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Urs. 132.

Dienstag, 14. Hlovernber 1893.

29 . taliiMng.

Württemberg.

— Se. Maj. der König hat den Post- Assistenten Holzbaur bei dem Bahnpost­amt Ulm zum Postsekretär bei dem Postamt Nr. 1 in Stuttgart befördert.

Tübingen, 10. Nov. Am gestrigen Tage jagte der König, während der Kaiser mit Gefolge die Burg Hohenzollern besuchte, im Revier Bebenhausen. Der König begab sich mit seiner Begleitung zu Fuß in den Forst. Ein Achter, ein Sechser und ein Spießer, sowie ein Alttier waren das Ergebnis der heut'gen Jagd, ein günstiger Erfolg bei der Ungunst der Witterung des Tages, die bei scharfem Nordostwind dem Jagen hinderlich war. Die Jagden werden noch diese und die nächste Woche fortgesetzt werden. Gestern waren zur Tafel auch der K. preußische Gesandte am Kgl. Hofe, Dr. v. Holleben und Legations- Sekretär v. Portativs, die erst eiugetroffen waren, eingeladen. Die Rückkehr des Kaisers vom Hohenzollern erfolgte um halb 5 Uhr nachmittags. Am Treppenturm des neuen Baus erwartete der König mit seinem Ge­folge den kaiserlichen Gast, der noch einmal Einkehr hielt im traulichen Jagdschloß im Schönbuch. Letzterer hat mit seiner Natur­schönheit, seinen Jagdgründcn und seinem eigenartigen Jagdschlösse in dem hohen Gaste einen neuen Freund gefunden, so daß eine Wiederkehr des Kaisers nach Bebenhausen zu erwarten ist. Um 7 Uhr 40 Min. früh ist der Kaiser in Begleitung des Königs nach Tübingen abgefahren, um von dort die Rück­reise nach Berlin anzutreten.

Tübingen, 10. Nov. DerKaiserund der König fuhren heute morgen 8 Uhr durch unsere Stadt zum Bahnhofe, wo sich unser König von seinem hohen Gaste auf das herz­lichste verabschiedete. Der Kaiser fährt mittels Sonderzug über Stuttgart nach Berlin. Der König kehrte nach Bebenhausen zurück, wohin heute abend auch die Königin kommen wird.

Reutlingen, 10. Nov. Bei der heute stattgehabten Landtagswahl fielen auf Ge­meinderat Karl Rupp-Reutlingen (deutsche Partei) 965 Stimmen, Rechtsanwalt Friedrich Payer-Stuttgart (Volkspartei) 1455 Stim­men, Schriftsteller Alfred Agster-Stutt- gart (Sozialdemokrat) 96 Simmen. Payer gewählt.

Leonberg. Für die Zuckerfabr ik Böb - lingen wurden auf der hiesigen Nübenstation 32,000 Ztr. und auf der des Bezirksortes Ditzingen 75,000 Ztr. Rüben diesen Herbst abgeliefert.

— Ja, Bezirksorte Hirschlanden wurde dieser Tage aus dem Wohnhause des Bauern Siegle von einem bis jetzt nicht Er­mittelten eine neue silberne Remontoiruhr samt

älterer Kette (sog. Schlangenkette) entwender. Die Uhr trug die Fabriknummer 9367 und ein eingravierüs Wappenschild auf dem Staub­deckel.

Nagold. Eine praktische Einrichtung zur Unterhaltung der Handwerkslehrlinge an den Sonntag Nachmittagen, die sich in den beiden letzten Wintern hier bewährt har, wurde jüngst wieder aufgefrischt. Für dieselben ist an jedem Sonntag von 3—7 Uhr der Zeichen­saal im Mädchenschulhaus geöffnet; daselbst können die jungen Leute spielen, lesen und schreiben. An der Aufsicht beteilige» sich Lehrer am Seminar und an Stadtschulen in Abwechslung mit Handwerksmeistern. So viel wir wissen, sind auch in anderen Städten des Landes ähnliche Einrichtungen getroffen worden, doch dürfte die Sache, die wir den Gewerbe- Vereinen empfehlen möchten, auch weitere Kreise interessieren und noch mehr Nachahmung finden.

Ulm, 9. Nov. Der Feuerwehrrequisiten- Fabrik von C. D. Magirus ist auf der Weltausstellung in Chicago eine Preismedaille zuerkannt worden.

Ulm, 11. Nov. Als Nachfolger des verstorbenen Musikdirektors Stütz wurde Musik­direktor Klein vom Infanterieregiment Nr. 142 in Mühlhausen zum Kapellmeister im hiesigen Infanterieregiment Nr. 124 ernannt.

R 1kndscha u.

Pforzheim, 9. Jan. Der Stadtrat hat die Errichtung einer städtischen Zentrale für Elektrizität beschlossen, unter der Voraus­setzung, daß die Benützung der zu schaffenden Anstalt seitens der Gewerbetreibenden eine hinreichende ist.

— Das Verschwinden des Handels­kammersekretärs Dr. Nolte erregt auch in weiteren Kreisen unliebsame Betrachtungen. So schreibt z. B. die „Franks. Ztg." über den Fall: „Wir erhalten Mitteilungen, wonach er nicht zwei, sondern eine Reihe von Bijouterie­fabrikanten und andere Geschätsleute geschädigt. Seine Schulden sollen 10,000 Mark erreichen. Er hat die herausgelockten Waren bei einer Pfandleih-Anstalt in Stuttgart unter dem Vor­geben untergebracht, daß sich der Fabrikant, von dem er die Ware habe, inGeldvcrlegenheit befände und er in dieser WeiseGeld beschaffen müsse. Durch diese Manipulation hat er dem hiesigen Platze gewiß nicht genützt. Es wird behauptet, Nolte habe schon früher Handlungen begangen, die seine Entfernung aus dem Amt bedingt hätten. Diese Umstände seien der Kammer bekannt ge­wesen, einige Mitglieder hätten deshalb auch — aber vergeblich, seine Entlassung verlangt. Ob eS sich so verhält, können wir nicht wissen, jedenfalls aber waren seine Manipulationen

nur möglich durch das Vertrauen, das er in Folge seiner Stellung genoß.

Karlsruhe, 9. Nov. Infolge des wirtschaftlichen Niederganges kaufte das Großh. Domänenärar den 120 Einwohner zählenden Ort Faulenfürst (Amt Bonndorf) an. Ueber den Ankauf der Ortschaft Aeule (Amt St. Blasien) schweben noch Verhandlungen.

Karlsruhe, 11. Nov. Die hiesige Handelskammer sprach sich gegen die Reichs­weinsteuer und Tabaksteuer aus und beschloß, am 19. d. M. eine große Protestversammlung der Interessenten Badens in Bruchsal abzu- haiten.

Njeuwied, 9. Nov. Ein seltenes Ju­biläum! Heute ist der 1000. Raiffeffen'sche Verein als Mitglied bei der landw. Zentraldar­lehenskasse für Deutschlanv zu Neuwied a. Rh. ausgenommen worden. Die letztere hat in diesem Jahre bereits einen Umschlag von 17 Mill. Mark zu verzeichnen.

Berlin, 9. Nov. Die „D. W." er­klärt gegenüber den anderen Zeitungsmeldungen, daß der Bundesrat die Weinsteucrvorlage ein­stimmig angenommen habe. Bisher war man der Meinung, daß von den Steuervorlagen hauptsächlich die Reichsweinstcuer im Bundes­rat zu Meinungsverschiedenheiten Anlaß geben wird, da eine Verständigung mit den südd. Regierungen nicht erzielt ist. Baden und Württemberg beanstanden die Wertgrenze von 50 Mark pro Hektoliter. Falls eine Ver­ständigung nicht jetzt noch erfolgt, wird der Reichstag das Schauspiel erleben, daß der Finanzminister von Preußen und die Finanz­minister von Baden und Württemberg sich öffentlich bekämpfen.

R o m, 10. Nov. In Finanzkreisen herrscht das Gerücht, Italien beabsichtige seine Finanz­lage dadurch zu verbessern, daß es um den Betrag einer Milliarde Lires seine Bahnen an eine Gesellschaft verkaufe.

— Der Papst richtete eine Encyclica an den Bischof von Syzilien, worin er angesichts der verworrenen syzilischen Zustände das Volk auffordet, Ordnung zu halten, Man legt dem Schreiben große Bedeutung bei, da da­raus hervorgehe, daß sich die päpstliche Politik Italien gegenüber ändere.

London, 9. Nov. Die Zahl der Toten, Verwundeten und Vermißten in San­tander wird auf über 1000 geschätzt Der Dampfer „Mechichago" hatte 1700 Kisten Dynamit im Gesamtgewicht von 51400 Kilogramm an Bord. Die bei der Unter­suchung des Hafenbodens beschäftigten Taucher­entdeckten noch 200 unversehrte Kisten im Schiffsrumpfe, zugleich eine so ungeheure Masse verstümmelter Menschenleichen, daß sie um Enthebung von der Arbeit baten, so daß