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von morgen ab eingestellt werden. Bis jetzt wird der Tod von 6 Personen durch Erfrie­ren gemeldet. Auch eine beträchtliche Zahl von Pferden fielen. An verschiedenen Orten blieben Züge im Schnee stecken. In Mar­seille fiel 40 Ctmtr. hoch Schnee, wodurch der Verkehr unterbrochen wurde. So viel Schnee hat Marseille seit 1870 nicht gehabt. Auch aus Ajaccio auf Corsica wird ungewöhnlicher Schneefall gemeldet.

Paris, 7. Jan. Das Dekorationsma­gazin der Großen Oper ist gestern Abend voll­ständig niedergebrannt. Alle Dekorationen des Opernrepertoires sind zerstört, auch die Dekorationen zu der neuen Mafsenet'schen Oper. Ein mächtiger Flammenschein rötete den Him­mel über der Stadt. Das Feuer ist bewältigt und die umliegenden Häuser außer Gefahr. Der Schaden wird auf eine Million geschätzt, und man glaubt, daß infolge des Brandes die Große Oper werde geschlossen werden müssen.

8. Jan. Eine Depesche des Generals Dodds meldete, daß Behanzin lebhaft ver­folgt wird und gezwungen sei, im Buschwerk zu leben und jede Nacht sein Lager zu ver­ändern. Es habe sich kein ernsterer militä­rischer Zwischenfall ereignet.

Rom, 8. Jan. Bei einem Kanonikus fand die Polizei zahlreiche für den Abgeordneten Defelice schwer belastende Dokumente, vor­wiegend seinen Briefwechsel mit den Pariser anarchistischen Mittelsmännern zur Förderung des Aufstands in Sizilien. Die Verhaftung des Priesters erfolgte.

Der Priester Urso und sein Sakristan, die gestern wieder freigelassen wurden, sind von Neuem verhaftet worden. DemM." zu­folge, wurde ein Jnfanteriescrgeant, der in der Angelegenheit Giuffridas kompromittiert ist, verhaftet.

Rom, 8. Jan. Privatdepeschen aus Tra- pani zufolge bieten die jüngst von den Meu­terern geplünderten Ortschaften Mazzara, Ca- stelvetrano, Arsi einen trostlosen Anblick. Der Schaden ist unberechenbar. Die Agitation hat sich in Calabrien nicht weiter verbreitet. In der Gemeinde Colonna griff der Pöbel, unter dem Vorwände, ein verhaftetes Individuum zu befreien, zu den Waffen und überfiel das Bürgermeisterhaus, wo die Fensterscheiben zer­trümmert wurden. Gensdarmen stellten die Ordnung wieder her. Die Tribuna ffchreibt: Die dem Ministerium des Innern zugegange» nen Nachrichten schildern die Lage Siziliens noch immer als ernst. Unzweifelhaft handle es sich um eine lange vorbereitete Bewegung, woran der internationale Sozialismus beteiligt sei. General Morra hat kraft seiner außerge­wöhnlichen Vollmacht die Verfallzeit der Wechsel der Banken um 2 Monate verlängert.

Petersburg, 5. Jan. Wie hier aus bestunterrichteter Quelle verlautet, beschloß das Verkehrsministerium, für den Personenverkehr den Zonentarif nach ungarischem Muster probe weise einzusühren.

In Petersburg trägt man sich auch mit dem Gedanken einer Weltausstellung; sie soll aus Anlaß des 200jährigen Jubiläums der Stadt Petersburg im Jahre 1903 ver­anstaltet werden, vorausgesetzt, daß das erfor- derl che Geld vorhanden ist.

Sierra Leone, 6. Jan. Die Englän­der, die nahe von Warina in dem Bezirk Kono innerhalb der englischen Jnterefsenspäre lagerten, wurden am 28. Dez. von den Franzosen unter dem Lieutenant Moritz, von Port Farano kom­mend, angegriffen. Die französische Truppe bestand aus 80 Senegal-Schützen und 1200 Mann e ngeborener Hilfstruppen. Die Eng-

tländer erwiederten das Feuer und beschossen die Franzosen eine Zeit lang, bis sie sich zu­rückzogen. Lieutenant Moritz, der verwundet war, wurde in das englische Lager gebracht, wo er später an den Verletzungen starb. Vor seinem Tode erklärte er, daß er die englischen Offiziere für arabische Anführer gehalten habe. Zehn Senegalschützen sind getötet worden. Die Engländer verloren zwei Lieutenants, einen Unteroffiizier und vier Mann; vierzehn Mann wurden schwer verwundet. Von der englischen Grenzpolizei wurden der Chef, Kapitän Lendy und zwei Mann getötet, sowie drei Mann schwer verwundet. Das englische Corps ver­bleibt in Warian.

Um ein Defizit von 120 Millionen Mark zu decken, planen die Vereinigten Staa­ten von Nordamerika die Einführung einer Einkommensteuer von 2 Vroz. für alle Ein­kommen von über 4000 Dollars. Außerdem soll der Tabak noch mehr bluten. Seither hatten die Vereinigten Staaten immer Ueber- schüffe von Hunderten Millionen. Diese schöne Zeit scheint nun auch drüben vorüber zu sein.

Rio de Janeiro, 9. Jan. Die In­surgenten haben sich der Insel Engheno be­mächtigt^

Aus Stadt und Umgebung.

ff Wildbad, 9. Jan. Am Sonntag Abend fand im Zeichensaale der Realschule die Weihnachtsbescheerung für die jungen Leute statt, die regelmäßig die Lehrlings-Abende besuchten. Mit einem durch Hrn. Lehrer Monn einge­übten Weihnachtschor begrüßten die jungen Leute den strahlenden Christbaum, unter dem reiche Gaben ausgebreitet lagen, für deren Beschaffung sich besonders Herr SchreinermeistecK. Schulmeister eifrig bemüht hatie. Hr. Stadtpfarrer Glauner wies zuerst aus die Bedeutung des Christ­baums hin, ermahnte dann die jungen Leute, den zum Vorbild zu nehmen, dessen Geburt wir im schönsten Feste des Jahres unter den Lichtern des Christbaums feiern; Pflichtgefühl, Opferwilligkeit und Selbst- ' Verleugnung für die höchsten Tugenden des Christen zu halten und der Verfüh- , rung nicht Raum zu geben. Während ^ der nun folgenden Gabenverteilung durch . die Herren Gewerbeschülräte stimmte der ! Singchor der Realschule unter Hrn. Col- ^ laborator Offner's Leitung einen drei­stimmigen Festgesang an, worauf Herr Stadtschultheiß Bätzner das Wort er- ^ griff, seiner Freude Ausdruck gab über ^ den regelmäßigen Besuch dieses von der § Gemeinde mit allen zur Unterhaltung- ^ Ligen so reichlich ausgestatteten Lehrlings- , Heims, sowie über die gute Führung der ^ jungen Leute. Er hoffe nur, daß es so . weitergehen und sie sich nicht von solchen Hinreißen lassen, die sie vom Wege der Ordnung und Gesittung ab zu Unfug und Schlechtigkeit leiten wollen, dann werde ^ er und der Gemeinderat stets ein warmes , Herz für sie haben bei jeder Gelegenheit j und es an nichts fehlen lassen, was ihnen ! den Aufenthalt in diesen Räumen immer i angenehmer und heiterer machen könne. Weiter hoffe er, daß sie auch im späteren , Leben nicht denen ihr Ohr leihen, die sich als ihre Freunde aufspielen, ohne dabei auch Freunde der Ordnung und der wahren > Wohlfahrt zu sein, sondern Unzufriedene, > Nörgler und leere Schreier. So lange ! die Erde stehe, habe es Reiche und Arme gegeben und keine Umwälzung sei imstande ^

I gewesen, noch werde es je sein, diese Gottes­ordnung zu ändern. Fleiß, Treue und Redlichkeit, das seien die Wege zu Wohl­stand und Zufriedenheit und auf diesen hoffe er sie ihr Leben lang zu sehen. Achtundvierzig Lehrlinge hatten sich ein­gefunden und aus vollem Herzen erscholl ihr Schlußgesang:Großer Gott wir loben Dich," ehe sie fröhlich mit ihren Geschen­ken den Heimweg antraten. Die zahlreiche Beteiligung der Herren Meister zeigte deutlich, wie viel Interesse auch sie für diese neue Einrichtung haben, der wir für die Zukunft gedeihliches Wachstum und Gottes Segen wünschen.

Calmbach. Der hiesige Gypser Chr. Locher ist am Samsiag den 30. Dez. die Ralhaustreppe herabgestürzt und hat sich einen Nippenbruch und eine nicht unerhebliche Ver­letzung vcs Schädels zugezogen. Die Heilung geht so schnell vor sich, daß Locher bereits oas Bett wieder verlassen konnte. Die Nach­richten, welche seinen Tod meldeten, beruhen somit auf einem Irrtum.

Uliki-Haltkildks.

Aneinander gekettet."

Amerikanischer Kriminal-Roman von O. v.

E l le n dor f.

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Trotz seines Abscheues und des Entsetzens, das ihn erfaßt, war des Majors Charakter doch weit entfernt von entehrender Feigheit, schien doch selbst der Chef der Constabler, der an haarsträubende Anblicke und Scenen gewöhnt, durch das hier bereits Geschehene bewegt. Mr. Blaut allein bewahrte seine ganze Kaltblütigkeit und Selbstbeherrschung und blickte auf Alles so ruhig, als befände er sich ln seinem eigenen Hause.

Wir müssen weiter," sagte er, die Thür des Schlafzimmers öffnend, worauf die An­deren ihm folgten.

Hier bot sich die größte Unordnung den Blicken der Eintretenden dar, und jedes Möbel, jeder Gegenstand gab Zeugnis von dem schreck.,chen Kampf auf Leben und Tod, der hier zwischen den Mördern und ihren unglücklichen Opfern stattgefunden.

Ein kleiner Tisch war umgeworfen und um ihn herum lagen Scherben von Porzellan »nd eine Anzahl Stücke Zucker, welcher Um­stand Attilla zu dem Ausspruche veranlaßte,daß. seine arme Herrin und ihr Gatte gerade im Begriff gewesen, den Thee zu nehmen, als die Mörder sie überfielen. Die Nipp­sachen auf dem Kaminsims waren herabge­stürzt, ebenso die prächtige Stutzuhr, die bei ihrem Falle 20 Minuten nach 3 gezeigt. Unweit der Uhr lagen 2 Lampen, deren Glocken zersplittert, und aus denen das Oel über den Teppich verschüttet war, auch waren die seidenen Bettvorhänge herabge­zerrt und in Stücke gerissen, deren eines auf dem Bette, das andere auf dem Teppich lagen. Tie Polster der Stühle und der Sophas waren anscheinend mit Messern auf­geschlitzt und die Füllung daraus entfernt. Das schöngeschnützte Schreibpult war er­brochen und dessen Schubfächer leer, und an jedem Möbel und den Tapeten wie auch an den abgerissenen Fenstervorhängen be­fanden sich zahllose Blutflecke.

Die armen Geschöpfe!" rief mit beben­der Lippe der Mayor, von dem gräßliche»