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Urc>. 137.
Sarnstcig, 25. Wc-vernber 18143.
29. ^ain-gang.
W ii r ttemberg.
Stuttgart, 21. Nov. Der Elektrotechnischen Fabrik von C. und E. Fein hier wurde die Lieferung von 4 Dampfdynamos, welche ans Kompound-Dampfmaschine» bestehen, die mit sogenannten Jnnenpoimaschinen direkt gekuppelt sind, für die elektrische Beleuch- tungseinrichtung des neugebauten Panzerschiffs „Königin Wilhelmina der Niederlande" übertragen , nachdem die genannte Firma schon seit Jahren Lieferungen ähnlicher Art für die holländische Marine ausführch. — Ter Sozialdemokrat Leipatt, der sich seit 5 Wochen in Untersuchungshaft befand, wurde nach der „Tagwacht" gestern gegen Hinteriegung einer Kaution von 3000 Mk. auf freien Fuß gesetzt. Leipart ist beschuldigt, die Broschüre „Moderne Rechtsprechung," welche sich unt dem Fall Simolin-Bathoiy beschäftigt, verbreitet zu haben.
— Eine interessante Neuerung, die das hiesige Hoftheater eingeführt bat, dem Publikum klassische Opern bei halben Eintrittspreise» zu bieten, wurde kürzlich in ihrer Wirkung gelegentlich eine, Fidelis-Aufführung erprobt. Ausverkauftes Hans, jubelnder Beifall waren die beredten Zeichen dafür, daß die musikalische Kunst auch in den breiteren Schichten des Volkes feste Wurzeln geschlagen hal.
Höfen, 20. Nov. Der am letzien Donnerstag Nacht so ungeahnt rasch in Stuttgart verstorbene Hr. Fabrikant Louis Leo wurde am gestrige» Sonntag, nachmittags, auf de» hiesigen Friedhof zur letzten Ruhe bestattet. Dem reichgeschmückten Sarge folgte eine überaus große Zahl von Leidtragenden. An dem Familiengrab, wo der so früh Verstorbene veigesetzt wurde, sang der Gesangverein. Der Ortsgeistliche, Herr Pfarrer Maier von Calmbach, schilderte in eindrucksvollen Worten den ehrenwerten Charakter des Verblichenen, der sich durch seinen liebenswürdigen, leulseligen Verkehr mit Jedermann und durch treue, humane Gesinnung besonders ausgezeichnet habe. Er war ein treues s Glied seiner Heimatgemeinde, deren Wohlfahrt ihm über alles ging. Nach dem geistlichen Redner legte Herr Kommerzienrat Wagner von Ernstmühl-Calw namens der Handels- und Gewerbekammer am Grabeshügel einen schönen Lorbeerkranz nieder, mit herzlichen Worten die Verdienste des Genossen und Freundes hervorhebend. Mit dem Lied des Gesangvereins „Wie sie so sanft ruh'»" schloß die erhebende Leichenfeier. Im Jabr 1843 als Sohn des weiland Schultheißen Leo geboren, erwarb sich der so früh Verstorbene nach sorgfältiger Erziehung in Reutlingen und Stuttgart und später während eines längeren Aufenthalts
in Frankreich seine kaufmännischen Kenntnisse, bis er im Jahre 1871 in die damals neu begründete Holzstofffabrik von P. Lemppenau in Neuenbürg als Teilhaber eintrat und in der »ach und nach durch weitere Bauten in Rothenbach und Höfen sehr ausgedehnten Fabrikation mit großer Umsicht und Geschick wirkte. Vor 2 Jahren trat er vom Geschäft zurück und nahm seinen Wohnsitz in Stuttgart; feinem Heimatsort Höfen blieb er aber mit gleicher Liebe und Anhänglichkeit zngethan; so hat er auch im Verein nnt seine» gleichgesinnten Freunden a» der Verwirklichung des Planes einer eigenen Küche im Ort den innigsten Anteil,! welch lebhaftes Interesse er besonders noch dadurch betbätigte, daß er zwei Fenster in das seiner nahen Vollendung eutgegeugehende Gotteshaus stiftete, und es ist ei» denkwürdiges Geschick, daß eines dieser Fenster gerade vorgestern zur Einfügung gelangte, rwe dies auch von den Glocken zu sagen ist, welche wenige Tage zuvor eingesetzt wurden. Letzteie ertönten für ihn als Trauergeläute hinüber zum ewigen Frieden. (Enzth.)
Reutlingen, 18. Nov. Die Aufregung über den Raubmordversuch in der Metzgerstraße hat sich noch immer nicht gelegt und hat durch die Beerdigung der Frau Bertsch wiederum neue Nahrung erhalten. Dabei ist bezeichnend, in welcher Weise sich das Rechtsgefühl des Volkes gegenüber dem Verbrecher äußert. Einig ist man in allen Kreisen darüber, daß der Mensch die Todesstrafe verdient habe, allein man nimmt auch zugleich an, daß unsere moderne Rechtsprechung es fertig bringen werde, den Attentäter entweder für unzurechnungsfähig zu erklären, oder aber die That in irgend einer Weise abzuschwächen. Als sich am Montag eine ungeheure Menschenmenge vor dem Haus sammelte, in welchem Diemer angesichts seiner beiden Opfer verhört wurde, war der allgemeine Wunsch der Menge,
> ihn nach amerikanischem Vorbild einfach lynchen zu dürfen.
Ulm, 21. Nov. Auf dem hies. Güterbahnhof sind im Laufe dieses Herbstes etwa 700 Wagenladungen ausländischen Obstes eingelaufen Von diesen wurden 370 am hiesigen Platze ausgewogen, die übrige» wurden als ganze Wagenladungen »ach auswärts verkauft. Rechnet man den Ztr. dieses Obstes durchschnittlich nur zu 3 Mk., so ist allein von hier aus die stattliche Summe von 420,000 Mk. ins Ausland gewandert. Daß bei dieser Einfuhr von Obst, das fast durchweg zum Mosten verwendet wurde, der Bierkonsum abnimmt, liegt auf der Hand.
Ulm, 22. Nov. Die Verhandlungen der Stadt Ulm mit der Berliner Elektrizi-
tätsqesellschaft wegen Anlage einer elektri- seben Straßenbahn znnsrben Ulm Neu-Ulm und Sölflingen sind dem Abschlüsse nahe.
— Auf der Strecke Saulgau-Herbertingen- Sigmaringen-Riedlingen macht man zur Zeit Versuche mit dem Daimler'schen Motorwagen. Bewährt sich der Wagen, so wird er, nachdem noch verschiedene notwendige Aenderungen getroffen sind, a!s regelmäßiges Eisenbahn- Fahrzeug in Dienst gestellt werven.
O Rundscha u.
Pforzheim, 21. Nov. Infolge der Nolte Affaire sah sich das Präsidium der hiesigen Handelskammer genötigt, von der Vorstandschaft zurückzutreten. Die Nolte- Erörterung dauert in den hiesige» Tagesblättern leider noch fort. — Auf der Weltausstellung in Ehicagv sind eine Reihe der hervorragensten hiesigen Bijouteriefirmen (gegen 30^ prümiirt worden.
Baden-Baden 16. Nov. Kürzlich tagte hier die zur Untersuchung der Ther- mai-Wasserverhältnisse unseres Qnellgebietes eingesetzkeKommission, welcher von wissenschaftlichen Fachmännern die H.H. Geb. Bergrat Prof. Dr. Rosenbnsch und Landesgeologe Dr. Sauer von Heidelberg, Geh. 'Hofrat Dr. Knop und Oberbergrat Honsell von Karlsruhe und Prof. Dr. Eck von Stuttgart angehören. Es haben sich nach der „Allg. Ztg." Anhaltspunkte dafür ergebe», daß noch nicht der ganze Reichtum unseres Thales an Thermalwassec erschlossen ist. Ueber die Mittel und Wege zur Oeffnung weiterer Thermalquellen wurde eingehend beraten und ferner auch die Vornahme regelmäßiger Messungen des Thermalwassers unter Vergleichung mit den Barometerständen ins Auge gefaßt.
— In K onstan z hat ein Feldwebel, weil er in dem Examen für den Zivilversorg- ungsdienst durchficl, nach mit seiner Frau durchtanzter Nacht das 1jährige Kind in der Badewanne ertränkt und ist dann selbst in den See gesprungen.
Fran kfurt, 21. Nov. Der große Elefant „Bctly" des zoologischen Gartens, der an einem unheilbaren Fußleiden krankte und deshalb getötet werden sollte, ist heute nachmittag eines natürlichen Todes gestorben. Er hatte dem Garten über dreißig Jahre lang angehört.
Augsburg, 22. Nov. Seit einiger Zeit herrscht dahier wieder die Influenza in hohem Maße; ganze Familien liegen danieder in einigen Schulklaffen fehlt nahezu die Hälfte der Schüler uns man hört von Fällen äußerst schwerer Art.