Amts- und Anzeige-Natt für M-ba- und Umgebung.

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Nro. 14-S.

Samstag, 16. Dezember 1893.

29. talirgang.

Württemberg.

Stuttgart, 13. Dez. Der König fuhr mit der Bahn nach Dchingen zur Abhaltung einer Hasenjagd auf dortiger Markung. Bei der Ankunft >n Ditzingen wurde Se. Majestät auf dem Bahnhof von dem Pfarrverweser und dem OrtSvorsteher begrüßt. Zur Jagd waren im ganzen 42 Herren eingeladen, da­runter Herzog Albrecht von Württemberg, Prinz Hermann zu Sachsen-Weimar-Eisenach. Prinz Max zu Schaumburg-Lippe, Herzog Wilhelm von Urach, der österreichisch-ungarische Gesandte v. Okolicsanyi, Generallieutenant v. Lmdequist, Generallieutenant z. D. Graf v. Zeppelin,Generalmajor Graf v. Scheleru.s.w.

Die württ. Steuerbehörde thut schon heute Schritte, welche mit der Durchführung der Reichstabakfabrikatsteuer in Zusammenhang stehen. Höhere Steuerbeamte hielten bereits bei hiesigen Cigarrenfabrikanten Umfrage, um sich über den Umfang ihrer Geschäfte durch Erkundigungen nach der Menge des impor­tierten Rohmaterials rc. zu vergewissern.

Stuttgart. Infolge mehrfacher Ein­schleppung der Maul- und Klauensiuche durch italienische Biehsendungen nach Deutschland wird die durch die Ministerialverfüguiig vom 6. Juli 1893 gestattete Einfuhr von Rind­vieh und Schweinen aus Italien nach Württem­berg, sowie die zugelassene Durchfuhr von Rindvieh, Schweinen, Schafen und Ziegen aus Italien bis auf Weiteres verboten Dieses Verbot tritt am 31. Dez. d. I. in Wirksam­keit.

Heilbronn, 12. Dez. Das erste Mit­glied eines bürgerl. Kollegiums in Württem­berg, gegen das vor dem Disziplinarhof ver­handelt wird, dürfte Dr. Lipp sein. Lipp hat sich trotz wiederholter Aufforderung des Bürgerausschusses, dem er angehört, geweigert, Klage gegen Verfasser von Zeitungsartikeln rc. anzustellen, in denen gegen ihn die schwersten Beschuldigungen erhoben werden. Der Bürger­ausschuß hat in Folge dessen einstimmig (mit nur einer Stimmenthaltung) beschlossen, beim k. Disziplinargerichtshof zu beantragen, daß Lipp für unwürdig erklärt werde, ferner dem Kollegium anzugehören. Gleichzeitig wurde der Gemeinderath ersucht diesem Anträge sich anzuschlicßen. Letzterer verhandelte darüber am Donnerstag Abend und hat, wie die Neck. Z. hört, nach lebhafter Erörterung mit 6 gegen 3 Stimmen beschlossen, dem Antrag des Bürgerausschusses beizutreten.

U l m. Ein hier verhafteter Italiener wußte sein Geschäft recht einträglich zu machen. Um das Mitleid der Vorübergehenden zu erregen, verbarg er einen seiner Arme hmter einer Drehorgel, so daß es den Anschein hatte, als

sei er ein Krüppel. Bei dem Burschen wurden nach seiner Festnahme nicht weniger als 227 Mark bares Geld vorgefunden.

Rundschau.

Pforzheim. Ein Feuer zerstörte das Magazin der Südfrüchtenhandlung des G. Lanza, das sich oberhalb der Einfahrt des Gebäudes befand. Der Schaden beträgt etwa 500 600 Mk. an verbrannter und beschä­digter Ware und Gerätschaften. Der Gebäu- deschadcn dürfte etwa 300400 Mk. betra­gen.

Berlin, 12. Dez. (Reichstag) Zweite Berathung der Handelsverträge. Graf L i m- burg (kons.) wendet sich gegen den Vorwurf, daß die Gegner der Verträge ihre Argumente nicht durch statistische Nachweise erhärten. Die G.treidezölle hätten jedenfalls die Tendenz, den Jnlanvspreis auf einer gewissen Höhe zu erhalten. Die größte politische Autorität Deutschlands, die lecher nicht mehr an der Spitze des Reiches stehe, sei gegen die Handels- politck. Der Redner weist nach, daß der ru­mänische Handelsvertrag namentlich dadurch, daß russisches Getreide über Rumänien eingehe, schädlich sei, man solle nicht der Industrie, auf Kosten der Landwirtschaft Vorteile ver­schaffen. Staatssekretär v. Marschall: Mit dieser allgemeinen Schilderung der Not der Landwirtschaft beweise man nichts gegen die Handelsverträge und je schlimmer die Not der Landwirtschaft sei, umsomehr solle man sich hüten, durch Ablehnung der Verträge 60- bis 70,000 Arbeiter brollos zu machen. (Wider­spruch rechts, Beifall links.) Im Eifer, den berechtigten Beschwerden der Landwirt­schaft abzuhelsen, würden die verbündeten Regierungen von Niemand übertroffen. Die wirtschaftliche Depression, unter der auch di« Landwirtschaft leide, sei über die ganze Welt verdrehtet, nicht durch die Han­delsverträge verpacht. Schützen Sie durch die Annahme des' Vertrags die deutsche Ar­beit in ihrer Gesamtheit. Nach längerer De­batte über die Fassung des Kommissionsbe­richts erklärt Abg. Schädler (Zentr.) ein großer Teil des Zentrums werde gegen den rumänischen Handelsvertrag stimmen. Nur die Industrie würde durch den Vertrag Vor­teile haben; die Landwirtschaft könne jedoch ein gleiches Interesse beanspruchen, wie die Industrie. Nach Annahme des Vertrages würde Deutschland mit rumänischem und dem über Rumänien kommenden russischen Getreide überschwemmt werden. Abg. Frhr. v. Stumm (Reichspartei) führt aus: Die Landwirtschaft erleide durch den rumänischen Vertrag keinen Schaden, dagegen werde bei Ablehnung des Vertrage« die österreichisch-ungarische Konkur­

renz uns ganz aus Rumänien verdrängen und dadurch die Industrie und die Landwirt­schaft schädigen. Abg. Mirbach (kons.) pole- misiert gegen Frhrn. v. Stumm und den Staatssekretär Frhr. v. Marschall. Wenn die Regierung ihre Position fest behaupte, werde sie die Mehrheit für den rumänischen und den russischen Handelsvertrag finden. Budde­berg (freist Volksp.) erkennt die Thätigkeit der deutschen Unterhändler mit Rumänien an. Die Annahme des Vertrages liege im gemein­samen Interesse der Industrie und der Land­wirtschaft.

Berlin, 13. Dez. (Reichstag.) Beider fortgesetzten 2. Beratung des rumänischen Han­dels-Vertrags erklärt Lieber namens eines Teils des Zentrums, er sei von der schweren Notlage der Landwirtschaft überzeugt, die Ab- lehnungdes rumänischen Handelsvertrags würde jedoch keine Abhilfe schaffen. Wir sind nicht einseitige Vertreter der Landwirtschaft, sondern des ganzen Volkes; sonst giebt man den So­zialdemokraten das Recht, sich als ausschließ­liche Vertreter der Arbeiterschaft zu bezeichnen. Tausende von Industrie-Arbeitern werden bei Ablehnung des rumänischen Handelsvertrags brotlos, die landwirtschaftlichen Arbeitet aber bei seiner Annahme keineswegs. (Zustimmung.) Redner hebt die Bedeutung des Vertrags für die oberschlesische Eisen.Industrie, die sächsische Textil-Jndustrie und die Schwarzwälder Uhren-Jndustrie hervor. Der preußische Handelsminister v. Berlepsch widerspricht der Ansicht, daß die deutsche Industrie nach Beendigung des Zollkriegs zwischen Oester­reich m>t Rumänien keine Vorteile von dem Handels-Vertrag habe. (Beifall.) v. Plötz (kons.) protestiert gegen die Behandlung des Bundes der Landwirte seitens der Regierung. Er erwarte die Wiederlegung der Nachricht, daß die Aufhebung oder Veränderung der Zuckerausfuhrprämien erfolgen solle. Die Han­delsvertrags-Politik der letzen Jahre brachte unsere Vieh-Ausfuhr erheblich zurück, während die Vieh-Einfuhr bedeutend stieg. Durch die Annahme des rumänischen Vertrags würde der­jenigen des russischen Vertrags präjudiziert. Staatssekretär v. Mar sch all weist die Be­hauptung v. Plötzs zurück, v. Bennigsen (nat.l.) erklärt, der größere Teil der National- liberalen stimme dem Handelsverträge zu. Abg. Schönlank (Soz.) bekämpft lebhaft die Agrarier, die durch ihre Selbstsucht oie un­entbehrlichsten Lebensmittel verteuern. Fürst Radziwill (Pole) erklärt, die Polen stimmen dem Vertrage zu, weil derselbe die Lebensinteressen der Landwirtschaft nicht schä­dige. Gräfe (Ant.) erklärt sich im'Interesse des Bauernstandes gegen den Vertrag. Krlö- b er (Volksp.) drückt namens der süddeutschen