Amtsblatt für die Stadt Wit'öbaö
eneral- Anzeiger für Mildbad und Umgebung.
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Nr. 22.
Arenstag, 23. Jebruar 1867.
33.Iahrgang
Württemberg.
Gestorben: 19. Febr. zu Herren- alb V. Brosius Kfm,72Jahre alt; zu Behringen Buchdrnckereibesitzer Paul Baumann.
Stuttgart, 19. Febr. Als des Diebstahls der 50,000 Mk. Horkheimer Kirchengelder verdächtig, wird nach dem 29jährigen Maurer Adam Stollsteiner von Bonlanden und des 30jährigen Schuhmachers Gotthard Haiegg von Untereggartsweiler O. A. Saulgau, gefahndet.
— Der Staatsbeitrag zum Bau einer schmalspurigen Nebeneisenbahn von Karlsruhe nach Herrenalb beträgt 34 776 Mk.
Calw, 19. Febr. Heute nacht entfernte sich die 56jährige Katharina Rentsch- ler hier mit ihrem 8jährigcn Enkelkind?, einem Mädchen von ihrer Wohnung; in Hirsau wurden beide tot aus der Nagold gezogen. Die Großmutter hatte das Kind mit einem Strick an sich hingebunden. Furcht vor einer anzutretenden Strafe soll die fleißige, bedauernswerte Frau in den Tod getrieben haben.
Alten steig, 18. Febr. Die Zufuhr von Vieh in allen Gattungen auf den gestrigen Monatsmarkt war eine so große wie nicht leicht je zuvor. Es ist dies ein Beweis davon, daß der im Jahr 1893/94 infolge der Futternot entstandene Rückgang im Viehstand nicht bloß vollauf wieder gedeckt, sondern auch noch ein namhafter Ueberschuß, besonders in Jungvieh, vorhanden ist. Im ganzen war der Handel ein mäßiger. Verkäufer wollten eben höhere Preise erzielen, als ihnen anfangs geboten wurden, während die Kaufsliebhaber, deren es für manche Stücke wenige gab, in ihren Angeboten sehr zurückhielten. So blieb der Geschäftsgang ziemlich flau bis gegen nuttag, wo dann mehr Schläge erfolgten mit etwas znrückgegangenen Preisen. Fettvieh und Zugochsen waren am gesuchtesten. Von Händlern wurde manches aufgekauft, besonders Mastochsen. Vier Wagenladungen kamen von hiesiger Station aus zum Versandt. Nur wenig Nachfrage herrschte nach Jungvieh. Bei etwas steigenden Preisen ging der Schweinehandel ziemlich lebhaft; Läufer galten per Paar 36—60 Mk., Mikchschweine 18—26 Mk.
Rrmdschau.
Pforzheim, 17. Febr. Es besteht das Projekt einer gemeinschaftlich für die Orte Jspringen, Göbrichen und Kieselbronn zu errichtenden Wasserleitung. Das
Wasser soll bei Jspringen gefaßt, auf die f Höhe getrieben und von dort nach dem beiden anderen Orten die je mit einem Reservoir zu versehen wären, geleitet werden. Die Kosten wären natürlich bedeutende, aber der Staat würde sich auch zn namhaften Zuschüssen verstehen (wie es heißt für die Gemeinden Göbrichen und Kieselbronn allein zu über 40000 Mk.), so daß die Ausführung in finanzieller Hinsichtkeine unüberwindlichen Schwierigkeiten böte.
Berlin, 19. Febr. (Reichstag.) Fortsetzung der Beratung des Antrags Auer (Soz.) auf Einführung des 8-Stundentags für die im Gewerbe, in der Industrie, im Handels- und Verkehrswesen beschäftigten Personen. Hiezu liegen mehrere Abänderungsanträge vor. Vor Eintritt in die T. O. ruft Präs. v. Buol den Ahl- wardt nachträglich nochmals zur Ordnung. (Bravo.) Frhr. v. Stumm (Reichsp.) wird für den Eventnalantrag Hitze (Ztr.) stimmen, welcher eine Enquete über die Arbeitszeit fordert und wonach überall da auf dem Wege der Verordnung eingegriffen werden soll, wo in einem Betrieb eine Gefährdung der Gesundheit vorliegt. Redner wendet sich gegen den Abg. Bebel. Frhr. v. Hehl (nat. lib.) bemerkt, die Nat.-Liberalen werden geschloffen dem Eventualantrag Hitze zustimmen. Förster (Antis.) befürwortet gleichfalls den Abänderungsantrag, welcher die Einführung einer Normalarbeitswochevon höchstens 63Stun- den für die Fabriken fordert. Er beantragt hiezu einen Zusatz, denselben auf das Verkehrswesen auszudehnen. Hitze (Zentr.) bekämpft diesen Zusatz, der zu große Schwierigkeiten bieten würde. Galt er (Sd. Volksp.) befürwortet eine schrittweise Annäherung an den Antrag Auer. Zunächst könne seine Partei noch nicht dafür stimmen.
Berlin, 18. Febr. (Reichstag). Interpellation betr. Beratung des Entwurfes über die Organisation des Handwerks (Forts.) — Hitze (Zentr.) verzichtet auf eine Besprechung der Interpellation. — Richter (fr. Vp.) beantragt deren Bespre- chung. (Unruhe.) — Jakobskötler (kons.) bemerkt, durch die Erklärung des Staatssekretärs sei der Zweck der Interpellation erreicht. — Gamp (Rp.) meint, eine eingehende Debatte sei zwecklos, so lange man die Vorlage nicht habe. — Richter (fr. Vp.) bestreitet, daß die Handwerker in Unruhe über das Schicksal der Vor
lage seien. Diese werde überhaupt keine Mehrheit erlangen. — Vielhaber (d. Rfp.) lehnt jede Gemeinschaft mit dem Abg. Ahlwardt ab. — Ahlwardt (Antis.), dessen Meldung znm Wort mit Unruhe ausgenommen wird, sagt, er sei durch einen Prozeß in Amerika zurückgehalten worden. Der Ruin des Handwerks sei der Handelsjude. Ehe es nicht gelinge, das germanische Haus von dem jüdischen Ungeziefer zu beseitigen, nütze alles nichts. (Unruhe.) — Redner wird wegen dieser Leistung zur Ordnung gerufen. — Beim Etats des allgemeinen Pensionsfonds begründet Galler (deutsche Volksp.), einen Antrag auf Herabminderung derOffiziers- pensionirungen. Nach kurzer Debatte vertagt sich das Haus. In einer persönlichen Bemerkung entschuldigt sich der Abgeordnete Ahlwardt.
Berlin, Samstag 20. Febr. (Reichstag.) Fortsetzung der 2. Beratung des Etats. Etatdesallgem.Pensionsfonds. Hiezu liegt ein Antrag Augst u. Gen. (Freisinn, und Dtsch.-Volksp.) betr. Herab- minderuug der Zahl der Offizierspen- sionirungen vor. Besonders sollen Offiziere nicht pensionirt werden, wenn sie zwar für ihre bisherige Dienststellung, nicht aber für die nächsthöhere geeignet erscheinen; ferner liegt der Antrag Gröber u. Gen. (Ztr.) vor, wonach bei der Anstellung von Militäranwärtern im Gemeindedienst eine wesentliche Einschränkung des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden thunlichst vermieden werden soll. Bebel (Soz.) beschwert sich über die Zunahme des Pcnsionsfonds und den Zwang, der auf die Offiziere ausgeübt werde, uni sie zum Abschiednehmen zu zwingen. Es wäre des Reichstags unwürdig, sich jeder Kritik zu enthalten. Der Vergleich mit der kleinen nordamerikanischen Armee treffe nicht zu; dagegen haben gemeine, als unbrauchbar entlassene Soldaten große Schwierigkeiten, oder überhaupt keine Aussicht aufErlangung einerPension. Galler (D. Volksp.) befürwortet den Antrag Augst. Der Pensionsfond, den das Volk bezahlen müsse, sei lawinenhaft angewachsen. Es lasse sich nicht leugnen, daß vollkommen diensttaugliche Offiziere den Abschied nehmen mußten, weil sie beim Vorrücken übergangen worden seien. Das habe der württ. Kriegsminister thatsächlich zugegeben. Zahle dann dieser die Pension oder das Volk? Redner verweist auf die Zivilbeamten, die auch nicht im Unmut die Waffen strecken dürfen, sondern aus-