anheimfallen. Leider bieten die Bemühungen, internationale Abmachungen zu treffen, den Massenmord von Vögeln namentlich in Italien ein Ziel zu setzen, noch immer keine Aussicht. Da muff denn wenigstens in Deutschland das Möglichste geschehen. In erster Reihe ist dem Vogelfang erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden — in mehreren Städten z. B. der Rheinprovinz sind namhafte Stenern auf das Halten von Nachtigallen eiu- gefnhrt, — sodann handelt es sich darum, für den Krammetsvogelfang andere Bestimmungen festzusetzen. Nutzer den Kram- metsvögel werden viele Tausende nützlicher Vögel, ausgezeichnete Sänger, in den Schlingen gefangen, oder richtiger, erdrosselt. Es wäre schließlich dnrchäüs kein Unglück, den Krammetsvogelfang gesetzlich ganz zu verbieten. Mögen die Tierschutzvereine allerorten Mitwirken, die geplante Bewegung eindrucksvoll zu gestalten, damit endlich das Nötige geschieht.
— Eine neue Pistole hat der bekannte Wassenfabrikant Mauser in Oberndorf konstruiert und sich patentieren lassen. Kommerzienrat Mauser führte die neue Waffe, die er „Rückstoßlader" nennt und die geeignet erscheint, den Revolver zu verdrängen, in letzter Woche in Stuttgart dein Württembergischen Jngenieur- verein vor. Die neue Pistole ist ein Selbstlader mit beweglichem Laus. Der Leim Schuß anstretende Rückstoß wird bei ihr znr Einwirkung ans den Lade- mcchanismns ausgenützt. Bei den Versuchen in Stuttgart wurde die Pistole in drei Hauptausführungen, als 6-2ader, 10-Lader und 20-Lader vorgeführt. Aehn- lich wie bei dem jetzigen Jnfanteriegewehr können nämlich in die Pistole 6 oder 10 oder 20 Patronen, in einem Rahmen steckend, auf einmal geladen und nach einander abgefeuert werden. Nach Mitteilungen des „Schwäb. Merkur" erwies sich die Durchschlagskraft der Geschosse dieser Pistole bei den Stuttgarter Versuchen als außerordentlich groß. Dreizehn hintereinanderstehende, je 2 Centi- meter dicke Bretter ans Tannenholz wurden auf eine Entfernung von etwa 15 Meter glatt durchgeschlagen, wobei das Geschoß nicht die geringste Formänderung auswies. Sämtliche Geschosse saßen im kleinen Umkreis eines Thalerstückes dicht bei einander. Das vorgezeigte Stück einer Scheibe, die auf 1200 Meter beschossen worden war, bewies, daß selbst auf diese für eine Pistole überraschend große Entserung das Geschoß noch tief ins Holz eindringt. Von der Feuergeschwindigkeit kann man sich einen Begriff machen, wenn man hört, daß 20 Patronen innerhalb 4 ','2 Sekunden verfeuert wurden, wobei der Schütze die Anschlagstellung gar nicht zu verlassen braucht. Ein geübter Schütze kann je nach der Ausführung der Pistole etwa 60—80 gezielte Schüsse in der Minute abgeben. Die Geschosse wurden von einer zwischen zwei Bretterwänden befindlichen starker: Sandschicht aufgefangen. Vor: der Güte der Arbeit und des verwendeten Materials legte eine Pistole Zeugnis ab, aus der bereits 10,000 Stück Patronen versauert worden waren, ohne daß sie Schaden genommen oder eine Störung des Lademechanismus gezeigt hatte.
— Große Vorsicht ist augenblicklich m der Annahme von Thalerstücken ge
boten. Es find nämlich in den letzten Wochen große Men genrussischeSilber- rubel, die unseren Thalerstücken ähnlich sehen, zum Zweck der Täuschung in die an Rußland stoßenden deutschen Grenzbezirke eingebracht und dort in betrügerischer Absicht derartig verbreitet worden, daß sie bereits ihren Weg in die ver- schiedenstenGegenden Deutschlands nehmen. Da der Wert eines Silberrnbcls augenblicklichst? Mk. beträgt, so würde Jedem, der ein solches Geldstück fälschlich für einen Thaler annimmt, ein Verlust von 83 Pfennig entstehen.
(Geld oder das Leben!) Mit diesen Worten vertrat jüngst ein Individuum in des Odenwaldes tiefsten Gründen einem in nächtlicher Stunde von der Praxis heimkehrenden Arzt aus F. den Weg. Der Bedrohte zog es vor, einen Teil seiner Lebenskraft vorerst in eine wuchtige Tracht Prügel ans den Körper des Wegelagerers umzusetzen. Der wackere Doktor fvrcht sich nit, geht seines Weges Schritt für Schritt und erreicht glücklich seine Behausung. Dort angekommen, meldet das Dienstpersonal, daß im Sprechzimmer ein über heftige Schmerzen klagender Patient, der unschuldig in eine Schlägerei verwickelt worden sei, der ärztlichen Hilfe harre. — O, welch' Erstaunen! — Ohne über geschildertes Abenteuer ein Wort zu verlieren, soll der Arzt an seinem Kornbattanten, der ihm noch kurz vorher so „gewaltig" gegenüberstand, Samariterdienste versehen, jenen verbunden und nun in Behandlung haben.
— V 0 n der Racheeiner „guter: Freundin" berichtet man aus Posen Folgendes: Ein junger Kaufmann war mit einer jungen Danre in der Provinz verlobt, und es sollte dieser Tage die Hochzeit stattfinden. Am Tage, bevor der Kaufmann mit seinen Angehörigen zur Hochzeit abreisen wollte, erhielt er plötzlich aus dem Wohnort seiner Braut ein Telegramm, daß der Bräutigam nicht znr Hochzeit kommen solle, die Braut sei leider anderer Gesinnung geworden und wolle überhaupt nicht heiraten. Unterzeichnet war das Telegramm von dem Vater der Braut. Der Bräutigam war im ersten Augenblicke ganz fassungslos. Seine Angehörigen redeten ihm aber zu, die Reise dennoch anzutreten, da etwaige Mißverständnisse durch eine persönliche Anssprache am besten aufgeklärt werden könnten. Als der Bräutigam am Wohnort seiner Braut ankam, stellte es sich heraus, daß weder die Braut noch der Brautvater von dem Telegramm etwas wußten. Man vermutet, daß eine „Freundin" der Braut dies Telegramm aufge- geben hat, die früher selbst auf den Bräutigam gehofft hatte. Die Hochzeit hat inzwischen stattgefunden.
(Zur Duellfrage.) Sie: Entsetzlich Karl! Du willst Dich duellieren? — Er: Ja, aber sei ruhig, liebes Kind, mir wird nichts passiren. — Sie: Wie kannst Du das so genau wissen? — Er: Weil mein Gegner der Direktor der Lebensversicherung ist, bei der ich mit Zweimalhundert- tausend Mark versichert bin!
(Schattenseite.) Lehrer: Berthold Schwarz hat mit der Erfindung des Pulvers Großartiges geleistet. Jedoch hat er neben dem Guten viel Schlimmes damit gestiftet. Inwiefern, Karl? — Karl; Er ist daran schuld, daß so viele Menschen ^ „das Pulver nicht erfunden haben".
I (Mädchen-Freundschaft.) Ella: Findest du nicht, daß sich unsere Freundin Erna seit einem Jahre auffallend verändert hat? Elise: Gewiß — aber sehr zu unserem Vorteil! (Flieg. Bl.) i -
! Ans A. Nubillsteilks Gedankenkorö.
^ Klavierspiel ist eine Fingerbewegung, Klaviervortrag eine Seelenbewegung — man hört jetzt meistens das erstere-
Die Kunst ist eine Eva, die dem Kunstjünger den Apfel reicht — wer in diesen sauren Apfel beißt, verliert das Paradies seiner Seelenruhe und Zufriedenheit — Schuld daran ist der Erfolg. diese gleißende Schlange.
Der einzige Buchstabe, den die Engländer
! groß schreiben, ist I (Ich); ich finde, daß dieses
j die treffendste Bezeichnung ihres Charakters ist-
! * j rjc -ft
! Der Schwache muß eine Stütze, einen Anhaltspunkt haben, daher der Mensch, besonders i das Weib, Religion haben muß.
Wie Pfeffer und Salz der Speise, so gibt das Ringen dem Leben Geschmack.
(„Vom Fels zum Meer".)
Von 'DokksdicHlern unö -Lichter innen ist in jüngster Zeit viel die Rede gewesen. Wir brauchen uur den Namen I oha nna Ambrosi u s zu nennen, um die noch frische Erinnerung an einen lebhaften Meinungsaustausch über dieses Thema wachzurufen. Daß in einer Zeit, die so vorwiegend von materiellen Interessen beherrscht wird, wie die unsrige, wo das Dichten fast als eitle Art Luxusbeschäftigung der gebildeten Stände angesehen wird, daß in einer solchen Zeit auch der einfache, mit der Not des Lebens ringende Mensch den Drang spüren kann, seinem Fühlen und Denken in Versen, ja zum Teil in recht schönen Versen Ausdruck zu geben, — das erscheint den meisten als ein Wunder, wenn nicht gar als eine Verirrung, wie sie eben nur unser zu Ende gehendes Jahrhundert zu Tage fördern kann- Ja ein Wunder ist dieser psychologische Prozeß freilich, und ein Wunder, das nur der begreift, der es an sich selber empfunden hat. Nur ein gottbegnadeter Dichter kann uns den seelischen Vorgang in so überzeugender, ergreifender Weise zu sinnlicher Anschauung bringen, wie dies Adolf Wild» brandt in seinem jüngsten Roman „Hildegard Mahlmann" thut. Wer den gegenwärtig in der illustrierten Halbmonatsschrift „Htonr Ziels zürn Meer" erscheinenden Roman liest und bis zu der Stelle vordringt, wo die Heldin, einer armen Büdnersfrau, gleichsam unbewußt die Gefühle und Gedanken erstmals in Versen von den Lippen fließen, wo sie, selbst aufs tiefste ergriffen, ihrem Gott unter Thränen für dieses Gnadenwundcr dankt, — wer das liest, der wird sich sagen: So und nicht anders wird der einfache Mensch zum Dichter, zum Volksdichter. AdolfWildbrandt, dem die deutsche Lüteratur so manche wertvolle Gabe verdankt, hat hier ein psychologisches Meisterwerk geschaffen, das um so mehr Beachtung verdient, als der in .Mecklenburg, des Autors Heimat, spielende Roman auf durchaus realem Boden steht und uns in spannender Haltung eine Reihe treffend charakterisierter, bis ins Mark lebenswahrer Figuren vors Auge führt. Wenn es noch eines Beweises bedürfe, daß Realismus und Poesie keine sich ausschließenden Mächte sind, so ist er in diesem Werk geliefert-
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