turheilanstalt nach dem Muster der Pfarrer Kneipp'schen Anstalten in Wörishofen einrichten.
Calw, 6. Febr. Allgemeines Aufsehen erregte gestern die Verhaftung des Landpostboten Kusterer von Oberkollbach wegen Unterschlagung im Amt.
E h in g e n a. D., 8. Febr. Der Ober- amtspflegegehilse S., der am 5. Jan. mit etwa 1400 ^ von hier durchging, hat unterm 25. Jan. von Newyork aus seine Reiseroute beschrieben und an verschiedene Bekannte hier, darunter auch den Wirt, den er um 300 betrog, Grüße gesendet. Seine Auslieferung hat er wohl nicht zu befürchten, da die Geschädigten die Kosten derselben nicht werden tragen wollen. 8 Tage blieb er zu seinem Vergnügen in Paris. Da er einen lahmen linken Arm hat und über keine in fremden Landen verwertbare Kenntnisse verfügt, dürfte die Lage für ihn in Amerika kritisch werden, wenn er seine verhältnißmäßig bescheidenen Mittel aufgebraucht haben wird.
R«ndfchau
— Laut Hofbericht der „Karlsruher Zeitung" hat bei der Frau Großherzogin die Linsentrübung des rechten Auges im Laufe des letzten Jahres so zugenommen, daß von den behandelnden Aerzten die Entfernung der Linse für notwendig erachtet wurde. Diese Operation wurde gestern, am Montag, vorgenommen und ist ohne Zwischenfall glücklich verlaufen.
Aus Baden, 8. Febr. Große Aufregung herrscht in dem markgräflichen Weinorte Auggen (Amt Müllheim) wegen eines schweren Raubmordes. Als am Sonntag Abend Kaufmann Tauner nach Hause kam, fand er seine sonst regelmäßig geschlossene Hausthüre offen. Er rief seiner im 2. Stocke wohnenden Schwester, der 70jahrigen Witwe Schilling, erhielt aber keine Antwort. Nach einigem Suchen fand er dieselbe im Laden hinter einem Tisch bewußtlos in ihrem Blute liegen. Die Ladenkasse war ihres Inhalts von etwa 15 beraubt. Von dem frechen, mit der Oertlichkeit wohl vertrauten Thä- ter fehlt jede Spur. Die Staatsanwaltschaft hat auf seine Ergreifung eine Belohnung von 600 ausgesetzt. Frau Schilling ist gestorben, ohne wieder das Bewußtsein erlangt zu haben. Sie hatte eine Schlagwunde am Hinterkopfe.
— In einer kleinen bayerischen Stadt trug sich, wie der „Kurier für Niederbayern" mitteilt, neulich in der Gemein- deratsfitzung ein komischer Zwischenfall zu. Man stritt heftig hin und her, ob dem Geflügelzuchtverein zu einer Geflügelausstellung wiederum eine städtische Prämie von 100 Mark zu bewilligen sei. Nachdem von der einen Seite darauf hingewiesen worden war, daß dann auch die Gesangvereine mit Unterstützungsgesuchen kommen würden, rief einer der Väter der Stadt: „Ach was, singen kann ein jeder, aber Eier legen nicht!" Stürmische Heiterkeit folgte und die 100 Mk. wurden bewilligt.
— Nach der „Köln. Volksztg." wird in Belgien vom 1. Mai d. I. ab die Stnndenbezeichnung von 0 bis 24 bei der Eisenbahn-, Post-, Telegrapfen- und Marineverwaltung eingeführt. Die Zeichen LI (watia), morgens und 8 (svir), abends, welche in den Fahrplänen Vorkommen, fallen fort. Die Minuten zwischen
Mitternacht und 1 Uhr morgens werden bezeichnet durch eine 0 mit einem Punkte und der entsprechenden Anzahl Minuten. Mittag wird durch 12 Uhr bezeichnet und Mitternacht je nachdem dnrch 0 und 24. Bei einem Zuge, welcher von einer Station genau um Mitternacht abfährt, wird die Abfartzeit mit 0 Uhr des Tages ausgeführt, an welchem er verkehrt; bei einem Zuge, welcher genau um Mitternacht auf einer Station ankommt, wird die Ankunftszeit mit 24 Uhr des Tages angegeben, an welchem er verkehrt hat.
Berlin, 8. Febr. Der Strafsenat des Kammergerichts als Revisionsinstanz im Prozeß gegen den Bäckermeister König erklärte die Bäckereiverordnung des Bun- desrats vom 4. März 1896 als rechtsgültig unter Bestätigung des Urteils der Vorinstanz.
Berlin, 9. Febr. Die Budgetkommission erledigte den Etat des Auswärt. Amtes. Auf eine Anfrage erklärte Staatssekretär Frhr. v. Marschall, die deutsche Regierung werde alles aufbieten, damit die deutschen Gläubiger Griechenlands be- friedigt würden.
Hamburg, 7. Febr. Gestern abend kam es zu Ausschreitungen seitens der Ausständigen, lieber die ergebnislose Beendigung des Ausstandes gereizte Arbeiter überfielen von der Arbeit heimkehrende Ersatzarbeiter auf dem Schaarmarkte und mißhandelten sie in roher Weise. Einer der Ueberfallenen, ein Kohlenarbeiter, gab einen Revolverschnß in in die Luft ab. Darauf entwickelte sich ein förmlicher Kampf. Der Chef der Schutzmannschaft ließ die gesamte Reser- vemannschaft der Schutzleute ausrücken und den Schaarmarkt räumen. Der Kampf wurde alsbald in der „der große Bäckergang" fortgesetzt. Aus den Fenstern wurde mit Steinplatten und Ascheimern auf die Schutzleute geworfen. Drei Schutzleute sind schwer verwundet; einer davon erhielt einen Steinwurf an den Kopf, der ihm das Gesicht unkenntlich machte. Wieviele Personen aus dem Publikum Verletzungen davontrugen ist noch nicht festgestellt, da dieses sich flüchtete. Viele Seeleute beteiligen sich an dem Kampf. Mit Messern wurde blindlings losgestochen; daher kam es auch, daß viele Ausständige von ihren eigenen Kameraden verwundet wurden. Die Schimpfworte, sowie das Gejohle, Schreien und Pfeifen erhöhten den Tumults Die schmale Straße, der große Bäckergang, wurden an beiden Enden abgesperrt; zahlreiche Verhaftungen wurden vorgenommen. Allein von der Wache am Venusberg wurden 56 Personen verhaftet. Heute früh 2 Uhr hatten die Straßen wieder das gewohnte Aussehen.
Hamburg, 9. Febr. Gestern Abend gegen 9 Uhr fand auf dem Scharmarkt ein Zusammenstoß zwischen Schutzleuten und der tobenden Menge, größtenteils halbwüchsigen Burschen statt. Die Beamten zogen blank; mehrere Verwundungen und Verhaftungen kamen vor. Nach 11'/r Uhr entstand in den Nebenstraßen des Scharmarktes neuerdings ein starker Tumult. 3 Schutzleute und mehrere Zivilisten wurden schwer verwundet. Aus den Fenstern wurde heißes Wasser auf die Schutzleute gegossen, Steine und Flaschen geschleudert. Die Schutzleute zogen sich zurück, rückten aber 80 Mann verstärkt wieder vor und säuberten mit blanker Waffe die Straßen.
Der Pöbel flüchtete in Häuser und Höfe. Gegen 1 Uhr war alles wieder ruhig.
— Auch in Wilhelmsburg kam es zu einer Ausschreitung zwischen den Ausständigen und den abreisenden Ersatzarbeitern, wobei 1 Mann getötet, ein anderer schwer verletzt wurde. Die angegriffenen Ersatz, leute schossen mit Revolvern auf die An- greiser.
— Der HamburgerHafenarbei- teraus stand hat über 1^, Millionen Mark Unterstützungsgelder verschlungen; für die Arbeitgeber soll nach der „Post" der Verlust sich auf 50—60 Millionen beziffern. Die Sammlungen sollen für die vielen arbeitlos gewordenen Hafenarbeiter fortgesetzt werden.
Brüssel, 5. Febr. DieUeberschwem- mung nimmt in ganz Belgien eine bedrohliche Ausdehnung an. Zahlreiche größere Industriestädte im östlichen Belgien stehen unter Wasser. Die Fluten richten besonders Verheerungen in dem Badeorte Spaa an, wo zahlreiche Villen beschädigt wurden. Das Wasser drang bis zum Kasino vor, auch die Villa des Königs list bedroht. Die Bevölkerung flüchtet.
I Zermatt, 7. Febr. Seit Montag vergangener Woche ist Zermatt von jeg- lichem Verkehr abgeschlossen. Von Zermatt bis Täsch, 5 Kilometer weit, sind nur einige zwanzig Meter von Lawinen frei. Viele Hirten sind mit ihrem Vieh in den Ställen eingeschneit.
Paris, 7 Febr. Der deutsche Bot- schafter Graf Münster hat dem General Galliset die Wünsche des deutschen Kaisers für dessen Genesung überbracht.
— Der „Gaulois" schreibt znm Be- suche des deutschen Botschafters Grafen Münster beim General Galliset: Die ritterlichen Gefühle des deutschen Kaisers, welcher seinen Botschafter an das Krankenlager eines französischen Generals entsendet, werden in Frankreich gewürdigt werden. Der „Rappel" sagt, der Augenblick sei gekommen, in welchem Frankreich zwischen der Annäherung an Deutschland und der an England wählen muß.
Konstantinopel, 8. Febr. Meldung des Wiener Korrespondenzbureau: In Canea herrscht Anarchie. Die Muselmänner plündern die von ihren christf lichen Bewohnern, die sich insgesamt au- die fremden Kriegsschiffe geflüchtet haben, verlassenen Häuser. Es wird behauptet, der Generalgouverneur habe unter dem Vorwand, daß die Truppen zur Aufrecht- erhaltung der Ordnung nicht genügen, an die Muselmänner Waffen und Munition verteilt. Auch-die aus dem Innern eingelaufenen Nachrichten lauten sehr ernst.
Athen, 9. Febr. Das Amtsblatt veröffentlicht ein Dekret, wodurch die In- dienststellung sämmtlicher Kriegsschiffe angeordnet wird. 2 Torpedoboote werden alsbald nach Kreta abgehen. Die Nachricht von der vor Kanea erfolgten Proklamation der Vereinigung Kretas mit Griechenland wird amtlich bestätigt. In Rethymno besetzten Muselmanen mit Unterstützung der Behörde die christlichen Quartiere und plünderten die Kaufläden der Christen. Um Haleppa dauert der Kampf noch fort. Dir Christen haben die Dörfer Perikuro und Perivolia angezündet. Die Truppen nahmen an dem Kampfe teil. In Saloniki stehen 3000 türkische Soldaten zur Einschiffung nach Kreta be- reit.