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Uro. 143.

SanrsLclg, 9. Dezember 1893.

29. lakiMng.

Minister v. Schmid f

Stuttgart, 6. Dez. DerStaats- minister des Innern Karl Joseph von Schmid ist heute abend 6 Uhr gestorben Er war erstseit einigen Tagen an einer Unterleibsentzün­dung, welche zu nervöser In fluenza hinzutrat, erkrankt und die Krank­heit, welche sofort sehr ernst auf- Irat, führte unerwartet rasch sein Ende h erbe i. DerV erst orbene, welcher ein Alter von 61 Jahren erreichte, wurde im Jahre 1887 nach dem Tode d es Min ister H öl d e r zudessenNach- folgerernannt. v. Schmid,ist geboren am 4. März 1832 zu Mnnderkingen, be­suchte das Gymnasium zu Ehingen und später die Universität Tübingen, um die Rechte zu studieren. Hernach widmete er sich der Advokatur und ließ sich sich zuerst als Rechtsanwalt in Tübingen nieder, 1858 Rechtsanwalt i» Rottenburg, dann in Ried­lingen und von 1861 an in Munderkingen, 186172 Stadtschultheiß in Munderkingen, dann bis Juli 1873 Rechtsanwalt in Ulm, 1873 Oberfinanzrat und Mitglied der Ka- tasterkommijsivn, 1879 stell». Bevollmächtig­ter zum Bundesrat, 1886 Titel und Rang eines Staatsrats, 9. Sept. 1887 Minister des Innern, von 1868 bis 1882 und wie­der von 1889 bis jetzt Abg. zur 2. Kammer für Ehingen, 187476 Mitglied des wei­teren Ausschusses und 187779 des eng. Ausschusses des Landtags, Mitglied des Reichstags für den 15. Wahlkreis (Blau­beuren rc.) von 18711879, 1887 Mit­glied des Verwaltungsrats der Kaiser Wil­helmsstiftung, 1889 Vorsitzender der Ver- waltungskommssston für die König Karl- Jubiläumsstiftnng, Ehrenritter des Ordens der württ. Krone, Großkrenz des Fried­richsordens, Verdienstorden(Kommenthur) der bayerischen Krone, Ehrenkrevz 1. Kl. des Sckaumburg-Lippc'schen Hausoidens, prenß. Kronenorden 2. Kl. mit Stern uud Fürst!. Schwarzburgische Ehrenkreuz 1. Kl. Der Verstorbene hinterläßt eine Witwe und drei Töchter, von denen eine die Gemahlin des Oberstlieutenants von Epplen, die andere diejenige des Medizinal-Rats von Burk­hard ist.

Stuttgart, 7. Dez. Der verstorbene Minister hatte noch in der vorigen Woche, an­scheinend in völliger Gesundheit an den Be­ratungen, der Kommission der Kammer der Abgeordneten über die Gesetzentwürfe wegen Entlassung und Pensionierung derKörperschafts- beamten teilgenommen. An einen Ab' seiner Lebenslausbahn knüpft derSmatsanz."

folgende Worte des Nachrufes: Mit klarem, kritischem, schlagfertigem Verstand, einem emi­nenten Gedächtnis, gediegenen vielseitigen Kennt­nissen verband v. Sch. eine vor keinem Hin- ternis zurückweichende Thalkraft, und in Dienst dieser glänzenden Gaben, zu wichen sich ein lebhafter Er.--esellte, wußte er eine kraftvolle und zündende Beredsamkeit zu stellen, die ihn zu manchem Sieg über seine Gegner

geführt hat.Einen hervorragenden Zug

in der Richtung der Thätigkeit des Verstor­benen bildet seine stete Fürsorge für das öko­nomische Wohl der Gemeinde» uud Genuinde- beamten, deren Verhältnisse, Bedürfnisse und Wünsche er aus langjähriger eigener prak­tischer Erfahrung aufs genamfte kannte. Er ist der vierte Minister des Innern, der im Verlaus der letzten 20 Jahre im aktiven Dienst gestorben ist. Ein treuer Berater seines Königs und ein warmer Freund seiner Heimat wie des gesamten deutschen Vaterlandes sinkt mit ihm ins Grab. Die Angehörigen des Depar­tements des Innern verlieren in ihm einen wenn auch an seine Untergebenen strenge An­forderungen stellenden, doch stets wohlwollenden Chef, die Hinterbliebenen Angehörigen aber, denen allgemeine Teilnahme gezollt wird, einen liebevollen Gatten und Vater.

Stuttg art, 7. Dez. Seine Königliche Majestät haben auf die Anzeige von dem so erschütternd rasch eingetretenen Hingang Sr. Exzellenz des Staatsministers des Innern v. Schmid, tief bewegt durch den Verlust dieses hochverdienten treuergebenen Dieners, sofort dem K. Staatsministerium Allerhöchst Ihr aufrichtiges Bedauern kundgegeben und Sich im Laufe des Vormittags mit Ihrer Majestät der Königin in das Trauerhaus be­geben, um den Hinterbliebenen persönlich Allerhöchst Ihre herzliche Teilnahme auszu­sprechen.

Württemberg.

Stuttgart, 5. Dez. Gegenwärtig macht sich hier und dem Vernehmen nach auch auf dem Lande ein eigentümlicher Los- vertrieb, sog. Ratenlose, breit; auch sollen hauptsächlich ökonomisch weniger gut situirte Leute vielfach von den Agenten zur Teilnahme an solchen Ratenlosen bei wöchentlichen oder monatlichen Abzahlungen von 3,5 oder 10 Mk. überredet werden. Aus Bankierskretsen geht uns darüber die Mitteilung zu, daß die Land- leute nicht genug von der Teilnahme an solchen Losen es sind zumeist Anlehens- lose italienischer und spanischer Städte gewarnt werden können. Die Lose sind, bis sie nach 23 Jahien überhaupt in den Besitz des TeOhab-rs kommen, um das dreifache oder

vierfache überzahlt. Die Behauptung der Agenten, die Lose müssen gewinnen und das in ihnen angelegte Geld sei wie in einer Spa,lasse und könne jeder Zeit zurückverlangt werden, sowie auf den Anteilschein erhalte mau auf jeder Bank Darlehen, stad reiner Schwindel und bezwecken lediglich Bauern­fängerei. Es ist vielmehr bei diesen Losen die Gefahr vorhanden, daß wenn nur ein­mal die Ratenzahlung nicht eingehalten wird, sämtliche bisher gelieferten Zahlungen ver­loren sind.

Die Influenza tritt seit einigen Tagen hier ungemein heftig auf. Unter den Opfern, die sie gefordert, befindet sich die Frau eines hiesigen Groß-Industriellen, die in Folge da­von wahnsinnig geworden sein soll.

Cannstatt, 5. Dez. Gestern abend wurde der 31 Jahre alte verheiratete Adam Barth, Hilfsschaffner hier, von seinem Schwager, Wilhelm Trautwein, Schaffner in Stuttgart erstochen.

Ludwigsburg, 5. Dez. Der seiner­zeit wegen Betrugs verurteilte frühere Lieute­nant Krapf wurde begnadigt und reiste nach Amerika ab.

Nagold, 5. Dez. Herr Baurat Ch­ina»» von Stuttgart war heute wieder in unserer Gegend. Sei» Besuch galt diesmal den Wasserquellen bei der Agenbacher Säg­mühle. Es sollte festgestellt werden, ob man daselbst so viel Wasser erhält, um die Orte der projeklierten neuen Waffelgruppe reich­lich versorgen zu könne». Diese Wafferver- sorgungZgruppe soll die größte in Württem­berg werden, also mehr Ortschaften als jede der vorhandene» 11 Albwasseroersorgungs» gruppen uud größer als die Heuberger- und Häidtfelder Gruppe. 33Ortschaften, darunter a»ch Höfe, sollen zu der neuen Gruppe ver­einigt werden, auch badische Ortschaften wollen sich anschließe». Im ganzen zählen die ins Auge gefaßten Ortschaften und Höfe 10000 Einwohner. Die neue Wasserversorgung wird wohl den Namen Schwarzwaldwasser- Versorgungsgruppe erhalten. Die meisten der Ortschaften, die zu ihr vereinigt werden sollen, haben ihre Beteiligung bereits zuge- sag,.

Vom Schwarzwald. Man ist in Laienkreisen vielfach noch gewohnt, einen Land­aufenthalt nur im Sommer als Heilmittel für die kranke Lunge zu betrachten, während doch hygienische und andere Verhältnisse in der Großstadt für den Kranken im Winter noch viel mehr zu wünschen übrig lassen, als im Sommer, vr. msä. Drivers sagt in seinem hygienischen Ratgeber ganz richtig: Ein rich­tiger Gebirgswinter mit seiner erfrischenden, aber nie übermäßigen Kälte, mit seiner fort-