Amtsblatt für öis Staöt WiföSaö-
eneral-Anzeiger für Hüdbad und Umgebung.
Er chnni Dt»r»Stag, Dor»«erst«»g u. Gamstag.
Der NbonnementS-PreiS beträgt incl. dem jeden Samstag beigegebenen ALustrirte» Kon»1»g»Skatt °ür Wi'ddad vierteljährlich 1 10 monatlich
40 Pfg.; durch die Post bezogen im Oberamts- Lezirk 1 30 ^ ; auswärts 1 45 <>. Be
stellungen nehmen alle Postämter entgegen.
MM
Der Insertionspreis beträgt für die kleinspaltige Zeile oder deren Raum bei Lokal-Anzeigen 8 Pfg-, bei auswärtigen 10 Pfg. Dieselben müssen spätestens den Tag zuvor morgens 8 Uhr aufgegeben werden. Bei Wiederholungen entsprechender Rabatt. Stehende Anzeigen nach Uebereinkunft. — Anonyme Einsendungen werden nicht berücksichtigt.
Ars. 84.
Samstag, 20. Juki 1893.
31 . Jahrgang
Württemberg.
Gestorben: 17. Juli zu Ludwigsburg Apotheker Julius Keller, 50 I. a.
— Der Ausschuß des Schwäbischen Sängerbundes hat der Oberschulbehörde die Bitte vorgetragen, es möchte denjenigen Lehrern, welche als Mitglieder und Dirigenten eines Gesangvereins das am 21. und 22. d. M. in Biberach zu haltende allgemeine Schwäbische Liederfest besuchen wollen, Urlaub für diese Tage gegeben werden. Das evangelische Konsistorium setzt die Orts- und Bezirksschul- inspektorate nun in Kenntnis, daß, wenn ein solcher Urlaub erbeten wird, die Erteilung desselben einem Anstand nicht unterliegt.
Neuenbürg, 18. Juli. Nach kurzem schwerem Leiden starb heute früh im Alter von 71 Jahren Dekan und Bezirksschulinspcktor Cranz, Räter 1. Kl. des Friedrichsordens, früher Pfarrer in Reubach, dann Dekan in Balingen und seit 1ö Jahren hier. Der Verstorbene erfreute sich bis in die letzten Wochen einer beneidenswerten körperlichen Frische und versah seine Aemter mit außerordentlicher Treue und Pünktlichkeit. Er hatte auch keine Zeit, müde zu sein.
Simmersfeld, 15. Juli. Der hiesige Militärverein feierte gestern seine Fahnenweihe vom schönsten Wetter begünstigt. Gegen 20 Krieger und Gesangvereine, auch der Militär-Verein Wildbad waren zu dem schönen Fest erschienen. Es war ein stattlicher Festzug, der sich durch die Hauptstraße unseres sich weit ausdehnenden Ortes, welcher sich durch Tannenbäumchen, Kränze und Fahnen festlich geschmückt hatte, bewegte. Der Gesangverein von hier trug das Lied vor: „Brüder reicht die Hand zum Bunde," worauf der Vorstand des hiesigen Vereins, Herr Wurster, die fremden Gäste willkommen hieß. Die Fahne wurde von Frl. Hofmann enthüllt und nach dem Vortrag eines sinnigen Gedichts dem Verein übergeben. Die eigentliche Festrede hielt Herr Pfirrverweser Größte, der in begeisterten Worten auf die großen Waffenerfolge unseres Heeres vor 25 Jahren hinwies und betonte, daß es heilige Pflicht jedes Deutschen sei, das Errungene fest zu halten, Vaterlandsliebe zu pflegen und den Kämpfern, Siegern und Gefallenen ein treues Gedächtnis zu bewahren — Im Namen des württembergischen Kriegerbundes überbrachte Hr. Finanzrat Geyer aus Stuttgart die Grüße des Präsidiums desselben. Die schöne Feier beschloß ein Fest
bankett im Gasthaus zum Löwen. Das Festesten fand im Gasthaus zum Hirsch stat.
Calw, 15. Juli. Der durch das Sturm- uud Hagelwetter am 1. d. M. verursachte Schaden stellt sich als ein viel größerer heraus als anfänglich geschätzt wurde. Im Oberamt Nagold sind gleichfalls die Ernteerträgnisse in einer Reihe von Gemeinden total verhagelt und wird der Schaden bei niedriger Schätzung auf 250 000 Mk. berechnet, so daß der Verlust in den Orten der beiden Oberämter auf 700000 bis 800000 Mk. berechnet wird. Der wenig bemittelte Teil der bäuerlichen Bevölkerung, welche sich von den Wunden, welche das Futternotjahr 1893 geschlagen, noch nicht erholt hat geht einer gedrückten Zukunft entgegen. Für diejenigen, welche in der Ernte leer ausgehen, wird es eine schwer zu bewältigende Sorge werden, wie die Lebensmittel bis zur nächsten Ernte, wie Zinsen und Steuern aufgetrieben werden. Wenn wir auch hoffen dürfen, daß viele mildthätige Herzen sich finden, um die außerordentliche Not zu lindern, so ist doch nur der Ersatz eines kleinen Teils des Schadens zu erhoffen, da die Mildthätigkeit für das Balinger Unglück stark in Anspruch genommen wurde. Der Bezirk Balingen hat allerdings sehr schwer gelitten. Da aber für die beklagenswerten Opfer an Menschenleben kein Ersatz möglich ist, so bleibt in Balingen doch auch nur der materielle Schaden zu decken und dafür steht nach dem seitherigen Ergebnis der Sammlungen und des Staatsbeitrags eine Unterstütznng in Aussicht, welche nicht viel hinter dem erlittenen Schaden zurückstehen wird. Es wäre deshalb dankenswert, wenn sich nun die Teilnahme den schwer betroffenen Bezirken Calw und Nagold zuwendet. Gestern fand unter dem Vorsitz der HH. Oberamtleute Voelter und Vogt eine Besprechung zwischen Vertretern der Bezirke Calw und Nagold statt, bei welcher die Veranstaltung von gemeinschaftlichen Sammlungen in weiteren Kreisen und die Grundzüge bei Verteilung der eingehenden Gaben beraten wurden. Es wäre sehr zu wüschen, daß es gelingen möge, den wenig Bemittelten unter den schwer Beschädigten einige Unterstützung zu verschaffen.
Rotfel den b. Nagold, 17. Juli. Eine schreckliche Stund liegt wieder hinter uns, eine Stunde, die wir wohl nicht gleich wieder vergessen werden. Auf das verheerende Gewitter vom ersten Juli folgte heute nachmittag um
die gleiche Zeit, 3'/s Uhr, ein ähnliches vom Südwesten nach Osten ziehendes. Nach langem Blitzen und Donnern regnete es. Aber nach wenigen Minuten kam ein Wind, der das Gewitter in unser Thal zurückbrachte und die Schloßen fielen in der Größe von Erbsen und Taubeneiern, ja an manchen Stellen bis zur Größe der Hühnereier. Das letzte mal dauerte der Hagel nur 3 Minuten, diesmal aber 15—20 Minuten; was das letztem«! verschont blieb, wurde heute vollends vernichtet. An den Bäumen wurden die Blätter herunter- geschlagcn, so daß sie jetzt entlaubt dastehen wie im Winter. Das Oehmdgras und der Klee wurde in den Boden geschlagen. Der vom letzten G wüter zum Teil noch gerettete Reps, jetzt geschnitten, liegt vernichtet auf dem Boden. Die Kartoffeln, die Hauptnahrung der Armen, sind zerschlagen und somit keine oder nur wenig Frucht davon mehr zu erhoffen; ebenso sind zerstört das Kraut, Erbsen und Gartengewächse. Auch das Haberfeld wurde zur starken Hälfte verdorben. Jammernd und weinend standen die Menschen da, Kinder die im Walde waren, Heidel- und Erdbeeren suchten, und auf dem Heimwege waren, flüchteten sich unter di« Bäume und schrien um Hilfe, und wären ihnen nicht ältere Personen zu H'lse gekommen, so wären dieselben in ihrer Angst und Verzweiflung großer Gefahr pretsgegeben gewesen. Der Schaden berechnet sich nun auf 100,000- 120,000 Aber nun, was anfangen? Die alte Frucht ist schon längst sufgezehrt, nirgends ein Verdienst, kein Geld zum Fruchtkaufen, nicht einmal zur Saatsrucht für den Herbst. Das Elend und der Jammer ist groß. Hilfe thut not.
Cannstatt, 16. Juli. Gestern Abend sah man auf dem Fußweg nach Fellbach 2 schwer beladene Stuttgarter Herren nebst einigen Lastträgern, welche eine seltene Beute mit sich führten, nämlich den Oberschädel eines Nashorns. Die Fundstätte befindet sich in der „Winterhalde" unfern derGipsmühle, und die Erdarbeiten für die Umgehungsbahn gaben Anlaß zu der Entdeckung durch Professor Dr. E. Fraas in Stuttgart, der den Schädel selbst ausgrub. Ein Aufseher der italienischen Arbeiter erzählte von einem gewaltigen fossilem Knochen, der in den letzten Tagen gesunden, aber gänzlich zerschlagen worden ist.
Alpirsbach, 16. Juli. Das eine Viertelstunde von hier gelegene bekannte Krähenbad, welches vor l'/r Jahren ein Raub der Flammen geworden ist, wurde in vergangener Woche von Restaurateur Münz zum Kochenhof in Stuttgart ge-