Ironische» Abenteuer auszugehen. Sie rechnen ohne das Volk von Frankreich, das seinem republikanischen Idealis­mus treu bleibt. Unser Volk will das Ende eines jeden Militarismus, wo er auch sei. Es wird -nicht dulden, dag an Stelle eines Friedens des Rechts und der Freiheit der Völker Frankreich der Welt den Geist der internationalen Reaktion übermitteln sollte." Wir die Zeitungen der äußersten Linken die Lage beurteilen, läßt sich gegenwärtig nicht sagen. Blätter wie derPopulaire", dieBataille" und dasJournal du Peuple" werde» seit einer Woche überhaupt nicht mehr über die Grenze gelaffen.

Deutschland.

Freiwillige siir den Grenzschutz.

(WTB.) Berlin, 2-t. Dez. Um die älteren Jahrgänge an den noch bestehenden Fronten des Westens und insbesondere des Ostens möglichst noch vor Jahresende in die Heimat ab­befördern zu können, ergingen vom preutz. Kriegsministerium an di« Generalkommandos Weisungen, die Anwerbung von Freiwilligen mit allen Mitteln zu fördern. Die Einstellung der Freiwilligen soll in erster Linie in die Verbände des Ostheeres außerhalb des Reichs, alsdann in ebensolche inner­halb des Reiches und schließlich in die Truppenteile erfol­gen, die zum Grenzschutz im Westen bestimmt sind. Für die Werbung kommen sämtlich« Jahrgänge in Frage, auch die be­reits entlassenen, außer den Jahrgängen 98 und 99, die nur zum Eintritt in die Verbände jenseits der Ostgrenze heran- .. zogen werden dürfen und nur dann, wenn die Betreffen- '-.7l bereits zwei Jahre gedient haben. Die Freiwilligen ge­nießen sämtliche Vorteile genau wie die Heeresangehörigen, vor allem bezüglich der Familienunterstützungen, der Auf­wandsentschädigungen und Versorgungsansprüche. Als Ge- bührntffe sind ausgeworfen: Mobile Löhnung nach Dienst­graden, tägliche Zulagen in Höhe von 4 im Westen 8 .tt. Im Ost kommen hinzu außerdem Treuprämien im Betrag« von 29 für den ersten Monat, ste.igend für jeden weiteren Monat um 5 -tt, bis zum Höchstsätze von 5V -K. Wo beson­dere Mittel zur Verfügung stehen, werden aus solchen den Freiwilligen noch weitere Zulagen gezahlt. Jeder Freiwil­lig« hat nach dre Monaten Dienstzeit Anspruch auf vier- zehntägigen Urlaub. Zur Durchführung der Werbungen sind durch die Generalkommandos in allen größeren Städten Werbestollen eingerichtet, wo weitere Auskünfte erteilt wer­den. Die Möglichkeit dieser Wiederverwendung im aktiven Heer dürfte vielen willkommen sein, die infolge Mangels an Arbeitsgelegenheit in absehbarer Zeit noch nicht zu Ver­dienst im Zivilberuf werden kommen können.

Aus Stadt und Land.

Calo», den 30. Dezember 1918.

Kriegsauszeichnung.

Schütze August Hammer von Calw hat zu dem Eisernen Kreuz die Silberne Verdienstmedaille erhaltet«.

Gründungs-Versammlung der Deutschen

Demokratischen Partei.

Am Iohanisfeiertag fand im Badischen Hofe die Gründungs-Bersamlung der Deutschen Demo! > tischen Partei statt. Der Vorsitzende, Landtagsabgeordneter Staudenmeyer, begrübt die überaus zahlreich erschie­nenen Parteimitglieder und gab seiner Freude darüber Ausdruck, daß nun durch die Zeitverhältnisse die schon lang erwünschte Einigung der beiden liberalen Parteien zustande genommen sei. Wenn seither eine gegenseitige Befehd! :rg bei den Wahlen stattgesunden habe, so dürfe man den hiebei beteiligten Personen keinen Vorwurf machen, denn sie hätten einfach ihre Pflicht für ihre Par­tei getan und ein erfolgreiches Zusammenarbeiten unter dem »reuen Programm werde bei gutein Willen sicher möglich sein. Bei der nun vorgenommenen Konstituier­ung des Vereins wurde der Vorsitzende zum Vorstand und Handelsschuldirektor Fischer zu dessen Stellvertreter einmütig gewählt. In den Ausschuß wurden sodann nach einer Vereinbarung der seitherigen 2 Parteien fünf Mitglieder von der Fortschrittlichen Volkspartei und vier von der Nationalliberalen Partei berufen. Die weiteren Ausschußmitglieder wurden den verschiedensten Berufsarten entnommen. Dem Ausschuß steht das Recht zu, drei weitere Mitglieder zu kooptieren. Von der Frauengruppe sollen zunächst drei Ausschußmitglieder mit Stimmrecht in den Hauptausschuß ausgenommen werden. In klarer Weise erläuteterte der Vorstand sodann das Verfahren bei dem Proportionalwahlrecht. Während bis­her bei den Proportionalwahlen zum Landtag die freie Liste eingeführt ivar, kommt bet dem jetzigen Wahlsystem nur die gebundene Liste in Betracht. Am wichtigsten ist hiebei die Bestimmung, daß an einem Wahlvorschlag pichts geändert und keinerlei Zeichen angebracht werden varf. Die Parteizettel inüssen also unabgeändert abge- eben werden. Bon einer anderen Partei darf kein same herübergenommen werden, sonst ist der Wahl- rettel ungültig. Der Wähler muß also strenge Partei- tisziplin enthalten. Als Kandidaten für die Landesver- »mmlung wurden von den seitherigen Parteien Land- sigsabgeordneter Staudenmeyer, Eugen Dreiß, Sägwerks- besitzer, Ludwig Wagner und Postsekretür Haug aufgestellt. Ner Provisor. Landesausschuß der Deutschen Demokrati­schen Partei ivird die Aufstellung der Kandidaten zur s-indesversatniiilung endgültig festsetzen. Da auch die ^ brauenaruppen verschiedener Iiitereffenüruvven Anspruch!

Amtliche Bekanntmachung««.

Bekanntmachung.

Da die erforderlichen Bekleidungsstücke noch nicht eingetrosfeu sind, kann mit ihrer Ansgabe au die nach dem 9. 11. 18 Entlassenen nicht ani 2., sondern erst am 7. Januar 1919 begonnen werden Außerdem emp­fiehlt es sich, wegen Geschäftsüberhüufting die Ausbezah­lung des Marsch- und Entlassungsgeldes an persön­lich Erscheinende auf die gleiche Zeit zu verschieben.

Calw, den 28. Dez. 1918. Bezirkskommando.

Bekanntmachung.

Nach 8 2 der Vundesratsverordnung über Oelfrüchte usw. vom 29. Juli 1917 (RGBl. S. 816) und 8 2 der Ministrrial- verfügung über Oelfrüchte usw. voni 11. Dezember 1917 Hai, wer Oelfrüchte bei Beginn eines Kalendcrvierteljahrs in Ge­wahrsam hat. die bei Beginn eines jeden Kalenderviertel­jahrs vorhandenen Mengen dem Ortsvorsteher der Gemeinde, in deren Bezirk die Borräte lagern, anzuzeigen. Der Orts­vorsteher sammelt die Anzeigen und sendet sie an den zu­ständigen Kommissionär des Kriegesausschusses für Oele und Fette ein, in Württemberg an Hermann Nathan in Heil­bronn, der die Abnahme der Oelfrüchte besorgt. Di« Orts­vorsteher habe» den Kommissionär des Kriegsausschusses bei Erfüllung seiner Ausgabe, die Oelfrüchte restlos in Emp­fang zu nehmen, zu unterstützen und die Landwirte zu ge­eigneter Zeit durch ortsübliche Bekanntmachung auf ihre Anmeldung»- und Ablieferungspflicht hinzuweisen (8 3 der Minifterialverfügungj

Infolge der bedrängten Lage der allgemeinen Fettversor­gung ist den Kommunalverbänden die wirksame Uebsrwach- ung der Ablieferung der Oelfrüchte über das dem Selbstver­sorger für seinen Haushalt zustehende Quantum hinaus zur Pflicht gemacht und ersuche ich die Ortsvorsteher, die Men­gen Oelfrüchte, welche dem Kommissionär siir Württemberg, Hermann Nathan in Heilbronn, zur Abnahme gemeldet wer­den, auch an die Geschäftsstelle des Kommunalverbands zu melden.

Tal v, de» 21. Dez. 1918. Oberamtmann Gös.

aus eine Vertretung machen, so ist das jetzt schon sicher, daß der zrimmftige Landtag eine größere Anzahl von Frauen ausweisen wird. Die Aufstellung der Kandidaten durch die Parteileitung und das Proportionalwahlrecht überhaupt wird zur Folge haben, daß mancher Bezirk keinen eigenen Abgeordneten mehr erhält. Für manche Bezirke ivird dieser Vorgang mit großein Nachteil ver­bunden sein. Die Proporzwahlen im ganzen aber werden auch den Minderheiten gerecht und erwecken die Hoff­nung auf einen milderen und vomehmeren Ton im Wahlkampf, da die Persönlichkeiten selbst nicht mehr so stark in den Vordergrund treten wie seither. Die Partei hat mit der Wahlagitation bereits begonnen und wird ihr Programm im ganzen Bezirk zur Besprechung bringen.

Württembergische Bürgerpartei.

* Die württembergische Bürgerpartei, hat sich am 3. Weihnachtsfeiertag in Calw ihren Anhängen! vorge­stellt. in 2 Versammlungen in der Brauerei Dreiß, die alle beide sehr zahlreich besucht waren. Nachmittags sprach in einer Frauenversammluug Frau Johanna Beringer aus Stuttgart über dieWahlpflicht der Frau." Die Rednerin war vor Jahren Lehrerin an der hiesigen Mädchenschule, und stand bei ihren früheren Schülerinnen noch gut in Erinnerung. Nach einer Be­grüßung durch Frau Fabrikant Sannwald gab die Referentin einen Ucberbltck über die Entwicklung der Lage und beschäftigte sich in der Hauptsache mit den derzeit herrschenden Zuständen. Insbesondere wies sie auf die Gefahren hin, welche dem Bürgertum bei etwaigem Versagen der bürgerlichen Wählerinnen drohen würden, durch die volkswirtschaftlichen Umwälzungen im Sinne der sozialistischen Staats- und Wirtschaftsauffas­sung. Wohl hätten die Mehrheitssozialisten erklärt, sie «vollen keine allgemeine Vergesellschaftung der Privat­wirtschaft, aber wenn sie einmal das Heft in der Hand Hütten, würde das Infolge Drängens von links von selbst kommen. Für die Landwirtschaft würde die So- ^ zialisierung geradezu den Ruin bedeuten, denn niemand hätte mehr Interesse an dem Gedeihen seines Landguts. Die derzeitigen Zustände seien auch nicht danach angetan, daß man sich von dem heutigen Regime bessere Ver­hältnisse für die Zukunft versprechen könne. Es würden täglich I V- Millionen Mk. Arbeitslosenunterstützung in Württemberg ausbezahlt, der Minister des Innern, Crispien, habe aber selbst zugeben müssen, daß man bei weitem nicht die 500 Arbeiter für Arbeiten der Neckar­kanalisation aufgebracht habe. Besondere Verluste wür­den aber nach Ansicht der Rednerin für das Volk auf dem Gebiete der Religion eintreten, wenn die Sittenge­setze nicht mehr als Gottes Gebote angesehen würden, wenn der Religionsunterricht aus der Schule verbannt würde. Bezüglich der Stellung der Bürgerpartei zu andern Parteien teilte die Rednerin mit, daß Bürger- partei und Bauernbund bei den Wahlen Zusammengehen und daß man in religiösen Fragen mit dem Zentrum zusammenarbeiten werde. Die Vorsitzende forderte zum! Schluß zu recht reger Wahlberechtigung der Frauen auf.

In der Abendversammlung sprach Oberamtmann Bazille-Stuttgart überDie politische Lage". Professor Widmann bemühte den Redner und die

Versammlungstellnehmer, und dankte besonders den Frauen, daß sie sich so zahlreich eingefunden hatten, ge­trieben durch die Not der Zeit und durch die Sorgen um die Zukunft. Es gelte jetzt aus den Trümmern zu retten, was noch zu retten sei, und auch mit Hilfe alter Bausteine, denn nicht alles sei schlecht gewesen. An seinem Zusammenbruch sei das Volk in seiner Gesamt­heit schuldig gewesen. Wie der neue Bau sein werde, das liege in der Hand des deutschen Volkes, das damit eine schwere Verantwortung übernommen habe. Ein Zu­sammenschluß aller bürgerlichen Elemente wäre wünschens­wert gewesen im Kampf gegen den Umsturz. In der Bürgerpartei sei ein guter Teil des Bürgertums vertreten: ein großer Teil der Nationalliberalen haben den Schritt nach links nicht mitgemacht.

Der Redner des Abends, der wie bekannt über hervorragende rhetorische Fähigkeiten verfügt, zeichnete zuerst ein Bild davon, welches nach seiner Anschauung oie Ursachen des Zusammenbruchs gewesen seien. Cr zog Vergleiche zwischen dem Charakter der beiden füh­renden Parteien im Kriege, dem Charakter des eng­lischen und des deutschen Volkes. Es gebe nur ein Volk in der Welt, das die Idee höher stelle als seine Interessen, und das sei das deutsche Volk. Das eng­lische Volk aber kenne nur seine Interessen und verfolge diese mit einer Nüchternheit und kalten Berechnung, ohne irgend welchen Sinn für Ritterlichkeit und irgeno welches Verständnis für andere Interessen. Der Redner kennzeichneie dann sehr richtig die geniale Einkreisungs­politik Englands von 1903/04 an gegen den deutschen Konkurrenten auf dem Weltmarkt. Ein Krieg um Weltinteressen sei es gewesen, nicht um kontinentale Interessen. Dem deutschen Volk aber habe von jeher der nationale Instinkt gefehlt. Schon die alten Römer hätten das erkannt, und erblickten ihre Rettung vor dem kricgsgeivaltigen Volke in den inneren Meinungsver­schiedenheiten der deutschen Stämme. Der 30jährige Krieg habe dann den Auseinanderfall des römischen Reichs deutscher Nation gebracht, auch nur wegen der religiösen Konflikte. Ueberall in unserem nationalen Leben sei dieser theoretische Eigensinn in schädlicher Weise hervorgetreien; was uns auf wissenschaftlichem, technischem, wirtschaftlichen, kulturellem Gebiete zu den länzendsten Erfolgen führte, unsere methodischen Fähig« eiten, das hat uns in der Politik zur Schwäche geführt, denn Politik lasse sich nicht nach starren Doktrinen treiben. Was den Krieg anaelangt, so sagte der Redner, wir niußten, wenn wir nicht rasch siegten, unterliegen. Zum Zusammenbruch hätten auch beigetragen unser na­tionaler Hader (Kriegszielauffassung), der von England geschickt in feiner Propaganda ausgenutzt worden sei, und die Machenschaften im Innern und beim Heere, was ja ein Führer der Unabhängigen in Magdeburg recht offen eingestanden habe. Interessant waren auch die Ueberlegungen, die der Redner in einem historischen Ueberblick über die Entwicklung der Sozialdemokratie gab, in dem er die Gründe dorlegte, welche

diese Partei zu ihrer Stellung gegen die Monarchie, die Religion und die privatkapitalistische Wirt­

schaftsweise veranlaßt haben. Der Ueberfiihrung des kapitalistischen Systems in die Gemeimvirtschaft, die für manche auf den ersten Blick etwas Bestechendes haben könne, widersetze sich die menschliche Natur. Wir könn­ten nur wählen zwischen Freiheit und Gleichheit, beides zusammen gebe es nicht. Auch seien wir nicht mehr in der glücklichen Lage, unser Wirtschaftsprogramm selbst zu machen, denn unsere Volkswirtschaft werde mit ungefähr 200 Milliarden Hypotheken belastet werden. Wir müß­ten jetzt unsere Produktionskosten erniedrigen, also unsre Löhne erniedrigen, wenn wir mit dem Ausland konkur­rieren wollen, und auf dem Innenmarkt werden wir die Konkurrenz der englischen Ware uns gefallen lassen müssen, die infolge billiger Rohstoffe uns mit Erfolg oe- käntpfen werde. Denn die deutschen Absatzgebiete im Ausland babe England vernichtet, aber den Markt in Deutschland werde sich England sichern. Der Arbeiter wäre sicher früher in eine bessere Lage geführt worden» wenn nicht die unselige Revolution gekommen wäre. Zur Frage der Monarchie bemerkte der Referent, daß das politisch reifste Land, England, fest an der Monarchie festhalte, und das deutsche Volk werde über diese Frage entscheiden, wenn das Narrenschiff der Revolution ge­scheitert sei. Niemand wünsche jedoch die gewaltsame Rückkehr der Revolution. Zum Schluß betonte der Redner noch besonders, daß in der Bürgerpartei am religiösen Gedanken festgehalten werde, dem Volk müsse die Religion erhalten bleiben. Der Glaube sei eine der Säulen, auf der das Reich wieder aufgebaut werden muffe, die andere sei der nationale Sinn, der alles von sich fernhalte, was die Volkswohlfahrt schädlich beein­flusse. Die Ausführungen des Redners wurden mit großem Beifall ausgenommen. Eine Erörterung wurde nicht gewünscht.

(SCB.) Ebingen, 27. Dez. In einer hiesigen Fa­milie sind in der Nacht zum Donnerslag drei Personen infolge von Leuchtgasvergiftung, zwei Erwachsene und ein Kind, gestorben. _

, Für die Schriftl. veranttvortl. Otto Seltmann, Calw. Druck und Verla- der A, Oelschläger'schcn Buchdruckerei, Calw,