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Beispiel aber, bis zu welchem Grad die Frechheit der Schwindler und der Leichtsinn der gerupften Offiziere gingen, diene folgendes:
Zeuge Lieutenant Hans v. Schierstädt giebt an: Ich kam Oktober 1889 nach Hannover auf die Reitschule und lernte hier im Cafe Robby von Meyerinck (einen Offizier a. D., der den Spielern Fährle, Lichtner Seemann, Rosenberg, Abter rc. die Opfer zugeschleppt haben soll) kennen. Im Horel Hartmann stellte er uns den Fährle als Kommerzienrat vor. Mein Bruder (ebenfalls einer der reingefallenen Offiziere) hat mir gesagt, daß die Leute bei Hartmann falsch spielen. Ich ging deshalb zu Hartmann, um die Kunden zu entlarven. Es wurde erst gut diniri und dann gespielt. Meyerinck hatte die Karten geliefert. Ich wurde mit meinem Bruder um etwa 4000 Mark gebracht. — Präsident.- Fiel Vhnen nichts aus? — Zeuge: Ja wenn der Kommerzienrat Fährle (Heiterkeit) die Bank hatte, behielt er die Karten stets in der Hand, während sie sonst ruhig auf dem Tisch bleiben müssen. Daß Fährle die Volte geschlagen hat, habe ich trotz größter Aufmerksamkeit nicht gemerkt. — Präsiocnt: Fiel Ihnen sonst nichts auf : — Zeuge: Ja, wenn er eine Sechs halte, kaufte er oftmals nach und erhielt dann regelmäßig eine Neun, auch hatte er bei dieser Gelegenheit immer nachgesetzt. Am Schluß des Spiels wurden die Karten verbrannt. Auf der Straße sagte mir mein Bruder: Du, ich habe eine Anzahl Karten eingesteckt, hier hast Du sie! Ich untersuchte sie zu Hause, fand aber nichts. — Präsident: Wie haben Sie die Karten untersucht. — Zeuge: Mit der Lupe aus der Büderseite. (Heiterkeit). — Präsident.- „Ja, hätten Sie die Karten nur auf der andern Seite sich angesehen. — Zeuge von Schierstädt: Ein anvermal spielte er mit Lichtner und v. Meyerinck. v. Meyerinck hatte mir den Lichtner als Fabrikanten vorgestellt, der in Linden im Geschäft seines Vaters thätig sei. Um mich zu täuschen, hielten beide ein Scheingespräch über einen Streck in der Lindner Fabrik. — Präsident: v. Meyerinck, wie ist das? — Angeklagter v. Meyerinck: Das ist möglich, ich hielt ihn eben dafür. — Zeuge v. Schierstädt: Ein andermal spielten wir im Hotel de Russie Macao. Lichtner hatte Jetons mitgebracht, Elfenbeinstücke milWertbczeichnung; die gefielen mir, mau machte sich die Finger nicht schmutzig. Beim Spiel sagte Lichtner plötzlich: Darf ich noch nachsetzen? Ich gestattete es. Lichtner setzte einige Jetons, der obere trug die Zahl 100. Lichtner gewann, und als ich die Jetons abnahm, lagen neun Eintausend-Jetons darunter, so daß ich 9100 Mark verloren hatte. — Präsident: Ließen Sie sich denn diesen offenkundigen Betrug ruhig gefallen? — Zeuge v. Schierstädt: Ich sagte, das ist doch ein bischen stark, mußte aber bezahlen. - Präsident: Was sagte denn Lichtner? — Zeuge v. Schierstädt: Lichtner zuckte mit den Achseln und sagte: Ich bin unschuldig, ich habe mich vergriffen, aber da einmal gesetzt ist, so ist doch nichts zu machen. Ich wurde mißtrauisch ; als ick austrat, konnte ich durch einen Spiegel den Lichtner und von Meyerinck im Nebenzimmer beobachten. Da bemerkte ich, wie Meyerinck dem Lichtner die Miene der Mißbilligung machte. — Präsident von Meyerinck, wie war vie Sache ? — Angeklagter von Meyerinck: Ich erinnere mich nicht mehr genau dieses Vorganges. — Präsident: (erregt) Eines solches offenbaren Be- -trugs erinnern Sie sich nicht mehr, der Fall ist doch so eklatant, daß der Lichtner sofort ausgeschlossen werden mußte. — Angeklagter! von Meyerinck: Deshalb glaube ich auch nicht,!
daß dem so gewesen ist, sonst müßte ich mich dessen erinnern und würde mit dem Lichtner nicht mehr gespielt haben.
Ein anderes Bild: Zeuge v. Lepel. Derselbe war im Sommer 1887 in Aachen und halte im Hotel Grand Monarch gewohnt. Da traf er auch Lichtner und Fährle. Fichtner wurde mir als Baron Lichtner vorgestellt. Ich hatte Fährle im Verdacht des Falschspielcns und habe mich mit dem Baron Lichtner darüber unterhalten, wie man wohl den Falschspieler Fährle abfassen könnte. (Heiterkeit.) Ich verlor etwa 4000 Mk. — Präsident: Fährle, haben Sie und Meyerinck in Wiesbaden mit dem Legationsrat v. Rath gespielt? — Fährle: Ja, ich war mit meiner Frau dort zur Kur — Präsident: Wie kam denn v. Meyerinck hin? — Fährle: Der Vater des von Meyerinck war krank und da war er vort zur Pflege. — Präsident: Und da haben Sie zusammen mit Meyerinck dem Legationsrat 10,000 M. abgenommen. — Angeklagter von Meyerinck: Wie viel er verloren hat, weiß ich nicht.
Lieutenant Hans von Jagow, 30 Jahre alt, 6. Dragonerrcgiment, Lüneburg. Derselbe bekundet: Ich war 1889—91 auf der Reitschule. Ich habe mehrmals infolge Aufforderung des Rittmeisters a. D. v. Meyerinck im Hotel „de Russie" mit Lichtner gespielt, v. Meyerinck stellte mir den Lichtner vor, der eine Filiale in Lmden habe und gerne spiele. Von meinen Kameraden beteiligten sich von Loeßl und von Schierstädt. Es wurde Macao gespielt: das Spiel begann erst in der Nacht um 12 Uhr. Die Zimmer waren, so viel ich nckeiß, von Meyerinck bestellt. Ich verlor jeden Abend, Lichtner hat stets, v. Meyermck fast immer gewonnen. Im ganzen habe ich 10, bis 12,000 Mk. verloren.
Zeuge Dragoner-Lieutenant Eugen von Fritsche, 31 Jahre alt, bekundet: Ich war von 1886—1888 in Hannover auf der Reitschule und habe damals mich mehrmals am Roulette-Spiel beteiligt. Samuel Seemann von Berlin hatte an einige Reitschüler geschrieben, daß er komme, wir gingen deshalb nach dem Hotel de Russie. Seemann spielte mit einem verdeckten Roulette und setzte dasselbe in Bewegung, wenn die Sätze gemacht waren. Seemann und Hinst standen mit dem Roulette am Ende des Tisches und haben falsch gespielt. Wenn hohe Sätze waren, hörte man ein eigentümliches Geräusch. Die Kugel hatte offenbar schon ihren bestimmten Platz den sie nicht veränderte. Waren nur geringe Sätze, so hörte man die Kugel ruhig aus- rollen. — Präsident: Das bitte mir zu verdeutlichen, ich habe in meinem Leben noch nicht Roulette gespielt. — Zeuge: Die Kugel ist eben gar nicht ins Rollen gekommen, man hörte in dem Falle nur das Geräusch des Mechanismus. Bei diesem Geräusch habe ich auch beobachtet, daß die Kugel schließlich immer auf der Stelle sich befand, auf die sie gefetzt war.
Leutnant von Bohlen vom 21. Dragoner- Regiment in Bruchsal bekundet: Ich hatte Spielschulden zu bezahlen und wandte mich deshalb an Max Rosenberg in Hannover. Kurze Zeit darauf kam Rosenberg zu mir nach Bruchsal. Er gab mir 7—8000 Mk. baar und eine große Anzahl Loose, worüber ich einen Wechsel von 12 000 Mk. unterschreiben mußte — Präs.: Hatten Sie von einem Lotteriewesen Kenntniß? — Zeuge: Nein. — Präs.: Haben Sie nachgesehen, ob ihre Lose gezogen waren? — Zeuge: Nein, Rosenberg schickte mir allerdings die Ziehungsliste zu, ich habe aber nicht nachgesehen — Präs: Haben sie die Lose zur letzten Klaffe
.bekommen? — Zeuge: Das weiß ich nicht. I — Der Zeuge bekundet im Weiteren: Einige (Zeit nach der Ausstellung des Wechsels sei sein Vater gestorben. Er habe dies oem Rosenberg mitgeteilt mit dem Bemerken, baß er behufs Erbschaftsregulierung noch mehr Geld brauche, Rosenberg sei in Folge dessen nach Bruchsal gekommen und habe ihm einen Kredit von 50000 Mark angeboten. 28 bis 29 000 M. habe er ihm bar gegeben, außerdem eine große Anzahl Lose, bezw. ein Num- merverzeichniß. Darüber habe er einen Wechsel über 50000 Mk. unterschreiben müssen. Nach Verlauf emes halben Jahres habe er dem Rosenberg unter Rückgabe der nicht gezogenen Lose 37 000 Mk. für den Wechsel bezahlt. — Bücherrevisor Töpfer bekundet, daß Rosenberg an den Losen 8—9000 Mark verdient habe.
Auch ein Generalmajor il unter den Gerupften.
Wie mancher durch die Leidenschaft des Spieles völlig ruiniert wird, die Karriere aufgeben, das Vaterland verlassen muß, falls er nicht zur Pistole greift, das kann inan aus dm Fällen, die ab und zu an die Oeffent- lichkeit gelangen, ermesse», wenn man sich gegenwärtig hält, daß nur die wenigsten Fälle bekannt werden. Wie cft wird durch den Leichtsinn des Sohn s die Familie, die seine Ehre um jeden Preis retten zu müssen glaubt, an den Bettelstab gebracht. Der Kaiser hat vor einigen Jahren ein ernstes Wort gegen den Luxus bei den Offizieren gesprochen. Allem Anschein nach ganz ohne Wirkung. Der übertriebene Aufwand stürzt den jungen Offizier zuerst in Schulden , und das Spiel, sowie die Geschäfte mit den Wucherern folgen bald. Traurig >st, daß sich solche Leute von gewöhnlichen Gaunern und Halsabschneidern Bedingungen vorschreiben lassen, wie sie nach den Enthüllungen des Prozesses in Hannover von zahlreichen Offizieren ohne Zögern angenommen worden sind.
Dian irrt wohl nicht, wenn man annimmt, baß unter den Eltern der bewucherten und der Spielleidenschaft fröhnenden Offiziere, Studenten rc , sowie nnter den Gutsbesitzern, die sich in einer Nacht 60,000 Mark im Spiel abnehmen lassen, auf allen Rennplätzen liegen des sich an die Rennen knüpfenden Spieles wegen und weite Reisen, sogar mit Extrazügen, zum Spiel machen, viele sind, die bei anderer Gelegenheit sehr laut über die Notlage der Landwirtschaft klagen. So schädigen diese Leute nicht nur sich selbst und ihre Angehörigen, sondern auch das Ansehen und die Interessen der Berufskreise, denen sie sonst angehören.
Hannover, 2. Nov. In dem Spieler- und Wucherprozeß wurde das Urteil verkündet: Meyerinck wurde zu 4 Jahren Gefängnis und 5 Jahren Ehrverlust, Fährle zu 4 Jahren Gefängnis und 5 Jahren Ehrverlust, Samuel Seemann zu 2 Jahren Ge» fängnis und 5 Jahren Ehrverlust, Abter zu 4 Jahren Gefängnis unv 5 Jahren Ehrverlust, Heß zu 2 Jahren Gefängnis und fünf Jahren Ehrverlust. Julius Rosenberg zu 750 Mk., Sußmann zu 1000 Mk. Geldstrafe verurteilt. Max Rosenberg wurde freigesprochen.
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