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Madame und belagern Nictheroy, dessen Übergabe erwartet wird. Die Aufständischen in Rio Grande erhielten Munition.
Rio de Janeiro, 31. Jan. Alle hier weilenden Schiffskommandantcii haben an die Regierung telegraphirt, daß die Insurgenten sich im Hafen festgesetzt haben.
— Der Jnsurgentengencral Gama befin- sich im Staat Parana, wo eine provisorische Regierung eingesetzt wird.
Unterhaltendes.
„Aneinander gekettet."
Amerikanischer Kriminal-Roman von O. v. Ellendorf.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
„Ach, wenn ich Ew. Ehren es auch sagen würde, man schenkte mir doch keinen GlaubenI" rief er traurig, und als er dann bemerkte, daß dem Beamten eine Frage auf der Lippe schwebt, sagte er: „Nein, man würde mir nicht glauben l Wie könnten denn auch Menschen, wie Sie, einem solchen, wie ich bin, glauben? Ihr habt eine Vergangenheit, würden sie sagen! Eine Vergangenheit — das ist es, was man mir ins Gesicht schleudert — ha I Als wenn die Zukunft von der Vergangenheit abhinge? Wohl ist cs wahr — ich bin ein Spieler, ein Trinker und schon 'mal wurde ich wegen Hehlerei bestraft, aber, was beweist das? Ich habe mein Leben befleckt, mich selbst betrogenI Meine Vergangenheit — habe ich sie nicht wieder gut gemacht? Ich habe nicht immer Anderen gedient, habe schon 'mal in guten Verhältnissen gelebt. Mein Vater war schon als freier Farbiger in Pensyloanien geboren und sehr wohlhabend — wenn nicht reich und Besitzer einer Handelsgärtnerei, die für die beste im Staate galt. Ich wurde gut erzogen und studirte Rechtswissenschaft, als ich 18 Jahre alt war. Nach vier Jahren sagte man mir, ich sei ein talentvoller junger Mann, da — zum größten Unglück für mich, starb mein Vater I Er hintecließ mir Haus und Ländereien im Werte von 50000 Dollars, die ich aber für 30000 Dollars verkaufte Die Depositen auf der Trabers und Farmers Bank m Philadelphia eingerechnet, besaß ich nun rund 60000 Dollars, eine Summe, die, so dachte ich, für ewig ausreichen würde. Ich kam nach Newyork, wo mich eine Art Fieber, ein Vergnügnngswahn ergriff und wie ein Narr geberdete ich michl"
John machte eine Pause, wie wenn tausend Bilder an seinem Geiste vorüberzogen, dann rief er aus: „Und doch, es waren schöne Zeiten! — Acht Jahre gerade dauerte es, bis meine 60000 Dollars verbraucht waren und dann war es auch mit meiner Glückseligkeit aus. Aber dann wollte ich in eben der Weise wie frühe: weiter leben. Sie verstehen mich wahrscheinlich Gentlemen? Aber in einer Nacht verhafteten mich die Detektivs und ich bekam bald darauf sechs Monate. „Sing — Sing." — Darnach führte ich ein elendes Leben, meistens in Gesellschaft des Abschaums der Metropole. So, das ist Alles und die reine Wahrheit!"
Der Major schien von Abscheu und Erstaun:» erfüllt. „Gütiger Himmel!" rief er aus, „welch ein verwegener und durchtriebener Gauner! Wenn ich bedenke, wie man sich manchmal herbeiläßt, solches Gesindel als Diener in sein Haus zu nehmen!"
Mr. Clah behielt seine Ruhe, er sah ein, daß John Hood augenblicklich in solch leiden
schaftlicher Erregung sich befand, daß er leicht seine eigenen Gedanken Lügen strafen konnte.
„Aber das werden Ew. Ehren wohl nicht in den Records der Behörde finden, nämlich, daß ich das Leben endlich verabscheute und Selbstmord begehen wollte? Man verhinderte es aber und ich empfand wieder Lust am Leben und suchte Beschäftigung und nachdem ich vier Stellen inne gehabt, nahm mich hier Mr. Stratton in seinen Dienst. Ich fühlte mich ziemlich glücklich hier, obwohl nebenbei gesagt, ich immer im Vorschuß mit meinem Salair war. Aber, was will das sagen? Fragen Sie nur Jeden hier, ob man jemals eine Klage über mich geführt?
Bei den erfahrenen Kriminalbramteu ist die Ansicht vorherrschend, daß jene Verbrecher, die Erziehung genossen und einst in guten Verhältnissen gelebt haben, die gefährlichste» sind. Legt man nun diese Theorie als Maßstab bei John Hood an, so mußten die vor Staunen und Entrüstung stummen Zuhörer denselben für ein Spezies jener Sorte halten.
Der Staatsanwalt, der seinem jetzt fertigen Plane treu blieb, nahm das Wort: „Das Alles ist ja ganz interessant, ohne Zweifel, aber — wir wollen etwas Anderes wissen und später auf Eure Bekenntnisse zurück- kommen. Für jetzt die Frage: Wo verweiltet Ihr während der letzten Nacht und von wem erhieltet Ihr das Geld
„Ah — so — was wünschen Sie, das ich antworten soll? Die Wahrheit? Sie würden sie nicht glauben und darum sage ich lieber Nichts, allerdings ist das sehr fatal I"
„Ich warne Euch, John Hood, zu Eurem eigenen Besten die Wahrheit zu gestehen, denn wenn Ihr in Stillschweigen verharrt, so muß ich Euck, als der Mitschuld an dem Morde verdächtig, sofort verhaften lasten!"
Diese Drohung schien doch einigen Einfluß auf John auszuüben, dessen Augen sich plötzlich mit Thränen füllten. Er fiel auf die Knie und rief flehentlich: „Verhaften Sie mich doch nicht, Sir! Ich beschwöre Sie — ich bin unschuldig!"
„Dann sprecht!"
„Sie wünschen es?" Dann erhob er sich, aber feine Züge, sein Ton veränderten sich plötzlich und er sagte: „Nein, ick will nicht, kann nicht spreche»! Nur ein Mensch könnte mich retten, Mr. Stratton und — der ist todtl Ich bin unschuldig — und doch — findet man die Schuldigen nicht — verloren! — Ich werde kein Wort weiter sprechen!"
Mr. Clay schien durchaus nicht überrascht nach dieser Erklärung und erwiederte kalt: „Ihr werdet Zeit zum Nachdenken erhalten, aber — merkt Euch das: Wenn ich Euch wieder vorführen lasse und Ihr sprächet dann die Wahrheit, so würde ich Euch weniger glauben wie jetzt. Vielleicht," fügte er mit scharfem Blick auf John hinzu, „wartet Ihr nur indirekt an dem Morde beteiligt; wenn dem so ist —"
„Weder indirekt noch direkt!" unterbrach ihn der Gefangene. „O wie schrecklich, unschuldig zu sein und doch außer Stande, mich zu vertheidigen!"
(Fortsetzung folgt.)
Berm ischtes.
— Sehr lehrreich ist die Geschichte von einem Manne in Daxheim bei Mainz. Er saß im Wirtshaus, trank ein Glas oder ein paar über den Durst und fing an zu raison-
nieren. Beim Bürgermeister fing er an und beim Kaiser hörte er auf — und der Schluß war eine — doppelte Majestätsbeleidigung.
— In Auxerre in Frankreich konnte man seit vielen Jahren den Pere Fleutelot, als einen in Lumpen herumgehendcn Geizhals, der auf den Straßen Alles auflas, was noch irgenowie dienen konnte, Reisig, Stücke Kohlen, Nägel, Cigarrenstummel, und sogar Almosen nicht verschmähte, die ihm von milder Hand gereicht wurden. Unlängst hieß es, der Kauz, der Pere Fleutelot, sei vor Hunger und Kälte gestorben, aber niemand hatte rechtes Mitleid mit dem Greis, denn es war Land auf und ab bekannt, daß er als reicher Mann hätte leben können. Als die Erben, entfernte Verwandte, in das vernachlässigte Haus kamen, das sie noch niemals betreten Hallen, suchten sie in wurmstichigen Kasten und nach Schimmel riechenden Ecken herum und fanden lange nichts, das ihnen Freude gemacht hätte. Endlich zog man unter dem Dach einen schadhaften Koffer mit zerbrochenem Schloß hervor und fand darin Wertpapiere, Silber und Gold im Betrage von 910,000 Frs. Die angenehme Ueberraschung steigerte sich, als man die Entdeckung machte, daß seit zehn Jahren kein Koupon abgelöst war. Dann wurde noch ein anderer Schatz gehoben, eine Sammlung von 400 ehrwürdigen Flaschen Bordeaux, die über ein Jahrhundert alt, aus dem Jahre 1790 stammt. Sie war mit einer hohen Staubdecke bedeckt, von Spinngeweben umzogen und von den Eltern auf den Sohn übergegangen, der niemals daran gerührt hatte. Endlich besaß der Geizhals, der 85 Jahre alt geworden war, noch ein großes Herrschastsgut, das seit 50 Jahren ganz und gar vernachlässigt worden war; die Gebäude haben Riffe, der Boden liegt brach und aus den Forsten ist ein Urwald geworden.
— Eine Rohheit soll die Ursache des jüngsten Ausstandes in Kamerun gewesen sein. Es wird berichtet, daß der deutsche Untergouverneur etwa 20 Weiber seiner dahomeyanischen Soldaten peitschen ließ. Das Vergehen der Weiber wird nicht genannt, aber es heißt, daß sie entkleidet über Fässer gelegt und gepeitscht wurden. Diese Behandlung ihrer Weiber verursachte die größte Erbitterung der Truppen gegen Sen Untcrgouverneur. Etwa 100 Soldaten empörten sich, drangen in das Gouvernementsgebäude ein, wo die Beamten gerade speisten und erschossen den Richter, der gerade an der Spitze der Tafel saß, sie hatten ihn irrtümlicher Weise für den Untergouverneur gehalten.
— Einen poetischen Gruß an den Gerichtsvollzieher hatte ein Leipziger Studio in seinem Zimmer angeschrieben:
Ich weiß, du kommst, um mich zu pfänden. Du strammer Bote des Gerichts!
Ich kenn' die Leute, die dich senden.
Doch diese Leute kriegen nichts;
Zwar dein Bestreben scheint mir löblich, Pflichteifer treibt so früh dich her;
Doch glaub mir Freund, du kommst vergeblich. Denn hier ist alles öd und leer.
Sieh' hier eh'mal'gen Reichtums Reste:
Ein Port'monaie mit nichts darin.
Dort an der Thür hängt eine Weste,
Wenn sie dir ansteht, nimm sie hin!
Sonst bieten nichts dir diese Räume,
Die suchend jetzt dein Blick durchirrt;
Denn Stiefelknecht und Gummibäume Gehören meinem Zimmerwirt.
Du siehst: Hier ist nichts fortzuschleppen.
Mich dauert, daß du dich bemüht!
Es sind vier unbequeme Treppen!
Geh' hin, wo Pracht und Luxus blüht!
Noch ist es früh — genieß den Morgen!
Was nutzt es, daß du länger weilst?
Doch kannst du, Freund, mir etwas borgen, Leg's hin, eh' du von dannen eilst I