Amtsblatt für die Stadt Wiköbaö.
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Lira. SS.
Württemberg.
Stuttgart, 18. Mai. (Landtag.) Die Generaldebatte über die Volksschulgesetznovelle wird geschlossen. Abg. Nußbaumer, ein katholischer Lehrer, sprach sich warm über die obligatorische Fortbildungsschule aus und erwähnte das einhellige Votum des Lehrertags. Schaidt (Volksp.) betonte den Nutzen, den die Fortbildungsschule dem Gewcrbestand bringe. Auch die Religion müsse gepflegt werden, alles aber seine Grenzen haben. Der Kultusminister Sarvey erklärt, er wisse noch nicht, wie die Regierung sich zu den Kommissionsbeschlüssen stelle; er halte vorläufig an der Vorlage fest, die einen Fortschritt bedeute. Die obligatorische Fortbildung sei teils Nichtbedürfnis, teils undurchführbar. Sehr warm für die Kommission tritt Frhr. v. Ow ein, der darauf hinweist, daß er schon vor 17 Jahren die obligatorische Fortbildung forderte. Die Religion solle in die Christenlehre verlegt werden. Der Fortbildungs-Unterricht müsse anderen Zecken dienen. Es sprechen noch Prälat Ege und Schosser, worauf der Berichterstatter Sandberger nochmals die Gründe für die Kommissionsanträge erörtert und die vorausgegangenen Bedenken widerlegt. Sodann beginnt die Einzelberatung. Kiene (Ctr.) beantragt zu Artikel 1, daß die Religion obligatorischer Unterrichtsgegenstand und die Christenlehre in den Fortbildungsunterricht eingezogen werde. Er polemesiert gegen Schnaidt's angebliche Angriffe auf die Religion. Freiherr von Gcmmingen tritt vom evangelischen Standpunkt aus Kiene's Forderung entgegen. Gröber (Ctr.) verteidigt die Anträge, die der Minister Sarvey für unannehmbar bezeichnet.
— Mit Ermächtigung Sr. Maj. des Königs hat das Ministerium des Innern dem Protestant. Kirchenbauverein in Zweibiücken die Erlaubnis zum Absatz von 8000 Losen der zweiten Serie der von diesem Verein zu Gunsten der Wiederherstellung der Alexanderskirche daselbst veranstalteten Lotterie innerhalb Württembergs erteilt unter den allgemeinen Bedingungen der Ministerialverfügung vom 15. Jan. 1688. Als verantwortlicher Hauptagent für Württemberg ist Joh. Schweickert in Stuttgart ausgestellt.
Cannstatt, 18. Mai. Gestern Nachmittag ertrank oberhalb der Berger Turnhalle beim Baden ein 20 Jahr« alter Italiener, der als Maurer an dem Stuttgarter Wasserbauwerk beschäftigt und des Schwimmens nicht kundig war, an einer tiefen Stelle im Ncckarkanal.
Schramberg, 18. Mai. Sicherem Vernehmen nach soll die Herzogin von Urach in nächster Zeit nach dem benachbarten Lauter-
Disnstcrg, 22. Wcti 1894.
bach kommen, um dort in der Dr. Stemmer- schen Wasserheilanstalt eine Kur zu gebrauchen. Dieselbe wird in dem demnächst fertig werdenden Neubau Wohnung nehmen.
Ulm, 15. Mai. Bei dem gestrigen Radfahrerfest errang Rudolf Hauser von Backnang im Fahren um die Meisterschaft Württembergs die goldene Meisterschaftsmedaille und ven Ehrenpreis der Stadt Ulm. Ebenso im König Wilhelms-Wettfahren den von dem König gestifteten Pokal.
R » ndscha u.
Pforzheim, 16. Mai. Heute feierten HerrFabrikant und Landtagsabgeordneter Albert Wittum und Frau Gemahlin das Fest der silbernen Hochzeit. Wenn ein Mann, der so im öffentlichen Leben steht, wie Herr Wittum, ein Familienfest feiert, dann nimmt auch die Oeffentlichkeit davon Notiz, und wenn sein allgemeines Wirken immer nur so von der edelsten Absicht belebt wurde, wie es bei Herrn Wittum der Fall war, wenn er im Kampfe um das Wohl so unerschrocken mutig und selbstlos eintrat, dann schlagen ihm auch dankbare Herzen entgegen und die Glückwünsche zu seinen Freudentagen entspringen aufrichtigen Gefühlen. Unsere Bürgerschaft gedenkt mit großem Interesse heute des Jubelpaares und wünscht ihm Glück auf seinen ferneren Lebensweg. Möge dem Paare auch zur goldenen Hochzeit noch dieselbe Rüstigkeit und dieselbe Lebensfreudigkeit erblühen, wie jetzt zum Silberfeste.
Pforzheim, 18. Mai. Der Gründer des hiesigen Verschönerungsvereins, Herr Fabrikant E. Bichlcr, feierte heute seinen 75. Geburtstag. Aus diesem Anlaß wurde ihm am Dillsteiner Fußweg, einer seiner Schöpfungen ein Gedenkstein errichtet. Am Morgen beglückwünschten den Jubilar Deputationen ver- schiedener Vereine, an deren Spitze er steht und am Abend brachte die hiesige Feuerwehrkapelle ein Ständchen.
Mannheim, 15.Mai. „Das karpstuum mobile, erfunden", so schreibt Herr Aug. Zügel hier dem „G.-A." — welcher diesen Stein der Weisen entdeckt und das Unmögliche möglich gemacht haben will! (??) „Mannheim", so schreibt Herr Zügel weiter, „wird innerhalb einiger Wochen die Ehre haben, im Saale des Rheinparks dahier das erste kvrpstnum mobils in Betrieb zu sehen, und zwar in Gestalt eines Hotelwagens, welcher gegenwärtig im Bau begriffen ist, während die Maschine ihre Vollendung bereits erfahren hat." Herr Zügel hat seine Erfindung schon im Juni v. I. beim Patentamt des Deutschen Reichs angemeldet. Der Erfinder war früher Kellner und hat jetzt
3V. laki-gang.
eine Stelle als Magazinier inne. Man sieht, bemerkt das zitirte Blatt, daß die Lösung des größten Problems, welches den hervorragendsten Gelehrten unmöglich, einem Kellner gelingen kann, gerade so, wie einem Schneider die Erfindung eines kugelsicheren Panzers möglich ist.
— In Mainz sind laut „Köln. Ztg." 2 Franzosen, von denen der eine, in Radfahreranzug, angeblich Ingenieur, der andere Geniekorporal ist und mit einem Amateurapparat die Festungswerke von Castel und Gustavsburg ausgenommen hatten, von einer Patrouille verhaftet und nach dem militärischen Verhör dem. Staatsanwalt überliefert worden.
— Von der bayerischen Grenze, 19. Mai. Der Taglöhner Bergmann in Hutthurm hat auf traurige Weise seinen Tod gefunden. Derselbe kochte sich Knödel und nahm aus Versehen Arsenik statt des Salzes. Bald nach dem Genüsse der Knödel stellten sich Vergiftungssymptome ein. Obwohl sofort ärztliche Hilfe in Anspruch genommen wurde, starb der bedauernswerte Mann nach 2 Stunden.
Wiesbaden, 17. Mai. Friede. Müller, Teilhaber der bekannten Schaumwein-Fabrik Matthäus Müller in Eltville, ist in vergangener Nacht, 49 Jahre alt, an einem Herzschlag gestorben.
Koblenz, 16. Mai. Im benachbarten Weinorte Winningen an der Mosel wütet seit gestern Abend Großfeuer. Pioniere wurden von hier zur Hilfe erbeten.
Parte nkirchen, 16. Mai. Ueber eine» schauerlichen Selbstmord in der Partnach- klamm berichtet der Loisach-Bote: Unsere majestätische, viel besuchte Partnachkiamm war heute der Zeuge eines fürchterlichen Selbstmordes. Der Kanonier Anton Schwaiger des 1. Feldart. Regt, in München, von Kohlgrub gebürtig, stürzte sich heute Nachmittag 4 Uhr von der eisernen, die Partnach umspannende Brücke bei Obergraseck in die in einer Tiefe von 68 Meter wildtosender Partnach. Derselbe war zum Pfingstnrlaub in Partenkirchen bei seinen Angehörigen ringetroffen und sollte am Pfingstmontag Abends wieder bei seinem Regiment in München rin- passiren. Dazu hatte er jedoch keine Lust unv ans Furcht vor der ihm drohenden Strafe beging er diesen grausamen Selbstmord. Der Verstorbene diente bereits zwei Jahre bei seinem Regiments. Seine Eltern, in Partenkirchcii bedienstetete Taglöhnerseheleute, hatten sich bereits gestern, Montag, telegraphisch mit der Bitte um Urlanbsver« längerung an das Regiment gewandt. Dumpf vor sich hinstarrend, wurde Schwaiger heute Vormittag in mehreren Gasthäusern beob-