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Samstag, 29. Dezember 1894.

30. latiiMng.

Württemberg

Leonberg, 24. Dez. Mühlenbesitzer Will). Kl ein selb er von Merklingen hat die demokratische Kandidatur für den Bezirk Leonberg angenommen,

Mergentheim, 27. Dezbr. Das Bierbrauer Schaufler'sche Anwesen wurde im Aufträge des bischöflichen Ordinariats von dem Superior des Klosters Süßen um den Preis von 50,000 Mark ange­kauft. Anläßlich der Erweiterung dieses Instituts soll mit demselben eine Haus­haltungsschule verbunden werden.

Ulm, 26. Dez. Gestern wurde von hier aus einer der in der Nacht vom 20. auf den 21. Nov. aus der Heilanstalt Zwiefalten entsprungenen Pfleglinge wieder eingeliefert. Derselbe wurde auf Ulmer Markung in einem Garten verhaftet. Es fehlt nun von den 5 Ausgebrochenen nur noch einer.

Calmbach, 23. Dezbr. Gestern abend kurz nach 8 Uhr wurde Gottfried Becker Alt­bürgermeister von Weiler, wohnhaft in Pforz­heim, auf hiesiger Station vom Zug überfahren. Der unglückliche Mann hatte Stroh nach Wildbad geliefert und wollte sein Fuhrwerk, das er vorausgeschickt hatte, in Höfen einholen und hatte deshalb eine Fahrkarte für die Strecke Wildbad-Höfen in der Tasche. Während der kurzen Haltcpause des Zuges hatte der Mann den Wagen verlassen, und kam aber beim An­fahren des Zuges so unglücklich unter den Wagen, daß seine Beine gänzlich zerquetscht und zermalmt wurden. Etwa eine Stunde darauf ist er im Stationsgebäude seinen fürch­terlichen Qualen erlegen.

Rundschau.

Karlsruhe, 24. Dez. Der Hand- schuhfabrikaut Ellstätter, ein Bruder des früheren Finanzministcrs, starb au den Folgen eines Schusses, den er sich bei­gebracht hatte. Das Motiv der That war ein unheilbares Leiden.

Durlach. Ein furchtbarer Familien­mord ist am zweiten Feiertag mittag in Durlach verübt worden. Der Korbmacher- Beck, welcher erst kurze Zeit hier wohnt, hat vier seiner Kinder den Hals abge­schnitten. Mit dem vierten Kinde floh die Frau, da schoß der Wüterich auf sie und traf das Kind, das sie auf dem Arm hatte, lebensgefährlich. Die Frau fiel in Ohnmacht. Der Mörder erschoß sich so­dann selbst. Es heißt, daß Nahrungs­sorgen die Ursache zu der fürchterlichen That gewesen seien. Der Mann soll seine

Frau beauftragt haben, bei ihren Eltern Geld zu holen, doch soll diese nicht ge­gangen sein, da ihre Eltern selbst keines hätten. Eine Menge Menschen umlagerte nach der That das Unglückshaus. Das älteste der Kinder war 8 Jahre alt.

Mannheim. Der Kaufmann Reichen­burg hier, Inhaber der Fournierfabrik Reichenburg u. Co., die sich in Liquidation befindet, ist spurlos verschwunden.

In Straßburg hat man mit dem australischen Ochsensleisch schlechte Geschäfte gemacht. Es mußten 110 Ztr. auf einmal als gesundheilsschädlich ver­nichtet werden. Das Fleisch repräsentirte einen Wert von 10,000 Mark. In Ham­burg hat neuerdings um 10 Pfg. das Pfund keinen Abnehmer gefunden. »

Wien. In der Gesellschaft der Aerzte erklärte der hervorragendste Kinderarzt in Wien, Hofrat Widcrhoser, das Behring- sche Heilserum sei berufen, die Mortalität der Diphteritisfälle um ein sehr bedeu­tendes herabzudrücken. Es sei seine tief­innerste Ueberzeuguna, daß diese Hoffnung sich bestimmt erfüllen werde.

Paris, 24. Dez. Aus Aurillac wird gemeldet: Der Eigentümer des Blattes Progres du Cantal" wurde verhaftet, weil er von dem Maire von Arpayon, Gaffard, mit der Drohung, einen Skandal­artikel zu veröffentlichen, 50,000 Francs zu erpressen versuchte.

Der Suezkanal, dessen technisch- wissenschaftliche Vorarbeiten Ferdinand Lesscps dem österreich. General Negrelli abgekauft hat, worauf er mit dem Gelde einer Finanzgesellschaft an die Ausführung sich machte, hat den Aktionären eine große Summe Geldes eingebracht (man spricht von 1500 Millionen Fr.) Die Gesell­schaft hat für Leffeps überreichlich gesorgt, sie hat jetzt sogar die Absicht, den Namen des großen Panamisten in der Weise zu verewigen, daß in Zukunft nicht mehr von einem Suezkanal sondern von einem Lessepskaual gesprochen werden soll. Die Umtaufe soll in nächster Zeit vorgenommen werden.

Haag, 25. Dez. Der Meeresstrand in Scheveningen wurde vorige Nacht wäh­rend eines Sturmwetters zum Teile weg­geschlagen. Die Treppe und die Statuen des Kurhauses sind verwüstet. Der Schaden an der Schiffsflotte beträgt 100,000 Mk.

Amsterdam, 24. Dez. Der Sturm zerstörte in Scheveningen ein Drittel aller Schiffe, sämtliche Fischerbote lagen am Strande, 40 davon sind zerstört. Der

Schaden ist außerordentlich groß. In Egmond ist die ganze Fischerflotte ver­nichtet. Ueberall an der Nordseeküste ist der Strand 1920 Meter hinweggespült. Der Hafen von Vlissingen hat schwer von der Flut gelitten. Der Postdampfer Prinzeß Elisabeth" ist gestern beschädigt hier eingetroffen. Bei Egmond scheiterte eine deutsche Barke und wurde völlig zer­trümmert; von 17 Personen der Bemann­ung sind 7 gerettet, 5 ertrunken, die übrigen werden noch vermißt. Die schwe­dische Bark Johann Fough strandete bei Vlichorst, die Bemannung ist noch an Bord, das Rettungsboot suchte vergeblich die Bark zu erreichen. Bei Schiermonni- koog strandete ein deutscher Dampfer, dessen Mannschaft aber gerettet wurde.

London, 24. Dez. Das schlimmste Eisenbahnunglück, das seit Jahren in England vorgekvmmen ist, ereignete sich, w e schon gemeldet, am letzten Samstag kurz vor 8 Uhr Abends auf der London- und North-Western-Bahn vor der Station Chelford, 14 engl. Meilen vop Crewe. Der Eilzug der um 4 Uhr von Manchester nach London fuhr, stieß an der Station gegen einen Güterzug, der auf ein Neben­geleise gebracht werden sollte, aber über das Hauptgeleise fuhr. Zur Zeit der Kathastrofe herrschte ein furchtbares Un­wetter. Dabei fuhr der Eilzug mit voller Geschwindigkeit. Es war das Signal ge­geben, daß die Bahn frei sei; doch be­merkten die Lokomotivführer des Eilzuges, wie in der Ferne Laternen warnend ge­schwenkt wurden. Zugleich sahen sie, wie der Güterzug im rechten Winkel auf sie einrannte. So kam es, daß die ersten Wogen des Eilzugs unbeschädigt blieben und die nudern nicht, wie es gewöhnlich der Fall ist, ineinander geschoben, sondern aufeinander getürmt wurden. Da durch den Zusammenstoß die Lichter ausgelöscht wurden, herrschte anfangs die größte Ver­wirrung. Die erste Maschine schlug um und wurde stark beschädigt. Wie Loko­motivführer und Heizer mit dem Leben davougekommen sind, bleibt ein Rätsel. Die Wagentrümmer bildeten hohe Haufen. Es dauerte eine halbe Stunde-bis Rettungs­mannschaften und Aerzte an die Unglücks­stelle kamen. Mittlerweile hatten die unverletzten Fahrgäste die Verwundeten, so weit sie konnten, auf den Bahnhof von Chelford geschafft. Es wurde 8 Uhr, bis die Geretteten auf einem andern Zuge weiterbefördertwerdenkonuten. JmGauzen sind bei dem Unglück 13 Pcrsomn, (rach