ein sich mit­bewegendes Geländer festhalteu. Tie Ge­

schwindigkeit der Bewegung beträgt 25 Meter in der Minute und ist langsam genug, um ein bequemes Ein- und Aus­steigen zu gestatten. Eine solche beweg­liche Treppe befördert bei einer Breites von einem halben Meter bequem 3000 ! Personen stündlich. Wenn man die Breite' der genannten Tücher auf dreieinhalb! Meter erhöhte, so würden mit jeder die-; ser Treppen 15 000 Personen in der

Stunde hinaufgeschafft werden können. !

Am Sonntag den 27. Juni werden aus Anlaß des in Calmbach statt­findenden Gausängerfestes folgende außer­ordentliche Personenzüge ausgeführt:

1) Pforzheim ab 8" vorm.,

Brötz'Ugen 8"

Neuenbürg 9 '^

Calmbach 9^

Wildüad an 9'°

2) Wildbad ab 9" abends

Calmbach 9°'

Neuenbürg an 10" ,.

Brötzingen 10 "

Pforzheim 10'°

Die Züge führen Wagen 2. und 3. Klasse und halten an sämtlichen Zwischen- statiouen zum Aus- und Einsteigen an.

Vermischtes. j

Der derThingvalla-Gesellschaft" ' gehörende DampferHekla" hat im at- lantischen Ozean einen Zusammenstoß mit ^ dem DampferMississippi" gehabt. Einer; der Passagiere erzählte von den Szenen,! die sich während und nach der Katastrophe! an Bord des Schiffes abspielten:E^ war ein schrecklicher Augenblick, als der> Zusammenstoß stattfand. Es war 5 Uhr nachmittags, das Wetter war nebelig,' und dieHekla" segelte mit halber Fahrt.' Wir befanden uns fast alle auf Deck, als wir plötzlich ein großes Schiff, das gerade gegen dieHekla" steuerte, ent^ deckten. Niemand hatte die Signale ge-' hört. Wir hatten alle das Gefühl, daß! wir verloren seien. Die Frauen, auch viele Männer, fingen an laut zu schreien, i Dann kam der Zusammenstoß. Die beiden Schiffe prallten gegeneinander mit furcht- i barem Getöse, das dem Krachen des' Donners glich und das Geschrei der Pas­sagiere übertönte. Ich war überzeugt, daß alle 400 Reisende im nächsten Augen­blicke ertrinken würden. Vor mir warf eine junge Frau sich auf das Verdeck und klammerte sich an einen Matrosen, der sie fortschleuderte. Andere Frauen sahen wir die Reeling besteigen, um sich in's Meer zu stürzen, während Matrosen sie zurückhielten. Andere liefen, wahn­sinnig vor Augst, in die Kajüten hinab, und auf der Treppe entstand ein furcht­bares Gedränge. Es herrschte eine ent­setzliche panik. So verliefen ein paar Minuten, die uns eine Ewigkeit erschie­nen. Ich sah Passagiere, die in ihrer namenlosen Angst alle ihre Habseligkeiten über Bord warfen. Nur Offiziere und Mannschaften bewahrten eine bewunde­rungswürdige Ruhe. Wir hörten das Wasser durch das mächtige Leck, das das Schiff gerade über die Wasserlinie be­

kommen hatte, hereiuströmen, während die ganze Mannschaft an den Pumpen arbeitete. Volle 5 Tage hindurch ver­richtete die Mannschaft diese anstrengende Arbeit, indes die Passagiere jeden Augen­blick darauf gefaßt waren, das Schiff werde mit Mann und Maus uutergeheu. Wir kamen nur sehr langsam vorwärts; die Collissiou hatte auf hoher See statt­gefunden. Es war eine schreckliche Woche, die niemand von uns vergessen wird. Endlich gelangten wir au die schottische Küste, wo wir die ersehnte Rettung fan­den."

Zwei amerikanische Reisende haben neuerlich in einer gebirgigen Gegend Vene­zuelas einen Wasserfall entdeckt, der nach ihrer Versicherung viel schöner und höher ist als der des Niagara. Er ergießt sich von den Abhängen der Berge Jmatala von einer Höhe von 490 Metern. Das Wasser verursacht ein dounerartiges Ge­töse und springt mit solcher Gewalt auf die Felsen, daß es unmöglich ist, sich mehr als 30 Schritte zu nähern.

Am 19 Juni waren es 30 Jahre, daß der unglückliche Kaiser Maximilian von Mexiko laut Urteil eines sogenannten Kriegsgerichts" der Aufständischen vom 14. Juni mit den beiden Generälen Mi- ramon und Mejia erschossen wurde. Diese Hinrichtung" wird von der Geschichte mittelbar dein verstorbenen Kaiser Napo­leon III., der sein Opfer nur fünf Jahre überlebt, zur Last gelegt. Die Sache hing so zusammen, daß nach einer langen Kette von Umwälzungen Juarez 1861 als Diktator von Mexiko ausgerusen wur­de und sofort die vertragsmäßigen Aus­zahlungen an die auswärtigen Gläubiger Mexikos auf zwei Jahre einstellte. Na- poleon nahm dies zum Vorwand seines mexikanischen Krieges und rückte an­fänglich im Verein mit England und Spanien, die sich aber bald zurückzogen in Mexiko ein. Im Jahre 1863 ließ Napoleon durch eine Notabelnver- sammlung die mexikanische Kaiserkrone dem Erzherzog Maximilian, Bruder des Kaisers Franz Josef von Oesterreich, an­bieten. Maximilian nahm an und zog am 12. Juni 1864 in die mexikanische Hauptstadt als Kaiser ein. In dem Kriege der Republikaner unter Juarez gegen die Kaiserlichen ging alles leidlich für Maxi­milian, so lange die französischen Trup­pen unter Bazaine in Mexiko blieben; sie mußten vertragsmäßig bleiben, bis Maximilian ein eigenes tüchtiges Heer aus Fremden und Eingeborenen errichtet habe. Unter dem Drucke der Vereinigten Staa- ten brach aber Napoleon seinen Vertrag und zog bis zum 16. März 1867 seine sämtlichen Truppen aus Mexiko zurück. Alsbald drangen die Republikaner sieg- reich vor, und Maximilian wurde schließ­lick in Queretaro umzingelt und ge­fangen. Seine Ermordung durch die Mexi­kaner raubte seiner jugendlichen Gemahlin, der belgischen Prinzessin Charlotte, Schwe­ster des Königs Leopold, den Verstand, und die unglückliche Frau lebt seitdem unter dem Schutze ihrer Geschwister in Belgien.

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