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Dienstag, 28. Wovernber 1893.

Nro. 13S.

Wür ttemberg.

Stuttgart. Dem Wortlaut der neuesten vom Ausschuß des Württ. Weinbauvereins an den Reichstag gegen die Weinsteuer ge­richteten Petition entnehmen wir Folgendes: Der Württ. Weinbauverein bittet namens der Weinproduzentcn um Schutz gegen die ge­plante Reichsweinsteuer. Württembergs Wein­produzenten leiden schon längst in Folge kli­matischer Einflüsse, Nebenkrankheiten u. s. w. am Rückgang der Herbsterträge. Im Ganzen ist die Loge der Weingärtner seit Jahren so, daß bei vielen di« Weinbau- und Herbstkosten nicht eingebrachi wurden und daß schon die Grundsteuern drückend wirkten. Es hat schon die Aussicht auf einen Gesetzentwurf über eine Reichsweinsteuer bei den Weinproduzenten ernste Bedenken, tiefe Verstimmung und Unzufrieden­heit erregt. Seit Jahrhunderten wird bei uns nur der Getränkeverschluß im Wirtshaus durch Umgeld versteuert und dadurch die Hälfte des im Lande gewachsenen und eingeführten Weins getroffen. Vielfache seit 1865 von einzelnen Kreisen gestellte Anträge, statt dessen eine allgemeine Weinsteuer einzuführen, schei­terten immer am Widerstand von Regierung und Landständen, deshalb, weil davon ausge­gangen wurde, daß bei den Verhältnissen Württembergs eine solche Steuer thatsächlich von den ökonomisch minder situierten Wein­gärtnern zu tragen wäre. Nach LOjährigem Durchschnitt (bis 1891) sind in Württemberg jährlich rund 360,000 Hektol. Wem erzeugt und außerdem 122,000 eingeführt worden, wogegen die Ausfuhr jährlich nur 21,000 Hektol. betrug. Jede auf die Weinproduktion gelegte Abgabe trifft hienach in Württemberg nur die heimischen Erzeuger und Verbraucher; da aber nach unseren wirtschaftlichen Einrich­tungen die rm Herbst sehnsüchtig auf Erlös wartenden Weinbauer Mangels von Gähr- kellern, Fässern und Lagerräumen gezwungen sind, den neuen Wein baldigst um jeden Preis zu verkaufen, ergiebt sich die Steuerrückwirkung auf die Produzenten in den meisten Fällen gegenüber der Uebirmacht der Käufer von selbst.

Stuttgart, 23. Nov. Die Antisemi­ten Württembergs, die seit dem Austritt Welckers führerlos waren, haben nun ,n Hrn. R. Vogel aus Oberweiler, der auch die Füh­rerschaft der antisemitischen Partei in Baden hat, einen neuen Führer, da der Genannte von nun an auch die Führerschaft in Würt­temberg übernimmt. Die Partei will sich in Württemberg mit Beginn des neuen Jahres neu organisieren. Es wurde beschlossen, keiner der verschiedenen Gruppen der Antisemiten bei­zutreten.

Stuttgart, 24. Nov. Dem Ver­nehme» nach steht die Einberufung des Land­

tages für die zweite Hälfte des Januar be-j vor. Die Renovationen des Ständehauses ist jetzt in allen Teilen fertig gestellt.

Stuttgart, 25. Nov. Die zweijäh­rige Dienstzeit hat auch ihre Schattenseiten sür unsere Krieger, die sonst reichlich best »leffeneu Urlaubszeitcn zur Erntezeit, zu Weibnachten u. a. Zeiten soll im Interesse des Dienstes erheblich geschmälert werde».

Friedrichshafen, 24. Nov. Der König hat sich heute vormittag 9 Uhr 15 Minuten mit hohem Gefolge mittels Extra­zugs nach Stuttgart begeben. Die Ankunft findet daselbst 1 Uhr 35 Min. nachmittags statt. Gleichzeitig fanden die Dienerschaft und EquipagenBesörderung. Vorgestern und gestern fuhren die hohen Herrschaften vormittags halb 9 Uhr zur Jagd in die hofkammerlichen und Siaatswaldungen und kehrten jeweils abends 5 Uhr von dort zurück Das Jagdresultat war vorgestern 7 Rehe, 6 Hasen, 2 Füchse, gestern 9 Rehe, 6 Hasen, 2 Füchse, außer­dem wurden mehrere Rehe angeschossen, nach denen heute Suche veranstaltet wird. An beiden Tage» herrschte herrliches Jagdwetter, was zum richtigen Jagdhumor viel beitrug.

Während des Herbstes wurden aus den Kantonen Thurgau und St. Gallen rund 1000 Waggon Obst im Wert von 500 000 Fr. nach Württemberg ausgeführt; dreiviertel des Exportes fallen auf Thurgau.

Nachdem der Antrag auf Zulassung des Jesuitenordens in Deutschland von seiten des Zentrums beim Reichstag wieder einge­bracht worden ist, sind auch die Petitionen mit 143,400 Unterschriften, welche in 988 evangel. Gemeinden Württembergs, gegen die Zulassung dieses Ordens gesammelt worden sind, wieder dem Reichstag vorgelegt worden. Zugleich wurde die Bitte wiederholt, der hohe Reichstag «olle jetzt und in aller Zukunft ! seine Zustimmung zur Wiederzulassung der Jesuiten versagen. Ebenso sind auch die in den Rheinlanden gesammelte Petitionen gegen die Zulassung des Jesuitenordens in Deutsch­land von der dortigen Sammelstelle aus dem Reichstage wieder zugegangen.

Rurr - scha «.

Eine sehr wohlthätige Einrichtung hat in Freiburg , wie dortige Blätter be­richten , die Firma Mez und Söhne ins Leben gerufen. In der umfangreichen Fabrik wurde ein geräumiges Lesezimmer eröffnet, worin die beiiebsten Tagesblätter und Zeit­schriften aufliegen; auch enthält es eine Leih­bibliothek gemischten Inhalts zur Unterhaltung und Belehrung. Jede in der Fabrik beschäf­tigte Person hat freien Zutritt in diesen elek­trisch beleuchteten und gut geheizten Saal und

29. lutirgang.

I kann sich allabendlich und Sonntags aufhal­ten. Außer der Lektüre finden sich auch Un­terhaltungsspiele vor, sowie Gelegenheit zum Briefschreiben. Möchte diese, namentlich in der kälteren Jahreszeit wohlthuende und den Anforderungen unserer Tage so sehr entspre­chende Einrichtung immer mehr Nachahmer finden.

Zu dem Gattenmord in I h- ringen wird neuerdings gemeldet, daß die Nachricht, Dr. Schelldorf habe seiner Frau, die Cyankali genommen gehabt hätte, Gegen­gift einflößen wollen, sich nicht bestätige. Auch die Meldung, daß Dr. Sch. einer Irrenan­stalt überwiesen sei, wird widerrufen. Sch. soll schon als Student dem Trünke stark ergeben gewesen sein und sein ansehnliches Vermögen durchgebracht haben. Seine Frau scheint die Verbindung trotz Kenntnis seines Vorlebens aus wahrer tiefer Neigung eingegangen zu sein, wohl in der Hoffnung, den Geliebten zu retten. Diese Neigung bekundet ihr Ver­halten bis zum letzten Augenblick. Der An­geschuldigte befindet sich jetzt in Freiburg in Haft, wo er Tag und Nacht überwacht wird, da maii begründeten Verdacht hat, daß Schcll- dorf Selbstmordgedanken hegt.

Frankfurt a. M., 23. Nov. Prin­zessin Friedrich Karl von Hessen, die Schwester unseres Kaisers, ist heute mittag um 1 Uhr in der Villa der Landgräfin von Hessen von einem gesunden Prinzen glücklich entbunden worden.

Berlin, 23. Nov. (Reichstag.) Erste Lesung der Handelsverträge mit Spanien, Rumänien und Serbien. Dr. Lieb er (Ztr.) erklärt sich namens seiner Partei für die Kommissionsbehandlung. Er hält im Gegen­satz zu Graf Liinburg-Stirum die Verträge mit Oesterreich und Italien geradezu für eine Troßthat und bekämpft die Behauptung, daß durch dieselben die Landwirtschaft preisgegeben sei. Seine Partei glaube auch, daß durch die Handelsverträge der Dreibund befestigt sei. Graf Kan itz (kons.) Die neuen Handelsver­träge würden eine weitere Verschlechterung des einheimischen Marktes verursachen. Statt einen Handelsvertrag mit Rußland zu machen, möge man mit Oesterreich-Ungarn neue Verhand­lungen einleiten, um den Handelsvertrag rück­gängig zu machen. (Großes Gelächter links.) Paascke (nat.-liberal) erklärt, auch seine Partei sei bereit, die Vorlage in einer Komission zu beraten, um dort ehrlich zu versuchen, zu einer Verständigung zu gelangen. Auch die Nationalliberalen wollen der Landwirtschaft keine Opfer auferlegen, aber das thun diese Verträge auch nicht. Sie bringen der Indu­strie mancherlei Vorteile, ohne die Landwirt­schaft zu schädigen. Wenn überschuldete Groß­grundbesitzer ihre Scholle verlassen müssen.