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hat. Es wurde ein polnisches Gut nach dem andern von der Regierung angekauft und an deutsche Bauern abgegeben, damit das Polen- t»m zurückgedrängl werde. Jetzt meldet das P. T daß die Regierung entschlossen ist, die polnische Sprache in den Volksschulen dort wieder zuzulassen — für Zwecke des Religions-Unterrichts heißt es; aber wer will verneinen, daß das nicht ein schlimmer Anfang zu einer schlimmen polenfreundlichen Politik ist, die dem deutschen Reiche einen ungeberdigen und in seinen Forderungen immer unverschämter werdenden fremden Volksstamm heranzieht und kräftigt? Was früher gut gemacht wurde, das wird jetzt wieder niedergerissen.
Paris, 9. Dez. (Bomben - Attentat.) Am Samstag nachmittag 4 Uhr wurde von der Fremdeniribüne eine Bombe nach der Mitte des Saales geworfen. Noch eh« die Bombe den Boden berührte, explodirte sie mit furchtbarem Krach, und hüllte alles in Rauch. Alles flüchtete nach den Thüren, die Deputierten in dem Wandelgange, die Damen auf den Tribünen stürzten mit schrecklichen Hilferufen nach den Ausgängen. Sofort nach dem Attentat wurden die Thüren und die Thore des Hauses geschlossen; niemand durfte weder aus noch ein, nicht einmal der Polizeipräfekt und ein Offizier aus der Umgebung Carnots. Zwanzig Deputierte sind verletzt, meistens Mitglieder der Rechten, darunter Baron Reulle, Baron Girard, Monialempert, der Ralliirte Habert und der Sozialist Char- pentier; ferner 80 Personen die sich auf den Tribünen befanden, darunter ein Unterpräfekt, eine polnische Studentin, fünf Journalisten, ein Huissier, sowie ein dienstthuender Offizier. Die Bombe war mit Nägeln geladen. Der Abg. Abbä Lemire wurde von einem Nagel am Kopse getroffen aber nicht gefährlich verwundet. Dem Deputaten Drake del Castillo wurden zwei Finger weggerissen, der Deputierte Leffet ist schwer am Kopfe verletzt. Graf Lanjuinais und Cazenove de Pradines wurden leicht verwundet. Der Kammerpräsident Dupuy wurde durch einen Nagel an der Wange leicht, auf der Senatorentnbüne der General Billot schwer verletzt, ebenso ein rumänischer Offizier in der Diplomatenloge. Auch in der Journalistenloge gab es einige leicht Verwundete, darunter die Redakteure des „Echo", des „Paris" und der „Liberte". Die Kammerbureaux und der Quärstursaal wurden in eine Ambulanz verwandelt. Huis- siers trugen die Verwundeten herbei, alle Deputierten, die Aerzte sind, verbanden dieselben.
Paris, 11. Dez. Die Zahl der bei dem Bombenattentat in der Kammer Verwundeten, denen bis vorgestern Abend in der Quästur des Palais Bourbon Hilfe geleistet wurde, beträgt 47, weitere 50 Verletzte hatten sich nach ihren Wohnungen begeben. Die Verhöre der Zuschauer waren abends 9 Uhr beendet; 8 Personen blieben aus dem Polizeibureau verhaftet. Gestern vormittag wurde der Bombenwerfer in einer nach Coisy le Roi gehörigen Persönlichkeit, Namens Marchal, ermittelt. Dieser befand sich unter den in Folge Ueberfüllnng der Krankenabteilung des Gefängnisses zur Unterbringung im Hotel Dieu bestimmten Verwundeten. Marchal wurde durch die Befragung der Polizeipräfekten in die Enge getrieben und legte ein umfassendes Geständnis ab.
Brüssel, 8. Dez. Die ehemalige Provinz Emin Paschas soll, wie versichert wird, von dem belgischen Lieutenant Milz für den Kongostaat gewonnen worden sein; es wird sogar behauptet, daß es Milz gelungen sei, den Rest der Truppen Emins in den Dienst
des Kongostaates zu stellen. Die mehrmaligen Reisen des Königs Leopold nach London sollen den Zweck gehabt haben, mit England, das bekanntlich Ansprüche auf die Aequa- torialprovinz erhebt, ein Abkommen zu treffen.
Antwerpen, 10. Dez. Eine gewaltige Feuersbrunst zerstörte in der Nacht den Kornspeicher der Äaioon Imiwäatigus, dessen Gebäude 80 000 Quadratmeter bedeckten. Die Schiffe in den benachbarten Bassins konnten sich noch rechtzeitig entfernen und erlitten keinen Schaden. Der Wert des vernichteten Getreides beläuft sich auf 3^/e Millionen, der Verlust an den Baulichkeiten auf 2 Will. Es wird Brandstiftung vermutet.
Ver mischtes.
(Prinzessin und Försterssohn.) Der Selbstmord eines jungen Deutschen in Philadelphia namens Richard Deyssing der sich in der großen Restauration Dennet erschoß, erregt wegen der romanhaften Umstände, die ihn begleiteten, großes Aufsehen. Deyssing war der Sohn eines Oberförsters in herzogl. Sachsen-Coburgischen Diensten und erfreute sich ob seiner glänzenden Talente der Protektion des Herzogs in hohem Maße. Vor 5 oder 6 Jahren kam es durch Verrat zu Tage, daß Deyssing ein heimliches Liebesverhältnis mit einer Prinzessin unterhalte und wurden die Briefe, welche bie Prinzessin an Deyssing gerichtet hatte, dem Herzog übergeben. Deyssing mußte den Hof verlassen und wurde von seinem Vater, der gleichfalls >n Gefahr stand, seinen Posten zu verlieren, gezwungen nach Amerika zu gehen.
Aus Schlesien, 6. Dez. Ueber einen Fall von Scheintod wird der „Volsztg." aus Militsch geschrieben : Die Gattin eines Majors sollte hier am 30. v. M. begraben werden. Die Leiche war in einem besonderen Z mmer auf dem Paradebetle aufgebahrt. Da die Herstellung der Gruft sich verzögerte so blieb die Leiche länger, wie anfänglich beabsichtigt war, im Zimmer. Als am Vormittag des vierten Tages des Hinscheidens ein Dienstmädchen das im Blumen- und Kränzeschmuck prangende Trauerzimmer betrat, gewahrte es, starr vor Schrecken, daß die als tot betrauerte Herrin sich aus dem Sarge erhebt. Die Dame, welche als angebliche Leiche vom Regimentsarzt und zwei anderen Aerzten untersucht worden war, war in einen Starrkrampf verfallen und wäre, wenn nicht zufällig die Beisetzung eine Verzögerung erfahren hätte, in der Gruft erwacht.
(Amerikanische Novelle nfadri- kation.) Folgende Enthüllungen werfen ein interessantes Licht auf die Art und Weise, wie in Amerika Novellen und Erzählungen zusammengebraut werden. Eine Schrifstellerin gab an, daß sie eine Novelle geschrieben habe, wovon 100 000 Exemplare verkauft wurden. Dafür hatte sie viertausend Mark erhalten. Von einem andern ihrer Bücher wurden 50 000 Exemplare abgesetzt: ihr Honorar dafür betrug tausend Mark. Sie ist nun in einer "Novellen-Fabrik" beschäftigt und erhält wöchentlich 160 Mark. — Das Skelett einer Er
zählung wird ihr geliefert: ihre Aufgabe ist, dasselbe zu einer Novelle zu bearbeiten, und zwar muß sie alle 14 Tage eine Geschichte fertig stellen. In den Augen derer die die junge Dame beschäftigten, macht es nichts aus, ob sie die Dialoge und die Situation in in den Erzählungen kauft, erbettelt, entlehnt oder stiehlt.
— In Amerika hat man jetzt die La- terna magica sogar in den Dienst der Kirche gestellt. Bei dem ungemein stark entwickelten Sektenwesen der Vereinigten Staaten haben einige Geistliche bei ihren Abendanvachten und Predigten die Laterna magixa in der Weise zur Hilfe genommen, daß die passenden Stellen der Predigt irgend eine Darstellung einer biblischen Szene a» einer Wand oder auf einem Vorhänge erscheint. Der Erfolg soll nicht zu verkennen und der Besuch solcher Bethäuser ein ganz außerordentlicher sein. In einer dieser Andachtsstätten soll sogar die Einrichtung so vollkommen sein, daß der Geistliche auf der Kanzel nur auf einen Knopf drückt, um auf elektrischem Wege sofort das betreffende Bild erscheinen zu lassen; die Darstellungen sollen meist fotographische Nachbildung berühmter Meister der Malerei zur Anschauung bringen und bei passender Orgelbeglcitung einen sehr erhebenden Eindruck machen.
(Die Sp rache des Siegellacks.) Nach der Blumensprache die Siegellacksprache, das ist die neueste Errungenschaft der Mode. Die „Technique" veröffentlicht einen ganzen Diktionäre der neuen Sprache. Danach verwendet man weißes Lack für Vermäblungs-, schwarzes für Todesanzeigen, violettes für Beileidsschreiben; für Einladungen zum Diner nimmt man chokoladefarbenes. Geschäftsbriefe siegelt man mit zinnoberrothem Lack, Liebesbriefe mit rubinrothem; grünes wendet man bei Glückwunschschreiben an, braunes, um sein Bedauern auszudrücken. Blau ist die Farbe der Standhaftigkeit, gelb die der Eifersucht, blaßgrün aber deutet auf Vorwürfe. Junge Mädchen siegeln mit Roien- lack, unter Freunden verwendet man graues.
(Die Grußreform.) Seit einigen Tagen werden in Meran unter Kurgästen und Einheimischen kleine Briefe folgenden Inhalts in großen Mengen verteilt: „Im Interesse ihrer Gesundheit werden sämtliche Herren in Merane höflichst gebeten, den Hut beim Gruß nicht abzunehmen — sondern militärisch zu grüßen. Die geehrten Damen wollen diesen Gruß als ganz besonders herzlichen betrachten. Es hat sich bereits eine größere Anzahl von Herren bereit erklärt, diesem vernünftigen Wunsch zu will ahren und mit der allerdings durch jahrhundertelangen Gewohnheit zur Sitte gewordenen, geradezu lächerlichen und gesund- heitschädlicben Unsitte zu brechen, durch Schwenken eines Papp- oder Filzdeckels, die gegenseitige Achtung zu zeigen.
(Doch etwas.) Fräulein A.: „Wer war der junge Mann eben?" — Fräulein B.: „Das war mein Bräutigam." — Freulein A. : So? Was treibt er denn?" — Fräulein B.: „Gar nichts, er ist bei der Regierung angestellt!"
In hocheleganten Cartons
s 3 8tIWIl kommt für das diesjährige VtoiknsLktsfss« die allbeliebte »««rtiLK's 8v!1v mit «ivr Lul« in den hiesigen Niederlagen zum Verkaufe. Wir machen alle Hausfrauen, Herrschaften, die junge Damen- und Herrenwelt auf diese Gelegenheit aufmerksam und betonen, daß sich diese Kartons ihrer prachtvollen Ausstattung und Eleganz wegen als ein Geschenk erweisen, das nicht minder repräsentabel wie Praktisch, nützlich willkommen ist. Trotz der diesjährigen eleganten Packung ist der Preis um keinen Pfennig gegen das Vorjahr erhöht worden. Zu haben in Wtldbad bei A. Held, Fr. Schmelzte. Cngros-Verkanf r Doertng L Co., Frankfurt a. M.