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Dienstag, 30. Janrrav 1894.

30. talingang

Württemberg.

Stuttgart, 26. Jan. Se. König!. Majestät sind heute Vormittag nach Berlin abgereist, um an oer Feier des Geburtsfestes Sr. Maj. des Kaisers teilzunehmen. Im Allerhöchsten Gefolge befinden sich der General- Adjutant Gcn.-Lt. Freihr. v. Falkenstein und die Flügeladjutanten Oberst v. Schott und Rittmeister Frhr. v. Röder.

— Im Etatsjahr 1892—93 betrug in Württemberg die Biergewinnung 3,7 M ll. Hektol. Bier. Zuzüglich der Einfuhr und ab­züglich der Ausfuhr berechnet sich der Bier- Berbrauch in Württemberg auf 184,2 Liter pro Kopf der Bevölkerung. Die Brausteuer im ganzen deutschen Zollgebiet ergab 30,9 Millionen Mk. oder 78 Pfg. auf den Kopf der Bevölkerung.

Urach, 24. Jan. Am letzten Sonntag fand dem entworfenen Plane gemäß die Win- ter-Turnfahrt der Turnvereine des Achalm- gaucs über St. Johann nach Dettingen (305 Turner) statt, womit ein sog. Kriegsspiel in Verbindung treten sollte. Turnvereine von Metzingen, Urach, Münsingen und Pfullingen hatten ihre dort eingenommene Position gegen den Angriff der von Reutlingen aus um 9 Uhr vorgehenden Vereine von Reutlingen, Tübingen und Rottcnburg zu verteidigen. Die einzelnen ausgesührten Operationen der Angreifer, wie der Verteidiger stellten, wenn auch vom Wetter begünstigt, namentlich an die turnerischen Leistungen der ersteren, bei Ersteigung des Drackenbcrgs vom Arbachthal aus ohne Weg und Steg gewaltige Anfor­derungen. Nach mutvoll gelöster Aufgabe wurde in Dettingen nach wirklich strapaziösen Anstrengungen und einigen auf dem dortigen Turnplatz ausgesührten Freiübungen Halt ge­macht. Von Metzingen aus, wohin um fünf Uhr gemeinsam marschiert wurde, benützten die meisten Turner zur Heimkehr die Bahn, be­friedigt über den Verlauf der Turnfahrt.

Horb, 21. Jan. Gestern brannte eS in dem 6 Km. von hier entfernten Oberthal­heim. Die Malzdörre in der Bierbrauerei zum Adler wurde zum Dörren von Tannenzapfen verwendet; durch ungeschickte Behandlung, wie es scheint, gerieten dieselben in Brand. Die Brauerei war in großer Gefahr, allein durch das rasche, energische Eingreifen der dortigen Feuerwehr, die mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, bis sie den Herd des Feuers erreichte, gelang es, des Feuers bald Herr zu werden. Daß der Brand bei Tag zum Aus­bruch kam, war sowohl für die Brauerei als auch für die Nachbarhäuser von großem Glück.

Göttelfingen O.A. Freudenstadt, 26. Jan. In etwas verdächtiger Weise hat sich kürzlich ein hier und in der Umgegend

die besseren Häuser absuchender Bilderkolpor­teur benommen, der unter dem Vorgeben zum Zwecke der Restauration eines baufälligen Gotteshauses in einer Gemeinde von Waideck- Pyrmont Gelder aufzutreiben, mit frommer Miene Geschäfte abzuschließen suchte. Es scheint aber zum Mindesten auffallend, daß der Mann die Dörfer nicht der Reihe nach besucht, ganze Obcrämter überspringt und namentlich die Oberamtsflädte umgeht, daß er sich von einem Ort in den andern mit zweispänmger Chaise führen läßt und jeweils ziemliche Quantitäten Wein zu sich zu nehmen pflegt, weshalb eine öffentliche Mahnung zur Vorsicht nicht über­flüssig erscheinen dürfte.

Weilhcim, 22. Jan. Gestern ereignete sich hier ein betrübender Unfall. Mehrere Männer waren im Walde mit Stumpengra­ben beschäftigt, gerade als 5 derselben beim Mittagessen zusammensaßen, warf der Wind eine halbumgrabene Tanne um. und deckte die Männer vollständig zu. Einem derselben schlug der Stamm den linken Fuß und die linke Hand vollständig ab, so daß ihn seine Kame­raden auf einer Leiter heimtragen mußten, worauf er sofort ins Krankenhaus nach Tü­bingen geführt wurde. Die anderen vier Männer kamen glücklicherweise mit dem Schrecken davon.

Gmünd, 26. Jan. Die Wahl eines Stadtvorstands hier ist auf 15. Febr. anberaumt.

Göppingen, 25. Jan. Nachdem im Laufe des letzten Jahres bei der hiesigen freiw. Feuerwehr eine Rettungsleiter alten Systems in Abgang genommen war, wurde als Ersatz für dieselbe eine neue kombinirtc Balanceleiter bei I. G. Lieb in Biberach bestellt von der­selben Konstruktion, wie die hiesige vr. Lan- der'sche Heilanstalt und die Feuerwehren der Städte Ludwigsburg, Schorndorf, Aalen, Tuttlingen u. a. solche schon besitzen. Dieser Tage kam die Leiter an und wurde gestern durch den Landesfeuerlösch-Jnspektor Kleber im Beisein des Stadtvorstandes und der Feuer- wehrofsizicre einer genauen technischen Prüfung unterworfen. Das neue Geräth wurde sowohl hinsichtlich der Solidität der Konstruktion als auch der praktischen Verwendbarkeit und Hand­habung wegen als tadellos erfunden.

G ö pp in ge n, 25. Jan. Heute früh nach 3 Uhr brannte die nach amerikanischem System erbaute Kunstmühle von Albrecht und Wildermuth i» Faurndau nieder. Der Scha­den ist bedeutend. Es sind große Vorräte von Frucht und 3000 Ztr. Mehl zu Grunde gegangen.

Rundschau.

Pforzheim, 27. Jan. Wie verlautet, wurde gestern Mittag im Hohbergwald eine

Frau von einem Strolch angefallen und ver­gewaltigt. Leider hat man von dem Thäter bis jetzt noch keine Spur.

Freiburg, 27. Jan. Vor einiger Zeit wurde gemeldet, daß der frühere Bürgermeister von Hugstetten eine Trauung ohne Bräutigam vollzogen, d. h. die Einträge in das Standes- Register nur vor der Braut und dem Vater des Bräutigams gemacht, während der Bräu­tigam seine Unterschrift erst am Tage nachher gegeben habe. Der ehemalige Bürgermeister wurde von der hies. Strafkammer deshalb zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt.

Konstanz, 24. Jan. Das Schwur­gericht verurteilte den Rom. Schwarz von Weigheim wegen Mords zum Tode.

— Der Erfinder der „Volapüksprache", der bekannte Pfarrer Schleyer, ist in Konstanz im Alter von 92 Jahren gestorben.

Mannheim, 26. Jan. Ein vorgestern früh von Speyer abgegangenes Fahrzeug, mit 30,000 Steinen beladen, das nach LadwigS- Hasen bestimmt war, und dem Ziegeleibesitzer W. Stürtz in Speier gehörte, ist bei Altrip unter- gcgangen. Die Mannschaft des Fahrzeugs konnte sich retten; letzteres ist jedoch voll­ständig verloren. Ladung und Fahrzeug find versichert.

Frankenthal, 27. Jan. Die General- Versammlung der Frankenthaler Zuckerfabrik überwies zum Andenken an den verstorbenen Direktor, Kommerzienrat PH. Karcher, dem von diesem zum Besten der Arbeiter der Zucker­fabrik gestifteten Karcher-Stiftungsfond hundert­tausend Mark. Außerdem wurden sofort 20,000 Mark an die Arbeiter verteilt.

Aus Franken, 26. Jan. Am letzten Montag verabschiedeten sich die Gebrüder Her­mann und Fritz Bub von der Bürgerschaft zu Neustadt a. Aisch, um in ihre alte Heimat nach der Insel Java zurückzukehren. Ihr Vater ist ein geborener Neustadter und ihre Mutter eine Malaym. Der Vater brachte diese seine Söhne als kleine Knaben zu Verwandten nach Neustadt. SiebesuchtenverschiedeneLehranstalten und zuletzt das Technikum in Mitweiva. Sie wer­den nun dem Vater in seiner Eigenschaft als Di­rektor einer Zuckerplantage unterstützen und ihre in Neustadt und Mitweiva erworbenen Kenntnisse verwerten.

Bayreuth, 23. Jan. Der frühere Vor­steher der Reichsbanknebenstelle in Hof, Dinse, ist wegen eines Cassamankos in der Höhe von 35 000 Mk. in Untersuchung gezogen worden.

Seehausen i. Altmaik, 24. Jan. Bei dem im vorigen Jahre bei Salzwedel stattgefundenen Manöver hatte eine Postor» witwe aus Osterburg das Glück, eine dem Kaiser gehörige Cigarrcntasche zu finden. Vom Hofmarschallamte wurde kürzlich den vier Töchtern jener Finderin je «ine kostbare