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130.

Donnerstag, 9. Wovernber 1893.

29. tatwgang.

Württemberg.

Stuttgart, 4. Nov. Von S. M. dem König sind kürzlich zwei wertvolle etwa 10- jährige Araberpferde aus dem Kgl. Privat­gestüt als Geschenk für den Sultan nach Kon­stantinopel abgesandt worden und dort gut eingetroffen.

Auf Befehl des Kaisers wurden gestern und heute den Mannschaften, welche die Kaiser­parade mitmachten, 50 Pfg, den Unteroffizieren 1 Mk. ausbezahlt.

3. Nov. Bekanntlich wurde in den letzten Landtagsverhandlungen das Verhalten des damaligen Regierungspräsidenten v.- berlen-Ludwigsburg stark kritisiert, insofern ihm unkorrekte Veröffentlichung eines Berichts einer geheimen Hellbrauner Gemeinderatssitzung zur Last fiel. Darauf wurde Häberlen auf die Stelle des Vorsitzenden des Vorstandes der württembergischen Alters- und Invaliditäts- Versicherung versetzt. Die gegen diese Ver­setzung eingelegte Beschwerde Häberlens ist nun­mehr lautSchw. M." vom Verwaltungs- Gerichtshof zurückgewiesen.

In den hiesigen Wirtskreisen beginnt es bedenklich zu kracken. Außer einem Restau­rant 1. Ranges (wie man hört, Bechtel) hat nun auch eine andere bekannte Restauration sich genötigt gesehen, ihren Gläubigern ein Arrangement zu 36 Prozent anzubieten und wenn nicht alle Anzeichen trügen, werden diese Erscheinungen kaum vereinzelt bleiben. Der schlechte Geschäftsgang und die Errichtung der sogenannten Bicrpaläste machen den kleineren Restaurationen hier das Leben sehr sauer.

Solitude, 4. Nov. Heute wurde in den hier angrenzenden Staatswaldungen Hof­jagd gehalten, wobei sich etwa 24 Schützen beteiligten. Obwohl das anhaltend regnerische teilweise auch neblige Wetter der Jagd nicht sehr günstig war, so konnten doch 3 Rehböcke, 1 Fasanenhahn und 65 Hasen zur Strecke gebracht werden.

Markgröningen, 30. Okt. Vor­gestern brach in einem hiesigen Keller das Faßlager zusammen. Ein lOjähriger Knabe, der Sohn eines hiesigen Küfers, der seinem Vater beim Putzen eines Fasses mit dem Licht zündete, wurde von einem 2eimerigen Most­saß, das beim Einstürzen des Faßlagers zu Boden rollte, erfaßt und totgedrückt. Der arme Knabe mußte als Leiche aus dem Keller getragen werden.

Calw, 6. Nov. In der Nacht vom Sonntag auf Montag ist hier der 21jährige, auf dem Bezirks-Bauamt angestellte Bautech- niker B. in der Nagold ertrunken. Der Ver­unglückte, dessen Wohnung unmittelbar am Flusse liegt, scheint in der Dunkelheit den Weg verfehlt zu haben. Hut und Stock wur­

den heute früh am Ufer aufgefunden. Den Leichnam fand man erst nach Istündrgem Suchen.

Aus Gmünd wird demStuttgarter Beobachter" geschrieben, daß die zur zweiten (6wöchigen Hebung) einberufenen Lehrer von ihrem Jnstruktionsoffizier mit allerlei zoolo­gischen Beinamen, wieKanonenvieh",Tram­peltier",Himmelhund",naseweise Buben" betitelt worden. Auch meinte dergebildete" Herr Instruktor, so wenig Intelligenz habe er noch bei keinem Stande gefunden, wie beim Lehrerstande. Das Blatt überläßt eine der­artige Behandlungsweise von Angehörigen des Lehrerstandes getrost der Beurteilung der öffent­lichen Meinung.

Ulm, 2. Nov. Von den Schwindel­firmen Wissing u. Cie. in Berlin und Schön unv Cie. in Leipzig sitzen zwei Helfershelfer Cohn und Saly Mosesmann, hier in Haft. Sie haben auch in Ulm und Umgegend zahl­reiche Geschäftsleute schwer geschädigt. Saly Mosesmann ist schon zweimal wegen Betrugs und auch wegen Diebstahls vorbestraft. Die Strafanzeigen gegen die genannten Schwindel­firmen ist durch den württ. Schutz verein für Handel und Gewerbe veranlaßt worden.

R u ud s ch a u.

Pforzheim, 6. Nov. Der Prokurist Ganzert, seither eine Vertrauensstellung bet einer Chatou- und Galerienfabnk bekleidend, hat fick entleibt. Man mnnkelte von großen Unterschlagungen. Em bislang noch nnkon- trolirbares Gerücht will wissen, daß ein Fa­milienangehöriger des Ganzert eine Abfindung von 10000 Mark geleistet oder angeboren hatte. Der Fall des Sekretärs Dr. Nolte zieht weitere Kreise, man spricht dem Landesb. zufolge von ca. 20000 M., die er hier schuldig geblieben sei und hält es nicht für ausge­schloffen, daß die Handelskammer, resp. deren Mitglieder unter den besonders obwaltenden Verhältnissen mit Erfolg zur Ersatzleistung herangezogen werden könnten.

Baden-Baden, 6. Nov. Gestern abend 7 Uhr wurde die Leiche des.Fürsten Msnchikoff von der russ. Kirche nach dem hiesigen Bahnhof behufs Verbringung nach Petersburg überführt, um im fürstlichen Fa- milien-Mausoleum daselbst beigesetzt zu werden. Dem Leichenwagen folgten in nächtlicher Stille die nächsten Verwandten, die hiesige russische Kolonie und die Angestellten des verstorbenen Fürsten.

Berlin. Die amtliche Statistik der Reichs­tagswahlen ist erschienen. Hienach fiele» am 15. Juni auf die Kandidaten der einzelnen Par­teien .- Konservativen 1,038,353, Freikonser-' vativen 438,435, Natwnalliberalen 996,980 Zentrum1,468,501Sozialdemokratie1,786,798

Freisinnige Volkspartei 666,439, Freisinnige Vereinigung 258,481, Südd. Volkspartei 166 757, Antisemiten 263,861,Polen 229,531, Elsäßer, Dänen und Welfen 235,927 Die stärkste Partei ist somit die sozialdemokratische, dann folgt das Zentrum, die Konservativen, Nationalliberalen u. s. w. Schon bei der Wahl von 1890 hatte die Sozialdemokratie die meisten Stimmen, 126,388 mehr als die zweitstärkste Partei, das Zentrum, nämlich jene 1,468,501, dieses 1,342,113. Seit 1890 ist die Sozialdemokratie um rund 360,000 Stimmen gewachsen. DerVorwärts" rechnet aus, daß nach der Parteistatistik die deutsche Wählerschaft sich am 15. Juni mit 3,225,641 Stimmen für, mit 4,323,362 Stimmen gegen die Militärvorlage ausgesprochen habe.

Hannover, 6. Nov. Rittmeister a. D. v. Mey erinck, der in dem bekannten Spieler- Prozeß zu mehrjähriger Gefängnisstrafe ver­urteilt worden war, hat sich im Gefängnis erhängt.

Tölz, 31. Okt. In der Nacht vom Donnerstag auf Freitag fand auf der Anhöhe zwischen Sachscnkam und Piesenkam ein Haber­feldtreiben statt. Der Spektakel begann nach 12 Uhr und dauerte ungefähr 20 Minuten, worauf die Hagrer in der Richtung nach Schaftlach unMGmund abzogen. Die An­zahl derselben wird auf 50 geschätzt. Es wurden über^L Personen von Sachsenkam und eine in Piesenkam mehrere

Knittelverse und dabei gegen dreißig

Schüsse abgegeben. Sieben Kugeln fand man in den Häusern. Um das ganze Haberfeld- Terrain patrouillierten Habererposten, ebenso im Dorfe Sachsenkam. In gleicher Nacht wuroe in Arzbach (zwischen Tölz und Leng­gries) Haberfeld getrieben. Von Seite eines eingetroffenen Kommissärs der Regierung wurde im Beisein des Bezirksamtmanns eine genaue Untersuchung der beiden Fälle an Ort und Stelle vorgenommen. In Sachsenkam sind einstweilen Nachtwachen und verstärkter Gen­darmeriedienst angeordnet.

Stettin, 5. Nov. Vom 23. Okt. bis 4. Nov. sind 83 Personen an Cholera er­krankt, 43 Personen sind daran gestorben.

Amsterdam, 2 . Nov. Einem Amster­damer Blatte zufolge ist der Prozeß gegen den Frauenmörder de Jong verschoben wor­den, weil sich herausgestellt haben soll, daß de Jong noch eine vierte Frau, nämlich Anna Verhöven aus Amsterdam, am 29 . März 1892 ermordet und ihre Barschaft im Betrage von 7000 Gulden geraubt habe. Die Mordthat erregte seinerzeit großes Auf­sehen, da dieselbe am Hellichten-Tage im be­lebtesten Teile Amsterdams verübt wurde.